Bei Hitze im Sommer - Amtsärzte schlagen Einführung von Siesta in Deutschland vor

Di 18.07.23 | 10:23 Uhr
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Symbolbild: Ein Mann mit einem Sonnenhut auf dem Gesicht liegt auf einer Wiese im Schatten und ruht sich aus. (Quelle: dpa/S. Kahnert)
Audio: rbb24 Inforadio | 18.07.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/S. Kahnert

Die Sommer in Deutschland werden heißer, Hitzerekorde immer häufiger. Als Reaktion schlagen die Amtsärzte nun eine Mittagspause nach südeuropäischem Vorbild vor. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert Anpassungen des Arbeitsalltags.

Die Amtsärzte fordern aufgrund der immer höheren Sommertemperaturen Anpassungen im Arbeitsleben. In Deutschland sollte über die Einführung einer Siesta nach südeuropäischem Vorbild nachgedacht werden, schlagen die Experten vor.

"Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen, ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten", sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

DGB fordert ebenfalls Maßnahmen von Arbeitgebern

Menschen seien bei starker Hitze nicht so leistungsfähig, so Nießen. Komplexe Arbeitsanforderungen sollten aus seiner Sicht deshalb besser in die Morgenstunden verschoben werden. Es brauche an Hitzetagen außerdem Ventilatoren und leichtere Kleidung im Büro. "Ein kaltes Fußbad wäre eine weitere Möglichkeit, um im Homeoffice für Abkühlung zu sorgen", sagt Nießen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte die Arbeitgeber auf, regelmäßige Hitze- und Gefährdungsbeurteilungen während der Sommermonate zu erstellen. "Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten vor Hitze schützen - Arbeit bei Hitze ist für Beschäftigte belastend und gefährdet im schlimmsten Fall ihre Gesundheit", so DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Dass es derzeit noch kein Standard sei, dementsprechende Gefährdungsbeurteilungen in Betrieben zu haben, nannte Piel "ein Versäumnis der Arbeitgeber, das angesichts des Klimawandels und der extrem heißen Sommer vollkommen inakzeptabel ist".

Immer mehr Hitze im Sommer

In den vergangenen Jahren sind immer wieder neue Hitzerekorde in Deutschland aufgestellt worden und im Mittel werden die Sommer immer heißer. Das geht unter anderem aus den Daten des Deutschen Wetterdienstes hervor. Im vergangenen Jahr gab es im Sommer 17 Tage mit über 30 Grad - das sind die viertmeisten seit Beginn der Wettererfassung. Mehr gab es nur 2018, 2003 und 2015, also ebenfalls vor vergleichsweise wenigen Jahren.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.07.2023, 8:42 Uhr

85 Kommentare

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  1. 85.

    Im Grunde könnte dieser Vorschlag ja erst einmal ein Anstoß sein für eine umgangskulturelle Veränderung, die sich dann nach und nach in der Gesellschaft auswächst - oder in einigen Bereichen unpraktikabel eben nicht. Und es ist wiederum typisch deutsch, bevor überhaupt die zartesten Pflänzchen in diese Richtung wachsen können, sich über sämtliche Auswirkungen in kurz-, mittel- und langfristiger Hinsicht Gedanken zu machen, ob nun definitiv Dieses, Jenes oder noch was Anderes einträte.


  2. 84.

    Grundsätzlich bringt mir eine längere Mittagspause doch nur was, wenn die Kita entsprechend auch länger auf hat. Aber das heißt für die Erzieher:innen längere Arbeitszeiten. Das scheint mir nicht möglich. So muss ich weiterhin zur selben Zeit zur Kita und eine Siesta ist nicht drin (bzw. Wenn die verpflichtend als Pausenzeit abgezogen wird, verliere ich sogar noch was)

  3. 83.

    Die Diäten-Nehmer sollten mal die Sommerzeit abschaffen. Europa mit zwei Zonen sollte machbar sein

  4. 82.

    Deutschland verkommt immer mehr zum Mimosenland, die paar Tage kann man auch einfach mal aushalten.

  5. 81.

    Na dann sind wir uns ja einig Frau/Herr/ Es Dorftrulla: Alles easy Work-Life-Balance... ;-))

  6. 80.

