Strukturwandel in der Lausitz - Badeparadies in der Kohlegrube

So 21.07.24 | 08:16 Uhr | Von Karsten Zummack
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Senftenberger See (Bild: rbb/Kasten Zummack)
Bild: rbb/Kasten Zummack

Im einstigen Bergbaurevier in der Lausitz wächst seit Jahren eine Urlaubsregion heran. Hier soll Deutschlands viertgrößtes Seengebiet entstehen. Das lockt zunehmend Touristen in die Region. Von Karsten Zummack

Kinder bauen vergnügt Kleckerburgen, springen ins kühle Nass. Die meisten Strandkörbe sind belegt. Boote ziehen ihre Bahnen über den Senftenberger See. Und sogar der Strand glänzt hell, fast wie an der Ostsee. "Kinder haben Spielmöglichkeiten, wir sind schnell da. Es geht nicht besser", sagt Ilona Barchmann aus Bautzen. Sie kommt seit Jahren ins Lausitzer Seenland, diesmal mit Tochter und Enkeln.

"Badewanne der Sachsen"

Die Autokennzeichen rund um den Senftenberger See verraten: Viele Besucher kommen aus Brandenburgs südlichem Nachbarbundesland. Nicht ohne Grund wird das Gewässer gern als "Badewanne der Sachsen" bezeichnet. "Sie machen mehr als 50 Prozent der Gästegruppen aus", rechnet Martin Wolf vom Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg vor. "Historisch bedingt ist das die Hauptzielgruppe".

Doch auch Urlauber aus Tschechien zieht es Wolf zufolge stark in die Region. Sie haben über die Autobahn von Prag und Dresden eine gute Verkehrsanbindung. "Außerdem lieben sie Aktivurlaub, haben zu Hause wenig Radwege und Seen", erklärt Wolf. Insgesamt verbuchte er im vergangenen Jahr mehr als 850.000 Übernachtungen im Lausitzer Seenland - 30 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Der Zweckverband betreibt selbst Stadthafen, Parkplätze, Radwege, Toilettenhäuschen sowie vier touristische Unterkünfte.

Camping im Familienpark Großkoschen (Bild: rbb/Karsten Zummack)
Camping im Familienpark Großkoschen | Bild: rbb/Karsten Zummack

Seeluft statt Kohlegestank

Dazu zählt der Familienpark in Großkoschen (Oberspreewald-Lausitz), mit fast 220 Ferienhäusern und mehr als 500 Camping-Stellplätzen. Das Geschäft läuft offenbar bestens. "Die Unterkünfte sind in der Regel schon ein Jahr vorher ausgebucht", verrät Marketingfrau Dana Hüttner. Für die laufende Sommersaison ist nur noch ganz vereinzelt etwas zu bekommen. Dabei hat sich das neue Image auch 50 Jahre nach der Flutung der einstigen Kohlegrube zum Badesee noch nicht überall herumgesprochen.

"Viele verbinden Senftenberg immer noch mit Dreck und Tagebau", räumt Hüttner ein. Dabei sieht man von der Vergangenheit heute kaum noch etwas, heute mischt sich hier Seeluft mit dem Duft der Kiefern. Der Familienpark versucht, mit dem Sandstrand sowie vielen Angeboten für Kinder zu überzeugen. Einmal die Woche gibt es eine Förstersprechstunde, in der die Tiere des Waldes erklärt werden. "Unsere Gäste können hier Trampolin springen, Minigolf spielen, die Wasserrutsche nutzen", so die Marketingfrau.

Von dem zunehmenden Interesse am Senftenberger See profitieren natürlich auch Gastronomen. Gastronomen wie Uwe Schneider, der direkt an der Großkoschener Schiffsanlegestelle und nur ein paar Treppenstufen von der wohl beliebtesten Badestelle hier entfernt das "Strandidyll" betreibt.

Vor 25 Jahren übernahm der 66-Jährige das Lokal, nahm Kredite auf. Gewissermaßen eine Wette auf einen touristischen Aufschwung der Region. Das Risiko hat sich gelohnt, zumindest in den Sommerferien laufen die Geschäfte sehr gut. "Wir müssen aber in den vier, fünf Monaten das Geld für das ganze Jahr verdienen", so Schneider.

Strand Großkoschen (Bild: rbb/Karsten Zummack)
Strand in Großkoschen | Bild: rbb/Karsten Zummack

Vom Bergmann zum Seemann

Ähnlich geht es den zahlreichen Tourismusanbietern, die sich im ganzen Lausitzer Seenland mit seinen 20 Badegewässern auf der brandenburgischen und sächsischen Seite angesiedelt oder neu gegründet haben. Am Stadthafen von Senftenberg beispielsweise hat sich Tino Henßchen mit zwei Saunaflößen niedergelassen. Der 35 Jahre alte Jungunternehmer hat dafür seinen Job als Lokführer gekündigt. "Das Geschäft ist ganz gut angelaufen", so Henßchen.

