Konzert | Benson Boone in Berlin - Hier kommt der neue Superstar

Fr 15.11.24 | 11:40 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Archivbild: Benson Boone bei der Verleihung der MTV European Music Awards 2024 in der Co-op Live Arena. Manchester am 10.11.2024. (Quelle: IMAGO/Heike Zwanziger)
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Audio: rbb24 Inforadio | 15.11.2024 | Hendrik Schröder | Bild: IMAGO/Heike Zwanziger Download (mp3, 5 MB)

Vor ein paar Jahren kannte ihn noch niemand. Heute gehört Benson Boone zu den meistgestreamten Sängern der Welt. Und reißt bei seinen Live-Konzerten alle mit - so auch am Donnerstagabend in Berlin. Von Hendrik Schröder

Wer an diesem Abend in der Uber Eats Arena war, der wird später sagen können: "Tja, ich hab´ den schon live gesehen, als er noch vor ein paar Tausend Leuten in der Halle mit dem schlimmen Namen gespielt hat und nicht im Stadion". Denn eines ist klar: Benson Boone konnte die neue ganz große Nummer werden und wer ihm 90 Minuten live zuhört und zusieht, der weiß auch, warum.

Salti, Schnauzbart, Sensationen

Es ist noch kein ganzer Song gespielt da steht Benson Boone schon das erste mal auf seinem Flügel und springt zum Chorus mit einem Salto herunter. Ein Juchzen geht durch das Publikum. Im schwarzen ärmellosen Overral, so dass man den austrainierten Bizeps sieht, rote Turnschuhe, einen Berlin Schriftzug samt Bär auf dem Rücken, Schnauzbart unter der Nase, halblange dunkle Locken so tigert, jogt, hüpft, schleicht, schmachtet Boone über die Bühne. Er zeigt mit den Fingern ins Publikum, zwinkert, winkt.

"Berlin", ruft er kokett, seine Gestalt meterhoch und in allen Belangen überlebensgroß auf den Videowänden. So, dass man den Schweiß aus den Poren schießen sieht. Das ist so derart auf dicke Hose gemacht, eine Umdrehung weiter und sie würde platzen, die Hose. Also im übertragenen Sinne jetzt. Und zum Glück ist das gepflegte Rockstartum auch längst noch nicht alles, was der drauf hat.

Seine unglaubliche Geschichte

Benson Boones offizielle Geschichte zusammengefasst erzählt sich so: Vor ein paar Jahren fragten ihn Schulfreunde, ob er in ihrer Band singen wollte. Dabei erst kam heraus, was für eine unfassbare Stimme der Mann hat. Es folgten ein paar selbstgedrehte Videos im Netz (Klavier spielt er natürlich unter anderem auch noch ganz hervorragend), ein Fernsehauftritt in einer Musikshow, ein Album und zack: Gehörte er zu den meistgestreamten Künstlern der Welt. Wer ihn jetzt auf der Bühne sieht, kann es eigentlich gar nicht glauben, dass er quasi fast aus Versehen Popstar geworden ist. Aber jede gute Karriere braucht nun mal eine gute Erzählung. Ob sie genau so stimmt, ist auch egal.

"Passt auf euch auf"

Zwei Minuten später hängt Benson Boone mit dem Oberkörper über dem Absperrgitter und singt den ausschließlich weiblichen Fans in der ersten Reihe direkt ins Gesicht. Die kollabieren fast vor Freude. Trotz aller Muskelspiele und der athletischen Leistungsschau ist Benson Boon eine eher weiche Bühnenpersönlichkeit, die sich auch mal verletzlich und schwach inszeniert, das gefällt dem sehr jungen Publikum ganz gut.

Was die Inhalte seiner pathetischen Ansagen über Verlust, Sterben, das Leben an sich usw (schon erstaunlich, wie weise so ein 22-Jähriger sein kann, wenn er seine Ansagen selbst schreibt) angeht, ist allerdings gar nichts spontan oder zufällig. Alles ist ganz großes US-amerikanisches Entertainment. Dann wird Boone auch noch wirklich witzig, versucht sich, der Klassiker, in der Aussprache von Deutsch, scheitert, natürlich, das Publikum lacht sich kaputt. Smart ist er, selbstverliebt und selbstironisch zugleich. So leichtfüßig sieht das aus, doch so eine Sonderbegabung ist dieser Mann. Denn das Wichtigste kommt ja erst noch: Die Stimme! Live gesungen. Alles. Hammer.

