Verein "Dein Ball für Namibia" - Zwei Pritzwalker Fußball-Fans engagieren sich für Kinder in Afrika
Vor knapp zweieinhalb Jahren reiste Hertha-Fan Timm Buchholz zum ersten Mal nach Namibia, um beim Aufbau einer Umkleidekabine für Nachwuchsfußballer zu helfen. Nun kehrt er in das afrikanische Land zurück. Es gibt immer etwas zu tun. Von Anton Fahl
Seinen Urlaub verbindet Timm Buchholz mit einem Herzensprojekt. Vor wenigen Tagen reiste der Hertha-Fan erneut nach Namibia, zum ersten Mal seit seinem Aufenthalt im Oktober 2021. Damals hatte er in den sozialen Medien einen Spendenaufruf gestartet, dem viele Fußball-Fans nachkamen. Seine Mission: eine neue Umkleidekabine für die Nachwuchsmannschaften des Swakopmund FC. "Ich sage immer zu Timm: 'Seitdem du die Umkleide gebaut hast, ist meine Mannschaft immer Meister geworden'", sagt Tony Arjen Daugals im Gespräch mit rbb|24. Buchholz und Daugals verbindet nicht nur ihre Leidenschaft für das runde Leder, sondern auch ihre Herkunft Pritzwalk in der Prignitz.
Seit einigen Jahren lebt Daugals in Namibia. 2019 gründete er den eingetragenen Verein "Dein Ball für Namibia", um den örtlichen Jugendfußball zu unterstützen. Zusätzlich trainiert er die U13 des Swakopmund FC. Buchholz verfolgte das in den sozialen Medien – und verspürte den Drang, mit anzupacken. "Man kann sich kein Bild machen, wenn man noch nie hier war", sagt er.
Als nächstes soll ein Gemeinschaftsraum entstehen
"Im Sport haben wir 25 Kinder aus armen Verhältnissen, aus den Townships, die beim SFC spielen können. Ohne Paten aus Deutschland wäre das nicht möglich. Die Kinder bekommen Trainingsanzüge, Fußballschuhe und die Mitgliedschaft bezahlt", berichtet Daugals.
Der Sport solle im Vordergrund stehen, doch mittlerweile sei "Dein Ball für Namibia" in fünf Bereiche unterteilt, um unterprivilegierte Kinder und Jugendliche in allen Lebensbereichen zu unterstützen und zu fördern: von Unterkunft und Gesundheit bis hin zu Ernährung und Bildung. "Wir haben im letzten Jahr ein Klassenzimmer gebaut, in dem 20 Schüler Platz finden", sagt Daugals. "Manche Spieler kommen jeden Tag zu uns, weil sie zu Hause nichts haben. Sie sitzen dann hier, machen ihre Hausaufgaben, lesen Bücher oder kriegen Nachhilfe."
Ermöglicht wird all das durch Spendengelder. "Als ich den Verein gegründet habe, hätte ich nicht gedacht, dass das mal so groß wird", sagt Daugals. "Im vergangenen Jahr haben wir durch die Spenden insgesamt 100.000 Euro in den namibischen Jugendfußball investiert, in allen Bereichen." Die meisten Spender kenne er persönlich, der Großteil von ihnen lebe in Deutschland, auch aus England, der Schweiz oder aus Namibia erhalte der Verein Gelder. "Wir sind nicht abhängig von einer Organisation, die sich jederzeit rausziehen könnte. Wir haben individuelle Spender, die gut finden, was wir machen, und uns unterstützen wollen."
Eines wird im Gespräch mit Buchholz und Daugals schnell deutlich: Es gibt immer etwas zu tun. Als nächstes soll ein Gemeinschaftsraum an das Klassenzimmer angebaut werden. "Das ist unser Großprojekt für dieses Jahr, um den Kindern noch mehr Platz zu bieten. Wir wollen eine kleine Bibliothek und Küche einbauen", so Daugals. "Dann können sie in Ruhe lesen, mal etwas kochen, selbst aktiv werden und Gesellschaftsspiele spielen. Das soll ein Rückzugsort für die Kinder sein." Knapp 6.000 Euro wurden dafür bereits gesammelt, insgesamt benötigt wird gut das Dreifache an Spendengeldern. "Wir haben gesagt: Wir sammeln so lange, bis wir diesen Betrag zusammenhaben und dann fangen wir an zu bauen."
"Ein Kunstrasen ist nice to have, aber nicht überlebenswichtig"
Pläne, einen Kunstrasenplatz zu bauen, wurden dagegen vorerst verworfen. "Das ist ein großes Problem. Wir sind in der Wüste und haben immer wieder Probleme mit dem Platz. Ein Kunstrasen bringt aber einen sehr, sehr hohen Kostenaufwand mit sich", erläutert Daugals. Ohne "Riesen-Sponsor" sei das für den Verein nicht realisierbar. Letztlich sei es aber auch eine Frage der Perspektive und Priorisierung: "Ein Kunstrasen ist nice to have, aber nicht überlebenswichtig."
Was dagegen sehr wohl überlebensnotwendig ist: ausreichend Nahrung. "Gerade zu Covid-Zeiten haben wir gesehen, dass die Essensnot groß ist", erinnert sich Daugals. "Die Spieler kommen manchmal hungrig zu uns – und wir erwarten Höchstleistungen im Training. Inzwischen können wir jeden Tag nach dem Training ein Essen anbieten. Für viele ist das die einzige Mahlzeit."
Zwölf von ihnen können seit knapp zwei Jahren im "Blue Heaven", einem angemieteten Wohnhaus, leben. "Jeder hat dort sein eigenes Bett, sie haben fließend Wasser und Strom – das hatten sie vorher nicht." Die namibischen Kinder, die der Verein betreut, kommen überwiegend aus ärmsten Verhältnissen, wachsen teils ohne Eltern auf und wurden in jungen Jahren schon mit viel Leid konfrontiert: "Gewalt, Alkohol, Drogen", sagt Daugals. In Namibia setzt er sich dafür ein, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen - nicht zuletzt auch mit Hilfe der Kraft des Fußballs.
Und auf Buchholz wartet in Berlin, sobald er von seinem Aufenthalt in Afrika zurückkehrt, ein weiteres Herzensprojekt. Seit vergangenem Sommer trainiert er die zweite Frauenmannschaft von Hertha BSC, nachdem er schon die Gründung der Mädchen- und Frauenfußballabteilung zusammen mit weiteren Fans und Vereinsmitgliedern maßgeblich vorangetrieben hatte.