Volleyball-Saisonfazit - Netzhoppers schöpfen neue Kraft am Tabellenende
Während acht Volleyball-Teams noch um den Meistertitel spielen, ist die Saison für die Netzhoppers schon vorbei. Sie verpassen als Tabellenletzter die Playoffs. Warum das trotzdem ein Anfang ist und wie es für die Brandenburger weitergeht. Von Lynn Kraemer
Sechs Minuspunkte, ein unerfahrenes, junges Team und eine Insolvenz, die im Hintergrund abgewickelt wird: Es gibt leichtere Rahmenbedingungen, um als Geschäftsführer einen Volleyball-Bundesligisten zu übernehmen und neu aufzubauen. "Dann muss man, glaube ich, schon irgendwo eine gute Geschichte erzählen, um die Leute irgendwie für uns zu begeistern oder in die Halle zu kriegen", sagt Dirk Westphal und zieht eine optimistische Saisonbilanz für die Energiequelle Netzhoppers Königs Wusterhausen: "Das ist uns, glaube ich, sehr, sehr gut gelungen."
Der 38-Jährige übernahm bei den Brandenburgern nach dem Ende seiner aktiven Karriere vor einem Jahr die Verantwortung. "Das Arbeitsvolumen, das auf mich zukam, war sehr intensiv und fordernd. Dazu kam die Unsicherheit: Mache ich jetzt alles richtig? Ist das so, wie ich es mache, gut?" Diese Dinge hätten ihn teilweise auch in der Nacht wachgehalten.
Um einen klaren Neuanfang zu gewährleisten, kümmern sich andere Personen im Verein um die laufende Abwicklung der Insolvenz. Gerade in der Anfangsphase gab es zwar immer wieder Anfragen von außen an die neue Geschäftsführung, aber "da haben wir immer wieder darauf verwiesen, dass es einen Insolvenzverwalter gibt, an den man sich wenden kann".
Westphal und seine Mitstreiter standen nicht nur vor der Herausforderung, eine nachhaltige Struktur im Hintergrund aufzubauen, sondern auch mit einem deutlich kleineren Etat ein neues Team zusammenzustellen. Immerhin eine beruhigende Gewissheit hatten sie: Bis 2026 steigt kein Team aus der Volleyball-Bundesliga der Männer ab, weil die aufgestockt wurde. Die Neuaufstellung kam also gewissermaßen genau zum richtigen Zeitpunkt für die Netzhoppers.
Drei Siege in 22 Spielen
Also wurden fast 80 Prozent des Spielerbudgets eingestrichen und in die Infrastruktur gesteckt. Heraus kam ein sehr junger Kader mit vielen regionalen Spielern, aber relativ wenig Bundesliga-Erfahrung. "Unsere Mannschaft hat genau das gemacht, was wir uns erhofft haben. Sie haben engagierten Volleyball gespielt, auch in schwierigen Situationen gekämpft und keinen Ball aufgegeben", so Geschäftsführer Westphal.
Im Ergebnis spiegelte sich der sichtbare Einsatz nicht immer wieder. Aus 22 Spielen nahmen die Netzhoppers drei Siege mit und wurden Letzter. Die Brandenburger brauchten bis Mitte Dezember, um gegen Dachau ihre ersten Punkte zu holen. Zwei Monate später schafften sie es erst mit einem 3:1 gegen Haching aus dem negativen Punkte-Bereich, in Dachau gab es dann noch mal einen Sieg im Tie-Break.
Die Mannschaft des Trainers Alejandro Kolevich zeigte immer wieder ihr Potenzial, spielte besonders gegen die Spitzenteams teilweise befreiter, aber konnte sich in den entscheidenden Momenten meistens nicht belohnen.
"Wenn man die Punkte sieht, ist natürlich schon eine gewisse Enttäuschung da, weil man sich am Ende doch ein bisschen mehr versprochen hat", sagt Dirk Westphal. Aber: "Wenn man es unabhängig von den Punkten macht, kann man schon sehr zufrieden sein. Auch mit der Entwicklung, die die Spieler genommen haben." Ein kleiner Trost: Ohne den Punktabzug hätten die Netzhoppers die Saison als Vorletzter abgeschlossen und zumindest Haching hinter sich gelassen.
Zuschauerziel knapp verfehlt
In elf Heimspielen lockten die Brandenburger 5.687 Zuschauerinnen und Zuschauer in die Paul-Dinter-Halle in Königs Wusterhausen. Angepeilt waren 600 verkaufte Tickets pro Spiel. Am Ende kamen im Schnitt 517 Personen. "Es hätten natürlich ein paar mehr sein können, aber ich bin jetzt nicht unzufrieden. Wir haben fünf Mal unter der Woche gespielt und waren zwei Mal vom GDL-Streik betroffen", so Westphal. Die meisten Zuschauenden kamen zum Saisonauftakt gegen die BR Volleys (918). Das Spiel gegen Aufsteiger ASV Dachau stieß auf das geringste Interesse (327).
Die Netzhoppers-Spieler machten über den Instagram-Kanal, der seine Follower-Zahl während der Saison fast verdreifachte, Werbung für die Heimspiele. Viele der Spieltage standen unter einem Motto. In Zusammenarbeit mit mehreren Sponsoren wurde beispielsweise eine kleine Ausbildungsbörse organisiert. Schülerinnen und Schüler zahlten für das Spiel nur einen Euro Eintritt. "Gerade der Tag der Vereine war ein großer Erfolg, weil es immer wichtig ist, auch sportbegeisterte Menschen in die Halle zu bekommen. Die Studentenspieltage liefen eher weniger gut", resümiert Westphal. Auf die Aktionen soll in der nächsten Spielzeit aufgebaut werden.
Veränderungen im Kader
Die Netzhoppers wollen sich nicht darauf ausruhen, dass in der Volleyball-Bundesliga aktuell kein Team absteigen kann. "Im nächsten Jahr ist unser Anspruch, dass wir mit den letzten beiden Plätzen nichts zu tun haben. Wir wollen uns so weiterentwickeln und sportlich vorankommen, dass wir eher in Richtung Playoffs spielen", sagt Westphal. Schon jetzt steht fest, dass der Kader auf dieser Mission anders aussehen wird, "weil ein paar andere Vereine Interesse an dem einen oder anderen Spieler bekundet haben". Dafür sollen ein, zwei erfahrene Spieler verpflichtet werden, die dem jungen Team mehr Sicherheit geben.
Dieser Schritt ist nur möglich, weil die Investition in die Geschäftsstelle im Hintergrund aktuell aufgeht. "Das Fundament, das wir damals im Office-Bereich gelegt haben, merkt man jetzt schon bei einzelnen Sponsoren", so Westphal. Viele der Geldgeber seien bereit, ihr Engagement zu erweitern und langfristig zu verlängern: "Wir legen jetzt auch im Finanziellen ein festeres und solides Fundament und können über einen mehrjährigen Zeitraum planen." Und dann soll die Saison nicht mehr schon vor den Playoffs vorbei sein.
Sendung: rbb24, 11.03.2024, 21:45 Uhr