Etwas länger am Markt ist bereits IBA Aktiv Tours. Eckhard Hoika hat die Firma bereits 2003 gegründet, vermietet unter anderem Räder, bietet Touren an. Dabei geht es auch um den Landschaftswandel der Region. Kaum jemand in der Umgebung kann davon so gut erzählen wie der 65-Jährige. "Ich habe hier gelernt, der Tagebau war immer mein Begleiter. Und meine ganze Verwandtschaft ist umgesiedelt worden", erklärt Hoika. Vom Bergmann zum Seemann quasi. Inzwischen hat er seinen Sohn, den es wie die meisten seiner Freunde eigentlich woanders hin verschlagen hatte, zurückgeholt in die Heimat.

Hoffnungsschimmer Großräschener See

Die Touristikfirma hat vorsorglich ein Büro am Großräschener See bezogen. Hier ist es noch deutlich ruhiger als in Senftenberg. Am Ufer wächst zwar Wein, es gibt ein kleines Café. Doch die Bootsstege sind bisher nur mäßig besetzt, an der sogenannten IBA-Terrasse ist von einem Urlauberansturm nichts zu sehen. Grund: Noch ist der See gewissermaßen Betriebsgelände, Restloch Meuro. Auch am hellen 900 Meter langen Sandstrand stehen noch "Betreten verboten!"-Schilder. Noch für diesen Sommer aber wird die Freigabe erwartet.

"Noch vor 30 Jahren war das hier eine staubige, trockene Gegend. Es gab tote Bäume", erinnert sich Uwe Steinhuber vom Bergbausanierer LMBV. Jetzt sei mit dem See hier ein Kleinod entstanden. Experten und Touristiker warten nun sehnsüchtig darauf, dass es so richtig losgeht. Dann, so die Hoffnung, dürften auch rund um Großräschen (Oberspreewald-Lausitz) neue Unterkünfte öffnen. Denn noch fehlen gerade im Sommer Übernachtungsmöglichkeiten. "Wir haben viel Potenzial", betont der Vizechef des grenzübergreifenden Tourismusverbandes Lausitzer Seenland, Marcus Heberle. Wie viele Menschen der Region ihr Geld inzwischen mit dem Tourismus verdienen, wurde noch nicht erhoben.

Wellness als Touristenmagnet im Winter

Noch ist das Lausitzer Seenland ein reines Sommerziel. Fast jedenfalls. Denn es gibt Bestrebungen, auch zu anderen Jahreszeiten Touristen anzulocken. Zum Beispiel im Senftenberger Wellnesshotel "Seeschlösschen". Die Luxusherberge fällt schon von außen mit seiner Natursteinfassade ins Auge. Drin stehen antike Ledersessel, hängen von der Decke Kronleuchter.

In den vergangenen Jahren hat Inhaber Maik Zander zudem vor allem in den Wellnessbereich investiert. "Die Auslastung bleibt dadurch das ganze Jahr über relativ stabil und gleichmäßig“, resümiert der Hotelier. "Urlaub an der ehemaligen Tagebaukante: Das funktioniere im Lausitzer Seenland schon ganz gut", so Eckhard Hoika. Sicher werde es auch mal Schwierigkeiten geben. "Aber man sieht, dass es jedes Jahr vorwärts geht", so der ehemalige Bergmann und jetzige Touristiker.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.07.2024; 09:45 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

27 Kommentare

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  1. 27.

    So ein Blödsinn mit Ihren überschütteten Milliarden!
    Vielmehr hat man mehrere Strukturbrüche hinter sich und weiss aus leidiger Erfahrung, wie es um nicht erfüllte Versprechungen der Politik steht.

  2. 26.

    Berlin hat ja ooch keen Jeld - außer für Sozialgeschenke und da ist Baden und Freizeit, nicht mit drinn.
    Kannste nur mit det Sozialticket von links nach rechts und von unten nach oben, durch de Stadt düsen - Schnorren und Flaschen sammeln.
    Wenn de raus willst, Sardinen Dose zur Ostsee, oder an den Ostsee und Abends wieder zurück, weil der Keene Kohle hast.

  3. 25.

    Anzahl der Quadratmeter, geteilt durch Anzahl der Hunderte/Tausende und dazu noch Machtkämpfe und kleine bis mittlere Schlägereien - fertig, ist das Berliner Freibad, VG.
    Das nächste Freibad, ist wegen Vandalismus geschlossen

  4. 24.

