"Verblüffend" genaue Klimawandel-Vorhersage - Klimaforscher machen Ölkonzern ExxonMobil schwere Vorwürfe

Fr 13.01.23 | 07:56 Uhr
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Symbolbild: ExxonMobil (Quelle: dpa/Sina Schuldt)
Audio: rbb24 Inforadio | 13.01.2023 | Torsten Mandalka | Bild: dpa/Sina Schuldt

Der Ölkonzern Exxon wusste offensichtlich schon seit Jahrzehnten von der Bedrohung durch die globale Erwärmung. Das zeigen Auswertungen von internen Dokumenten durch Forscher des Potsdam-Instituts für Klimaforschung und der Harvard-Universität.

Klimaszenarien des Ölkonzerns Exxonmobil haben einer Studie zufolge die globale Erwärmung durch fossile Brennstoffe bereits früh genau vorhergesagt. Die Auswertung interner Prognosen des Unternehmens aus den Jahren 1977 bis 2003 zeige, dass die meisten der Projektionen eine Erwärmung vorhersagen, die mit späteren Beobachtungen übereinstimmt, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) am Donnerstag unter Berufung auf eine neue Studie mit.

Die Auswertung interner Daten von Exxonmobil wurde im Fachjournal "Science" veröffentlicht. An der Analyse waren den Angaben zufolge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der US-Universität Harvard und des PIK beteiligt.

Erste korrekte Voraussagen bereits 1977

Demnach sehen die Prognosen bis zum Ende des Jahrhunderts bei den Exxon-Forschern genauso aus wie beispielsweise jene im Bericht des Weltklimarats IPCC oder bei der NASA. PIK-Forscher Stefan Rahmstorf, Ko-Autor der Studie, sagte: "Was Exxonmobil erstaunlich genau wusste und was Exxonmobil dann bekanntlich leider tat, steht in scharfem Kontrast."

"Exxon hat schon in den 1980er Jahren korrekt hervorgesagt, dass die Erdtemperatur um 0,2 Grad pro Jahrzehnt hochgehen wird durch ihr Produkt. Diese quantitativen Projektionen waren bislang noch nicht ausgewertet worden", erklärte Rahmstorf am Freitagmorgen im rbb24 Inforadio.

Erstaunlich sei auch, dass der Ölkonzern bereits 1977 korrekt vorausgesagt habe, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe ein "kohlendioxidinduziertes Superinterglazial" verursachen würde. Dabei handele es sich um eine Warmzeit, die viel wärmer als alles in der Geschichte der menschlichen Zivilisation und auch wärmer als die letzte Warmzeit vor 125.000 Jahren sei. Doch anstatt aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen, habe Exxonmobil Mythen verbreitet, beklagt Rahmstorf.

Was Exxonmobil erstaunlich genau wusste und was Exxonmobil dann bekanntlich leider tat, steht in scharfem Kontrast.

Stefan Rahmstorf, PIK-Forscher und Ko-Autor der Studie

Sogar "Kohlenstoffbudget" realistisch abgeschätzt

Die neue Studie sei eine erste Überprüfung der frühen Klimawissenschaft des Unternehmens, erklärte der Potsdamer Wissenschaftler im rbb-Interview weiter. Sie komme zu dem Schluss, dass die internen Analysen genau vorausgesagt hätten, wann die vom Menschen verursachte globale Erwärmung zum ersten Mal in den Messdaten festgestellt werden würde. Selbst das "Kohlenstoffbudget" für eine Begrenzung der Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius seit Beginn der Industrialisierung sei realistisch abgeschätzt worden.

Viele dieser Dokumente seien interne Papiere von Exxon gewesen, so Rahmstorf weiter. "Die Geschäftsleitunng hat sich entschlossen, hier nicht ehrlich zu kommunizieren mit der Öfentlichkeit, sondern Märchen zu erzählen, beispielsweise den Mythos zu verbreiten, die Klimaforscher hätten in den 1970er Jahren noch eine Eiszeit hervorgesagt, was eben auch nicht simmt." Solche Unwahrheiten würden heute noch bei vielen Menschen verfangen, beispielsweise unter Anhängern des Ex-US-Präsidenten Donald Trump.

Konzern widersprach seinen eigenen Daten

In öffentlichen Erklärungen habe das Unternehmen "seinen eigenen wissenschaftlichen Daten" systematisch widersprochen, kritisieren auch andere Forscher, die an der Studie beteiligt waren. Exxonmobile habe "Unsicherheiten übertrieben, Klimamodelle kritisiert, den Mythos globaler Abkühlung verbreitet und Unwissenheit darüber vorgetäuscht, wann - oder ob - die vom Menschen verursachte globale Erwärmung messbar sein würde", erklärte der Hauptautor der Studie, Geoffrey Supran von der Harvard-University.

