Interview | Eisbären-Trainer André Rankel - "Junge Spieler lernen nur, wenn sie spielen"
Seit Frühjahr ist André Rankel Teil des Trainerteams der Eisbären Berlin, neuerdings auch deutscher U18-Bundestrainer. Ein Interview über die Früchte guter Jugendarbeit, fehlende Breite im deutschen Eishockey und Einblicke in den der USA.
Dass André Rankel ein vielbeschäftigter Mann ist, verraten schon seine Jobtitel: neuer Bundestrainer der deutschen U18-Nationalmannschaft, dazu nicht nur Co-Trainer, sondern auch Development Coach bei den Eisbären Berlin. Drei Jahre nach seinem Karriereende ist der 38-Jährige sowohl beim Deutschen Eishockey-Bund als auch bei seinem Herzensverein für die Entwicklung junger Spieler zuständig. Worauf es dabei ankommt, erzählt er im Gespräch mit rbb|24.
rbb|24: Herr Rankel, 2003 haben Sie als Spieler bei der U18-Weltmeisterschaft in Lettland ein erstes internationales Highlight erlebt. Welche Eindrücke sind 20 Jahre später noch übrig?
André Rankel: Das war in Riga. Wir haben in der B-Gruppe gespielt, sind damals leider nicht aufgestiegen. Vielleicht kann ich mich auch deshalb nicht mehr an so viel erinnern.
Im Jahr 2023 sind sie als neuer Bundestrainer wieder in der U18 gelandet. Was hat sich in der Jugendarbeit des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) getan?
Das sieht man mit der Silbermedaille bei Olympia und der bei der WM in diesem Jahr. In denen steckt ganz viel Jugendarbeit. Nicht nur das Fünf-Sterne-Programm (gemeinsames Nachwuchsprogramm des DEB und der Bundesligen DEL und DEL 2, Anm. d. Red.) hilft der Nationalmannschaft, den nächsten Schritt zu gehen. In der Spitze ist viel passiert, in der Breite können wir noch besser werden.
Ist das so ein bisschen die Überschrift über der deutschen Eishockey-Jugend? Wie steht diese im internationalen Vergleich da?
Wie gesagt, in der Spitze sind wir gut dabei. Das sieht man in der A-Nationalmannschaft, wo die besten Spieler aller Jahrgänge zusammenkommen und wir gemeinsam viel erreichen können. Jetzt geht es um die Breite. Darum, dass wir in den einzelnen Jahrgängen komplette Mannschaften haben, die mit den Top-Nationen mithalten können. Es dauert aber in Deutschland immer ein bisschen länger, bis die Spieler auf diesem Niveau ankommen.
Die angesprochene A-Nationalmannschaft ist mittlerweile in der Weltspitze angekommen, holte bei der WM im Mai erstmals die Silbermedaille. Locken solche Erfolge auch Jugendliche in den Sport?
Die Nationalmannschaft ist immer das Aushängeschild eines Sports. Natürlich bringen dann Erfolge wie die Silbermedaille Kinder zum Sport, erzeugen zusätzliche Begeisterung. Aber Nachwuchsarbeit ist ein langfristiges Projekt, bei dem sowohl der Verband als auch die Vereine gefragt sind. Wir müssen den Kindern die Freude an unserem Sport vermitteln, sie noch aktiver begleiten und auch Lösungen dafür finden, dass Eishockey kein besonders günstiger Sport ist.
In der angesprochenen DEL müssen seit der Saison 2021/22 mindestens drei Deutsche U23-Spieler auf dem Spielberichtsbogen stehen. Wie wichtig ist die DEL für die zukünftige Nachwuchsförderung?
Natürlich spielt die DEL eine große Rolle. Es ist einfach wichtig, dass junge Spieler spielen. Ob in der DEL, in der zweiten Liga oder der Oberliga – Spieler lernen nur, wenn sie spielen. Sie müssen ihre Eiszeit auch bekommen, wenn sie mal Fehler machen. Aber auch die jungen Spieler selbst müssen geduldig sein und einen Schritt nach dem anderen machen.
Sie sind nicht nur U18-Bundestrainer, sondern auch Assistenztrainer und Development Coach bei den Eisbären Berlin. Was sind da konkret ihre Aufgaben?
Im Endeffekt, den jungen Spielern zu helfen, den nächsten Schritt zu machen – auf dem Eis, aber auch daneben. Wir sprechen viel darüber, in welchen Situationen wir uns wie verhalten wollen. Ich versuche den Jungs beizubringen, was es bedeutet, ein Profi zu sein. Das Spiel auf dem Eis, die Arbeit am Schlittschuhlaufen, an der Technik und der Taktik gehören da natürlich dazu.
Sie waren vor einigen Monaten zu Gast im Development Camp des US-Klub Los Angeles Kings (hat den gleichen Eigentümer, wie die Eisbären, Anm. d. Red.). Wie funktioniert der Austausch und was haben Sie für den DEL-Alltag mitgenommen?
Dass sie im Endeffekt nichts anderes machen als wir, aber natürlich viel mehr Kapazitäten haben. In Los Angeles haben sie fünf Development Coaches, während ich die Arbeit hier allein mache. Der Austausch war aber sehr wertvoll, um fragen zu können: Wie setzt ihr das um? Wie sprecht ihr mit den Spielern? Wie nutzt ihr Videoanalysen für euch? In der NHL ist zwar nicht alles, was anders gemacht wird, automatisch besser, aber es lohnt sich, die feinen Unterschiede kennenzulernen.
Zum Abschluss ein Blick auf die sportliche Situation der Eisbären: Haben Sie sich schon endgültig von der ungewohnt unerfolgreichen Vorsaison erholt?
Die letzte Saison ist die letzte Saison, die ist jetzt vorbei. Wir richten unseren Fokus voll auf das, was ansteht, und reden kaum mehr über das letzte Jahr. An dem können wir ja nichts mehr ändern.
Aktuell stehen Sie nach sieben Spielen auf Rang vier, haben einen Punkt Rückstand auf Spitzenreiter Köln. Sind Sie zufrieden mit dem Saisonstart?
Ich denke schon. Wir sind trotz vieler Auswärtsspiele zum Start auf einem guten Weg. Nach sieben Spielen mit fünf Siegen dazustehen, kann sich sehen lassen. Jetzt wollten wir uns da oben festsetzen. Es ist zwar noch früh in der Saison und es gibt vieles, was wir verbessern können, aber Stand jetzt sind wir mit unserer Spielweise ganz zufrieden.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Rankel.
Das Interview führte Fabian Friedmann, rbb Sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.10.2023, 17:15 Uhr