Rechtsstreit um Cottbuser Ostsee - Stadt Frankfurt (Oder) und Leag weisen "Schweigegeld"-Vorwürfe zurück

Mo 25.09.23 | 14:59 Uhr
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Archivbild: Der Cottbuser Ostsee am 23.02.2022 (Quelle: dpa/Andreas Franke)
Audio: Brandenburg Aktuell | 25.09.2023 | | Bild: dpa/Andreas Franke

Durch die Entstehung des Cottbuser Ostsees befürchtete Frankfurt (Oder) eine höhere Sulfatbelastung für das Trinkwasser. Ein Rechtsstreit mit der Leag wurde beigelegt - gegen "Schweigegeld", wie nun berichtet wird. Stadt und Konzern dementieren.

Die Stadt Frankfurt (Oder) weist einen Bericht des Recherchezentrums "Correctiv" zurück, nach einem beigelegten Rechtsstreit "Schweigegeld" vom Energiekonzern Leag erhalten zu haben. Auch das Unternehmen hat den Bericht zurückgewiesen.

Der Vorwurf sei abstrus, sachfremd und widersinnig, sagte der Sprecher der Stadt Frankfurt (Oder), Uwe Meier, am Sonntag dem rbb. Es gebe keine Schweigegeldvereinbarung, sondern vielmehr "eine Loyalitätsverpflichtung, ein völlig normales Gebaren im Rahmen von gerichtlichen Vergleichen", betonte Meier.

Das Recherchezentrum "Correctiv" hatte am Samstag berichtet, die Stadt und ihre Wassergesellschaft FWA dürften künftig nicht einmal mehr den Anschein erwecken, die Leag gefährde oder erschwere die Trinkwasserversorgung. Zudem solle auch ein Verzicht auf künftige Klagen vereinbart worden sein.

Außergerichtliche Einigung

Hintergrund war eine Auseinandersetzung um die Entstehung und Flutung des Cottbuser Ostsees im ehemaligen Braunkohletagebau. Die Stadt und der Betreiber des örtlichen Wasserwerks befürchteten dadurch eine Erhöhung des Sulfatgehalts im Wasser der Spree an der Stelle, an der Wasser für die Trinkwasserversorgung entnommen wird. Frankfurt (Oder) und der Wasserwerk-Betreiber waren vor das Verwaltungsgericht Cottbus gezogen, einigten sich im Februar dieses Jahres aber außergerichtlich mit der Leag.

Stadtsprecher: Bericht "in Ton und Sache falsch"

Das Recherchezentrum "Correctiv" berichtete am Samstag, der damals geschlossene Vergleich umfasse eine Schweigevereinbarung. Die Stadt hatte im Februar zu der außergerichtlichen Einigung bekannt gegeben, dass sich die Leag an den Kosten für den Ausbau des Wasserwerks Müllrose (Oder-Spree) beteilige, damit Frankfurt (Oder) für die Trinkwasserversorgung unabhängiger vom Spreewasser werde.

Die Stadt habe die 5 Millionen Euro nicht bekommen, um zu schweigen, sondern um das Wasserwerk zu ertüchtigen, betonte Stadtsprecher Meier nun erneut. Mit diesem Schritt sei es gelungen, auf weniger Wasser aus der Spree angewiesen zu sein, führte Meier aus.

Der Sprecher der Oderstadt hatte zuvor bereits mitgeteilt: "Der Verwurf von Correctiv gegen die Stadt Frankfurt (Oder) ist im Ton und in der Sache falsch." Richtig sei, dass die Vergleichsparteien sich auf künftige Unterlassungen verschiedener Arten von Maßnahmen gegeneinander verständigt hätten. Er sagte dem rbb, unter den Vergleichsparteien sei erklärt worden, man wolle sich in der Angelegenheit "nicht weiter attackieren". Allerdings sei das streng bezogen auf den Gegenstand des Vergleichs, also die Planungen für den Cottbusser Ostsee in der jetzigen Fassung sowie die Betroffenheit des Wasserwerks in Briesen (Oder-Spree), das mit Wasser aus der Spree arbeite.

Auch Leag weist Vorwürfe zurück

"Alle darüber hinaus gehenden eventuellen künftigen Konflikte zwischen den Parteien sind von diesem Vergleich selbstverständlich nicht erfasst", hieß es. "Es gibt also keine Vereinbarung im Zuge der Beteiligung der Leag an den Kosten für den Ausbau des Wasserwerks Müllrose, die die Stadt und die FWA verpflichten würde, über die Folgen des Bergbaus zu schweigen und auf künftige Klagen zu verzichten."

Auch die Leag wies die Vorwürfe "entschieden" zurück. Es gebe weder "Zahlungen von Schweigegeld noch eine unzulässige Belastung des Wasserhaushaltes durch die Leag", teilte das Unternehmen mit. "Die Arbeiten der Leag erfolgen entsprechend den behördlichen Genehmigungen und werden engmaschig überwacht."

