Union Berlin beendet Trainingslager - "Ich gehe den Jungs auf den Sack, wenn es sein muss"

Mi 02.08.23 | 06:12 Uhr | Von Jakob Rüger
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Audio: rbb24 Inforadio | 01.08.2023 | Jakob Rüger | Bild: IMAGO / Matthias Koch

Der 1. FC Union Berlin hat sein zehntägiges Trainingslager in Österreich beendet. Trainer Urs Fischer sieht Fortschritte, aber auch noch Potenzial. Die Champions League wird schon jetzt zum Reizthema. Von Jakob Rüger

Allein sitzt Urs Fischer im schwarzen Trainingsanzug auf einem weißen Ball im Mittelkreis. Die Mannschaft macht sich fernab auf einem Nebenplatz warm. Es ist einer der wenigen ruhigen Momente für den Trainer des Fußball-Bundesligisten Union Berlin in diesem Trainingslager.

Fischer blickt gedankenverloren auf die beeindruckenden Berghänge. Der Fußball scheint für den Schweizer in diesen Sekunden ganz weit weg. "Ich habe mir in dem Moment das Panorama angeschaut und an die Natur gedacht", sagt der Coach, als er später auf den Moment angesprochen wird. "Es war die Ruhe vor dem Sturm."

Der 1. FC Union Berlin steht vor einer besonderen Saison: Erstmals messen sich die Köpenicker mit den besten Mannschaften Europas in der Uefa Champions League. Die Königsklasse war im Trainingslager das Thema - in Gesprächen mit den Fans und in Interviews mit den Medien.

"Ich bereite die Mannschaft für die Bundesliga vor, nicht für die Champions League"

"Jetzt geht das mit der Champions League ja wieder los, das Spielchen wird beginnen", sagt Fischer fast schon vorwurfsvoll in Richtung der mitgereisten Journalisten. "Glauben Sie mir eins, ich bereite die Mannschaft für die Bundesliga vor, nicht für die Champions League." Zehn Tage lang hat der Trainer seine Profis gequält. Es ging um Spritzigkeit, defensive Abläufe und das Angriffsspiel. "Die Jungs ziehen toll mit und versuchen alles umzusetzen, wie wir es haben wollen", so Fischer. "Dass nicht alles gelingt, ist ja auch normal."

Zwei Testspiele haben die Eisernen in Österreich absolviert. Gegen Pafos FC aus Zypern (1:2) und gegen den italienischen Erstligisten Udinese Calcio (1:0) waren Defizite und Verbesserungspotenziale sichtbar. Die Defensive steht weiterhin kompakt, die Köpenicker verschieben, stellen die Räume zu, sind giftig in den Zweikämpfen.

Fischer machte Ärger Luft

In der Offensive sieht Urs Fischer aber noch deutliches Verbesserungspotenzial. "Gerade wenn ich unsere Flanken sehe: Wir kommen immer wieder toll in die Aktion, toll in den Raum, haben die Chance, mit einer Flanke gefährlich zu werden", analysiert der Trainer. "Doch es fehlt ein Abnehmer, es fehlt eine Adresse, das ist zu unpräzise. Da haben wir noch Luft nach oben."

Der Schweizer ist nicht vollends zufrieden und machte seinem Unmut auch im Training häufig Luft. Wenn Fischer über den Platz brüllte, verstummten sogar die Fans am Spielfeldrand. "Wenn ich das Gefühl habe, ich muss den Jungs auf den Sack gehen, dann gehe ich ihnen auf den Sack." Gleichzeitig suchte er auch immer wieder das Einzelgespräch mit seinen Spielern. Nach jedem Training saß Fischer mit einem Profi noch minutenlang auf dem Rasen zusammen.

Singen für die gute Laune

Sieben Neuzugänge hat der 1. FC Union Berlin in diesem Sommer bislang verpflichtet. Noch immer fehlen ein weiterer Innenverteidiger und ein Linksverteidiger. Mögliche Neuzugänge muss Fischer dann im laufenden Spielbetrieb integrieren. In Bramberg am Wildkogel stand vor allem die Integration der Neuen auf dem Plan. Sie alle wurden mit einem Ritual aufgenommen. Beim Mannschaftsabend am Samstag auf einer Almhütte musste jeder Neuzugang singen. Der US-Amerikaner Brenden Aaronson gab zum Beispiel Party in the USA von Miley Cyrus zum Besten. Ob er eine gute Figur dabei machte, darüber gibt es unterschiedliche Angaben.

