Ex-Alba-Guard bei der Nationalmannschaft - Die Basketball-WM als Bühne für den tanzenden Maodo Lo
Trotz der Verletzung von Franz Wagner hat das deutsche Nationalteam bei der WM souverän die Zwischenrunde erreicht. Auch, weil der Berliner Maodo Lo in die Bresche sprang – mit guter Defense, viel Spielwitz und Swag. Von Jakob Lobach, Okinawa
Auf einmal tanzte Maodo Lo wieder. Knapp zehn Minuten waren im zweiten WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft absolviert, als er sich seinen australischen Verteidiger zurechtlegte. Ein Crossover nach links, kurz verzögert, ein weiterer, noch schnellerer Handwechsel zurück nach rechts, ein schneller Antritt.
Während Maodo Lo seinen Korbleger verwandelte, war Gegenspieler Dante Exum noch immer damit beschäftigt, von seinem Hosenboden zurück auf die Beine zu kommen. Von den Rängen der japanischen Okinawa Arena schallte ein Raunen angesichts des seltenen, durchaus etwas demütigenden "Ankle Breakers".
Lo prägte Albas Titel-Jahre
Drei Tage nach Maodo Los basketballerischer Tanzeinlage steht der Berliner mit seiner Mannschaft in der Zwischenrunde der Basketball-Weltmeisterschaft in Japan, Indonesien und den Philippinen. Drei Spiele, drei Siege lautet die perfekte Vorrunden-Bilanz der deutschen Auswahl. Dass diese sowohl gegen Australien als auch am Dienstag gegen Finnland auf Leistungsträger Franz Wagner verzichten musste, war dabei kein Hindernis – auch, weil Spieler wie Lo den Ausfall des Berliners kompensierten.
Dass Maodo Lo Aktionen wie die gegen den ehemaligen NBA-Spieler Dante Exum in seinem Repertoire hat, ist zumindest Basketball-begeisterten Menschen hierzulande durchaus bekannt. Lo ist ein Zocker, ein Berliner Junge, der auf den Freiplätzen seiner Heimatstadt groß geworden ist. Schnelle Dribblings, elegante Handwechsel, akrobatische Abschlüsse am Korb – Maodo Lo hat Swag. Oder, um es in etwas weniger US-Sport-spezifischen Worten auszudrücken: Das Spiel des Sohnes von der Berliner Künstlerin Elvira Bach ist geprägt von einer Mischung aus Lässigkeit und Kreativität.
Und weil Lo diese Mischung mit einem guten Auge und einem guten Wurf paart, sagt nicht nur Bundestrainer Gordon Herbert über ihn: "Maodo ist seit vielen Jahren einer der besten Spieler in der deutschen Liga und in der Euroleague." So gewann Lo nicht nur mit dem FC Bayern und Brose Bamberg je eine deutsche Meisterschaft, er prägte auch die zuletzt titelreichen Jahre bei Alba Berlin maßgeblich mit.
Ihm fehlte es an Spielwitz
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass von dem Spielwitz, von der Lässigkeit des Maodo Lo in den Monaten vor der WM recht wenig zu sehen war. Wie so viele andere Alba-Akteure auch, hat Lo, der ab kommender Saison für Armani Mailand spielt, eine schwierige Saison hinter sich. Nachdem er vergangenen Sommer auf dem Weg zur EM-Bronzemedaille mit der deutschen Nationalmannschaft noch brilliert hatte, wirkte er im Anschluss und im Alba-Trikot oft müde.
Seinem schnellen ersten Schritt fehlte die Spritzigkeit, seiner Wurfbewegung mangelte es an Rhythmus, seinem Spielwitz ging mitunter der Witz ab. Das Ergebnis war ein unerwartet frühes Viertelfinalaus mit Alba Berlin in den Bundesliga-Playoffs im Mai. Ein frühes Saisonende, von dem Maodo Lo nun zumindest in einer Hinsicht profitiert.