Der Konzern musste sich 2019 in New York wegen des Vorwurfs von Falschangaben zum Klimawandel vor Gericht verantworten. Das Gericht sprach Exxonmobil jedoch frei. In den vergangenen Jahren wurden in den USA weitere Klagen gegen den Ölkonzern auf den Weg gebracht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.01.2023, 07:00 Uhr

35 Kommentare

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  1. 35.

    Ach ok, also eher MAßNAHMEN die einen gar nicht betreffen, sondern das gute Alte "die anderen sollen mal machen"...

    Wie man auf Beton verzichten soll....wird wohl nicht gehen, reduzieren ja zb mit Carbonbeton hier aus DD, auch gebrannte Poroton Ziegel durch nur getrocknete Lehmziegel ersetzen, da baut ein Prof aus DD graf in Meißen ein Versuchshaus....

    Wenn auf die Fragen "Würden Sie weniger Auto fahren, weniger Fleisch essen zum wohle des Klimas?" 50% schon stumpf "nö" antworten, dann wird das leider böse enden.

  2. 34.

    „Bei dieser Umfrage gibt aber auch knapp die Hälfte an, erst gar keine Verhaltensänderung in Betracht zu ziehen. Diese sehen es also nicht nicht einmal ein, dass sich was ändern müsste.“
    Nicht so streng. Sie sollten wichten, nach Sinn/Unsinn einer Maßnahme. Dies geht nur mit Massenverhältnissangaben, nicht mit Bauchgefühl. Dies ist besonders wichtig, weil Neid und Missgunst keine guten Berater sind.
    Wie wäre es, wenn diese Wichtung und die entsprechende Maßnahme, von jedem fordernden Kommentartor, am Anfang stehet? Ich fange an:
    Lebensmittel werden nicht weggeschmissen....
    Beim Bau wird auf Zement verzichtet...

  3. 33.

    Aber da Sie sich eine Umfrage wünschten...

    https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/klimawandel-bereitschaft-zu-verhaltensaenderungen-in-ernaehrung-und-mobilitaet/

    Bitte beachten Sie dabei, dass zwischen der Angabe "ja ich wäre bereit weniger Auto zu fahren für Klimaschutz" und der tatsächlichen Umsetzung ein großes Delta sein kann. Auch eine Reduktion der jährlichen Fahrleistung von 15000km auf 14000 km im Jahr würde das im Prinzip schon erfüllen.

    Bei dieser Umfrage gibt aber auch knapp die Hälfte an, erst gar keine Verhaltensänderung in Betracht zu ziehen. Diese sehen es also nicht nicht einmal ein, dass sich was ändern müsste.

  4. 32.

    Beobachtung der Welt.

    Daten aus Konsumverhalten, Daten von Autoneuzulassungen, Daten zu Urlaubsreisen, ....,...., das ganze gepaart mit dem Gejammer über hohe Energiepreise, Wahlverhalten usw usf. Gibt ein leider ein ziemlich klares Bild.

  5. 30.

    Das "menschengemachte" ist doch Kern des Problems und der dazugehörigen Lösung. Ohne das wir der Auslöser sind, in welche Richtung würden Sie denn dann an einem Strang ziehen?

  6. 29.

    Schön, wenn Sie Bücher lesen, daraus zitieren, artig auch die Quelle angeben und so weiter. Haben Sie auch eine eigene Meinung? Oder - möchten Sie hier Werbung für irgendwelche Schwurbelautoren machen. Dann haben Sie die Kinderbücher von Habeck aber vergessen.

    Und wenn Sie schon 'Schätzing' heranziehen, haben Sie den Schuss ins eigene Knie noch nicht bemerkt.

    Wenn Sie jetzt bitte noch kurz erläutern können, was Sie eigentlich wollen?

  7. 28.

    Im Artikel hab ich nix von Politikern gelesen außer von Trump.
    Ist der Politiker oder doch nur ein Spinner mit zu viel Einfluß?
    Somit verstehe ich den Kommentar nicht.
    Niemand tut so als ob es ein vertuschtes Geheimnis gewesen ist.
    Ich lese dass einer derjenigen mit großer Verantwortung für den Klimawandel offensichtlich wider besseren eigene Wissens sein Geschäftsmodell jahrzehntelang fortgeführt hat.
    Inwieweit man Exxon dafür juristisch belangen kann, müssen Richter entscheiden, wenn jemand klagt.
    Natürlich kann es auch um den Schadenersatz für die Länder des Südens gehen, den evtl. Konzerne wie Exxon teilweise übernehmen dürfen und weniger die Steuerzahler.
    Den Aktienkurs interessiert die Nachricht vorerst nicht.