Ziel der außergerichtlichen Einigung mit Frankfurt (Oder) und ihren Wasserwerken sei, einen möglicherweise langanhaltenden Rechtsstreit zu vermeiden, welcher die Entwicklung des Cottbuser Ostsees verzögert hätte, so die Leag am Montag in einer Mitteilung. Mit der finanziellen Beteiligung der Leag an dem Ausbau und der Ertüchtigung des Wasserwerks Müllrose werde die Wasserversorgung von Frankfurt (Oder) "dauerhaft auf eine stabile und von der Spree unabhängigen Grundlage gestellt", hieß es weiter.

19 Quadratkilometer Wasserfläche

Eine mögliche Beeinträchtigung von Trinkwasser durch Sulfatkonzentrationen wird seit Jahren diskutiert. Die Leag, die Braunkohlekraftwerke betreibt, hatte die Sorge als unbegründet bezeichnet, dass durch die Anbindung des Cottbuser Ostsees an die Spree die Sulfatlast steigen könnte.

Der Ostsee, eine ehemalige Tagebaugrube, soll einmal eine Wasserfläche von knapp 19 Quadratkilometern haben. Demnach wird er dann größer als Schwieloch- und Scharmützelsee - und gut zweieinhalb Mal so groß wie der Große Müggelsee.

Am Staatstheater Cottbus hatte am Samstagabend ein gemeinsam mit der investigativen Redaktion "Correctiv" entwickeltes Theaterstück mit dem Titel "Kraftwerk - Ein Theaterabend über Kohle, Wasser und die Ewigkeit" Premiere.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.09.2023, 15:00 Uhr

22 Kommentare

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  1. 22.

    Den Kardinalfehler hat der Bund begangen, als er die braune Kohle nach der Wende privatisiert hatte.

  2. 21.

    Die sogen. Ewigkeitskosten für die Folgelasten der Braunkohleförderung und -verstromung drohen der Allgemeinheit, vertreten durch den Staat (Kommunen, Land und Bund), übergeholfen zu werden. Das liegt auch an den großzügigen Regelungen, welche die diversen Brandenburger Landesregierungen in den vergangenen dreißig Jahren zugunsten der braunkohlefördernden Energiekonzerne (LAUBAG, Vattenfall, LEAG) vereinbart haben. Eigentlich sollte dafür die LEAG als derzeitiger Betreiber, so lange dieser Konzern noch existiert, so weit wie möglich alleine aufkommen.
    Die Langzeitfolgen werden noch lange nachdem die LEAG in die Geschichte eingegangen sein wird, die Menschen in der Lausitz und den angrenzenden Regionen zu kompensieren und ggf. zu ertragen haben.

  3. 20.

    Lesen und verstehen zählt nicht zu Ihrer Stärke?
    Beide Länder sind gefordert die Spree zu schützen, bedeutet nicht das Sie allein verantwortlich sind.
    Die LEAG wird es von allein und ohne Druck nicht machen.
    Grundsätzlich Gewässerschutz ist Aufgabe der Länder und sicher nicht der Kommunen oder gar Versorgungsunternehmen.
    Also haben beide Länder dafür zu sorgen, dass die Gewässer geschützt werden.
    Wozu gibt es schliesslich Wasser- und Umweltbehörden? Daten erfassen allein reicht nicht aus.

  4. 19.

    Im Ruhrgebiet kommt die RAG für die Ewigkeitskosten auf, in Brandenburg hatte man die braune Kohle lieber privatisiert. Dabei gibt es genügend Altlasten noch aus DDR-Zeiten.

  5. 18.

    Vollkommen falsche Schlußfolgerung die aber der Leag sehr gefallen dürfte.
    Nicht Berlin und BRB ist für den Schutz der Spree verantwortlich sondern der Verursacher.
    Begreift keiner dass das Problem mit Kohleausstieg noch viel größer wird? Jeder weitere Tag des Raubbaus das Problem nur weiter nach hinten verlagert?

  6. 17.

    Den verlinkten Artikel auf correctiv könnte man nach 3 Zeilen eigentlich aufhören zu lesen.
    "Der Bürgermeister von Frankfurt an der Oder hat gemeinsam mit drei umliegenden Städten und der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft FWA einen Vergleich mit dem Kohlekonzern Leag geschlossen, der CORRECTIV exklusiv vorliegt. Dass die Bevölkerung bislang nichts davon weiß, hat einen triftigen Grund: Es ist eine vertragliche Schweigevereinbarung – im Gegenzug zahlt die Leag fünf Millionen Euro für das Wasserwerk Müllrose."
    Das ist nix neues, wurde doch über das Verfahren und die Einigung in den einschlägigen Medien (rbb, MOZ) ausführlich berichtet. Vielleicht sollte die Recherche sich selbst und seine Methoden noch mal überprüfen.
    Die Interpretation Schweigegeld aus einem Vergleich, wird im Artikel mit keinen Fakten belegt. Ausdruck klingt auch kaum objektiv.
    Problem für FF ist/wird gelöst.
    Spätestens jetzt sind BRB bzw. B gefordert die Spree zu schützen und nicht das kleine FF.

