Herthas Pokal-Aus gegen Kaiserslautern - Kein Märchen, aber vielleicht ein Happy End

Do 01.02.24 | 08:32 Uhr
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Herthas Fabian Reese (imago images/Jan Huebner)
Video: Sportschau | 01.02.2024 | Sebastian Meyer | Bild: imago images/Jan Huebner

Herthas Enttäuschung über das Aus im DFB-Pokal schien zunächst noch größer als die Kulisse dieses besonderen Abends. Dabei lieferte das Spiel auch wichtige Erkenntnisse. Und Hoffnung auf großen Trost. Von Ilja Behnisch

Als Fabian Reese, Flügelstürmer und Hoffnungsträger in Diensten von Hertha BSC, unmittelbar nach dem Schlusspfiff des DFB-Pokal-Viertelfinals gegen den 1. FC Kaiserslautern (1:3) wie ein zum Trocknen gelegtes Handtuch über einer Werbebande hing, war klar: Es wird wieder nix mit einem Pokalsieg oder wenigstens dem Endspiel im eigenen Stadion. Und: Fußball-Märchen gehen nicht in Erfüllung, nur weil sie so schön hätten sein können.

Dabei war alles angerichtet. Ein Gegner mit klangvollem Namen, aber scheinbar schlagbar. Das Stadion ausverkauft und auch dank einer bezaubernden Choreo maximal stimmungsvoll belebt. "Wir Herthaner" war über das halbe Stadionrund zu lesen. Eine Reminiszenz an den verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Wegen dem überhaupt noch einmal die große Geige über diesem Abend hing.

Seine längst ikonische Trainingsjacke als Mahnmal in der Kabine der Spieler. Dazu die Wortmeldung seiner Witwe, die sich für die Anteilnahme der vergangenen Wochen bedankte und zugleich darum bat, das Erbe ihres Mannes nun aber auch wirklich mit Leben zu füllen. Der "Berliner Weg", er soll weiter gehen. Ein Weg der, und das ist fast schon zynisch, sich erst mit dem plötzlichen Tod Bernsteins so richtig klar vor dem Verein und seinen Mitgliedern zu erkennen geben scheint.

"Man hätte das Stadion anzünden können"

"Heute heißt es erstmal: Sieg! Und somit Kays und unserem Traum vom Pokal ein Stück näherkommen! Ihr seid da, ich bin da", schloss Eileen Bernstein-Rose. Alles bereit also für ein Märchen. Oder wie es Fabian Reese nach dem Spiel sagte: "Man hätte das Stadion anzünden und die ganze Stadt mitnehmen können." Hätte. Doch es kam anders, sehr zu Reeses Leidwesen: "Es war eine große Chance. Und manchmal hat man die Chance, etwas Besonderes zu erreichen, nur ein-, zweimal im Leben. Heute war eine. Und wir haben sie leichtfertig vergeben. Ich wollte das Spiel unbedingt gewinnen. Für Kay, für die Fans, für die Stadt."

Man habe die Zweikämpfe nicht angenommen in den ersten 45 Minuten, so Reese weiter und den Matchplan nicht konsequent umgesetzt. Und spätestens da muss man dann doch einmal widersprechen. Denn Hertha kam sehr wohl mit sichtbarem Elan ins Spiel und setzte sich in den Zweikämpfen durchaus ordentlich zur Wehr. So sprach die Quote der gewonnenen, direkten Duelle schon in der ersten Halbzeit von leichten Vorteilen für die Berliner.

Allerdings gewann Kaiserslautern viele der entscheidenden Duelle und das auch, weil sie es einfach sehr, sehr gut machten. Allen voran Abwehrchef Boris Tomiak und sein Vordermann, der Sechser Julian Niehues, legten ein herausragendes Spiel hin. Und dann war da noch Tomiaks Nebenmann Jan Elvedi, der die Gäste bereits in der fünften Minute und nach einem Freistoß mit anschließendem Flipper rund um den Strafraum in Führung brachte.

Viel Wille, wenig Esprit

Märchen haben häufig Bösewichter. Dazu jedoch taugte Kaiserslautern mit einer blitzsauberen Leistung keinesfalls. Eher gaben die Pfälzer den Spielverderber. Und das mit einer fast schon bewundernswerten Konsequenz. Womöglich machte es ihnen die Hertha zu einfach. Das Offensiv-Spiel der Berliner wirkte statisch. Es gab wenig Positionswechsel, selten einmal tauschten Spieler die Positionen oder kreuzten, um die Lauterer Ordnung vor größere Probleme zu stellen.

Womöglich aber, die Antwort wird Hertha-Trainer Pal Dardai noch geben müssen, war genau das der Matchplan für dieses Spiel. Dardai hatte überraschend auf Dreierkette umgestellt und damit Kaiserslauterns System nahezu gespiegelt. Womöglich sollte es so zu vielen 1:1-Situationen kommen auf dem Platz. In der Hoffnung, dann durch eine vermeintlich höhere individuelle Qualität das bessere Ende für sich zu haben.

