Saisonbeginn - "Ohne Folie lässt sich kein marktfähiger Spargel erzeugen"

So 02.04.23 | 16:02 Uhr
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Rumänische Erntehelfer ernten Spargel auf auf einem mit Folie abgedeckten Feld vom Spargelhof Kremmen. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 03.04.2023 | Robin Marienfeld | Bild: dpa/Patrick Pleul

Spargel gilt als traditioneller Frühlingsbote auf dem Teller, doch in Brandenburg wird die Anbaufläche kleiner. Landwirte kämpfen mit höheren Kosten und Unwägbarkeiten bei der Kauflust. Zum Saisonstart gibt es aber auch Zuversicht.

Auf den Feldern haben Erntehelfer die ersten Spargel-Stangen gestochen. Doch zum bevorstehenden Osterfest dürfte es das heimische Gemüse, das Wärme und Sonne braucht, erst in kleinen Mengen geben.

Die Spargelbauer in Brandenburg blicken seit Tagen erwartungsvoll auf die Wetterprognose: Sonniges Frühlingswetter mit 15 bis 20 Grad ist optimal für den Spargel. "Wir werden vor Ostern noch zu wenig Spargel haben", schätzt der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs. In der bis Juni dauernden Saison rechnet er aber mit einer guten Ernte. Spargel aus Beelitz, größtes Anbaugebiet in Brandenburg südwestlich von Berlin und Potsdam mit langer Tradition, ist auch im Einzelhandel breit vertreten.

"Wir waren eigentlich auch die großen Corona-Gewinner"

Das vergangene Jahr lief Jakobs zufolge jedoch eher schlecht für die Spargel-Bauern: "2022 war von extremer Kaufzurückhaltung geprägt." In den Läden blieb nach Verbandsangaben deutscher Spargel liegen. Kunden waren in der Energiekrise verunsichert, griffen vielleicht zum preiswerteren Spargel aus dem Ausland. 2022 hätten die meisten Betriebe nicht mit einem Gewinn abgeschlossen, meinte Jakobs.

Der Deutsche Bauernverband äußerte jüngst gar die Sorge, deutscher Spargel könne wegen der billigeren Importware eines Tages von den Feldern verschwinden. Klar scheint bislang: In Brandenburg zumindest wird die Anbaufläche kleiner. "Einige Bauern sagten, wir gehen aus der Produktion raus", schilderte der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Jürgen Jakobs, die Situation.

Auch Malte Voigts, Geschäftsführer des Spargelhofes in der Kleinstadt Kremmen, will zwar seine Fläche für den Ertrag von derzeit etwa 180 Hektar auf 150 bis 120 Hektar verkleinern, zeigt sich aber für das am 1. April gestartete Spargel-Geschäft optimistisch. "Wir waren eigentlich auch die großen Corona-Gewinner", sagte er und erinnerte an die Zeit, in der wegen der Corona-Einschränkungen mehr Menschen zu Hause mit frischen Zutaten kochten.

Brandenburg bundesweit auf Platz drei

Spargel als heimisches Frühlingsgemüse, gewissermaßen deutsches Kulturgut, sieht Malte Voigts vom Spargelhof Kremmen im Landkreis Oberhavel nicht in Gefahr. Er blicke gut gelaunt auf den Saisonstart, auch wenn die Verbraucher in diesem Jahr womöglich beim Konsum sparen könnten, sagt er. Brandenburg steht im bundesweiten Vergleich auch nicht schlecht da: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes war Brandenburg bei der Spargel-Ernte mit 18.700 Tonnen bundesweit auf Platz drei - nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Steigen etwa wegen höherer Produktionskosten und aufgrund des gesetzlichen Mindestlohns von 12 Euro, der für die Erntehelfer in dieser Saison zu Buche schlägt, auch die Preise im Verkauf kräftig? "Das schlägt schon ins Kontor", sagte Jakobs zu Lohnsteigerungen von bis zu 25 Prozent. Griechischer oder spanischer Spargel etwa sei günstiger zu produzieren. "Aber wir versuchen, die alten Preise zu halten." Eine gute Sorte koste im Verkauf zwölf bis 15 Euro je Kilo.

Spargel-Experte Voigts aus Kremmen nennt für sein Sortiment mit unterschiedlicher Qualität eine Preisspanne von sechs bis 16 Euro - das sei das Vorjahresniveau. Die Erhöhung des Mindestlohns für seine rund 250 Erntehelfer aus Polen und Rumänien versuche er etwa mit Effizienzsteigerungen und jüngeren Spargel-Kulturen auf den Feldern wettzumachen.