Auf dem Platz war Aaronson jedoch einer der Gewinner. Es macht den Eindruck, als könnte er es zum Pflichtspielstart in die Startelf schaffen. Neuzugang Lucas Tousart, der - so hört man - absolute Wunschspieler von Urs Fischer, war ebenfalls auf einem guten Weg in die erste Elf, verletzte sich aber im Testspiel gegen Udinese am Oberschenkel.

Glückwünsche für die Champions League

Es blieb die einzige Hiobsbotschaft für das Trainerteam. Alle anderen Spieler haben die Einheiten in Österreich gut überstanden. Die Mannschaft hat intern auch über die Saisonziele gesprochen, nach außen ist nur so viel gelangt: "Auch nächste Saison wieder Bundesliga spielen", formulierte es Fischer.

Wie ernst es dem Trainer damit ist, zeigt eine Anekdote, die er am letzten Tag im Trainingslager erzählte. "Wenn ich derzeit Glückwünsche bekomme, dann sagen sieben von zehn: Viel Glück für die Champions-League!", so der Schweizer. "Ich sage dann immer: Wünscht mir lieber viel Glück für die Bundesliga, das ist unser Kerngeschäft."

Die Gewichtung für die neue Saison ist klar. Bevor es losgeht, folgt noch ein finaler Test gegen Atalanta Bergamo im Stadion An der Alten Försterei - und dann starten die Köpenicker im DFB-Pokal bei Astoria Walldorf in die neue Spielzeit. Bis dahin wird Urs Fischer wohl noch jede ruhige Minute genießen - auch ohne Bergpanorama in Berlin.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2023, 18 Uhr

Beitrag von Jakob Rüger

8 Kommentare

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  1. 8.

    Auch mein Ziel , kennen Sie ja.
    40 Pkt.
    Sollte das andere Zutreffen um so besser für Berlin

  2. 7.

    Zita: "Meine Prognose für die kommende Saison: Hertha steigt auf. Union Platz 15."

    Wow, hätten Sie nicht kürzlich diesen tollen #1 Kommentar (s. u.) unter einem anderen Artikel abgegeben, würde ich diesen hier fast für Ihren bisher besten halten. Aber mal ganz dumm gefragt: Wie sind Sie zu oben genannter Expertise gekommen, Teichert?

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/07/merz-aussage-interview-cdu-kooperation-afd-cdu-kommunen.html

  3. 6.

    volle Zustimmung, genau so soll es sein, Hertha gebt euch Mühe und Union haltet das Niveau, und dann : nächstes Jahr wieder Stadtderby !!!!!

  4. 5.

    Sehr gut argumentiert - Respekt scheint für viele ein Fremdwort zu sein. Auch ich aus Köpenick kommend wünsche der Hertha eine gute Saison, damit endlich wieder Derbys stattfinden können.

    Allen eine gute BL-Zeit und maximale Erfolge - unveu

  5. 4.

    Vor ein paar Tagen gabs den wohltuenden Versuch des fairen Umgangs hier in den Kommentaren, indem beide Fanlager sich Erfolg für die neue Saison wünschten. "Teichert" dir fehlt es wirklich an Größe! Berlin ist groß genug für die beiden großen Vereine, und wenn es die "Alte Dame" wirklich schaffen sollte mit dem Aufstieg wäre es toll, dann gibt es wieder Derby´s. Bis dahin sollte jeder Verein seine Hausaufgaben machen und an der Erreichung seiner Ziele arbeiten. Und mit Platz 15 hätte Union sein Saisonziel erreicht-Klassenerhalt!

  6. 3.

    Das gönne ich der Hertha sogar.
    Aber für eine Prognose recht dürftig… mehr fällt dir nicht ein?

  7. 1.

    Meine Prognose für die kommende Saison:
    Hertha steigt auf.
    Union Platz 15.

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