Konzertkritik | The Sisters of Mercy in Berlin - Sänger weg, Konzert abgebrochen

Fr 06.10.23 | 08:13 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Archivbild: Andrew Eldritch von The Sisters of Mercy live im Capitol am 02.10.2023 in Hannover. (Quelle: dpa/Rudi Keuntje/Geisler-Fotopress)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.10.2023 | Hendrik Schröder | Bild: dpa/Rudi Keuntje/Geisler-Fotopress

Die Sisters of Mercy sind berüchtigt für legendär schlechte Live-Konzerte. Trotzdem ist ihre Tour teils ausverkauft. Denn die alten Fans lieben die Band seit Jahrzehnten. In Berlin mussten die Musiker ihren Auftritt jedoch abbrechen. Von Hendrik Schröder

Am besten erzählt man diesen kurzen Konzertabend vom Ende her. Denn am Schluss kommt ein dünner Mann mit weißen Haaren auf die Bühne und sagt: "Wir haben hier ein medizinisches Problem und werden die Veranstaltung an dieser Stelle leider beenden müssen. Aber bitte behaltet eure Tickets, wir werden noch überlegen, ob wir euch ein Ersatzkonzert anbieten oder ob ihr eurer Geld zurück bekommt."

Die 3.500 Fans, die daraufhin langsam und rätselnd aus der Halle gehen, sind eher erleichtert, als bodenlos enttäuscht. Zu schlecht waren die erlebten 40 Minuten Konzert, zu wirr die Performance, zu breiig der Sound, als dass sie wirklich mitten in der Ekstase rausgerissen worden wären.

Plötzlich fehlt der Sänger

Aber was war passiert? Die Band spielte gerade ihren Hit "More", da verschwand Sisters-of-Mercy-Sänger, Mastermind, Chef und einziges Originalmitglied Andrew Eldritch von der Bühne. Gitarrist Ben Christo sang den Song zu Ende. Manche Zuschauer bemerkten erst gar nicht, dass der Sänger fehlte, andere buhten und pfiffen. Dafür war man ja nicht gekommen.

Das Konzert war erst nach 21 Uhr losgegangen und noch keine zehn Songs alt. Gut eine Viertelstunde lang passierte dann gar nichts, bevor schließlich die Lichter angingen und der Abend abrupt beendet wurde.

Nach unten gereckte Daumen

Dem voraus ging ein unfassbar schlechtes Konzert. Was Eldritch lieferte, konnte man kaum Gesang nennen, es war eher irgendwas zwischen Zischen, Bellen, Brummen und Grummeln. So dass die ersten Fans schon nach einer Handvoll Songs den nach unten gereckten Daumen gen Bühne zeigten. Stimmung kam, außer bei einigen hartgesottenen Fans direkt vor der Bühne, eigentlich fast nicht auf - bei diesem Brei von Sound und diesem Nichts an Performance, Bock und Energie auf der Bühne.

Sowas erlebt man ja wirklich nur ganz selten. Eine vollgestopfte Halle. Eine legendäre Band, die ein halbes Dutzend Hits im Gepäck hat, die wirklich jeder hier kennt - und dann eher höflicher Applaus. Rauschfaktor Null.

Die Sisters of Mercy sind aktuell nur noch zu dritt. Einer steht fast bewegungslos auf einer riesigen Kanzel und bedient den obligatorischen Drumcomputer mit dem Namen "the Avalanche" und diverse weitere Rechner. Gitarrist Ben Christo spielt dazu E-Gitarre und sieht in seiner Weste, mit seinen Mucki-Oberarmen und seinen Posen aus, wie ein Kind einen Rockstar zeichnen würde. Und Eldritch singt dazu. Oder halt sowas ähnliches.

"Der hat so gezittert"

Eldritch tigert an diesem Abend meist hinter seinem Gitarristen von links nach rechts über die Bühne und zurück, im Kapuzenpulli, Sonnenbrille auf den Augen - und singt mal gen Wand oder gen Boden oder fuchtelt ein bisschen rum. Man hat das Gefühl, er würde gar nicht dazugehören, dabei geht es ja eigentlich nur um ihn. Der Sound ist so schlimm, die Songs erkennt man erst an der Gitarrenhook, wenn überhaupt. Es ist wirklich alles ein ganz großes Drama. Die Sisters of Mercy sind berüchtigt für ihre schlechten Konzerte, aber sowas kann man wirklich kaum anbieten. "Der hat eh so gezittert", sagt ein Fan beim rausgehen, "der war besoffen", sagt ein anderer.