Bei Naturschützern in der Kritik

Damit der Spargel früh aus dem sandigen Boden sprießt, wächst er in der rund dreimonatigen Saison fast überall unter Plastik. Mit den Folien, die bei Naturschützern wegen des Artenschutzes umstritten sind, lässt sich die Temperatur im Spargeldamm beeinflussen und so eine schnellere Ernte hervorbringen. "Ohne Folie lässt sich kein marktfähiger Spargel erzeugen", meinte Jakobs. Der Preis würde weit höher liegen, zudem würden sich die Spargelspitzen ohne Abdeckung grün oder blau färben, was der Verbraucher wiederum verschmähe.

Auch Geschäftsführer Malte Voigts nennt Vorteile der Folie, die etwa acht bis zehn Jahre halte. Er könne zum Beispiel auf Herbizide gegen Unkraut verzichten, zudem lasse sich Wasser sparen. Doch die Meinungen gehen auseinander.

In Brandenburg an der Havel tobte ein heftiger Streit zwischen Bauern und Naturschützern wegen der Folien in einem Vogelschutzgebiet. Spargelbauer Scharkowski in Südbrandenburg mit einer vergleichsweise sehr kleinen Fläche von knapp zehn Hektar schwört auf folienfreien Anbau auch als Alleinstellungsmerkmal, wie er sagte. "Viele Kunden kommen gerade deshalb zu uns." Den ersten Spargel kann er in einigen Wochen ernten. "Wir hoffen auf Ende April, Anfang Mai."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.04.2023, 19.30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Leider geht es immer nur um Folien. Erwähnenswert ist hierbei auch die Bewässerung mittels Dieselpumpen zur Bewässerung. Ohne Rußpartikelfilter im Landschaftsschutzgebiet. Sowie das verwenden von Wasser aus Tiefenbrunnen. Da sind wiederverwendbaren Folien noch harmlos. Schlimmer sind hier zusätzlich die untergepflügten PE-Bewässerungsschlauchreste im LSG.
    Hauptsache wir fahren mit einer grünen Plakette durch die Gegend, schaffen Plastiküten Supermarkt ab und regen uns über den Wasserverbrauch von Tesla auf! Wenn man das alles ausblendet, schmeckt Spargel schon gut. DieAnreise ist per Deutschlandticket nach Beelitz möglich, fürs gute Gewissen.

  2. 22.

    Theoretisch in jedem Garten
    https://www.lwk-niedersachsen.de/lwk/news/19263_Anbau_von_Gruenspargel_im_Hausgarten

  3. 21.

    >"Wenns keinen Spargel mehr gibt, dann hilft einfach Wasser trinken."
    Keine Panik! Gibt doch Spargel das ganze Jahr über. Mal von hier, mal von dort, mal von sonsterwo...

  4. 20.

    Wenns keinen Spargel mehr gibt, dann hilft einfach Wasser trinken. Ist auch preiswerter!

  5. 19.

    >"Aha, und wo wächst der Spargel ohne Foliendach?"
    Fast überall in Deutschland bei fortgeschrittener Saison. Die Folie dient meist nur zur Wärmehaltung, damit wir Verbraucher den Spargel nicht wie früher je nach Wetterlage mal früher mal später haben, sondern möglichst früh schon. In trockenen Sommern mit weiß nach oben bleibt die Folie meist auch drüber, um die Austrocknung zu verhindern.
    Bleibt eigentlich immer zu überlegen, ob wir den Spargelbauer hier wegen der wiederverwendbaren Folie beschimpfen und statt dessen das über tausende Kilometer herangekarrte oder herangeflogene Spargelgemüse von anderswo evtl. ohne Folienwachstum kaufen. Evtl. ohne Folie... in anderen Ländern wirds auch gemacht.

  6. 18.

    Das musste mal sein. Gerade für Abgewählte.... Ansichten. Gut formuliert.

  7. 17.

    Mmh, lecker bpa.

  8. 16.

    Was für eine Stilblüte! "Weil er [der Spargelbauer] moralisch weit überlegen ist... durch seine Tätigkeit gegenüber denjenigen die nichts tun .... für den Spargel." Echt jetzt? Das ist ja schon ein mehr als überbewertetes Gemüse mit fragwürdiger Ökobilanz, aber jetzt werden auch noch seine Erzeuger zu Helden der Arbeit an der Stange hochstilisiert!

  9. 14.

    Bleichspargel ist nicht mein Ding. Schön lecker grüner Spargel, gesünder, reicher an Inhaltstoffen, schmackhafter, ideal für Gerichte nach mediterraner Art, vor allem folienfrei und wenn er da ist, ist er da.

  10. 13.

