Trockenheit in Brandenburg - Die Biene hat ein Ölproblem
Mitten im trockenen Brandenburg erblüht der Garten des Brandenburger Imkers Holger Ackermann. Er versucht, der Dürre und Hitze mit Hilfe neuer Ideen zu trotzen - und so seine Bienen zu schützen. Von Yasser Speck
26 Grad und keine Wolke am Himmel über Groß Schauen - wie so oft in diesem Sommer. Im Garten von Holger Ackermann wird der Balken seines weißen Thermometers an diesem Tag bis zur Marke von 40 Grad klettern. Herrlichstes Ausflugswetter, zumindest für Ackermanns Honigbienen. An einem so heißen Sommermorgen peitscht den schwarz-gelben Brummern kein Regen oder Wind entgegen, der sie beim Fliegen stört. Der Luftraum über dem Storkower Ortsteil gehört ihnen, ab nach draußen zum Nektar sammeln. Und doch das fällt ihnen immer schwerer.
Holger Ackermann, ein Hüne von fast zwei Metern, stapft auf die bunten, summenden Holzkästen am Rande des Gartens zu. Seine Stimme bringt die Luft zum Beben. "Um die Bienen mache ich mir große Sorgen", sagt er. Vor den zwei Kästen hält er inne und hockt sich hin. Im hohen Gras beobachtet er das Gewusel am Eingang der Bienenstöcke. Seine Bienen fliegen noch.
Die Dürre macht die Bienen arbeitslos
Honigbienen fliegen bis zu fünf Kilometer weit, um Nektar zu finden. Und sie fliegen nicht raus, weil das Wetter schön ist, sondern weil sie einen Job haben, so beschreibt der Imker das tägliche Los seiner Tiere. Vorsichtig nimmt er den Deckel der grünen Holzkiste ab. Das Summen wird lauter.
Nektar können die Bienen in Brandenburg immer seltener sammeln, auch hier im Kreis Oder-Spree. Sie werden arbeitslos, und das liegt an der Dürre. Diese raubt den Pflanzen Wasser, dadurch können sie keinen Nektar mehr produzieren. "Bienen brauchen den Nektar zum Fliegen", sagt der 59-Jährige. Die zuckrige Flüssigkeit ist sozusagen das Öl, der Treibstoff, der möglich macht, dass die Biene wie ein Blitz Blüte nach Blüte abfliegen kann. Nektar sei "wie Kerosin" für die Bienen, sagt Ackermann. Kein Nektar: kein Flugbetrieb. Kein Flugbetrieb: kein überlebensfähiges Bienenvolk.
In Brandenburg wird bereits Wasser rationiert
In Brandenburg ist es in diesen Wochen wieder trocken und heiß. Man sieht es mit dem bloßen Auge: Der Wald ausgetrocknet, die Wiesen gelblich ausgeblichen statt saftig grün - auch hier in Groß Schauen mit seinen 161 Einwohner:innen.
Den Garten täglich zu bewässern, ist keine Lösung mehr. Schon jetzt wird in Teilen Brandenburgs der Wasserverbrauch rationiert. Der Wasserverband Strausberg-Erkner etwa begrenzt den Pro-Kopf-Verbrauch für bestimmte Kunden auf 105 Liter Wasser pro Tag. Der Durchschnittsverbrauch liegt dort derzeit bei 175 Litern pro Person.
Und 105 Liter sind schnell verbraucht: Allein durch unsere Toilettengänge spülen wir jeden Tag 40 Liter Trinkwasser herunter [bmuv.de]. Duschen, Kochen, Waschen kommen noch dazu, Leitungswasser zum Trinken - und der Garten ist immer noch trocken.
Pranken, die junge Bienen streicheln
Mit seinen nackten Pranken greift Ackermann in den Bienenstock und zieht eine Wabenwand heraus. Sie sieht aus wie eine Schublade, hunderte Bienen tummeln sich darauf. "Die sind noch so jung, die wissen noch nicht mal, dass sie einen Stachel haben", sagt der Imker und schaut wie verliebt auf seine Schützlinge herunter. Es sieht zärtlich aus, wenn Ackermanns riesige Tischlerhände über die winzigen Bienen streicheln.