  8. 27.

    "Konzern widersprach seinen eigenen Daten"
    Wundert das wirklich?

    Man lebt doch nur einmal - da will man viel Geld verdienen und noch mehr Spaß haben. Was juckt einem die Umwelt - ist doch "Six-Feet-Under" sowas von egal. Also schön die Daten solange als irgendwie möglich zurückhalten und nicht an dem Ast sägen auf dem man sitzt. Wenn der lange Rechtsweg durch ist und man mal ins Klo gegriffen hat, regelt das die Portokasse des Erlöses vom verdienten Geld. Ja, Ok, alles auf dem Rücken Anderer - aber Einer trage des Anderen Last.

    *könnte Spuren von Ironie enthalten

  9. 26.

    In anderen Foren ist es wahrscheinlich schon entschieden:
    Es gibt keinen Klimawandel; und wenn doch, ist es es jetzt sowieso zu spät; anderenfalls reicht es immer noch, wenn unsere Kinder anfangen, darüber nachzudenken.
    Bloß keine übertriebene Hektik.

  10. 25.

    Das Thema Exxon wurde in Frank Schätzings „Limit“, aufgrund seiner exzellenten und umfangreichen Recherchen zu seinen zahlreichen Wissenschaftsthrillern, schon verarbeitet.
    Funktioniert leider immer nach demselben Muster, um die Strippenzieher erfolgreich davon zu überzeugen, an dem Ast zu sägen auf dem sie selbst alle sitzen.

  11. 24.

    Wenn man spürt, dass andere was tun müssen (Verzicht auf das was man selbst nicht hat), damit "ich" besser leben kann, dann ist Ihr Einwand gut.

  12. 23.

    Auf welche repräsentativen Befragungen beziehen sie ihre Aussagen?
    Wenn Menschen mehr und länger arbeiten sollen brauchen sie mehr Erholung und Entspannung. Dazu gehören kein großes Auto und kein großes Haus und nicht jedes Jahr neueste Elektrogeräte. Aber heiße medizinische Bäder, ausgiebiges Duschen und komfortables Reisen. Nach 40 Jahren Arbeit möchte ich an den Stränden der Welt und in den Bergwelten weltweit wandern. Mit dem Fahrrad und dem Paddelboot geht das nicht.

  13. 22.

    Der Begriff Klimawandel wurde übrigens auch erfolgreich von Lobbyisten etabliert. Klingt wohl nicht so schlimm wie Erderwärmung.

  14. 21.

    Wow Kapitalisten tun kapitalistische Sachen,ich bin schockiert..
    Das war doch schon vorher bekannt. Studien mit unerwünschten Resultaten werden doch gerne mal unter Verschluß gehalten.

  15. 20.

    @Dominik, sie phantasieren! Wie viele seit dem letzten Jahr Energie sparen, sieht man doch an den Zahlen. Da wurde erst gestern von Müller öffentlich gelobt! Also, nicht immer nur schwarz sehen.

  16. 19.

    Das glaube ich so nicht. Es ist ein Unterschied in den Emotionen und Köpfen, wenn jemand "CO2 nach Körpergröße/Gewicht verkaufen will", ohne Anstrengungen, Verzicht predigt und selber "Wein trinkt" oder aber Voraussetzungen schafft, damit sich Anstrengungen für das Klima lohnen...Nur Umverteilung und Verzicht ist "das Sägen auf dem Ast auf dem man sitzt". Die Deindustrialisierung bedeutet weniger Verteilmasse.
    These: Deutsche Autos (der gehobenen Klasse besonders) sind deshalb so beliebt, weil die Rahmenbedingungen gestimmt haben. Anders dagegen beim Transrapid.

  17. 17.

    Vielleicht auch, weil man "menschengemachte" in den Vordergrund stellt. Wenn man einfach nur den Klimawandel in den Vordergrund rücken würde, wären sicher viel Grabenkämpfe passé und es würden mehr an einem Strang in die gleiche Richtung ziehen.

  18. 16.

    Nur hier im RBB Forum ist es noch kontrovers ob es den Klimawandel überhaupt gibt und wenn ja, ob wir dran schuld sind, und wenn ja, ob man da irgendwas machen sollte, und wenn ja, ob das nicht lieber unsere Kinder übernehmen können.

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