Gute Besserung statt Häme

Wir wissen Stand jetzt nicht, was er hatte und was war. Wenn es wirklich gesundheitliche Probleme waren, wäre es unfair, die Band an der Performance dieses Abends zu messen. Da kann man nur gute Besserung wünschen und hoffen, dass der Sänger bald wieder zu Kräften kommt. Denn die Sisters-of-Mercy-Tour soll eigentlich noch etliche Abende durch halb Europa führen.

Entsprechend ist am Ende auch der Tenor vor der Halle. Man sorgt sich eher um den Zustand von Eldritch, als dass man erbost seine Fanshirts verbrennen möchte. Entscheiden Band und Veranstalter auf Nachholkonzert, kommen die meisten mit Sicherheit wieder.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.10.2023, 6:55 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

24 Kommentare

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  1. 24.

    Manche Leute kapieren es nicht. Ich sah/hörte diese Band (Projekt) Ende der 80er und Anfang der 90er zweimal. Einmal bezahlt und einmal gratis mit Backstagepass. Ich habe nie wieder so eine zugedröhnte, unprofessionelle Performance gesehen.
    Und: schon damals waren die Songs kaum zu erkennen. Aber mit üppigen Einsats von Nebelmaschinen.
    Was für eine Lachnummer.

  2. 23.

    Es war grauenvoll. Natürlich kann es sein, dass er gesundheitliche Probleme hatte, aber dann bitte so fair sein und vorher absagen. Das Problem muss ja schon bei den vorigen Konzerten bekannt gewesen sein.
    Ich glaube kaum, dass noch jemand das Risiko eingeht ein solche Desaster erneut zu erleben.
    Ich jedenfalls nicht.

  3. 22.

    Der Autor schreibt mir aus der Seele. Ich war letzte Woche in Münster und es war genauso wie beschrieben. Man konnte das, was da geboten wurde als Fan nicht richtig deuten. Manchmal performen Bands ihre Songs halt merkwürdig. Aber Eldritch ist halt Eldritch. Die 3 Typen waren schon aus der Zeit gefallen und die Stücke hat man wirklich kaum erkannt. Wie der Autor beschreibt hat man den Gesang kaum erkannt, es hat mich an Kindermikrofon erinnert, wo man die Stimme verzerren kann. Am Ende des Tages sind wir da hingepilgert, 30 Jahre älter, grauer und fit wie damals. Es war schön die ganze alte Community zu sehen, die wie ich auch gealtert ist und sich auf das Konzert gefreut hat. Am Ende war es ok. Ich habe ja auch nicht U2 oder Helene Fischer Performance erwartet.

  4. 21.

    Es wundert mich nicht. Ich war letzen Freitag bei dem Sisters Suftritt in Münster. Es war akustisch und musikalisch das schlechteste Konzert der letzten 35 Jahre, welches ich besuchte. Die Stimmung war vergleichbar mit der bei einem Konzertfilm im Programmkino. Vermutlich wäre ich eher auf meine Kosten gekommen, hätte man an dem Abend eine Leinwand statt einer Bühne gehabt mit perfekten Sound und geklickten Instrumenten. Live war eh nur die Gitarre und das Gegrunze von Andrew. Thanks for nothing !

  5. 20.

    Klingt 1:1 wie das Konzert in Hamburg (03.10.), nur dass dort bis Ende durchgehalten wurde. Habe die Sisters vorher bereits zweimal erlebt (1990 und irgendwas Ende der 90er in USA), beide Male kein Knaller, aber das Hamburg-Konzert war unter aller Kanone. Man konnte die Lieder nicht einmal *erkennen*. Zum Glück kein Tour-T-Shirt gekauft... damit erntet man nur Mitleid.

  6. 19.

    Hallo….
    Habe ja die Band auch öfters gesehen….
    Totalausfall und Arbeitsverweigerung in Dresden 2019.
    Extra Urlaub eingereicht …. Das hätte man sich sparen können

  7. 18.

    Wo hat das denn stattgefunden?

  8. 17.

    ich habe die sisters in meiner jugend 1985 live erleben dürfen, als sie langsam bekannt und langweilig wurden....super konzert, unvergessen.

  9. 16.