Stattdessen aber verrannten sich Herthas Spieler gegen einen aufmerksamen Gegner immer wieder in sinnlosen Einzelaktionen, denen häufig doch auch mangelnde Klasse anzusehen war. Insbesondere der wie immer stets bemühte Haris Tabakovic offenbarte vor allem in der Ballannahme und Ballmitnahme wiederholt eklatante Schwächen. Aber auch sonst galt: Viel Wille, wenig Esprit. Und genau davon hätte es nach dem frühen Rückstand einiges gebraucht. Hertha wirkte wie eine Mannschaft, die den Schlüssel zur Lösung des Problems in den eigenen Reihen wähnte, nur von Minute zu Minute ungehaltener darüber wurde, ihn nicht sofort finden zu können.

Stecker gezogen

Mit Beginn der zweiten Halbzeit schien das Momentum noch einmal zu kippen, schien das Märchen sich noch nicht aufgegeben zu haben. Mit der Einwechselung von Fabian Reese veränderte sich nicht nur die Statik im Spiel der Hertha, die nun wieder mit Viererkette agierte. Sondern vor allem auch die Dynamik. Es ist nahezu grotesk, welche andere Energie dieser Fabian Reese auf den Platz und in seine Mannschaft bringt.

Doch am Ende fehlte auch ihm die Präzision und Effektivität, die Lautern an diesem Abend und ganz im Gegensatz so sehr auszeichnete. Spätestens mit dem 0:3 in der 69. Minute dann war der Stecker gezogen, nachdem zuvor zumindest schon das Licht geflackert hatte. Gegen den Energie-Verlust dieses Treffers, auf dem Rasen und auf den Rängen, war selbst Fabian Reese machtlos.

So wurde aus einem Abend, der ein Kapitel in einem Märchen hätten werden sollen, einfach nur ein weiteres Kapitel in der schier endlosen Geschichte von Herthas Pokal-Pleiten. Und trotzdem sangen die Fans nach Abpfiff geschlossen ihre Hymne. Als Fabian Reese wie ein zum Trocknen gelegtes Handtuch über einer Werbebande hing. Vielleicht weil sie ahnen, dass ihr Verein gerade dabei ist an einem Happy End zu schreiben, auch ohne in einem Märchen zu leben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 01.02.2024, 6:00 Uhr

35 Kommentare

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  1. 35.

    Leider stimmt das mit dem Knopfdruck und Hertha versagt.
    Leider zu viele Spieler zu langsam. Kempf ist nicht gut, Toni Leistner, ein guter Typ, zweikampfstark aber leider auch langsam, Marton Dardai zu langsam, Bouchalakis auch viel zu langsam.
    Wusste man das bei seiner Verpflichtung nicht?
    Spielt Fabi, dann können wir auch gewinnen, spielt er nicht, gewinnen wir nicht.
    Hertha sollte lieber sehen, das sie nicht unten rein rutschen.
    Fabi ist nächste Saison weg, das ist auch leider sicher.
    Viel leider.

  2. 34.

    Er ist tatsächlich nicht repräsentativ für unsere Fanszene. Ansonsten einer Meinung mit Rotwieblut

  3. 33.

    Und täglich grüßt das Murmeltier!
    Auf Knopfdruck versagt die Hertha , wenn es was zu erreichen gibt! Das wiederholt regelmäßig seit dem ich Herthafan bin ( seit 50 Jahre)
    Das gestrige Spiel zeigte jedoch , das Dardai kein Taktikfuchs und limitiert ist!
    Er kann das Potential der Spiel nicht herrauskitzeln und daher stagniert das ganze Spielgefüge.
    Seite L.Favre hatte Hertha auch keine Visionärstrainer mehr und nur Verwalter.
    Ich war gestern emotionlos und nicht mal wütend
    Als Herthafan ist man mit Negativerlerlebnisse konditioniert

  4. 32.

    Alt-Herthaner 1970,Hessenbub, vollkommen Eurer Meinung. Im wichtigsten Spiel für Hertha bis hier hin ,in dieser Saison, experimentiert der Trainer an den wichtigsten Stellen einer Mannschaft rum. Der Ernst muss sich vom Vorschlaghammer getroffen gefühlt haben. Tolle Motivation, für den Rest der Saison.

  5. 31.

    Alle, die hier ihre Kritik an Dardai/ der Mannschaft/ dem Universum mittels der Aufstellung von Gersbeck zu untermauern versuchen, kann man getrost links liegen lassen. Die haben das Spiel nicht gesehen. Die drei Tore waren weder Böcke vom Keeper noch Pflichtparaden. Schaut Fußball und bildet Euch danach eine Meinung, nicht andersherum. Meine Güte ey…

  6. 30.

    Der Reese ist nach der Saison sowieso weg. Er ist ein Söldner, wie nahezu jeder Fußballer heutzutage, auch wenn er auf alternativ macht und die Anhänger das toll finden. Ansonsten: Wenn man den Gegner nicht ernst nimmt und genauso aufstellt und spielt, dann passiert das halt.

  7. 29.