    Hinsichtlich Badeaktivitäten bestimmt sicherer als in jedem Berliner Freibad.

  5. 23.

    ,, Badewanne der Sachsen,, ist vollkommen zutreffend - finanziert und Co finanziert von Brandenburg.
    Brandenburg finanziert Aufbauhilfe für Sachsen, Sachsen-Anhalt und andere Nachbarn.

  6. 22.

    Dann sollte die Politik, einfach wieder verantwortungsvoll, mit den Steuermitteln und Strukturhilfen umgehen.
    Man kann dann, halt keine Milliarden in einzelne Großprojekte stecken - sondern muss genau hinschauen - wo drückt in den einzelnen Landkreisen/Städten/Kommunen der Schuh.
    Wo, fehlen Kitas/Schulen/Fachärzte/Kliniken ?
    Wo, fehlen Infrastruktur/ÖPNV, Bahnausbau, Reaktivierung von Bahnstrecken, Fahrradwege, Straßen, Parks/Grünflächen usw ?
    Da braucht es manchmal nur wenige Millionen, um unser Land, voranzubringen, um unser Land zu modernisieren.
    Das hat auch nichts mit ,,Gießkanne Politik,, zu tun.
    Die Politik und damit, der Geld- und Strukturmittelverteiler, muss endlich wieder hinschauen und hinhören - Was und Wo, werden Gelder, Infrastrukturmittel, Strukturhilfen, in den Landkreisen/Städten gebraucht.

  7. 21.

    Da ist die Brandenburger Politik, auch in einer ziemlichen Zwickmühle.
    Investiert Brandenburg keine Milliarden, in den Südosten - wird AfD gewählt.
    Investiert Brandenburg aber Milliarden an Strukturmitteln/Fördergeldern, in den Südosten
    - wird ebenfalls AfD gewählt.
    Wie will man das lösen ?
    Die Braunkohle-Region war und ist mit Milliarden verwöhnt und überschüttet worden und schreit dadurch natürlich nach immer mehr - und wird durch gefühlte Unzufriedenheit auch immer mehr, die AfD wählen.
    Unlösbar für die Politik - sieht man in ganz Europa und bald auch wieder in Amerika.

  8. 20.

    Vielleicht möchte man mit dieser verschwenderischen Politik, die AfD im Brandenburger Südosten, pushen ???
    Die Einen, sind unzufrieden und wählen AfD, da sie mit Milliarden an Strukturhilfen/Fördergeldern überhäuft werden - und in anderen Regionen, werden die Menschen unzufrieden, da Alles marode ist und es an der kleinsten Million an Fördermittel und an politischer Unterstützung fehlt ?
    Aber eigentlich auch egal - Hauptsache die Politik, hat ihre Höhepunkte.

  9. 19.

    Danke Hassan, LG.
    Geld/Steuergeld, sollte für Alle Bürger:innen und ihren Bedürfnissen, gleichermaßen verwendet werden und nicht nur für einige wenige politischen Projekte.
    Geld ist anscheinend genügend da - wird aber, immer wieder versenkt - dort wo Niemand aufpasst/dort wo Niemand hinschaut, Viele Grüße.

  10. 17.

    Hahaha, danke! Sehr witzig, leider aber wahr!
    Besonders das mit den Radwegen!!! Die gibts kaum und es ist einfach LEBENSGEFÄHRLICH über Landstraßen zu fahren!

  11. 16.

    Brandenburg ist das Dubai des Ostens.
    Hier, haste Alles.
    An jede Ecke ne Bahnanbindung, unsere Radwege sind wie Autobahnen, Fachärzte und Krankenhäuser haste mindestens jede 10 Kilometer.
    Die nächste Autobahn is höchstens 8 Kilometer entfernt.
    Dit nächste Gymnasium is gleich um de Ecke.
    Und jetzt kricht jeder Landkreis noch ne künstliche Badewelt.
    Nächstes Jahr ist der Norden und der Westen von Brandenburg dran - da wollen se noch 3 Badewelten und 5 künstliche Seen bauen.

  12. 15.

    Was wollen Sie denn ?
    Steuermittel in Milliardenhöhe versenken, geht halt nur, in ehemaligen Kohlegruben, weit weg von Berlin.
    Versuchen Sie, doch mal eine neue Schwimmhalle oder einen Baggersee, oder irgendeine Industrie/Gewerbeansiedlung in Berlin oder im Berliner Umland hinzukriegen - da wird um jede lumpige Million um jeden Nutzwald an der Autobahn, gestritten.
    Da kommen gleich, alle Demonstranten aus ganz Berlin und aus halb Deutschland, mit dem ABC oder dem 49 Euro Ticket an.
    Nein Nein - Steuergeld unauffällig versenken und das noch, zu Dutzenden Milliarden, gelingt nur in Cottbus/Lausitz, einfach in Jwd.
    Und die lieben Nachbarn in Sachsen und Polen, haben auch noch was davon.

