Zwei Standorte vor Aus - Berliner Karstadt-Angestellte verlassen Filialen schon vor deren Schließung

Mi 27.12.23 | 06:08 Uhr | Von Helena Daehler
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Archiv: Passanten verlassen im Berliner Stadtteil Wedding eine Karstadt-Filiale. (Foto: rbb)
Bild: rbb

Zwei Berliner Karstadt-Filialen werde zu Ende Januar geschlossen. Viele Mitarbeitende haben bereits neue Jobs gefunden, allerdings nicht unbedingt in der Einzelhandelsbranche. Kein Wunder, sie sind heiß begehrt. Von Helena Daehler

"Alles muss raus" trifft nicht nur auf die reduzierte Ware zu, die derzeit in den Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen angeboten wird. Auch die Mitarbeiter:innen müssen gehen. Sowohl in der Filiale am Leopoldplatz im Wedding als auch in der Wilmersdorfer Straße sind alle Mitarbeitenden von der Schließung Ende Januar betroffen. Auf der Verkaufsfläche und an den Kassen sind aber noch viele zu sehen, die den großen Ausverkauf abwickeln. Allerdings sind laut der Gewerkschaft Verdi größtenteils Aushilfskräfte. Wo sind dann aber die ehemaligen Karstadt-Mitarbeiter:innen?

Angebot des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg

Noch im Februar und im Mai streikten Galeria-Kaufhof-Beschäftigte dafür, dass ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Der Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf wurde im Mai eine Liste von 4.000 Unterschriften übergeben. Am Ende nütze das wenig – die Filiale müsse schließen, die Arbeitsplätze können nicht erhalten bleiben.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg hatte den betroffenen Karstadt Beschäftigten bereits vor mehreren Monaten Unterstützung angeboten. "Mit Aushängen in den Filialen wurde darauf hingewiesen, dass der Handelsverband bei der Vermittlung von neuen Jobs helfen kann", sagt Geschäftsführer Philipp Haverkamp. "Wir sind über unser Netzwerk bestens in der Lage, zu vermitteln und haben dieses Angebot gemacht."

Doch die Hilfsangebote des Handelsverbands sind nach Aussage von Philipp Haverkamp nicht in Anspruch genommen worden. "Weil der Arbeitsmarkt momentan viele Leute aufnehmen kann", sagt er. Es gebe viele offene Stellen in der Einzelhandels-Branche und die Mitarbeitenden von Karstadt seien in der Regel hochqualifiziert und hätten deswegen auch keine Mühe, einen neuen Job zu finden.

"Einzelhandel leckt sich die Finger" nach ihnen

"Der Einzelhandel leckt sich geradezu die Finger danach, diese Menschen einstellen zu können", setzt Ralph Thomas von der Gewerkschaft Verdi noch einen drauf. Er sagt aber auch, dass sich viele Karstadt-Mitarbeitenden beruflich völlig neu orientieren. rbb-Recherchen bestätigten, dass längst nicht alle Karstadt-Mitarbeitenden dem Einzelhandel treu bleiben. "Die Stellen im Einzelhandel sind aus zwei Gründen nicht ganz so attraktiv. Zum einen gibt es oft nur befristete Verträge oder nur Teilzeitangebote, sodass die angebotene Arbeitszeit leider nicht zum Leben reicht. Der zweite Grund ist der, dass auch zum großen Teil nicht mehr nach Tarif bezahlt wird und dementsprechend die Gehälter nicht reichen, um zu leben", sagt Ralph Thomas.

Mitarbeiter:innen von Karstadt haben laut Thomas deswegen oft Jobs in einer anderen Branche gesucht und angenommen. Beispielsweise bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Polizei oder anderen Behörden. Laut Thomas seien pro Filiale lediglich 10 bis 15 Personen, die noch keinen Folge-Job haben. Die Gewerkschaft Verdi will sich dafür einsetzen, dass auch diese Mitarbeitenden nach den Filialschließungen nicht ohne Arbeit sind.

