Fußball-Europameisterschaft - Fünf Gründe, sich auf die EM zu freuen
Es ist nicht mehr lange hin, ehe die Fußball-Europameisterschaft am 14. Juni eröffnet wird. Gastgeber Deutschland wird dabei inzwischen immer häufiger als Turnier-Favorit genannt. Aus guten Gründen. Von Ilja Behnisch
Neue Spieler
Fußball-Fans aus Berlin und Brandenburg dürften vor noch gar nicht allzu langer Zeit lauthals aufgelacht haben, hätte man ihnen gesagt, dass die Sportskameraden Maximilian Mittelstädt (27, geboren in Berlin) und Robert Andrich (29, geboren in Potsdam) sehr wahrscheinlich als Stammkräfte der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in die Heim-Europameisterschaft 2024 gehen würden. Doch die Ex-Spieler von Hertha BSC (Mittelstädt) und Union Berlin (Andrich) haben sich an ihren neuen Wirkungsstätten in Stuttgart (Mittelstädt) und Leverkusen (Andrich) zu Top-Spielern gemausert. Und stehen damit stellvertretend für einen Weg, der nach Leistung und nicht Namen aufstellt. Klingt selbstverständlich, war in der Vergangenheit aber nicht immer der Fall.
Neuer Trainer
Jogi Löw und Hansi Flick, als Chef- und/oder Co-Trainer gefühlt für die vergangenen 314 Jahre Nationalmannschaft verantwortlich, sind inzwischen völlig verdient dort angekommen, wo es für sie für den Moment wohl am schönsten ist. Im Vorruhestand (Löw) oder beim FC Barcelona (Flick). Top-Trainer mit Top-Meriten. Und doch hat es etwas Erfrischendes, nun den gerade mal 36-Jährigen Julian Nagelsmann als Bundestrainer zu erleben.
Eine neue Ansprache, gepaart mit der spannenden Gemengelage, es niemandem beweisen zu müssen, aber allen beweisen zu wollen. Während Bundestrainer früher häufig die letzte Karriere-Station war, wird es für Nagelsmann, der im Klub-Fußball ja trotzdem schon fast alles gesehen und erreicht hat, nur ein Zwischenschritt sein. Einen, den er vor Kraft nur so strotzend und doch spielerisch leicht nimmt. Und selbst wer ihn als Trainer des FC Bayern nicht recht leiden mochte, weil, nun ja, er der Trainer des FC Bayern war: Mit seiner kommunikativen Art wirkt Nagelsmann in seiner aktuellen Rolle regelrecht ansteckend. Auch auf seine Spieler.
Neue Stimmung
Damit ist er auch ein gehörig großes Puzzlestück für die fast schon euphorisch zu nennende Stimmung rund um die Nationalmannschaft und die Heim-EM. Was vor einem Jahr noch unwahrscheinlicher wirkte als die Nationalmannschafts-Stammspieler Maximilian Mittelstädt und Robert Andrich. Aber irgendwie haben es Verband, Mannschaft und Fans geschafft, eine neue Leichtigkeit in und um die Länderspiele zu legen.
Eine Leichtigkeit, die sich auch auf dem Spielfeld widerspiegelt. Zwar ist die Mannschaft qua Offensivgeist hin und wieder hanebüchen offen in der Defensive. Andererseits verfügt sie mit Jamal Musiala, Florian Wirtz und Co. über so manchen Spieler, der dazu angetan ist, die klassischen, deutschen Tugenden (Disziplin, Ausdauer, Einsatz) um eine unglaubliche Facette zu erweitern: den Zauberfuß. Wem das keine Vorfreude in die Sommerplanung stellt, dem ist mit Fußball in diesem Leben nicht mehr zu helfen.
Neuer Plan
Mit dem neuen Trainer, den neuen Spielern und der neuen Stimmung kommt auch ein neuer Spiel-Ansatz einher. Vorbei die Zeiten halbseidener Dreier-Ketten-Experimente und Aufstellungen, die sich scheinbar nach den Wünschen der Spieler und nicht nach den Notwendigkeiten der Mannschaft ergeben haben. Das 4-2-3-1 der deutschen Elf scheint fix. Die Rollenverteilungen auf dem Rasen auch. Jeder weiß, was er wann zu tun hat. Das führt zu klaren Abläufen, die im Idealfall wiederum dafür sorgen, dass die Einzelkönner (siehe Zauberfuß) so hell wie möglich scheinen können. Und zu Freude bei den Fans. Die lieben einen klaren, erkennbaren Plan.
Neue Chance
Es ist also angerichtet für: Das Sommermärchen 2.0. Nach den zwar gelungenen, aber für Deutschland titellosen Heim-Turnieren 1988 (Europameisterschaft) und 2006 (Weltmeisterschaft) wäre es auch fast schon an der Zeit für einen Triumph im eigenen Land. 50 Jahre nach dem WM-Sieg 1974 von München.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.06.2024, 09:15 Uhr