Soli hinter dem Kopf

Hinter ihm steht seine Band, unter anderem ein Basser wie ein Baum, ein Schlagzeuger, der auch mal richtig draufhaut und eine lachende Gitarristin, die Gitarensoli hinter dem Kopf spielt. Ein Ereignis, das den Saal schier wahnsinnig macht, obwohl niemand in der Geschichte der E-Gitarre je herausgefunden hat, warum genau man das eigentlich macht, hinter dem Kopf spielen. Egal. Zu alldem singt Boone schlicht und einfach: grandios. Mit Volumen, Verve, Gefühl, totaler Souveränität. Hoffentlich dreht der nicht durch. Von wegen früher Erfolg und so. Hoffentlich hat der Leute in seinem Umfeld, die ihn ein bisschen einnorden und nicht abheben oder Mist machen lassen. Dann könnte er wirklich ein ganz Großer werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.11.2024, 10:00 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

9 Kommentare

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  1. 8.

    Um mal wieder zum Thema zu kommen: in Zeiten wo ein Spotify-Hit max. 2:39 Minuten lang sein darf und ansonsten schnell weiter geklickt wird, ist Benson Boone schon eine Ausnahmeerscheinung, wie auch European Music Awards gezeigt haben.
    Der Junge hat neben seinen Qualitäten als Songschreiber auch eine lange nicht mehr erlebte Bühnenpräsenz.
    Ob das am Ende zum Prädikat 'Superstar' reicht, wird die Zukunft zeigen. Die Anlagen hat er jedenfalls und zu wünschen ist es ihm.

  2. 7.

    Hallo, Vorkommentierer!
    Elvis WAR einer der wenigen seiner Zeit und daher sehr bekannt. Man hört daher notgedrungen von ihm und seltenal ein Lied.
    Ich glaube, Ihr werdet alt. Habt Schwierigkeiten mit Neuem.

  3. 6.

    OMG. Ich bin ja nicht jung, aber die anderen Kommentare hier sind so altmodisch, dass ich eine größere Sammlung Shellack-Platten von Peter Schreyer und Anneliese Rothenberger bei den Kommentatoren zu Hause vermute....

  4. 5.

    Künstler, Agentur und Label freuen sich über diesen PR-Text. Ist das noch Journalismus? Nein.

  5. 4.

    Gerade auf Netflix die neue Elvis-Doku gesehen, da weiß man was anderen heute fehlt, Charisma und echtes können sowie etwas Demut. Manche Stars Über-inszenieren sich derart abgehoben von Ihren Fans ohne die sie nichts wären. Liebe Medien - fragt mal auf der Straße Menschen jeden Alters ob man Elvis kennt und dann fragt nach Euren genannten Stars.

  6. 3.

    >"Der Begriff „Superstar“ ist heutzutage sehr inflationär behaftet."
    Und dann noch mit Artikeln wie diesem hier noch ein Hype drauf... Überhaupt ist der Artikel - vielleicht ob der Begeisterung des Verfassers? - irgendwie quer durch die grammatikalen Zeitformen geschrieben.
    Der Titel "Hier kommt der neue Superstar" ist schon ein vorgefertigtes Urteil. Mit Fragezeichen hinter wäres dem Sinn des Artikels besser "Hier kommt der neue Superstar?" So wärs in der Wertung richtig - wird er oder wird er nicht?
    Und dann weiter "Denn eines ist klar: Benson Boone konnte die neue ganz große Nummer werden und wer ihm 90 Minuten live zuhört und zusieht, der weiß auch, warum." Aha.. er konnte zumindest für 90 Min und nun ist es vorbei? Oder könnte er auch Superstar werden, wenn er länger als 90 Min konnte? ;-)
    Jedenfalls bis zu meinen Ohren ist er noch nicht gedrungen, obwohl ich echt der Popkonsument vorm Herrn von locker fluffigen Songs bin und über den Arbeitstag das Radio nebenher dudelt.

  7. 2.

    Danke, Hendrik Schröder, für diesen wunderbaren Bericht! Ich höre ihn so gerne - erinnere mich noch, wie ich mein Kind fragte "wer bitte? Bence? Wie schreibt der sich?" um ihn ganz old-school auf youtube anzuschauen - und sofort in meine Playlists aufzunehmen :-) weil diese STIMME! Hammer! "and I thank god every day" <3 der macht mich mit jedem Song sprachlos! Ehrlich, ich bin bei Konzerten immer etwas verpeilt und lese oft nachher davon... da wäre ich gerne gewesen!

    (ü60, w, begeistert und stammelt sonst nicht beim Schreiben)

  8. 1.

    Der Begriff „Superstar“ ist heutzutage sehr inflationär behaftet. Ohne Streaming oder Internet wären „Superstars“ nicht mal wahrnehmbar.
    Damals bedurfte es ohne dieses ganze „www“ nur über Radio/TV 1Mio verkaufte LPs für eine Goldene Schallplatte. Da war Musik ohne PC noch real und authentisch.
    Superstars sind für viele Elvis, B.Streisand, TomJones, M.Jackson oder Beatles, Stones. Alles andere ist nur noch temporär mal oben und wird medial gehypt wie T.Swift

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