  13. 14.

    Die Realität im Ganzen betrachtet sieht allerdings nicht so rosig aus.

  14. 13.

    Der internationale Großflughafen BER läuft auch nach 10 Milliarden Euro Aufbau Hilfen und das Lausitzer Seenland, läuft nach 30 Milliarden Euro Strukturhilfen.
    Da sehe ich für BER und Lausitz im Brandenburger Südosten, keine Schwierigkeiten.
    Und wenn doch, gibt es eben ein paar Milliarden Nachschlag.
    Deutschland ist ein großes reiches Land, da spielen 30 oder 40 Milliarden Strukturhilfen, sowieso keine Rolle - merkt doch Keiner - ist ja auch sonst, Alles Top in Schuss, in Brandenburg, Berlin und Deutschland.

  15. 12.

    Sehr schöne See - sind öfters dort. Sauber, gut fürs ganze Familie.

  16. 10.

    Wenn die Urlauber nicht nach Spanien und seine Inseln kommen, weil Flüge ausfallen, vor Ort Demos gegen zuviel Tourismus laufen und Flüge wieder teurer werden, wird sich in der Lausitz auch etwas bewegen. Das Urlaubsziel ist nicht gut bekannt, letztlich regelt hier die Nachfrage das Angebot. Gastronomie funktioniert nur, wenn viele Gäste etwas verzehren, nicht wenn sie im Bungalow selber kochen. Sowas geht nicht von heute auf morgen, das muss sich entwickeln, wie auch Angebote in den kühleren Jahreszeiten. Tour de Senf?

  17. 9.

    Ein Marketingartikel am Sonntag ist schon ganz gut.
    Ein kleiner Hinweis, um das Suggerierte mit richtigen (!) Zahlen zu unterlegen. Dazu gehören die Einnahmesituationen des Landes. Eine 30% ige Steigerung über so lange Zeit von 10 Jahren oder aber, dass das Geld in 4-5 Monaten verdient sein muss, ist nun wirklich das Gegenteil von dem was man sagen wollte?

  18. 8.

    Da geb ich dir Recht Henrik,
    Bin alle 2 Wochen hier , aber die Zukunft ?
    Es passiert halt nicht viel vor allem im gastronomischen Bereich
    Lässt es sehr zu wünschen übrig
    Man wird sehen.

  19. 6.

    Man darf als Eingeborener mal konstatieren, dass es ganz großartig ist, was hier in den letzten 20 Jahren passiert ist.
    Viele, die ihrer eigenen Grimmigkeit hinterherlaufen, erkennen leider nicht, in welcher schönen Region sie wohnen.
    Ebenda, wo andere Urlaub machen.
    Natürlich ist immer Luft nach oben, aber wenn alle ein bisschen mehr Lockerheit an den Tag legen könnten, auch mal lächeln, dann können wir viel gewinnen.

  20. 5.

    Höhere Löhne bekommt man nur, wenn man sich Gewerkschaften anschliesst, die dann Tarifverträge abschließen . Die Gehälterhöhen fallen nicht vom Himmel.
    Das müssen die Mitarbeiter nun schon selbst erkennen und sich erkämpfen!

  21. 4.

    „Vergünstigungen und höhere Löhne“?
    In einem freien Land ist man selbst für Löhne verantwortlich. Die Politiker zum Glück nicht, wenn nicht alle gleich arm sein wollen. Und „Vergünstigungen“ sind schwer zu erklären, wenn der „Nachbar am Tisch“ diese bezahlen sollen...da braucht es aber verdammt gute Argumente.

  22. 3.

    Vielleicht auch Genossenschaftshäuser, wie früher FDGB. Aber an sich gehört der Kapitalismus abgeschafft, man sieht allenthalben, wohin er führt, was "der Markt so regelt" – und für wen.
    Schönen Sonntag!

  23. 2.

    Die sollen Obacht geben, daß es nicht zu Luxusbauten kommt! Wir müssen endlich den unteren Einkommensschichten mit Angeboten entgegenkommen, sonst wirds eine Revolte geben. Also Wohnungen, Urlaubsvergünstigungen, höhere Löhne!

  24. 1.

    Träumen ist schon und positive Beispiele in den Vordergrund zu schieben ist gut. Die Realität im Ganzen betrachtet sieht allerdings nicht so rosig aus.

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