Beschlussvorlage für Klausurtagung - Grüne wollen früheren Braunkohleausstieg auch im Osten

Sa 18.03.23 | 19:16 Uhr
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Tagebau Welzow (Quelle: imago/Sylvio Dittrich)
Video: Brandenburg Aktuell | 18.03.2023 | Bild: imago/Sylvio Dittrich

Bis spätestens 2038 soll in Deutschland Schluss sein mit der Stromerzeugung durch die Verbrennung klimaschädlicher Kohle. Die Grünen machen Druck, den Ausstieg schon 2030 zu schaffen. In den ostdeutschen Braunkohleländern stößt das auf Widerstand.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag peilt einen vorgezogenen Kohleausstieg auf 2030 auch im Osten des Landes an. In einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der Fraktion in der kommenden Woche heißt es, das sei ein "notwendiger Schritt, um die Klimaziele zu erreichen". Das hätte auch Folgen für die Lausitz.

Das ARD-Hauptstadtstudio und die "Süddeutsche Zeitung" [Bezahlinhalt] hatten zuerst darüber berichtet. Die Grünen-Fraktion trifft sich von Dienstag bis Donnerstag in Weimar.

Kellner: Im Interesse der Lausitz

Ein früherer Kohleausstieg mache nicht nur klimapolitisch Sinn, sondern bringe angesichts neuer Entwicklungen auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Menschen und Regionen vor Ort, heißt es in dem Papier. Die Annahme, dass die Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 wirtschaftlich sei, habe sich mittlerweile überholt.

Der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums, Michael Kellner (Grüne), sagte rbb24 Brandenburg aktuell am Samstag, er sei davon überzeugt, dass ein früheres Kohle-Aus im Interesse der Lausitz sei. Kohle werde unwirtschaftlich und halte neue Investitionen in "grünen" Wassertstoff, erneuerbare Energien und moderne Gaskraftwerke auf, so Kellner. Das aber wolle man auf den Weg bringen, um bis 2030 eine Versorgungssicherheit auch ohne Kohle gewährleisten könne.

Woidke und Steinbach kritisieren Pläne der Grünen

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, den Kohleausstieg "idealerweise" um acht Jahre auf 2030 vorzuziehen. Für das Rheinische Revier im Westen wurde das im Herbst bereits vereinbart. Das Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohle im Osten sei der nächste Schritt, hatte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge gesagt. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich dafür ausgesprochen, aber versichert, dass das im Konsens vereinbart werden müsse. Ob die Ampel-Partner SPD und FDP mitspielen, ist offen.

Es kam allerdings umgehend Widerstand aus Brandenburg: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte der "Welt", man dürfe "den Ast nicht absägen, auf dem wir sitzen". Auch SPD-Fraktionsvize Detlef Müller äußerte Kritik: "Wir müssen bei den Zeitplänen für den Kohle-Ausstieg im Osten Deutschlands Wort halten", sagte er am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. "Immer wieder neue Fristen anzukündigen, sorgt für massive Verunsicherung bei den Menschen vor Ort."

Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) warnte bei rbb24 Brandenburg aktuell vor fehlenden Rahmenbedingungen: Um eine sichere Stromversorgung zu garantieren, müssten die erneuerbaren Energien schneller ausgebaut und neue Gaskraftwerke gebaut werden, so der Landesminister. Auch sei die Frage der Bergbaufolgekosten bei einem früheren Ausstieg nicht geklärt.

Milliardenhilfen sollen früher gezahlt werden

Um den betroffenen Regionen etwa in der Lausitz beim Umbau zu helfen, wollen die Grünen laut "Süddeutscher Zeitung" Teile der für den Kohleausstieg vereinbarten Milliardenhilfen vorziehen und so unter anderem mehr Unternehmen ansiedeln.

Als Alternative zu den Braunkohlekraftwerken ist im Papier der Grünen-Fraktion die Rede von "Wasserstoff-ready Gaskraftwerken", also von Kraftwerken, die zunächst durch Gasverbrennung, später aber auch aus Wasserstoff Strom erzeugen können. Es sei absehbar, dass Ostdeutschland zur Erzeugerregion für grünen Wasserstoff werde. "Dort, wo heute noch Braunkohle verbrannt wird, kann die Erfahrung und Netzinfrastruktur genutzt werden. Dieser Einstieg sichert unzählige Arbeitsplätze im Kraftwerksbereich."

In Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, werden große Hoffnungen in der Energiewende gesetzt. Er könnte in Zukunft auch für die Herstellung von Strom genutzt werden. Derzeit ist der aus Ökostrom hergestellte Energieträger aber knapp und teuer.

In den betroffenen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird ein früherer Ausstieg kritisch gesehen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete einen früheren Kohleausstieg am Samstag als "völlig illusorisch" - nicht zuletzt wegen des Wegfalls von russischem Pipeline-Gas im Zuge von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.03.2023, 16:00 Uhr

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66 Kommentare

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  1. 66.

    Wie viele Arbeitsplätze hängen 2023 an der Kohle?
    Wie viele Arbeitsplätze können durch erneuerbare Energien entstehen?
    Ein großes Problem ist, dass ewiggestrige Kommentierende und Rentner aus dem Video wegen ihrer Anfälligkeit für populistische Stimmungsmache und Uraltnarrative die ökonomischen Relationen und Chancen für die Region nicht verstehen. Die hier so oft befürchtete Armut kommt schleichend, falls bis zum letzten Tag an der Vergangenheit festgehalten werden möchte und dadurch die vielen möglichen Investitionen an anderen Orten stattfinden.

    Entweder schnellstmöglicher Umstieg auf moderne Energie und Industrieinvestitionen oder im Gestern zurückbleiben.

  2. 65.

    Bitte welche Länder? Wo gibt es noch so eine Grüne Partei wie in Deutschland die nur verbieten kann?

  3. 64.

    Sie haben hier ein Stück recht..D wird die Welt nicht retten. Denn die Erde hat sich über Jahrmillionen immer verändert. Leben ging..neues Leben kam. Wird auch jetzt wieder geschehen….in hunderten / tausenden Jahren. Der Mensch kann aber als intelligente Spezies versuchen, das von ihm verursachte zu begrenzen. Mehr wird nicht gehen. Also kann / muss jeder bei sich anfangen im kleinen. Sei es bei der Mobilität, bei der Ernährung, dem Verbrauch fossiler Ressourcen etc. Kleinvieh macht auch Mist!

  4. 63.

    Es ist inzwischen klar, die Linksgrüne "Energiewende" ins Nichts, wie Professor Sinn meint, ist völlig misslungen. Wie kann an Atom- und Kohlekraftwerke verschrotten, wenn man keine realistische Alternative hat? Als Zwischenstandsergebnis haben wir durch die "Energiewende" den höchsten Strompreis der Welt. Jetzt gehen schonmal die Spreewaldbauern pleite, weil sie den Strom für ihre landwirtschaftliche Produktion nicht mehr bezahlen können.

  5. 62.

    Und ich fordere Gummibärchen für alle! Der ganze Zauber bringt doch gar nichts, wenn nur Deutschland auf der Bühne steht. Und er bringt noch weniger, wenn man durch immer neue Verbote und komische Ideen (Modernisierungszwang für Omas klein Häuschen) die Menschen verprellt und in die Arme der Blauen treibt.

  6. 61.

    Pi mal Daumen kann man schon abschätzen, dass sich Kohle-Verstromung und LNG Verstomung bzgl. des gesamten CO 2 Footsteps nur graduell unterscheiden. Beides sind fossile Energieträger, und das mehr an CO2 bei der Kohle wird durch den Transport des LNG mit Dieselschiffen um den halben Erdball wieder aufgewogen.

  7. 60.

    Aber Sie wissen schon, dass außer Deutschland noch andere Länder existieren? Dort sieht man verschiedenes nämlich gänzlich anders....

  8. 59.

    Ich würde vorschlagen, dass man die Stromversorgung mal für eine Woche einstellt, damit die Klimaaktivisten mal auf den Boden der Tatsachen zurück kommen. Die in der Wohlstadsgesellschaft groß gewordene Generation hat noch nie etwas von Verzicht erleben dürfen, fordern nur, und Wissen nicht wie es ist wenn man sich etwas selbst erarbeiten muss. Diese Trottel denken Deutschland rettet die Welt, bedenken aber nicht, das Deutschland gerade im Begriff ist unterzugehen. Selbstzerstörerisch.

  9. 58.