Galeria Konzern beantwortet rbb-Anfragen nicht

Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt auf rbb-Anfrage mit, dass es zwar keine Statistiken zu den früheren Arbeitgebern von neuen Mitarbeiter:innen bei der Rentenversicherung gibt, eine Sonderauswertung für den rbb zeigt aber: "[...], dass seit 2021 knapp 100 ehemalige Mitarbeitende von Karstadt einen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Rentenversicherung Bund geschlossen haben, davon 35 im laufenden Jahr."

Über die genauen Job-Bezeichnungen und den Einsatzstandort konnten aus datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Angaben gemacht werden. Die Mitarbeitenden hätten sich aber alle auf regulär ausgeschrieben Stellen beworben und die erforderlichen Bewerbungs- und Auswahlprozesse durchlaufe.

Der Galeria Konzern reagierte auf mehrere Anfragen des rbb nicht. In Berlin verbleiben nach der Schließung der zwei Karstadt-Warenhäuser in der Wilmersdorfer Straße und der Müllerstraße noch acht Filialen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.12.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Helena Daehler

28 Kommentare

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  1. 28.

    Ich bin immer gerne oben bei Dinea essen gegangen, auch bei Städtereisen innerhalb Deutschlands. Sehr schade finde ich den Teilabriss am Ostbahnhof mit Zalando als neuen Mieter sowie jetzt am Alexanderplatz.

    Früher bekam man noch Lampen oder Elektronik, was alles zu Mediamarkt/Saturn ausgelagert wurde oder nur noch in Möbelhäusern, Baumärkten zu bekommen ist.

    Inzwischen beschränkt sich das Angebot hauptsächlich auf Bekleidung, Uhren, Parfüm, Haushaltswaren. Es ist klar, dass es nicht reicht für ausreichend Kunden, wobei die Filiale am Alexanderplatz immer gut besucht ist.

  2. 27.

    Nun ja, einfach so da anfangen geht nicht. Es gibt da Eignungstests etc. und dann ist da, zumindest bei der RV, ein 2jähriges „Drücken der Schulbank“ angesagt, wenn man denn angenommen wird. Im persönlichen Bekanntenkreis so berichtet worden, weil man sich da beworben hatte.

  3. 26.

    Vielleicht war er mal Rentenfachangestellte, in der DRV wurde ja auch mal gespart am Personal. Und nun wieder zurück, undenkbar ist es nicht.

  4. 25.

    Und in der Schloßstraße sind es sogar vier (!) Einkaufszentren, die dicht beieinanderstehen. Ergebnis: "Boulevard Berlin" und "Schloßstraßencenter" stehen augenscheinlich zu über fünfzig Prozent leer, was durch bunt beklebte Flächen u.ä. nur schlecht kaschiert werden kann. Immerhin: In der Straße selbst ist der Leerstand nicht auffällig wie am Ku'damm, und anders als dort war es in Steglitz schon immer üblich, dass mit Ladenschluss die Bürgersteige hochgeklappt werden konnten. (Diese Straßen müssen also endlich zu Fußgängerzonen und damit zu abendlichen No-Go-Areas werden, siehe Alexanderplatz und Rathausstraße.)

  5. 24.

    Die anderen Karstadt-Häuser werden bald folgen.
    Das Angebot bei Karstadt ist schon lange nicht mehr gut. Die Qualität ist teilweise sehr schlecht und dafür einfach zu teuer.
    Dazu kommt noch ein Personal, was lieber zusammensteht und sich unterhält anstatt auf die Kunden zuzugehen und sie zu beraten.

    Viele junge Leute - aber auch einige Ältere - kaufen online ein zu wesentlich günstigeren Preisen.

    Angesichts der weiterhin immer schneller steigenden Preise kann man das keinem verdenken.

  6. 23.

    Weil ein Mitarbeiter der GKK weit mehr ist, als ein reiner Kleidungsverkäufer ....

  7. 22.

    Kein Wunder das Karstadt stirbt, wenn der Bereich Mode nicht gut bedient wird. Junge Leute würden nie auf die Idee kommen Klamotten bei Karstadt zu kaufen. Und für alles andere gibt es Fachgeschäfte mit mehr Auswahl. Hier hätte man sich eher an Corte Ingles aus Spanien orientieren sollen, wo alle Generationen hingehen. Ich habe noch nie junge Menschen, außer Kinder in Begleitung von Eltern, bei Karstadt einkaufen gesehen.