  7. 15.

    Wer 1 Semester Chemie studiert hat weiß, dass eine Sulfatverbindung vor der Spree halt macht, da sie nicht nach Berlin will.

  8. 14.

    Natürlich gibt es keine Schweigegeldvereinbarung, sondern vielmehr "eine Loyalitätsverpflichtung".

  9. 13.

    Ich bin kein Jurist und daher darf ich das Wort "Loyalitätsverpflichtung" als hochgradig amüsant, als geradezu albern, empfinden.

  10. 12.

    Der Sinn ist das einmalig die LEAG den Umbau des Wasserwerkes in Müllrose bezahlt und dann vom Thema nichts mehr hören will. Damit das auch so so bleibt hat man das so auch in den Vertrag geschrieben den beide Seiten ausgehandelt haben. Im Sinne des öffentlichen Interesses ist dies nicht, wenn wenn die 5 Millionen nicht reichen, Pech gehabt. Es ist nur im Sinne der Landesregierung die ein großes Interesse am Kohlestrom hat. Ich könnte auch wetten das beim Thema Helenesee weitere Tauschgeschäfte mit der Landesregierung stattfinden. Die Stadt ist dem Hoffnungslos ausgeliefert und ich kann den OB verstehen wenn er dem zustimmte. Ich hoffe die LEAG hat die 5 Millionen schon überwiesen, denn das Problem ist enorm. Politik ist eben ein Hässliches Geschäft und die meisten wollen nicht wahrhaben welchen Preis Kohlestrom oder Atomenergie haben. Ich würde sagen der Deal ist auch vom Bürger so gewollt, fair ist jener auf keinen Fall. Sonst würden sie die letzte Generation mehr verstehen!

  11. 11.

    Wer glaubt Correctiv hat sich das aus lange Weile aus den Fingern gesogen glaubt auch an den Weihnachtsmann. Besonders die Oberschlauen weit weg von der Lausitz.

  12. 10.

    "Stadt und Konzern dementieren"
    Was ist nochmal der Sinn eines "Schweigegeldes" ?

  13. 9.

    Bis klar war das Proschim nicht dem Raubbau zum Opfer fallen wird waren die Erfahrungen mit Vattenfall/Leag sehr lehrreich.
    Diesem Konzern ist jede Sauerei zuzutrauen.
    Meine Erfahrung, da ist was dran.

  14. 8.

    "... Am Staatstheater Cottbus hatte am Samstagabend ein gemeinsam mit der investigativen Redaktion "Correctiv" entwickeltes Theaterstück mit dem Titel "Kraftwerk - Ein Theaterabend über Kohle, Wasser und die Ewigkeit" Premiere."

    "Werbung" ist angekommen!

  15. 7.

    Ich könnte mich schon über das Wort „offenbar“ aufregen, kommt gleich hinter „mutmaßlich“ und steht für mich für unseriöse Berichterstattung!

  16. 6.

    Danke an den RBB für die detaillierte Darstellung des Themas in diesem Beitrag, einschließlich der Stellungnahmen der Betroffenen zum Vorwurf von Correctiv, hier sei ein Schweigegeld gezahlt worden. Demnach haben die LEAG und die Stadt Frankfurt einen Streit zu einem konkreten, einzelnen Sachverhalt vertraglich beigelegt. Dazu gehört eine durchaus übliche Vereinbarung, zukünftiv weitere gegenseitige Maßnahmen in der konkreten Sache zu unterlassen. Von einem "Schweigegeld" kann hier also keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich hier (wieder einmal) um eine unzulässige Skandalisierung und Selbstinszenierung von Correctiv, wie gemacht für ein Staatstheater ("Shame on him who thinks evil of it.") Inzwischen lohnte sich eine eigene "Korrektiv"-Internetseite für die investigativen Berichte von Correctiv.

  17. 5.

    Was ist ein Verwurf?
    Schließe mich der Anerkennung für Correctiv an, danke!

  18. 4.

    Dem sollte weiter nachgegangen werden, da das Recherchezentrum "Correctiv" in der Vergangenheit (Coronaepidemie) nicht immer wirklich unparteiisch war und seine Verlautbarung deshalb erstmal nur als Anstoß und mit Vorsicht zu genießen ist. Wird der rbb dazu eigene unabhängige Recherchen mit eigenen Mitteln/Peronal anstellen?

  19. 3.

    Keinen Dank an correctiv.org, dass diese Abmachungen öffentlich gemacht wurden und sinnvolle Investitionen OHNE STEUERGELDER künstlich skandaliert wurden.

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