Schwimm-Standort Berlin - Die Schmiede der Sprinter

Mi 05.07.23 | 06:29 Uhr
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Die Berliner Schwimmerin Angelina Köhler beim 100 Meter Schmetterling (imago images/Eibner)
Bild: imago images/Eibner

Lange gab es auf den kurzen Distanzen für die deutschen Schwimmer nichts zu holen. Doch am Berliner DSV-Bundesstützpunkt entwickelt sich derzeit eine Trainingsgruppe, die in Zukunft im Sprint und auf der Mittelstrecke wieder für Erfolge sorgen soll.

Es war ein großer Moment, als Ole Braunschweig im vergangenen Jahr im Rom lächelnd aus dem Becken kletterte. Der 24-jährige Berliner Schwimmer holte EM-Bronze über 50 Meter Rücken und beendete damit eine lange Durststrecke der deutschen Sprinter ohne Medaille. "Endlich gibt es wieder eine Sprintermedaille im deutschen Schwimmsport. Es ist einfach unbeschreiblich", sagte er damals.

Und mindestens genauso glücklich war der Mann, der die Weichen für die Sprinter neu gestellt hat: Lasse Frank. Seit 2019 ist er Bundesstützpunkttrainer in Berlin und leitet eine Trainingsgruppe, zu der auch der EM-Dritte Braunschweig gehört. Der Schwimm-Standort in der Hauptstadt soll unter seiner Führung nach und nach zur erfolgreichen Talentschmiede für Sprinter und Mittelstrecken-Schwimmer werden. "Wir wollen im Bereich Mittelstrecke und Sprint national ganz oben stehen. Mit ein oder zwei Athleten wollen wir dann versuchen, bei den Hauptevents um die Finals zu kämpfen und langfristig auch wieder bei einer WM oder den Olympischen Spielen Medaillen zu holen", erklärt Frank.

Magdeburg als Vorbild

Es wäre eine wichtige Ergänzung für den deutschen Schwimmsport. Bislang galt der Stützpunkt in Magdeburg als einziges wirkliches Zentrum für erfolgreiche Schwimmer hierzulande, doch der Fokus dort liegt vor allem auf den längeren Distanzen. "Wir versuchen, in Berlin etwas ähnliches aufzubauen. Allerdings in der Mittelstrecke und im Sprint, um nicht einfach nur ein Pendant zu Magdeburg zu bilden", sagt der Berliner Trainer.

Für die kürzen Strecken hat laut Frank in den letzten Jahren vor allem die richtige Strategie gefehlt. Andere Nationen hätten bereits viel technisch-orientierter trainiert und Wert auf eine vielseitige Ausbildung gelegt, statt sich früh auf bestimmte Distanzen zu spezialisieren. Daran will der 44-Jährige sich nun auch in Berlin orientieren und hat einige Experten mit ins Boot geholt. Egal ob Diagnostik, Athletik oder Technik – es gibt für alles spezialisierte Trainer. "Da wollen wir wirklich jeden Bereich anzapfen und die letzten Reserven erschließen."

DSV-Trainer Lasse Frank (r.) bei der Schwimm-EM 2022 in Rom (imago images/Eibner)
DSV-Trainer Lasse Frank (r.) bei der Schwimm-EM 2022 in Rom Bild: imago images/Eibner

Außerdem hat er sich die erfolgreiche Arbeit seiner Kollegen in Sachsen-Anhalt zum Vorbild genommen, die großen Wert auf Höhentraining legen. Dieses ist in der Hauptstadt nun auch für die Sprinter wichtiger Bestandteil der Vorbereitung. "Allerdings mit anderen Orten und sanfteren Höhen", sagt der Trainer.