    Mein Mann und ich können auch nur sagen: Zum Glück gab es eine echt geile Vorband. So war der Abend nicht völlig umsonst.

  10. 15.

    Das Konzert in Hannover am Montag war sehr schlecht. Sehr enttäuschend und eigentlich auch eine Unverschämtheit! Man sollte wissen, wann man aufhören muss, weil es nur noch schlecht ist!

  11. 14.

    Habe die Sisters irgendwann zwischen 2007 und 2010 in Köln live gesehen.Gefühlt eine halbe Ewigkeit her - aber das war definitiv eines der besten Konzerte , auf denen ich je gewesen bin . Derer waren es immerhin deutlich über 100 in all den Jahren.Also von "immer eine Enttäuschung" kann nicht die Rede sein. Ich vermeintlicher Super-Glückspilz werde ja wohl nicht das einzig gute Konzert der Band erlebt haben.Den Unmut des zahlenden Publikums von gestern kann ich gut nachvollziehen - hätte auch eine Riesen-Hals gehabt.Hoffe aber sehr , dass es Eldritch wieder besser geht bzw. nix wirklich schlimmes dahintersteckt.Jute Besserung , Andrew !

  12. 13.

    Dicht an dicht standen die Leute. Halbe Stunde anstehen für ein Bier. Grausame Konzerthalle. Miserabel organisiert. Musik und Sound die miserabelste aller Konzerten. Wir wollen der Ticketpreis zurück sofort!! Nie wieder ein 2es Konzert.

  13. 12.

    "es war eher irgendwas zwischen Zischen, Bellen, Brummen und Grummeln"
    Also wie schon beim Go Bang! in den 90ern in der Berliner Wuhlheide. Das war so grausig...
    An den wechselnden Bandmitgleidern jedenfalls liegt die Live-Qualität dieser Truppe nicht. :D

    Fairerweise war das Konzert in der Columbiahalle vor wenigen Jahren OK.

  14. 11.

    Ich war gestern mit einer Freundin dort gewesen und ich kann nur den VirginMarys gegenüber Positives schreiben. Die haben die Bühne richtig gerockt! Was Sisters of Mercy angeht...ein Trauerspiel, obwohl Andrew sich versucht hatte aufzurappeln, aber trotzdem. Mir wäre es lieber, dass ich mein Geld zurückbekomme.

  15. 10.

    Ja, was man sich halt so antut. Gute Besserung jedenfalls dem Sänger.

  16. 9.

    Wir sind tatsächlich mehr als 500km für das Konzert angereist. Wir hatten das Glück eine tolle Vorgruppe zu erleben, die mir immerhin ein kleiner Trost ist: The Virginmarys…
    Schade nur, dass das alternde Publikum diese Band so wenig um deren Leistung, im Vergleich zu den Sisters , würdigten.
    Es wäre für uns mehr als fair, wenn man uns wenigstens die Tickets ersetzt.

  17. 8.

    Leider war das Konzert in MS auch fürchterlich. Ich bin im laufe der Jahre schon 2x bei den Sisters gewesen. Und die Konzerte waren gut. Irgendwann ist halt der Punkt, wo man aufhören muss. Schade.

  18. 7.

    Also nüscht Neues was das Konzert bis zum Abbruch betrifft. Einmal gesehen Ende der 90er/Anfang 2000er mit dem Hinweis“erwartet nicht zuviel“ traf genau das ein, was auch gestern dort passiert ist. Ein grauenvolles Konzert.
    Wenn Sisters dann CD o.ä.. Da kommen m.M.n. die Songs in ihrer Komplexität bestens in den Gehörgang.
    Möge der medizinische Notfall gut ausgehen. Gute Besserung A.Eltdrich.

  19. 6.

    "es war eher irgendwas zwischen Zischen, Bellen, Brummen und Grummeln" ... also so wie immer. Niemand erwartet Casting-Show-Gesang bei den Sisters. Gute Besserung an Eldritch, von was auch immer.

  20. 5.

    Wir hatten seit Mai 2 Tickets, war Fan seit End der 80er, wollte sie endlich mal live sehen, obwohl ich sie seit "Vision Thing" nicht mehr verfolgt habe,aber als mir selbst hartgesottene Fans gesagt haben, dass die Konzerte immer eine Enttäuschung waren, habe ich die Karten im August verkauft und das war dann wohl die richtige Entscheidung.....

    Gute Besserung,falls Herr Eldritch ernsthaft krank ist!!

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