    Schon einmal mitbekommen, dass ich irgendwie ein Fan von Union bin.
    Und wenn es wirklich so sein sollte, dass ein FanShop gibt, wo ausschließlich Union-Devetionalien gibt, zeigt es doch eindeutig, dass man damit Geld verdienen kann und mit dem anderen Zeug eben nicht.
    Wer will schon einen Wettfinanzierer und Versicherungsverkäufer jetzt noch zusätzlich Geld in den Rachen werfen?

  8. 27.

    Schon einmal mitbekommen, dass ich irgendwie ein Fan von Union bin.
    Und wenn es wirklich so sein sollte, dass ein FanShop gibt, wo ausschließlich Union-Devetionalien gibt, zeigt es doch eindeutig, dass man damit Geld verdienen kann und mit dem anderen Zeug eben nicht.
    Wer will schon einen Wettfinanzierer und Versicherungsverkäufer jetzt noch zusätzlich Geld in den Rachen werfen?

  9. 26.

    Lieber Autor des Artikels,
    Wäre es nicht sinnvoll, das Endergebnis des Spiels am Anfang des Artikels mal zu nennen?

  10. 25.

    Warum "werdet"? In der Liga gibt es ja Probleme. Daher der Tabellenstand.

    Nur, die massive Respektlosigkeit, mit der man dem FCK begegnete, ausgerechnet von HBSC, das lässt mich einerseits ratlos und andererseits schmunzelnd zurück.

    Seit dieser Reese-Manie haben da einige leicht den Kopf verloren.

    Die Hertha hat eine tolle, starke Truppe, um die wir ehch beneiden, und ich wünsche denen, dass sie nochmal mitreden im Aufstiegsrennen! ;-)

  11. 24.

    Knorke!
    Hab ick dit erste mal inne 80er jehöhrt. Passt imma noch :)

    He Ha Ho

  12. 23.

    Lustig, dass Sie gerade unter einem Beitrag des rbb schreiben, dass dieser Hofberichterstattung für Hertha betreibt, während Radio Eins (rbb) eine Medienpartnerschaft mit dem selbsternannten Kultklub aus Köpenick hat und es im rbb-Shop Merchandise von den Eisernen - nicht aber von Hertha - zu erwerben gibt. Aber so ist die Selbstwahrnehmung in Köpenick wohl. :)

  13. 22.

    Sie haben meine volle Zustimmung. So ein grottenschlechtes Spiel und dann die Erklärung, die Mannschaft konnte keine Leistung bringen, weil sie vorher krank waren. Mannoooooo

  14. 21.

    Und wenn Reese überraschend bleibt??

    Seit diesem Reese-Hype weiß ich nicht, ob sich die Hertha-Fans selbst noch ernstnehmen bzw nicht vielleicht alles viel zu negativ (ohne Reese) sehen.

    Ich bin mit der Hertha aufgewachsen. Aber seit Reese ist das eine merkwürdige Stimmung. "Reese gut, ALLES ABER AUCH ALLES ANDERE IST SCHLECHT", so wirkt es.

  15. 20.

    Mausetot ist vielleicht übertrieben, der FCK hatte eine wahnsinnige Effizienz bei den Torabschlüssen, in der 2. Halbzeit war es bis zum 0:3 ein Spiel auf ein Tor, mit Chancen im Minutentakt. Auch beim FCK sollte man sich nicht blenden lassen, es wurde gut verteidigt, aber ansonsten auch nur lange Bällle. Gegen spielstarke Gegner, Mannschaften mit Ideen und Lösungen, werdet ihr richtig Probleme bekommen.

    Alles Gute

  16. 19.

    Erstmal Glückwunsch in die Pfalz; schade für Hertha. Vielleicht noch besser so, als in einem HF von Leberkäsen zu Mett verarbeitet zu werden. Damit voller Fokus auf den Alltag, die Punkte zum Klassenerhalt sowie die Folgesaison, die ohne Reese und Tabakovic zu überstehen sein wird.

  17. 18.

    Es ist nicht immer gesagt das man besser als eine andere Mannschaft ist,wenn man auf dem Papier angeblich besser besetzt ist. Gestern war Kaiserslautern jedenfalls die bessere Mannschaft und hat hochverdient gewonnen.
    Und im Gegensatz zu Hertha gönne ich es diesem Sympathischen Verein und den Tollen Fans.

  18. 17.

    Das Publikum war gestern gewiss nicht Schuld an der desolaten Leistung.
    Und die jungen und unerfahrenen Spieler auch nicht. Von Leistner, Kempf, Tabakovic etc. muss man bei ihrer Erfahrung mehr erwarten können, da sollten einzelne Pfiffe keine Entschuldigung sein. Pfiffe und Unmut müssen auch erlaubt sein. Und die ersten Pfiffe gab es erst nach der desolaten Leistung der 1. HZ.
    Ich weiß nicht, ob sie im Stadion waren. Die Unterstützung war grandios.

    P.S.: Dardai ist am Ende mit seinem Latein, keinerlei Weiterentwicklung erkennbar

    HaHoHe

  19. 16.

    Welches Spiel hast du denn gesehen????
    Jung und unerfahren....... Aber die die technischen Grundeigenschaften und die Mentalität zum Fußball sollten sie schon haben.....

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