    Ja, alles klar, so meinte ich es auch; eben wo es sich einrichten lässt. Das mit dem Bäcker war sarkastisch auf die von Wossi angemerkte Tätigkeit ohne Ausbildung bezogen, ich hab's schon verstanden, wollte heute aber mal zur Abwechslung nicht fies werden. :-)

  7. 79.

    Hier gibt es leider eine Zweiteilung.
    Während immer mehr Menschen arbeitslos werden, überlegt man sich, wie diejenigen, die noch arbeiten, produktiver werden sollen.
    Da kann man noch so viele Siestas und Ruheräume erfinden.
    Bei den aktuellen Steuern und Abgaben (insbesondere im unteren Lohnsegment) lohnt sich Arbeiten nicht mehr.
    Bei einer Miete von 800-1.000€ ist es lukrativer, Bürgergeld zu beziehen und noch irgendwo nen Minijob zu machen.

  8. 78.

    Ach Mensch Dorftrulla... [Wossi ] vom 18.07.2023 um 16:13 meinte eigentlich was anderes, aber egal...
    Warum es in vielen Unternehmen und Ämtern einen maximalen Arbeitszeitraum von 6 bis 20 Uhr gibt liegt am gewohnt normalen Lebensrhythmus der allermeisten Menschen. Wenn man in einem Unternehmen für Kunden arbeitet an bestimmten Projekten, ist es schon von Vorteil, wenn man auch in der wahrscheinlichen Tageszeit der Ansprechpartner beim Kunden oder innerhalb des Unternehmens arbeitet. Wer als Alleinunterhalter selbstständig anschaffend ist, der braucht keine Piepsuhr und kann arbeiten wann er will. Alles zwischen 6 und 20 Uhr der Standard-Stechuhrzeit ist zwischen Arbeitskollegen, Gewerkschaft und Chefs frei verhandelbar. Es gibt aber auch viele Berufe, die gehen nicht ohne feste Arbeitszeiten. Diese Berufe brauchen wir alle zuverlässig zu den gewohnten Zeiten! Rettungs- / Gesundheitsdienste, Supermärkte,Polizei, Servicedienste usw. Viele im festen Schichtdienst 24/7.

  9. 77.

    Naja, es sollte schon ein Geben und Nehmen sein.
    Ich halte auch mal durch, wenn viel zu tun ist.
    Aber ich würde auch bei keinem Arbeitgeber bleiben, der mir sagt, dass ich schneller essen soll.
    Viele Menschen hängen zu sehr an ihrem Job und sind dadurch erpress- und schikanierbar.
    Jeder sollte öfters mal wechseln und die neue Marktmacht ausnutzen.

  10. 76.

    "Sie sind besonders häufig wo?" Na Mensch Wossi, das ist z.B. der Bäcker, der nur aufhört zu backen.
    Deutsche Arbeitszeitgesetze lassen Siesta durchfallen. In vielen Betrieben mit sogenannter Normalschicht, hängen jetzt Stechuhren, die erst ab 6 Uhr zählen, jede Minute früher ist verlorene Zeit, selbst wenn der Arbeitnehmer gern schon um 5 Uhr arbeiten würde, weil es ihm und der Firma möglich wäre. Das würde auch zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Verkehrsströme auf den Straßen führen, weniger Stau verursachen. Dabei geht es nicht nur um Hitzetage, sondern um ganzjährige Änderungen. Wo auch immer Gleitzeit möglich ist, sollte sie auch ohne starre Von-Bis-Regel ermöglicht werden. Auch das wäre eine Entlastung für Familien mit Kindern, wenn ein Elternteil im Schichtdienst arbeitet und der andere eben flexibel mit Zeit umgehen könnte. Es wird nicht allen helfen, aber es wäre ein Anfang.

  11. 75.

    >"Hauptsache man hielt seine monatliche Gesamtstundenanzahl ein."
    Das ist bei uns im Mittelstand auch so. Die Verträge müssen erfüllt werden und der Umsatz muss reinkommen. Alles eine Frage der kollegialen Absprache, dass z.B. bei uns die vertragsgarantierte Anzahl der Ansprechpartner da ist auch bei flexibler Arbeitszeitregelung. In größeren Firmen ist das vielleicht mit mehr Planung verbunden.

  12. 74.

    Mein Arbeitgeber hat flexible Arbeitszeit angeboten, da war dann auch die Pause flexible, Hauptsache man hielt seine monatliche Gesamtstundenanzahl ein.

