Fast 5.000 Verfahren 2022 - Berliner Finanzämter ermitteln häufiger wegen Verdacht auf Steuerbetrug

Do 19.01.23 | 14:48 Uhr
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Finanzamt Berlin Reinickendorf (Quelle: dpa/Andreas Gora)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.01.2023 | Christoph Reinhardt | Bild: dpa/Andreas Gora

Die Finanzämter in Berlin sind in den vergangenen beiden Jahren deutlich häufiger gegen Steuerbetrug vorgegangen. Das geht aus der Antwort der Finanzverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (Linke) hervor, die dem rbb exklusiv vorliegt.

2021 leitete das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen 4.217 Steuerstrafverfahren ein, 2022 waren es 4.752. Im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre waren das rund 1.000 Strafverfahren mehr.

Dies zeige, dass die Koalition Ernst mache bei der Verfolgung von Steuersündern, sagte Schlüsselburg. "Steuervermeidung und Steuerhinterziehung sind keine Kavaliersdelikte, sondern schaden unserem Gemeinwesen erheblich."

Weniger Verurteilungen

Die Zahl der rechtskräftigen Urteile und Strafbefehle ging allerdings zurück, von 277 Fällen (2020) über 257 (2021) auf zuletzt 198 (2022). Gegen eine Geldauflage eingestellt wurden rund 300 Fälle pro Jahr, die Summe der Auflagen lag im Durchschnitt bei rund 1,4 Millionen Euro. Die insgesamt verhängten Freiheitsstrafen lagen bei 41,3 bzw. 45,3 Jahren, an Geldstrafen wurden 1,4 bzw. eine Million Euro verhängt.

Zurückgegangen sind demnach auch die Nachforderungen aufgrund von Steuerprüfungen bei sogenannten Einkommensmillionären. Nach 3,2 Millionen Euro im Jahr 2020 und 6,1 Millionen 2021 konnten die Finanzämter zuletzt 1,9 Millionen Euro einfordern. Der Begriff Einkommensmillionäre, so wie ihn Finanzbehörden verwenden, stammt noch aus D-Mark-Zeiten. Damit gemeint sind Steuerpflichtige mit einem Einkommen von mehr als 500.000 Euro brutto im Jahr.

Schlüsselburg forderte neben besseren Arbeitsbedingungen im Finanzamt für Fahndung den aktiven Ankauf von sogenannten Steuer-CDs, um besser gegen Steuerbetrug vorgehen zu können. In den vergangenen beiden Jahren waren insgesamt zwölf Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Geldanlagen in der Schweiz, Luxemburg und Lichtenstein eingegangen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.01.2023, 14:40

8 Kommentare

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  1. 8.

    @Michael Ball: Diese Summe erscheint mir dermaßen hoch, dass ich auch hier davon ausgehe, dass die Summe pro Jahr und nicht pro Fall gemeint ist. Der Zusatz "im Durchschnitt" bezieht sich dann vermutlich auf den Durchschnitt pro Jahr der vergangenen zwei oder drei Jahre.

    @Jürgen Homann: Man sieht es ja anhand der Kommentare, dass der Text wohl doch nicht so ganz leicht zu verstehen ist. Ich hätte ihn jedenfalls anders, klarer formuliert.
    Haben Sie z.B. eindeutig verstanden, in welchem Jahr 1,4 Millionen Euro an Geldstrafen verhängt wurden und in welchem Jahr die Summe der Gesamtstrafen 45,3 Jahre betrug?

  2. 7.

    Da das Finanzamt doch über alle Zahlen verfügt, wundert mich diese hohe Zahl. Ja, man sollte noch Krypto wie normale Kapitalanlagen besteuern und melden müssen, aber sonst? Angestellteneinkommen, Kapitalerträge. Altersvorsorge- und Krankenversicherungsbeträge werden doch automatisch gemeldet. Wir haben die Bonpflicht bei Gastronomie und Handel.

    Vielleicht könnte man dem Bürger auch endlich eine zentrale Plattform in Form eines Marktplatzes für alle Bürgerthemen (also Finanzamt/Rente & Altersvorsorge/Bürgerdienste) zur Verfügung stellen.

    Ausserdem könnte man die Pauschalen hoch setzen, damit weniger Einzelnachweise erbracht werden müssen und das Steuersystem sollte so vereinfacht werden wie z.B. in Finnland. Da bekommt jeder einen Vorschlag zur Steuererklärung von seinem Finanzamt automatisch einmal pro Jahr zur Verfügung gestellt und man muss nur eine Erklärung abgeben, wenn man davon abweichen möchte.

  3. 6.

    Warum hat Sebastian Schlüsselburg (Linke) parlamentarisch angefragt? Wenn dies aus "dieser Ecke" kommt geht es ums Suchen... von Verteilbaren. Die Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist ein Prozess der niemals aufhören kann. Die genannten Zahlen sind verhältnismäßig klein. So klein, dass man sich angesichts der OK, wie Clankriminalität u.a. fragt, ob da noch mehr drin ist?
    Anders der Begriff "Steuervermeidung". Das kann sehr wohl legal erfolgen. Jeder hat das Recht seine Lebensverhältnisse so zu gestalten, dass man möglichst viel Netto bleibt. Denn die "Hausfrauen" sind die besseren Wirtschaftsökonomen. Und zwar mit Abstand. Die stellen den Begriff "Notwehr" auch in einen ganz anderen (legalen) Kontext.

  4. 5.

    Da wurde überhaupt nichts verwechselt.

    Im Artikel steht: "Die insgesamt verhängten Freiheitsstrafen", also Fall 1 Bewährung + Fall 2 drei Monate ohne Bewährung + Fall 3 usw. ergibt insgesamt über 40 Jahre.

    War nicht schwer zu verstehen. ;-)

  5. 4.

    Eine schöne Statistik über die Tätigkeit der Finanzverwaltung. Im Schnitt 1.4 Mio EUR Auflage je Fall ist schon eine beträchtige Summe. Was mich wundert, ist die Leere in den Kommentaren. Wo ist die Fraktion mit aller Härte usw. Wo sind die Wutbürger? Sperrt sie alle ein usw. Nicht, null, gähnen Leere. Wie ist das zu erklären ist.

  6. 3.

    @Marhalt: Der entsprechende Absatz liest sich in der Tat etwas verwirrend.
    Ich verstehe es so, dass die verhängten Freiheitsstrafen insgesamt (also alle zusammengerechnet) im Jahr 2021 bei 41,3 Jahren und 2022 bei 45,3 Jahren lag - oder umgekehrt.

  7. 2.

    Das Gesetz sieht für Steuerhinterziehung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu 10 Jahren vor.

    Wie der Autor da auf eine durchschnittliche Freiheitsstrafe von über 40 Jahren kommt?

    Da würden wohl Monate mit Jahren verwechselt.

  8. 1.

    Na ja, wer 70 Immobilien besitzt und Sozialhilfe bezieht ist natürlich verdächtig.

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