Inflation treibt die Preise für Süßes - Tiefer Griff in die Osterkasse

Sa 08.04.23 | 07:17 Uhr | Von Johannes Frewel
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Symbolbild: Die Herstellung von Schoko-Osterhasen oder Schoko-Ostereiern. (Quelle: dpa/Angelika Warmuth)
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Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 06.04.2023 | Ludger Smolka | Bild: dpa/Angelika Warmuth

Der Osterkonsum ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - auch für Süßwarenhersteller in der Region. Die Inflation aber treibt die Preise. Im Ostergeschäft nun sind auch Hühnereier nicht nur teuer, sondern auch noch knapp. Ein Berliner Startup will das vegane Ei als Alternative etablieren. Von Johannes Frewel

Weiße Fassade, gelbe Fensterrahmen. Ein schmuckloser Gewerbebau aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Der weiße Schriftzug "Sawade – Pralinen & Trüffel“ prangt auf dunklem Grund über dem Werksverkauf in der Wittestraße in Berlin-Reinickendorf. Sawade ist ein mittelständischer Schokoladen- und Pralinenhersteller.

Seit 1880 versorgt die wohl älteste Pralinenmanufaktur Berlins die Region mit Naschereien. Die Krisenjahre der Pandemie habe die Pralinenfabrik gut überstanden, zeigt sich Benno Hübel erleichtert. Er hat das einst heftig strauchelnde Unternehmen 2013 übernommen.

Verbraucher gönnen sich etwas in der Krise

Seit den ersten Corona-Lockdowns sei es stetig bergauf gegangen. "Wir haben, ehrlich gesagt, profitiert von der Re-Regionalisierung", sagt Hübel. Verbraucher kehrten zu regionalen Anbietern zurück. Das Unternehmen sucht wegen der süßen Krisenkonjunktur Mitarbeiter.

Seit kurz nach Weihnachten arbeiteten rund 90 Beschäftigte am Osterprogramm. Zu Ostern besonders gefragt ist das Sawade-Ei. In der ockerfarbig gefliesten Werkshalle stellen zwei Mitarbeiter Schoko-Halbschalen für die Osterspezialität her. Nuss-Dessert, Sahne-Nougat, Kirschen, Rum-Sahne und geflämmtes Marzipan als Deckel – die Manufaktur-Produktion des geschichteten Pasteten-Eis ist aufwendig.

Zuletzt ein Schwenk im Schokoladenbad. Die Pasteteneier landen auf einem kleinen Förderband. Mitarbeiterin Manja hält in einer Hand eine kleine Schokoladen-Spritztüte, Geschmacksrichtung schwarzbitter. Mit der anderen Hand krönt sie das Manufakturstück leuchtend grün, "ich mache Pistazien obendrauf, damit es noch schöner aussieht". Die Leckerei ist fertig fürs Osternest.

Längste Schokoladentheke am Gendarmenmarkt

Szenenwechsel. Am Berliner Gendarmenmarkt wirkt es beim Schokoladen-Kaufhaus Rausch, als hätte der Osterhase hier sein Reich aufgeschlagen. An der Tür – dunkler Metallrahmen, viel Glas - wartet Mitarbeiterin Fenja Zwiesele: "Wir befinden uns gerade an der längsten Pralinentheke der Welt mit über 250 verschiedenen Pralinen- und Schokoladenkreationen“, sagt sie und präsentiert das Angebot im Eingangsbereich des dreistöckigen Schokoladenkaufhauses.

Papua-Neuguinea, die indonesische Insel Java, Karibikinseln wie Trinidad, Tobago, Costa Rica in Mittelamerika – hier dreht sich alles um die edle Kakao-Frucht aus den schönsten Regionen rund um den Äquator. Storemanager Sven Andrée leitet den Verkauf. Im Angebot zum Osterfest zahlreiche gefüllte Ostereier, "zu Ostern natürlich auch Eierliköreier, klar", sagt er und lacht.

Das Familien-Unternehmen besteht seit 1918. Robert Rausch führt es nunmehr in der fünften Generation. Er krempelte das Geschäft zum Direktvertrieb um und machte es fit für den Onlinehandel. "Der Onlinehandel hat in der Pandemie einen Schub bekommen, das war unglaublich", berichtet der Junior-Chef. Zu Ostern kehren die Kunden zunehmend persönlich in den Laden zurück - auch, um im Café mit Blick über den Gendarmenmarkt eine Trinkschokolade mit Knabbereien zu genießen.

Süßwarenindustrie: Exporthasen hoppeln zuerst

Ostern ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die meisten Süßwarenbetriebe beginnen mit der Produktion schon vor Weihnachten, umreißt Solveig Schneider vom Bundesverband der Süßwarenindustrie den Produktionszyklus. Nach Südafrika, in die USA oder Kanada "haben die Hasen einen relativ weiten Weg", sagt Schneider. "Die Exporthasen werden zuerst produziert und dann auf die Reise geschickt“.