  8. 21.

    Welches Gekungel ging da mit der DRV ab?

  9. 20.

    Das Sterben der Potsdamer-Platz-Arkaden begann schon lange vor dem Umbau. Praktisch alle Ankermieter sind bei Eröffnung der "Mall of Berlin" dorthin umgezogen. Wie man es schon mehrfach im Shopping-Center-Gewirr der Schlossstraße (inklusive des Walther-Schreiber-Platzes) erlebt hat.

    Zwei großes Einkaufscenter wenige 100m voneinander entfernt funktionieren eher selten.

  10. 19.

    Karstadt macht sich selbst Kaputt es hat schon Anfang der 90er Jahre begonnen was Karstadt alles auf gekauft hat.
    U.a.m. Hertie, Quelle, Leffers und Neckermann uvm.

  11. 18.

    Ich war kürzlich erst im Kino am Potsdamer Platz und bin davor einmal kurz durch die Potsdamer Platz Arkaden gelaufen...
    Gefühlt steht die Hälfte der Ladeflächen leer und das obwohl der Umbau schon ein Weilchen abgeschlossen sein soll. Man spürt förmlich wie der Pleitegeier seine Runden dreht...
    Nach Corona + Ukraine Krieg und den daraus resultierenden Folgen auch kein Wunder!

  12. 17.

    " Dann sollten Sie sich rechtzeitig umschulen lassen, der ÖPNV in Nürnberg ist schon sehr sehr lange automatisiert "

    In Nürnberg ist gerade mal eine einzige U Bahn Linie automatisiert und in absehbarer Zeit wird es auch dort in der Franken - Metropole keine größeren Veränderungen geben und schon gar nicht bei S Bahn & Straßenbahn . Und auch in Berlin wird es in absehbarer Zeit keine größeren Veränderungen in dieser Richtung geben und wenn irgendwann vielleicht mal bei der ein oder anderen U Bahn Linie !! Ihre Panikmache ist also in absehbarer Zeit völlig unbegründet zumal auch in vielen anderen Bereichen der Bahn & des ÖPNV Händeringend Mitarbeiter gesucht werden also nicht nur bei Bus , Tram oder U Bahn Fahrern !!!

  13. 16.

    Träumen Sie mal schön weiter! Die Automatisierung des ÖPNV spart kein Personal ein. In Deutschland dem Land der Ängste ist es undenkbar, dass Bus und Bahn ohne Fahrer fahren, auch in 20 Jahren nicht.

  14. 14.

    „Alle Finger lecken..“ Was für ein schreckliches ver.di Niveau. Das die Mitarbeiter aus den genannten Gründen nicht im Einzelhandel arbeiten wollen verstehe ich gut. Aber was arbeitet ein Bekleidungsverkäufer bei der Rentenversicherung oder Polizei?

  15. 13.

    @Hannes: du brauchst dise Kaufhäuser nicht. Sicherlich bist du im Alter bis 40. Für Ältere ist das ein Geschäft wo man auch mal etwas findet. Weil, es ist halt etwas teurer, hat aber auch seinen Flair und auch Qualität. Den Ramsch, welchen es in den Mals gibt, ist sowieso immer der gleiche. Für etwas Ältere mit etwas mehr Pfunden, gibt es dort keine Kleidung zu kaufen. Vielleicht mal Schuhe, das wars auch.

  16. 12.

    Nennen wir doch mal Ross und Reiter. Wer hat denn Benko 680 Millionen € Steuergelder hinterhergeworfen?

    Es war der Finanzminister des Kabinetts Merkel IV, Scholz. Auch in Berlin kamen die Befürworter aus der sPD. Und dem Handelsverband Deutschland aber das ist für einen Lobbyverband normal.

    Es gibt eine goldene Regel die hier gleich mehrfach mißachtet wurde. Schmeiße schlechtem Geld nicht noch gutes hinterher.

    Man hätte mit dem Geld die Mitarbeiter retten sollen und nicht Benko.

  17. 11.