    Plastikwahnsinn? Dann empfehle ich mal das Buch „Ausgebrannnt“ von A.Eschbach.
    Gehe mal in ein Krankenhaus und schau was von der Kanüle bis zu Schläuchen aus Plastik ist und leben rettet. Mach Dir mal Gedanken wieviel in Deinen Klamotten davon steckt, in Dingen die Du liebst. Keine Kleidung, Computer, Handy, TV, Verkehrsmittel, Medizin, Nahrungsverpackung, Beleuchtung, Comunikation usw wäre ohne dies heute denkbar. Aber man geilt sich bei Abdeckplanen und Einwegtüten auf. Aber Dummheit lebt

  11. 12.

    Der Spargelbauer hat die Arbeit/Mühe/das Risiko und bestimmt, wie er damit umgeht... Nur er. Weil er schafft statt redet. Weil er verkaufen will und muss. Weil er moralisch weit überlegen ist... durch seine Tätigkeit gegenüber denjenigen die nichts tun .... für den Spargel.

  12. 11.

    Da muß der Staat ran! Der muß endlich mal was machen! Das gibt's ja alles garnicht! Wo ist der Staat, wenn man ihn mal braucht? Morgends im Spiegel?

  13. 10.

    wir haben durch unser stetiges Streiken/ Wirtschaft- und Handelsumgang ( Preise / Löhne)unseren eigenen Wirtschaftsstandort versaut. Es geht hier nur um Marktfähigkeit. Kleiner Flächen bedeuten Kostengünstiges Handeln , Folien sollen das Wachstum beschleunigen um so auf dem Handelsparkett mit anderen Staaten Konkurrenzfähig bleibt. Der Endabnehmer hat eigentlich keine Bedeutung

  14. 9.

    Wenn man Produkte von Bauern Scharkowski kauft und diesen stärkt, ist doch alles in Ordnung. Ich kaufe lieber Spargel, der ohne Plastikknast wachsen darf. Diesen, mittlerweile, Luxus gönne ich mir einmal im Jahr. Ist doch eh besser für Natur und Umwelt als dieser Plastikwahnsinn. Der Kunde hat die Wahl. Und Spargel, der weite Strecken hergekarrt werden muss, fällt hinten runter.

  15. 8.

    Ist man nun ein Exot, wenn man schreibt, dass schon mehr als 10 Jahre kein Spargel mehr gekauft wurde? Es ist nun einmal ein Sondergemüse, eine Delikatesse und wenn man sich das leisten kann, soll man auch den Preis der heimischen Anbieter bezahlen. Eigentlich ist das ganz einfach. Da die Vertriebswege so organisiert sind, dass man mit seinem eigenen Auto anreisen muss, wird es halt enge.
    Nur hat sich der 'Landspaß' mit Heidekrautbahnschluss auch nicht gehalten. Es ist eben überall schwieriger geworden, seine Leistungen/Spargel zu verkaufen. Deshalb sollten die, die es können, die Region durch Abkauf unterstützen.

  16. 7.

    Alles ziemlich scheinheilig ...
    Wir sind die "Guten", tun alles für Natur-/Umwelt-/Klimaschutz, aber kaufen den ganzen "Dreck" von anderen.
    Fängt bei Fracking-Gas an und hört beim täglichen Einkauf von in Plastik-verpacktem Obst + Gemüse auf.

    Ich freue mich schon sehr auf den Beelitzer Spargel mit zerlassener Butter und Kochschinken. Mahlzeit!

  17. 6.

    Der Verbraucher ist verwöhnt und wenn die Spargelspitzen sich grün oder bläulich färben, dann nicht von E600wasweißich. Der Verbraucher will Hähnchenkeulen, die weißes Fleisch haben, also von einem hochgepäppelten 5 Wochen alten Küken. Der Überfluss an Waren und die dazu passende Reklame dressierte den Verbraucher zu Konsumenten von ungekrümmten Gurken aus Spanien, Monstertomaten aus Holland, Lamm aus Neuseeland und Rosen aus Afrika. Jetzt lauert hinter dem Traktor der Umweltschützer in seiner Mikrofaserjacke und Gummistiefeln aus Plaste, um das Bauernhöfen zu finden, genauer den Landwirt. Aber der Landwirt ist nicht der Täter, sondern das Opfer des oben Genannten wie auch der Bürokratie, egal ob einheimisch aus Berlin oder importiert aus Brüssel. Ihr wollt alle essen, ratet mal, wer dafür sorgt!

  18. 4.

    Man kann es nicht mehr lesen - was wir uns selbst für Hürden auferlegen - und der Rest der lacht sich über uns scheckig.
    Und - dann gibt es hier keine Jobs mehr für Erntehelfer, Landwirtschaft und Nahrungsprodukte für unsere Bürger. Parallel beliefert uns die Welt und wir werden unser Zeug nicht mehr los - wenn man dann noch mit „Umweltschutz“ kommt von Leuten die Ihre Handys, Klamotten selber aus Fernost beziehen - wir belügen uns alle selbst

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