In Berlin und in Brandenburg gibt es eine Süßwarenindustrie mit 10.000 Mitarbeitern. Sebastian Riesner, Geschäftsführer beim Landesverband Ost der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten NGG in Berlin zählt die größten regionalen Süßwarenunternehmen auf: Bahlsen, der Grundstoffhersteller Reuss, Storck, wichtige Marzipanhersteller wie Moll-Marzipan oder der Schokoladenspezialist Stollwerck und Katjes in Potsdam.

Die schokoladenschmelzige Welt zwischen Krokant und Marzipan ist allerdings kein Schlaraffenland. Nach Ostern bereiten sich Gewerkschafter und Arbeitgeber auf die nächste Tarifrunde vor. Angesichts der Inflation und der guten Unternehmensumsätze wollen die Mitarbeiter nun ihren Anteil.

Eier so teuer wie nie zuvor

Ostern ohne Hühner-Eier? - Undenkbar. Sie sind in diesem Jahr teurer als jemals zuvor. Henner Schönecke ist Legehennenhalter und Chef des Bundesverbands Ei. "Eier sind so knapp wie noch nie", erklärt er. Das Wirtschaften ohne Kükentöten führte dazu, dass Landwirte weniger Hennen anschafften. Die Ukrainekrise und die Inflation trieben die Futterpreise hoch. Als Folge gebe es europaweit nur noch sehr geringe Tierbestände, rechnet Schönecke vor. Dazu seien viele Tiere durch die Vogelgrippe gestorben. Ein günstiges Ei kostet inzwischen etwa ab 22 Cent, für ein fair gehandeltes Bio-Ei bester Provenienz werden leicht 50 Cent fällig.

Ein Berliner Startup arbeitet daran, dass das Gackern im Stall künftig seltener wird. Das Ei aus der Retorte: sowohl Eiweiß als auch Eigelb haben Wissenschaftler auf Pflanzenbasis nachgebaut. Eigenschaften als auch Geschmack sollen bereits nah dran sein am Hühnerprodukt, verspricht Saska Scheibel vom Berliner Startup Neggst.

Erste Restaurants auch in Berlin verwenden das vegane Ei bereits. Rund um das Osterfest können Kunden des österreichischen Rewe-Ablegers Billa das Produkt erstmals im Laden testen. "Nächstes Jahr sind wir auch in Deutschland groß in den Supermärkten", sagt Saska Scheibel. Hinter dem Berliner Forscherunternehmen mit zehn Mitarbeiter stehen Branchengrößen wie Ehrmann oder Zentis. Sie erhoffen sich nicht nur zu Ostern ein gutes Geschäft mit dem veganen Ei.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 06.04.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Johannes Frewel

23 Kommentare

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  1. 23.

    Ich habe alle Süßigkeiten und schon vorgefärbte bunte Eier sowie alles andere bei der Firma mit dem gelben Herzen gekauft. Meine Enkel haben sich gefreut und geschmunzelt. Ich habe nicht mehr als sonst ausgegeben.
    Prösterchen auf schöne Ostern!

  2. 22.

    Ich war vor Ostern richtig schön Schokolade shoppen....bei Lindt, Niederegger und Rausch. Und ich habe Eier von Edeka bunt gefärbt.
    Es gab alles was das Herz begehrt zum Brunch bei mir.....vegan , vegetarisch und für die " Allesfresser"
    Allen Usern ein schönes Osterfest:-)

  3. 21.

    Ist das so? Ihre pauschale Aussage ist falsch. Ich zB achte bei allen Lebensmitteln auf deren Inhalte.

  4. 20.

    @Klausebrause,
    durchaus darf die ganze Lebensmittel-Industrie kritisch betrachtet werden. Als Vegetarier bin ich zwischen Vegan und Fleisch.
    Ich denke, möglichst naturbelassene Grundprodukte sind der richtige Weg. Man sollte immer darüber nachdenken, was man seinem Körper antut. Aber für ein Gummibärchen kneife ich auch mal beide Augen zu. Neben Leib gilt es auch noch Seele zu nähren. Frohe Ostern.

  5. 19.

    Schoko ei einfach nach Ostern kaufen,die schmecken noch lange gut oder einfach ne Tafel Schokolade.Bei den Eiern ,bei der nächsten Wanderung einfach Mal direkt beim Bauern kaufen,da sieht man wo s her kommt und nicht immer grün predigen,arm sein und dann fliegen auf die Malediven.

  6. 18.

    Ich lebe auch fleischlos, aber der Hype um vegan und vegane Produkte darf auch hinterfragt werden."
    Es ist immer wieder erstaunlich, wie sensibel die Menschen auf angebliche Chemie in fleischlosen Produkten reagieren, gleichzeitig aber die Separatorenwurst, die darin enthaltenen chemischen und tiermedizinischen Stoffe schulterzuckend hinnehmen.

  7. 17.

