Interview | Turbine-Präsident Ritter-Lang - "Natürlich sind wir nicht realitätsfern und sprechen auch über die 2. Bundesliga"

Sa 04.02.23 | 14:26 Uhr
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Am Sonntag startet Turbine Potsdam gegen Bayern München in die Rückrunde. Wenige Tage zuvor ist Trainer Sven Weigang zurückgetreten. Präsident Karsten Ritter-Lang spricht im Interview über den überraschenden Abgang und die Zukunft des Klubs.

rbb: Am Sonntag steht für Turbine Potsdam das erste Spiel des Jahres an. Nur wenige Tage zuvor hat Ihr Trainer hingeschmissen. Wie kam es dazu?

Ritter-Lang: Es ist auch für uns sehr überraschend gewesen. Es gab kontinuierliche Gespräche zwischen dem Präsidium, dem Trainerstab und dem Mannschaftsrat. Sven Weigang hat dann nach einem solchen Gespräch am Mittwoch am nächsten Tag um die sofortige Aufhebung seines Vertrags gebeten. Das hat uns sehr überrascht. Gründe hat er dafür nicht genannt.

Karsten Ritter-Lang kandidiert für das Amt des Präsidenten bei Turbine Potsdam. Quelle: privat
Turbine-Präsident Karsten Ritter-Lang | Bild: privat

Bereits am Sonntag ist das Spiel gegen Bayern München. Wie muss man sich das vorstellen: Trainiert die Mannschaft jetzt alleine?

Nein. Wir haben mit Dirk Heinrich einen sehr erfahrenen Fußballlehrer, der schon seit 20 Jahren bei Turbine ist. Er hat alle Höhen, die Turbine hatte, mitgemacht - Bundesliga, Pokal-Wettbewerbe, Champions League. Er hat also eine mega Erfahrung. Er ist bei der Mannschaft total akzeptiert und ich mache mir deswegen um die fußballerische Seite wenig Gedanken. Er hat in all den Jahren die Prozesse mitbegleitet.

Wie sieht die langfristige Planung auf der Trainer-Position aus?

Wir sitzen derzeit (Samstagnachmittag, Anm. d. Red) in einer Besprechung und machen uns darüber Gedanken. Wie gesagt: Es war für uns sehr überraschend und wir müssen erst einmal mit der Situation umgehen. Mitten in der Rückrunde jemanden zu verpflichten, ist sicherlich kein einfaches Tagwerk. Wir müssen uns also Gedanken machen, wie wir das Ganze aufstellen. Wir sitzen mit den Trainern zusammen und beraten das.

Sie haben den Job des Präsidenten in der Krise, im letzten November, angetreten. Warum kehrt keine Ruhe bei Turbine ein?

Ich glaube, dass man durch die Erfolgsverwöhntheit, die Turbine hatte, Jahr für Jahr gesagt hat: Es gibt ein 'Weiter so'. Wenn man sich die Leistungskurve anguckt, sind die großen Jahre etwas her, aber trotzdem war Turbine in den letzten Jahren immer unter den ersten vier in der Bundesliga. Dann guckt man nicht so ganz genau hin, es haben sich im Laufe der Zeit aber ein paar Dinge verändert. Der Frauenfußball verändert sich rasant. Die Zwerge, also die reinen Frauenfußball-Vereine, werden in der Bundesliga immer weniger, dafür schieben die großen Vereine nach, weil sie auch bessere finanzielle Möglichkeiten haben. Da hat sich aus mehreren Richtungen eine Problemsituation entwickelt, die zum Teil nicht beachtet wurde. Hinzu kamen in der letzten Saison die internen Probleme - der Abschied von Sofian Chahed und der Zerfall des Kaders. Da eine Neuaufstellung hinzukriegen, ist schwierig. An der Stelle ist die Situation implodiert und man hätte sie vielleicht vorher schon erkennen können.

Es geht jetzt also darum, die Strukturen innerhalb des Vereins zu ändern?

Klar, wir müssen uns neu aufstellen und die Situation analysieren. Wir müssen Strukturen und Prozesse schaffen und den Verein nachhaltig aufstellen - mit den Mitteln, die wir haben und mit den Mitteln, die wir vielleicht über neue Partner bekommen.

Turbine ist in der Tabelle als Letzter mit nur einem Punkt sehr weit abgeschlagen. Muss man sagen: Am Ende dieser Saison steigt die Mannschaft ab?

Wir schauen natürlich optimistisch in die Zukunft und sagen: Wir geben jetzt alles, was in unseren Kräften steht und von allen Seiten, um die Klasse zu halten. Egal, ob das die Mannschaft, der Trainerstab oder das Präsidium ist. Aber natürlich sind wir nicht realitätsfern und sprechen auch über das Szenario 2. Bundesliga.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führten Meili Scheidemann und Andreas Ulrich, radioeins.

