Lieferstopp vorerst abgewendet - Kyritzer Fernwärmestreit endet mit Vergleich
Ein Vermieter in Kyritz weigert sich, eine Preiserhöhung des Energieversorgers anzunehmen - der fordert einen deutlich höheren Abschlag als noch zwei Jahre zuvor. Nun einigten sich beide Seiten vor Gericht - und 2.200 Mieter haben vorerst Sicherheit.
Der Gerichtsstreit zwischen der Kyritzer Wohnungsbaugesellschaft (KWG)und ihrem Energieversorger Energicos vor dem Landgericht Neuruppin ist am Montagnachmittag mit einem Vergleich beendet worden. Der hat zur Folge, dass nun etwa 2.200 betroffene Mieterinnen und Mieter Versorgungssicherheit bis mindestens Anfang Januar haben. Der drohende Lieferstopp ist erstmal abgewendet.
In dem für Montag angesetzten Eilverfahren sollte entschieden werden, wie hoch die monatlichen Ratenzahlungen an den Energieversorger - nach den aktuellen Weltmarktpreisen - sein sollen und bis wann sie zu zahlen sind. Außerdem sollte der Energieversorger dazu verpflichtet werden, den Mietern nicht wieder mit dem Abstellen der Fernwärme zu drohen.
Offene Forderungen bis Ende der Woche überweisen - sonst wirds ab 1. Januar kalt
Die stundenlangen Verhandlungen glichen nach den Worten der Richterin einem "Basar". Immer wieder zogen sich die Parteien mit ihren Anwälten zur Beratung zurück. Aber am Ende reichte es für einen Erfolg: Ursprünglich wollte Energicos eine monatliche Ratenzahlung von 300.000 Euro ab August. Daraus sind nun 100.000 Euro geworden. Hierbei profitierte die KWG auch von den inzwischen wieder gesunkenen Energiepreisen.
Sie muss aber die noch offenen Abschlagsforderungen von 450.000 Euro bis Ende dieser Woche an Energicos zahlen. Dann verpflichtet sich die Firma, die Versorgung bis zum 15. Januar fortzusetzen und die Berechnungsgrundlage der gestiegenen Abschlagspreise offenzulegen.
Zahlt die Wohnungsbaugesellschaft die offene Summe aber nicht bis Ende der Woche, dann darf Energicos die Energieversorgung zum 1. Januar wirklich abstellen. "Für die Energieversorger gibt es jetzt die Sicherheit, dass wenn die Abschläge berechtigt und nachvollziehbar sind, dass die auch gezahlt werden müssen", sagte Thomas Rose, der Geschäftsbereichsleiter Marketing bei Energicos, am Montag dem rbb. Gabriele Schuster, die Geschäftsführerin der Wohnungsbaugesellschaft, zeigte sich im Gespräch mit dem rbb zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts. "Auf die Mieter kommt zu, dass sie eine warme Wohnung haben und vergleichsweise vernünftige Preise, die noch tragbar sind", sagte sie. Die parteilose Kyritzer Bürgermeisterin Nora Görke betonte, man habe gegenüber den ursprünglichen Forderungen 900.000 Euro gespart.
Abschlag mehr als vier Mal so hoch wie zwei Jahre zuvor
Seit Längerem streiten die Wohnungsbaugesellschaft und der Versorger Energicos über eine Erhöhung der Fernwärme-Preise. Die Wohnungsgesellschaft sieht sie den Worten ihrer Geschäftsführerin zufolge als viel zu hoch an und zahlte deshalb nur einen Anteil. Anfang November war der Streit eskaliert, nachdem Energicos per Aushängen an den Wohnhäusern angekündigt hatte, die Fernwärmeversorgung einstellen zu wollen. Davon wären gut 2.200 Mieter betroffen gewesen. Danach hatte der Versorger dem rbb allerdings mitgeteilt, die Wärmeversorgung bis zum Verhandlungstermin nicht abstellen zu wollen.
Nach Angaben der KWG-Chefin von Mitte November verlangte Energicos 38 Cent pro Kilowattstunde. Das sei mehr als vier Mal so viel wie vor zwei Jahren und deutlich mehr als bei anderen Versorgen. Energicos hatte mitgeteilt, dass ein hoher sechsstelliger Betrag offen sei, den die Kyritzer Wohnungsbaugesellschaft in diesem Jahr nicht gezahlt habe.
Für die Zeit nach dem 15. Januar möchte die KWG wieder verhandeln
Der Energieversorger wies außerdem ausdrücklich Vorwürfe zurück, die die Wohnungsbaugesellschaft in einer Presserklärung erhoben hatte: Energicos halte vertragliche Verpflichtungen nicht ein, wonach seit August 2022 die Fernwärme-Erzeugung im Heizhaus Rehfelder Weg in Kyritz zur Hälfte aus Erdgas und zur anderen Hälfte aus erneuerbaren Energien zu erfolgen hat.
Die Gerichtsentscheidung vom Montag bezieht erst einmal nur den Zeitraum bis Mitte Januar ein - falls die KWG pünktlich die noch offenen Forderungen begleicht. Zu welchen Bedingungen und Preisen die Mieterinnen und Mieter der 888 kommunalen Wohnungen danach versorgt werden, ist offen, das weitere Prozedere nicht gerichtlich festgelegt. "Wir hoffen, dass wir in weitere Verhandlungen mit dem Fernwärmeversorger treten können und letztlich die nächsten zehn Jahre ordentlich ebnen", sagte die KWG-Geschäftsführerin Gabriele Schuster dem rbb.
Sendung: Brandenburg aktuell, 28.11.2022, 19:30 Uhr