    Wenn Wissenschaftler Eier nachbauen…. Was ist daran gut? Diese ganze Lebensmitteltechnik ist ein Desaster. Da wird aus einem Naturprodukt dann irgendein zusammengepanschter Kram. Fing mit der Herstellung von Wurst an. Da hat es Jahre gedauert Regeln aufzustellen was rein darf. Und nun beginnt es mit dem vergangen Zeug von vorn. Zusatzstoffe damit es wie das Original schmeckt.

  8. 16.

    Wo ist jetzt hier das Problem? Ich habe die Eier, die ich benötige, bekommen, und zwar zu einem angemessenen Preis, der sich nicht sonderlich von dem der vorherigen Osterpreise unterschied. Und sind Eier nicht jedes Jahr vor Ostern plötzlich knapp? Und Schokolade braucht man normalerweise nicht zum Überleben. Das ist Luxus, den man in Maßen und nicht in Massen konsumieren sollte. Warum also das Gejammer?

  9. 15.

    Veganer Lachs, veganes Hühnerfrikassee, Vegane fischstäbchen… reicht das nicht schon? Der Veganer will Ersatz.

  10. 14.

    Informiere Dich bitte. Selbst Verbraucherschützer haben sich schon mit den ganzen Zusatzstoffen in den sog, Fleischersatzprodukten kritisch auseinandergesetzt und gewarnt. Lies einfach mal, was da alles drin ist. Je länger die Liste, desto eher Hände weg davon.

  11. 13.

    ... Was kommt als nächstes....
    Evtl. der vegane Hase, Karnickel und Lamm.
    Vlt sind in den Laboren schon irgendwer am Werke.....

  12. 12.

    @ Hasi, wenn ich "Bock" auf Ei habe, kaufe ich mir ein Bio Ei.
    Das ist dann auch relativ ohne Leid.
    Wissenschaftlich gesehen ist alles Chemie.
    Dazu kommen dann noch Umweltgifte, die man unfreiwillig mit isst. Aber im Hühnerei spare ich mir die extra zugefügten Zusatzstoffe, es sei denn, ich kaufe Billigeier.
    Aber ich lasse Ihnen das Vergnügen eines veganen Eiersatzes. Ob Sie damit so viel fürs Tierwohl und die Umwelt tun, bezweifel ich.

  13. 11.

    Naja,
    wenn Menschen bock haben, ein Ei zu essen, aber kein Tierleidei...?
    Wenn ich Lust habe auf Schnitzel, kauf ich mir ein fake Schnitzel.
    So schlimm ist die "Chemie" dort drin nicht...sonst wäre ich schon krank und meine Blutwerte wären mist, ist es nur nicht. x)

    Ich frage mich echt immer, warum im veganen Zeug die "Chemie" drin stecken soll, aber in den anderen "unveganen" Produkten nicht? So natürlich ist das jetzt auch nicht.

    Oder wenn man sagt, man isst keine "Chemie"? isst man selbst nur angebaute Sachen oder aus dem Bioladen.

  14. 10.

    Den Krankenkassen würde das budgetmäßig auch gut tun...

    Und immer schön und zu viel einkaufen, damit später auch schön weggeworfen werden kann. Ist ja halt ein Wirtschaftsfaktor.

  15. 9.

    Da war/ hat wohl der Raddampfer aus China ; Neuseeland und anderorts zu Spät abgelegt. Bzw. die Preise an der Börse haben den Einkauf behindert. aber vielleicht liegt es an den Lohnwünschen.

  16. 8.

    "...,dass inzwischen Feier- und Festtage als Wirtschaftsfaktor betrachtet werden!"
    Ach was...das war schon mal anders ?
    Na, das wüsste ich aber.

  17. 7.

    @Hase, die Frage ist doch eher, ob man so tun muss, als wäre Soja ein Ei. Wenn ich Soja essen will, kann ich das tun. Wenn ich Hühnerei essen will, brauche ich keinen Fake.
    Und ja, man sollte sich mal die Zutatenliste der Produkte anschauen. Beim Hühnerei einfach, das Sojaei dürfte da eine lange Aufzählung an Grund- und Zusatzstoffen haben.
    Ich lebe auch fleischlos, aber der Hype um vegan und vegane Produkte darf auch hinterfragt werden.

  18. 6.

    @Ex-Berliner (schöner Nick, herzlichen Glückwunsch!): FdH täte bei den meisten auch nicht stören.

  19. 5.

    Es ist doch eigentlich schrecklich das inzwischen Feier- und Festtage als Wirtschaftsfaktor betrachtet werden! Konsum über alles….
    (Langsam schon mal an die Pfingstgeschenke denken :-(((

  20. 4.

    "Chemie"?
    Sie wissen gar nicht, was drin ist und Soja ist ja gar nicht mal schlecht.
    Aber immer erst dagegen halten, dass es weniger Tierleid auf der Welt gibt und doch lieber Hühnerperioden essen???

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