High Tech gegen Luftverschmutzung - Moos soll Berliner Luft verbessern
Ein Unternehmen aus Berlin will die Luftqualität in Großstädten verbessern. Es setzt dabei auf High-Tech und ein Wunderkraut: Moos. Die Technologie wird jetzt in der Hauptstadt getestet. Von Franziska Ritter
Er ist gut dreieinhalb Meter hoch, bietet Platz zum Sitzen und filtert die Luft: der CityTree, der ab sofort in Berlin getestet wird. Der Stadtbaum, wie er auf deutsch heißt, ist mit Moosen bewachsen. Diese Pflänzchen sind natürliche Feinstaubschlucker. Mit ihrer großen Oberfläche nehmen sie besonders viele Schadstoffe auf.
Die Firma Green City Solutions macht sich diesen Effekt zunutze. Der Bio-Tech-Filter, den sie entwickelt hat, entzieht der Luft im Umkreis von einem Meter mehr als 50 Prozent des Feinstaubs, rechnet Firmengründer Liang Wu vor. "Ein CityTree kann Stunde für Stunde die Atemluft von bis zu 7.000 erwachsenen Menschen filtern", verspricht er.
Technologie wird auch an Schulen getestet
Die Berliner tüfteln seit sechs Jahren an ihrer Erfindung. Die neueste Generation des CityTrees hat eine Sitzbank und Streben aus Holz, darunter sprießt ihr Moosmix. Sensoren sorgen dafür, dass die Pflanzen immer genug Wasser haben und nicht vertrocknen. Die Säule benötigt einen Strom-, Wasser- und Abwasseranschluss.
Drei Stadtbäume werden im Rahmen des Pilotprojekts in Berlin getestet. Bis Ende März stehen sie am Eingang des Bikini-Hauses am Zoo, danach geht es zum Walther-Benjamin-Platz. Auch auf dem Messegelände und zwei Schulhöfen sollen sich die Moosfilter beweisen. "Wir wollen damit Schüler vor schlechter Luft schützen und sie darüber aufklären, wie gefährlich Luftverschmutzung sein kann", sagt Wu.
1,9 Millionen Euro von der EU
Feinstaub macht krank, weil die winzigen Partikel die Atemwege schädigen können, Lungenkrankheiten verschlimmern und Herzinfarkte verursachen, sagen Forscher. Das hat auch die Europäische Union erkannt: "Green City Solutions geht eines der größten Probleme unserer Zeit an: die schlechte Luft in Innenstädten", betont Nora Hesse von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Die EU unterstützt Green City Solutions im Rahmen des Förderprogramms Horizon 2020 mit rund 1,9 Millionen Euro. "Wir brauchen im Kampf gegen den Klimawandel viele Innovationen aus der Wirtschaft und Investitionen in neue, umweltfreundliche Technologien", sagt Nora Hesse.
Wissenschaftler untersuchen Wirkung
Das Leibniz Institut für Troposphärenforschung in Leipzig und das Institut für Luft- und Kältetechnik in Dresden begleiten das Pilotprojekt. Die Wissenschaftler wollen die luftreinigende Wirkung der Anlage überprüfen, an der es in der Vergangenheit - bei einer früheren Generation des CityTrees - Zweifel gab. Ein City Tree bindet so viel Feinstaub wie 275 Bäume, hatten die Firmengründer damals versprochen. Später nahmen sie diesen Vergleich zurück.
Jetzt geht das Unternehmen mit der neuen Generation seines Luftfilters in Serienproduktion. Green City Solutions plant nach eigenen Angaben in diesem Jahr 75 Anlagen in europäischen Großstädten aufzustellen. Das Moos für ihre Stadtbäume züchten Liang Wu und sein Team, zu dem inzwischen 30 Mitarbeiter gehören, in eigenen Gewächshäusern in Bestensee, südöstlich von Berlin. Dort werden die CityTrees auch montiert.
Sendung: Inforadio, 12.03.2020, 14:45 Uhr