    Ich glaube, mit dem Kalkulieren hat es unsere Lieblingsverbotspartei nicht so wirklich.
    Außerdem, wem ist eigentlich noch aufgefallen, dass der überwiegende Rest der Weltbevölkerung nicht so richtig mitzieht? Deutschland kann zusammen mit Norwegen und den anderen Zwergstaaten nicht so wirklich was gegen die Erderwärmung tun, oder? Der umgefallene Sack Reis in China drängt sich mir auf.....

  10. 57.

    Meiner Meinung nach ist das der richtige Schritt und lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Es ist klar, dass das nicht nur auf Begeisterung stößt und es ist wichtig, dass die Region arbeitstechnisch Alternativen anbieten kann. Kohleabbau ist keine zukunftsfähige Ernergiegewinnung, dass zieht viel zu viel nach sich. Mir wird schlecht, wenn ich höre, dass jetzt wieder große alte Abraumflächen geflutet werden sollen - in einer Region in der das Wasser immer kostbarer ist. Mag sein, dass es für die Energiekonzerne die günstigste Alternative ist. Aber dann bildet die Flächen einfach nur eine riesige Verdunstungsquelle. Vielleicht sollte man sich mal überlegen, wie man wirklich nachhaltig und langfristig zurückwandeln kann. Solange kein Fracking folgt, bin ich dafür.

  11. 56.

    Dummerweise können Sie so viele Windräder aufstellen wie Sie wollen, es nützt alles nichts. Denn die Speicher im Netz, von denen Frau Baerbock redete, gibt es nicht. Der Windstrom muss exakt in der Sekunde verwendet werden, wenn er vom Windrad erzeugt werden. Die erforderliche Grundlastfähigkeit ist nur mit zwei Erzeugungssystemen physikalisch möglich, mit Atomkraft oder mit Fossilen Energien. Die Grünen wollen beides nicht. Frankreich ist schon verzweifelt über die Grüne Energiepolitik. „Die Deutschen müssen endlich aufhören, uns bei der Atomkraft auf die Eier zu gehen“ und Frankreich baut neue Atomkraftwerke.

  12. 55.

    Der Kohleausstieg 2038 ist eine Farce und völlig inakzeptabel. Brandenburg darf nicht länger das Bundesland mit den höchsten CO2-Emissionen pro Kopf sein. Das muss schnellstmöglich ein Ende haben! Da Brandenburg Windkraft kann, ist das auch sehr gut möglich!

  13. 54.

    Sie glauben ernsthaft, China nimmt uns als Vorbild? Wissen Sie was? Wenn man voran geht, sollte man immer mal schauen, ob andere auch folgen, sonst ist man schnell alleine

  14. 53.

    Moderne Gaskraftwerke? Mit welchem Gas? Fracking?

  15. 52.

    Wenn die Grünen sich wünschen, dass LNG schon 2030 die Kohle bei der Stromerzeugung ablösen soll, müssen sie die Klimabilanz dieses Unterfangens konkret abschätzen können, nicht phi mal Daumen. Und sie sollten die Kosten der beiden Alternativen kalkulieren können. Da muss Butter bei die Fische, sonst entsteht der Verdacht, es sei eher Dogmatik als Vernunft am Werk.

  16. 51.

    Noch vergessen
    Ich fordere auch die sofortige Einstellung der Umweltzerstörung durch den Kohletageabbau
    Kohle ist der Klimakiller Nr1 hinter dem Verbrennermotor
    Die AKW sind zum Glück bald Geschichte

  17. 50.

    Nun ja, die Grünen haben die Bürger im Osten wieder belogen, bauen durch Arbeitsplätze ab und habe keine echten Alternativen um Existenzen zu retten. Der Klima-Schwachsinn von 1,5 Grad für die Welt von Deutschland aus ist nur Populismus ohne Sinn

  18. 49.

    Ich verstehe es nicht , Kohle ist ein Bio Produkt,von der Natur geschenkt. Und CO2 pumpen hunderte Vulkane im Pazifichen Feuerring in die Athmosphäre ....

  19. 48.

    Sehr guter Kommentar!
    Herr Kellner hatte auch den PCK-Leuten etwas anderes versprochen, als 50% Auslastung, wie es derzeit ist.
    Diesem Mann ist überhaupt nicht zu trauen.

  20. 47.

    Ich ändere meine Gewohnheiten, wir buchen jetzt jährlich eine Kreuzfahrt statt alle zwei Jahre. Bin ich jetzt ein Klimasünder?

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