  13. 73.

    Wie bei jeder Statistik ist da Vorsicht geboten. Diese Zahlen entstehen durch Runterrechnung des Bruttosozialprodukts (BIP)einer Volkswirtschaft umgelegt auf jeden Einwohner. Irland, Dänemark und Norwegen haben um Längen weniger Einwohner als Deutschland. Diese Länder haben durch hochautomatisierte Industrie oder Technologie und Energiewirtschaft insgesamt schon ein hohes Bruttosozialprodukt. Da brauchts nicht so viele Bürger für. Norwegen z.B. erwirtschaftet hohe Einnahmen durch Erdöl, Erdgas, erneuerbare Energien und Lizenzrechte für Fischfang. Viele Arbeitskräfte sind dafür nicht vonnöten. Irland hat hochautomatisierte Computer- und Halbleiterindustrie und hoch produktive Landwirtschaft. Zum Vergleich: Deutschland hatte in 2022 ein BIP von 3870 Mrd EUR, Norwegen 551 Mrd EUR. Deutschland hat 84 Mio Einwohner, Norwegen nur knapp 5,5 Mio. Jetzt bitte rechnen... ;-))

  14. 72.

    Irland (115 $/h), Norwegen (96 $/h), Dänemark (87 $/h) sind in Europa bei der Arbeitsproduktivität führend, D und F pendlen um 75-78 $/h (je nach betrachtetem Jahr), Italien (63 $/h) und Spanien (59 $/h) schon einiges schlechter.
    Aktuell sieht es so aus: http://wko.at/statistik/eu/europa-arbeitsproduktivitaet.pdf
    Ich muß meine letzte Antwort korrigieren, ganz aktuell wäre F sogar produktiver als D. Abder die "Siesta"-Länder fallen schon recht stark ab.

  15. 71.

    "In Frankreich sind 2 Stunden Mittag normal. Ist auch in jeder Hinsicht was Produktivität betrifft die rationalerer Struktur." Die Produktivität ist aber gesamtwirtschaftlich in D höher als in F. Sie meinen was anderes als Produktivität im wirtschaftlichen Sinne.

  16. 70.

    Ich hasse die lange Mittagspause von zwei Stunden, die haben wir bereits.

    Die zwei Stunden sind tote, oftmals verlorene Zeit, die mir dann abends fehlt. Der Abend ist mir heilig.

  17. 69.

    "Denn Arbeitgeber müssen nur ne halbe Stunde anbieten." Das haben sich nicht die AG ausgedacht, das ist so im Gesetz in D.

  18. 68.

    „In Frankreich sind 2 Stunden Mittag normal. Ist auch in jeder Hinsicht was Produktivität betrifft die rationalerer Struktur.
    Unterbrechung, Pause tut nämlich gut.
    Und darum geht es ja. Das die Wirtschaft dem Menschen dient. Nicht umgekehrt.“

    Kein Bock auf zwei Stunden gammeln und dafür später daheim sein. Geht gar nicht.

  19. 67.

    Der Panikmodus wird weiter voran getrieben.Habe zehn Jahre im Stahlwerk gearbeitet.Da war es heiß.Doch neben dem Klimawahnsinn macht man ein neues Thema auf.Die Deindustriealisierung Deutschland s muß voran getrieben werden.

  20. 66.

    Olf BerlinDienstag, 18.07.2023 | 16:17 Uhr
    Antwort auf [Lothi ] vom 18.07.2023 um 13:54
    "Manche von uns gehen aber gern Zeitig nach Hause, anstatt ne Stunde beim Mittag rumzugammeln..."

    Ja das ist ziemlich klassisch deutsch. Deshalb muss man sich häufig ja auch in Netto 15-20 Minuten ein Mittagessen reindrücken. Denn Arbeitgeber müssen nur ne halbe Stunde anbieten.
    Die Folgen für den Stressmagen muss dann die Krankenkasse richten. Und es gilt selbstverständlich gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis als Individualproblem.

    Ist halt nicht so weit her mit der Kultur in Deutschland.

    In Frankreich sind 2 Stunden Mittag normal. Ist auch in jeder Hinsicht was Produktivität betrifft die rationalerer Struktur.
    Unterbrechung, Pause tut nämlich gut.
    Und darum geht es ja. Das die Wirtschaft dem Menschen dient. Nicht umgekehrt.

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