Fünf Berliner WM-Fahrer

Diese neue Strategie scheint aufzugehen. Zur Trainingsgruppe von Frank gehören neben Ole Braunschweig auch einige weitere vielversprechende Athleten. Zum Beispiel Angelina Köhler, die im vergangenen Dezember bei den Kurzbahn-Weltmeisterschaften einen beeindruckenden vierten Platz in ihrer Spezialstrecke über 100 Meter Schmetterling holte. Erst im letzten Jahr war die 22-Jährige aus Hannover nach Berlin gewechselt. "Es ist erstaunlich, wie viel in diesem einem Jahr bereits passiert ist", sagt sie. "Lasse und ich haben sehr viel in meinem Training umgestellt, vor allem im Wenden und der Tauchphase im Startbereich. Es ist richtig cool, dass sich das alles dann so schnell verbessert hat."

Wie stark sie sich tatsächlich verbessert hat, wird sie schon sehr bald auf der ganz großen Bühne unter Beweis stellen können. Vom 14. bis 30. Juli finden die Schwimmweltmeisterschaften im japanischen Fukuoka statt. "Ich freue mich schon total auf das Setting und die Kultur und werde danach auch noch etwas in Japan bleiben, um Urlaub zu machen. Und sich mit den Besten der Welt messen zu dürfen, ist natürlich immer ein Privileg", sagt Köhler.

Als ich die Trainingsgruppe 2019 übernommen habe, hatten wir keinen einzigen Berliner, der zur WM gefahren ist. Jetzt fahren wir mit fünf Berlinern.

Lasse Frank über die Entwicklung seiner Trainingsgruppe

Ihr Trainer ist dabei überzeugt, dass die 22-Jährige mithalten kann, auch wenn eine Medaille wohl noch nicht drin ist. "Sie hat auf jeden Fall das Potential, ins Finale zu kommen. Und vielleicht kann sie sich sogar dem Podest annähern“, sagt Frank. Vor allem ist er aber glücklich darüber, dass er es am Berliner Stützpunkt überhaupt geschafft hat, die Schwimmer wieder zurück auf die internationale Bühne zu bringen. "Als ich die Trainingsgruppe 2019 übernommen habe, hatten wir keinen einzigen Berliner, der zur WM gefahren ist. Jetzt fahren wir mit fünf Berlinern. Das zeigt, dass es eine positive Entwicklung gibt", erklärt er.

Deutsche Meisterschaften als Training

Etwas ungelegen kommen da die deutschen Meisterschaften, die am kommenden Wochenende im Rahmen der Finals in der Hauptstadt ausgetragen werden. "Wenn ich in Japan in drei Wochen schnell schwimmen will, kann ich bei den Finals nicht in Topform an den Start gehen und Medaillen jagen", sagt Frank. "Von daher freuen wir uns vor allem darüber, dass es in Berlin stattfindet und wir nicht noch einmal reisen müssen, so kurz vor dem Abflug nach Japan.“ Der volle Fokus liege auf der WM und man würde die Finals deshalb wie einen Trainingswettbewerb angehen.

Trotzdem will sein großes Talent Köhler die Finals auf keinen Fall verpassen. "Das Becken in Berlin ist immer noch mein liebstes auf der ganzen Welt, deswegen freue ich mich immer sehr, wenn ich hier schwimmen darf – vor allem vor dem Heimpublikum. Das ist schon ein besonderes Erlebnis." Im vergangenen Jahr holte sie in der Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark den Titel über ihre Lieblingsdistanz. Den wolle sie nun trotz WM-Vorbereitung verteidigen und mit einem Erfolg im Rücken nach Japan fliegen.

Und auch wenn es dort für sie noch nicht für eine Medaille reichen sollte, ist Trainer Frank mit der Entwicklung des Bundesstützpunktes äußerst zufrieden. Den nächsten Schritt will er dann im kommenden Olympia-Zyklus gehen. "Unser Ziel ist es, 2028 einige Athleten mit einer Medaillenzielsetzung zu haben", erklärt er. Dann könnte neben Magdeburg auch Berlin für den erfolgreichen Schwimmsport in Deutschland stehen.

Sendung: rbb24, 05.07.2023, 18 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Klasse Typ und Trainer der weiß wie es geht, war seinerzeit mein Klassenkamerad. Mach weiter so Lasse.

    @Redaktion: Der Lasse ist keine 44 Jahre alt sondern jünger!!!

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