Vorsichtig wischt er mit dem Zeigefinger durch die Wabenwand. Im Sonnenlicht glitzert der frische Honig an Ackermanns Fingerspitze. Sofort steckt er ihn sich in den Mund. Ackermann sagt von sich, er esse mit seiner Familie circa 1,5 Kilo Honig im Monat: auf dem Brötchen, in gebackenem Honigbrot, in Kuchen oder einfach pur aus dem Glas gelöffelt. Der durchschnittliche Deutsche isst so viel im Jahr.
Vor 20 Jahren fing Holger Ackermann mit der Imkerei an. Mittlerweile engagiert sich der gelernte Möbeltischler im Landesverband der Brandenburgischen Imker. Seine Bienenvölker sind in ganz Brandenburg verteilt. Zwei stehen sogar vor der Staatskanzlei des Ministerpräsidenten Woidke.
Seine Bienen haben es nicht weit, um Nektar zu finden, fünf Kilometer zurücklegen müssen sie schon gar nicht. Im Garten der Ackermanns blühen die Pflanzen. Und das, obwohl sie nicht gegossen werden.
Der Klimawandel-Gewinner
Behutsam schiebt Ackermann die Wabenwand wieder in den Bienenstock. Nur drei Meter neben den Bienenvölkern gedeiht Ackermanns zweiter Stolz: sein Blumenbeet. Man wundert sich, dass hier etwas wächst. Der Boden ist staubtrocken. Trotzdem scheint das Beet wie mit Farbe bepinselt, so strahlt es. Ackermann kniet sich zu einer hellrosa leuchtenden Pflanze am Rand hin. "Die hier ist ein echter Klimawandel-Gewinner", präsentiert er. "Es ist eine...eine...ach, warte kurz." Ackermann fällt der Name auf Anhieb nicht ein. Er zückt sein Handy und schickt einem Freund ein paar Bilder der Pflanze. Der ruft ihn im nächsten Moment an. "Das ist Muskatellersalbei", sagt Ackermann triumphierend und legt auf.
"Eigentlich kommt die in Südeuropa vor. Mittlerweile wächst die aber auch hier. Man braucht sie nicht zu gießen, und trotzdem blüht sie. Perfekt für meine Bienen", erklärt der Imker. Deshalb blühen in seinem Beet noch weitere mediterrane Pflanzen, wie zum Beispiel der violette Lavendel nebenan. Auf seinen Strauchbasilikum ist Ackermann besonders stolz, sagt er. Der sei perfekt für Mensch und Biene. "Ich kann mir ein Pesto aus dem Basilikum machen, und die Biene findet genug Nektar in den Blüten", erklärt Ackermann. Er muss die Pflanzen nur kurz nach dem Eingraben gießen. Danach müssten sie allein klarkommen, sagt der Hobbygärtner. Bisher scheint das zu klappen, wie der Blick in Ackermanns Beete zeigt.
Blumenpflege ist Bienenpflege
Ein blühender Garten voller Pflanzen und Insekten, ohne Wasserverschwendung - das geht. “Wir müssen umdenken. Wir können nicht ständig unsere Pflanzen mit teurem Trinkwasser wässern” erklärt Ackermann. Die Menschen seien zu egoistisch und verschwendeten wertvolles Wasser. “Mein Garten ist eine Augenweide für mich und eine Bienenweide für die Bienen”, sagt er lächelnd.
Ackermann schaut über sein Beet hinweg zu den kleinen Brummern, er sieht stolz aus. Seinen fast 1,5 Millionen Bienen geht es gut. Blumenpflege ist eben Bienenpflege - und umgekehrt. Zu sehen, dass das funktioniere, sagt Holger Ackermann, mache ihn glücklich.