"So eine lange Pause wie diesen Sommer hatte ich noch nie", sagt der Berliner in Okinawa. Klar hätte die Zeit zwischen Saisonende und dem Start der WM-Vorbereitung Lo zufolge gerne noch ein bisschen länger sein können, "aber ein bisschen Kraft konnte ich tanken."
So wirkte Maodo Lo bereits im ersten WM-Spiel gegen Japan ein wenig frischer als in den vergangenen Monaten – wenngleich ihm offensiv noch der im Basketball so wichtige "Touch" fehlte. Ein Anlass für den noch prominenteren deutschen Point Guard Dennis Schröder, sich seinen Teamkollegen zur Seite zu nehmen: "Ich habe ihm die letzten Tage gesagt, er muss einfach so spielen, wie er eben spielt. Er darf nicht nachdenken, sondern muss einfach seine Sachen machen", sagt Schröder rbb|24. "Wenn er das macht, ist er ein Killer und wir sind schwer zu stoppen."
Lo avancierte zum Erfolgsgaranten
Bestes Beispiel hierfür war das besagte Spiel gegen Australien. Da brachte Maodo Lo nämlich nicht nur Dante Exum zum Hinfallen, sondern bat auch dessen Teamkollegen Nick Kay zum Tanz. Rund um den Start des vierten Viertels attackierte Lo diesen gleich dreimal, verkürzte Deutschlands Rückstand erst per Step-Back-Dreier, netzte einen zweiten solchen zur Führung und baute diese schließlich per Korbleger nach einer ganzen Reihe schneller Täuschungen und Handwechsel aus. Es waren drei Minuten, in denen der Ball normalerweise wohl in die Hände von Franz Wagner gegangen wäre. Weil der aber eben verletzt hinter der Bande zum Zuschauen verdammt war, avancierte Lo zusammen mit Dennis Schröder zum deutschen Erfolgsgaranten.
"Er kann punkten, er kann kreieren und er ist in der Lage, Dinge zu tun, die andere Spieler nicht tun können", fasste Bundestrainer Herbert nach dem Spiel zusammen.
Beim klaren 101:75-Erfolg im letzten Vorrundenspiel gegen Finnland brauchte es am Dienstagnachmittag dann keine 20 Punkte von Maodo Lo. Weil sich zahlreiche seiner Mitspieler treffsicherer zeigten, nahm Lo überhaupt nur fünf Würfe im gesamten Spiel, verteilte dafür sehr solide fünf Korbvorlagen und wusste auch defensiv zu überzeugen. Letzteres ist eine weitere Qualität, die Lo durchaus regelmäßig abruft – wenngleich sie im Schatten seines offensiven Swags teils etwas untergeht.
"Jeder versucht etwas beizutragen. Mal ist es dies, mal ist es das – ich denke, das ist die Qualität unserer Mannschaft", sagte Lo nach dem Spiel in der Mixed-Zone.
Deutschland trifft wohl auf Superstar Doncic
Es ist eine Qualität, die Franz Wagners Ausfall bislang verschmerzbar machte, und auch in der nun anstehenden Zwischenrunde wichtig wird. Dort trifft Deutschland am Freitag und Sonntag aller Voraussicht nach auf Georgien und Slowenien um Luka Doncic, ein Weltklassespieler, der auch bei der WM bislang dominiert.
Weil aber die Ergebnisse aus der Vorrunde mit in die Zwischenrunde genommen werden, sind die Chancen der deutschen Mannschaft auf das folgende Viertelfinale sehr gut. Nicht zuletzt, weil sie mittlerweile als klarer Medaillenanwärter gilt und als solcher auch gegen Slowenien alles andere als chancenlos wäre. Insbesondere dann, wenn Maodo Lo an der Seite von Dennis Schröder und einem möglicherweise wieder genesenen Franz Wagner zu tanzen beginnt.
Sendung: rbb24, 29.08.2023, 18 Uhr