    " Es gibt doch genug Shopping Malls, die genauso wie ein Kaufhaus nur mit mehreren Anbietern diese Aufgabe in Berlin super übernehmen "

    Genau so ist es !!! Gerade in Berlin gab es bis jetzt ein Überangebot von Kaufhäusern & Shopping Malls was sich wegen veränderten Konsumverhalten , Krisen wie Corona . Kriegen , Lieferkettenproblemen & sonstigen Veränderungen jetzt immer deutlicher bemerkbar macht . Neben den schon erwähnten klassischen Einzelhandelsstandorten am Alexanderplatz & rund um den Potsdamer Platz / Leipziger Platz seien auch noch die City West , die Schlossstraße in Steglitz , die Gropiusstadt , die Altstadt Spandau & Umgebung sowie die Center am Bahnhof Köpenick erwähnt die wichtiger Funktionen übernehmen und so schnell sicher nicht verschwinden werden . Es gibt also auch in Zukunft genug Alternativen .

  18. 10.

    Dann sollten Sie sich rechtzeitig umschulen lassen, der ÖPNV in Nürnberg ist schon sehr sehr lange automatisiert. Bahn und Tram werden auch in Berlin sehr bald folgen. Dann ist es gut, wenn man rechtzeitig den ÖPNV als Mitarbeiter verlässt.

  19. 9.

    War doch klar, dass die in Arbeit bleiben, trotzdem werden Benko Millionen Steuergelder in den Rachen geworfen?

  20. 8.

    Wenn ich bei Karstadt arbeiten würde, hätte ich mir längst was anderes gesucht. Auch die noch vorhandenen Kaufhäuser werden früher oder später verschwinden. Für das Konzept Kaufhaus, wollte der Eigentümer kein Geld ausgeben. Es wurde an Mieten ausgequetscht was nur ging. Mit immer neuen Firmen und Immobilien landete er schließlich in der Pleite. Übrig bleibt ein Trümmer Feld, die paar Angestellten interessiert da niemand.

  21. 6.

    Zumindest zeigt hier sich sowas wie eine Trendwende:
    Nachdem die sog. Arbeitgeber über Jahrzehnte ihre Druckposition (Wenns Dir nicht passt, lasses, draußen warten hunderte die es noch billiger machen) mit immer niedrigeren Löhnen und befristeten Verträgen ausgereizt haben, lernen sie jetzt halt die andere Seite der Medaille kennen.
    Und das ist auch gut so.

  22. 5.

    Es gibt doch genug Shopping Malls, die genauso wie ein Kaufhaus nur mit mehreren Anbietern diese Aufgabe in Berlin super übernehmen. U.a. am Alexanderplatz, am Potsdamer Platz, an der Warschauer Str., ja sogar an der Schönhauser Allee. Probieren Sie es mal aus, lohnt sich.

  23. 4.

    Warum soll ich in Berlin fünf Kaufhäuser in drei Bezirken "abklappern", um doch meist nicht das zu finden, was ich suche?
    Das Internet ist nah, bietet mehr Auswahl und Vergleichsmöglichkeiten (es müssen ja nicht immer "die Bucht" oder griechisches Weibervolk sein ...)

    Und wenn ich NICHT in Berlin, sondern auf dem "flachen Land" lebe, sind die Wege zu verschiedenen Warenhäuser auch noch deutlich länger ...

  24. 3.

    "Kündigen und dann ab in Bürojobs oder in die Verwaltung, [...]"

    Man stelle sich nur mal vor, wenn das alle machen. ÖPNV nur noch Mo - Fr. von 7 - 16 Uhr? Behandlung im Krankenhaus auch nur in der sogenannten Bürozeit? Oder was, wenn es Samstag brennt? Was passiert wohl, wenn in der Energieversorgung am Wochenende und nachts nicht mehr gearbeitet wird? Und was machen alle mit Ihrer Freizeit, wenn außerhalb der Regelarbeitszeit alle Kinos, Museen, Theater, Freizeitparks, Clubs, Restaurants usw. geschlossen haben?

    Liebe Grüße von einem der im ÖPNV arbeitet.

  25. 2.

    Schade das es kaum noch Kaufhäuser gibt. Das Einkaufen wird dadurch nicht leichter sondern schwerer.

  26. 1.

    Kündigen und dann ab in Bürojobs oder in die Verwaltung, ist besser bezahlt und weniger Schichtdienste sind es auch bei einer 5-Tage-Woche.

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