Sendung: Radioeins, 04.02.23, 14:10 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Weigang's am Mittwoch abend (01.02.) eingereichter Aufhebungsvertrag erzeugte bis Freitag (03.02.) für eine Schockstarre. Denn Weigang hatte sich am Donnerstag (02.02.) konsequent wie angekündigt von der Mannschaft verabschiedet mit den Worten an seine deutschsprachigen Kritikerinnen gerichtet: "Jetzt seid ihr dran."

    Der menschlich integere Sportlehrer Sven Weigang wird am kommenden Montag (06.02.) wieder den Schuldienst beim Land Brandenburg antreten können. Anna Wellmann wird am Mittwoch (08.02.) auf der Plattform Sports4Education (Tabea Kemme) einen digitalen Workshop abhalten. Business as usual.

    Ich denke, dass Gregor Kannenberg von seiner kommissarischen Funktion freiwillig abtreten sollte. FCB-Cheftrainer Alexander Straus erklärte mir heute im Karli: "Potsdam hat bisher sicherlich eine schwierige Saison hinter sich. Ich denke aber, dass sie besser sind, als es ihre Ergebnisse in der Hinrunde widerspiegeln. Sie haben die Wintervorbereitung sicherlich genutzt,

  2. 6.

    Bei einer Kadergröße von 30 Spielerinnen, aus meist jungen, sehr motivierten, aber unerfahrenen Fußballerinnen aus unterschiedlichen Kulturen und fremder sprachlicher Herkunft lag es auf der Hand, dass für Turbine Trainer Sven Weigang die kommende Rückrunde im Endeffekt ein Neuaufbau einer komplett neuen Turbine Mannschaft anstand, um den Klassenerhalt zu schaffen.

    Nach dem Testspiel gegen 1. FC Union Berlin wurden mit Mannschaft und Trainerteam die Videoanalysen gesichtet und besprochen. Parallel hatte Ex-Turbine Dina Orschmann und Kemme Vertraute in der MAZ abgelästert: "Drücke Turbine die Daumen, aber große Chancen sehe ich nicht." Die Gruppe um Wortführerin Anna Wellmann integrierte mit diversen Geschichten, die nach draußen durchgestochen wurden,dass einige Spielerinnen über das Trainingspensum verzweifelt sind und mit nächtlichen Weinkrämpfen zu kämpfen haben.

  3. 5.

    Fakten, Fakten. Fakten. Der kompetente Fußballlehrer Sven Weigang hatte Mittwoch Nachmittag mit seiner Bitte um Auflösung seines Vertrags quasi dem Vereinspräsidium gekündigt. Von Hingeschmissen keine Spur, Weigang saß mit Gregor Kannenberg am Tisch, der Präsident hatte zum Gespräch eingeladen, war aber persönlich nicht dabei.

    Ritter-Lang schwänzte den Termin. Es war eine Art Tribunal. Kannenberg, der vorübergehende Sportdirektor ohne Expertise, aber ein Dampfplauderer, dozierte als Statthalter des Präsidiums als Brücke zum weiblichen Kader mit einem A-Lizenz Trainer über Trainingsmethoden in schwieriger Zeit. Im Beisein einer Sportpsychologin, die Weigang nicht kannte, erklärte der Pädagoge Weigang: "Es hat nicht gepasst."

    Bei genauer Recherche fällt auf, dass es 4 bis 5 ältere deutsche Spielerinnen waren, die Klagen durchgestochen hatten. Die Namen der Wortführterinnen ergeben sich fast von selbst, wenn man die deutschen Namen in der Kaderaufstellung der Homepage liest.

  4. 4.

    Also KRL hat ja per se erstmal nicht Unrecht mit dem, was er konstatiert. Ob aber daraus wirklich die richtigen Schlüsse gezogen werden, wage ich zu bezweifeln. Solange die alte Garde rund um Co-Trainer Heinrichs, Vize-Präsident Reher und vor allem Ehrenpräsident Schröder noch im Hintergrund den Ton angibt, glaube ich nicht an eine wirkliche Erneuerung. Nach wie vor gibt es im ganzen Trainer- und Betreuer-Team keine einzige Frau und wer der Meinung ist, man könnte mit Sponsoren wie „Gebäudereinigung Potsdam“ oder „Schachtschneider Automobile“ in derselben Liga spielen, wie Wolfsburg oder Frankfurt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Dass jene Vereine durch die Männer im Hintergrund stark bevorteilt werden, ist natürlich richtig, aber m. E. keine Rechtfertigung dafür, selbst im 20. Jh. stehen zu bleiben.

  5. 3.

    Wobei ich als Außenstehender eher den Eindruck habe, dass genau diese Überschrift auf Hertha nicht zutrifft. Da wird immer noch vom Europapokal geträumt, als der Realität in die Augen gesehen.

  6. 1.

    Bei der Überschrift dachte ich zuerst, es geht um Hertha BSC

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