Ausländische Arbeitskräfte - "Unfreundlich" und "kompliziert": Warum Deutschland viele Expats unglücklich macht

Do 17.08.23 | 07:29 Uhr
  171
Symbolbild: Blick ins Agora Collective - Center for Contemporary Practices am 23.06.2016 in Berlin. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Deutsche sind unfreundlich, die Bürokratie nervt, die Sprache ist schwer. Viele Klischees über die Bundesrepublik empfinden Arbeitskräfte aus dem Ausland laut einer Umfrage tatsächlich als Realität - sie werden in Deutschland nicht glücklich.

Mit dem Bezahlen ist es hier so eine Sache. Ausländische Arbeitskräfte, die selbst in den kleinsten Geschäften ihrer Heimatländer ganz selbstverständlich ihre EC-Karten zücken, stellen an deutschen Kassen häufig fest, dass sie ohne Bargeld nicht weit kommen.

Das Bezahlen mit Münzen und Scheinen ist hierzulande noch immer Normalität - im internationalen Vergleich ist das Fehlen bargeldloser Optionen aber durchaus auffällig. Das zeigt eine Umfrage, die das Netzwerk Inter Nation unter ausländischen Studierenden und Arbeitnehmern in verschiedenen Ländern durchgeführt hat. In der Rubrik bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten belegt Deutschland dabei den letzten Platz: 53 von 53.

Deutschland im Gesamtranking weit hinten

In der Befragung haben Expats und Fachkräfte aller Welt Deutschland zu einem der unattraktivsten Standorte überhaupt gewählt: Im Gesamt-Ranking schaffte es die Bundesrepublik nur auf Platz 49 von 53. Die Bargeldkultur ist laut Umfrage nur einer von vielen Gründen für das schlechte Abschneiden.

Die Hauptgründe dafür liegen im zwischenmenschlichen Bereich, das Ankommen in der deutschen Gesellschaft empfinden viele Befragte als schwer. Fast jeder Dritte gab an, sich etwa aufgrund fehlender sozialer Kontakte oder dem Umgang mit Deutschen unwohl zu fühlen. Zudem nimmt ein Großteil der Befragten die deutsche Bevölkerung als unfreundlich wahr: Die Deutschen rangieren laut Befragung unter den fünf unfreundlichsten heimischen Bevölkerungen.

Mit mehr als 12.000 Befragten ist die sogenannte "Expat Insider Studie" eine der größten Umfragen zum Thema Leben und Arbeiten im Ausland. Sie gibt Einblicke in das Leben von Expats in 53 Ländern weltweit und bietet detaillierte Informationen zu ihrer Zufriedenheit mit der Lebensqualität, der Eingewöhnung, dem Arbeiten im Ausland sowie den persönlichen Finanzen.

Expat-Facts in Deutschland (Quelle: rbb24)

Mexiko, Spanien und Panama liegen vorne

Die regelmäßige erscheinende Studie von InterNations verrät natürlich auch, welche Länder bei Expats besonders beliebt sind. Dass Mexiko auf Platz 1 landet, überrascht nicht. Seit 2014 rangiert das Land bereits in den Top 5, unter anderem, da es Expats die Eingewöhnung besonders leicht macht. Ebenfalls beliebt sind Spanien, Panama, Malaysia und Taiwan.

Nach Angaben von Inter Nations arbeitet ein großer Anteil der Befragten in Deutschland in den Bereichen IT (18 Prozent), Industrie (zehn Prozent) und Finanzwesen (sieben Prozent). Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern beträgt unter den Befragten ungefähr 50:50, die meisten Expats kommen aus den USA (zehn Prozent), Großbritannien (zehn Prozent) und Indien (neun Prozent). Im Schnitt waren die Befragten 42 Jahre alt.

Vergleichsweise unfreundlich

Den vorliegenden Ergebnissen zufolge war es für Expats in Deutschland besonders schwer, Freunde zu finden. Jede dritte Arbeitskraft aus dem Ausland gab an, keine Freunde und kein Umfeld gefunden zu haben, das sie um Hilfe bitten könnte - die Quote liegt zwölf Prozent höher als der Durchschnitt. In dieser Rubrik hatte die Bundesrepublik laut Inter Nations schon in den Umfragen vergangener Jahre unterdurchschnittlich abgeschnitten.

Der Experte für interkulturelle Kommunikation, Alexander Reeb, sagte in einem Interview der ARD-Infonacht, man müsse sich damit auseinandersetzen, dass es Deutschland eher eine sachorientierte Kultur gebe. Viele Menschen, die zum Arbeiten vorübergehend in die Bundesrepublik ziehen würden, kämen aus kollektivistischen Kulturen, in denen der soziale Miteinander durch Familie oder Freunde einen höheren Stellenwert habe - diese kulturellen Unterschiede machten sich auch im Arbeitskontext bemerkbar.

Ebenfalls negativ ins Gewicht fallen laut Umfrage frustrierende Erfahrungen von Expats mit der deutschen Bürokratie. Komplizierte Verfahren und umständliche Regelungen erschweren vielen das Leben in Deutschland.

Auch der angespannte Wohnungsmarkt stellt ausländische Arbeitnehmer vor Probleme, 58 Prozent der Befragten haben laut Umfrage Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden, 27 Prozentpunkte mehr als der weltweite Durchschnitt.

Hohe Sprachbarrieren und schlechter Internetempfang

Bei den Themen Digitales Leben, Wohnen und Sprache liegt Deutschland im Vergleich ebenfalls weit hinten. Abgesehen von einer schlechten digitalen Infrastruktur machen auch Sprachbarrieren (51. Platz) den Befragten zu schaffen.

Die Hälfte der Expats findet es schwierig, in Deutschland zu leben, ohne die Landessprache zu sprechen - weltweit liegt dieser Wert bei 32 Prozent. Problematisch ist das für viele auch deshalb, weil 60 Prozent der Befragten das Erlernen der deutschen Sprache als schwierig empfinden - der weltweite Durchschnitt liegt hier bei 38 Prozent.

Zwei Drittel der Expats sind zufrieden in Deutschland

Deutschland liegt in der Zufriedenheitsskala weit hinten, trotzdem fühlen sich 64 Prozent der Expats, die in Deutschland leben, wohl. Immerhin zwei Drittel. Bei den anderen Ländern liegt der Durchschnitt bei über 70 Prozent. Dennoch ziehen jedes Jahr die meisten Expats nach Deutschland.

Positiv zu vermerken ist vor allem, dass Deutschland im Working Abroad Index (15.) recht gut abschneidet. Deutschlands Arbeitsmarkt (4.) und Arbeitsplatzsicherheit (5.) schaffen es weltweit in die Top 5, auch wenn das Land bei den persönlichen Finanzen (28.) nur mittelmäßig abschneidet. In Bezug auf die Lebensqualität (18.) schätzen Expats sowohl die Infrastruktur für Autos als auch die einfache Verfügbarkeit umweltfreundlicher Waren und Dienstleistungen (jeweils 7.).

Ein nigerianischer Expat sagte Inter Nation: "Mir gefällt, dass ich hier die Möglichkeit habe, mich beruflich weiterzuentwickeln und insgesamt ein nachhaltiges Leben zu führen."

So bewerten Expats Deutschland (Quelle: rbb)

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.08.2023, 4:45 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 18.06.2023 um 13:40 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

171 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 171.

    Soll gesagt werden: " Der Deutsche*innen"? Oder der Mensch*innen in Deutschland? Wozu brauchen Genderfrauen eine extra Wurscht? Dieses Gendern erzeugt nur wirtschaftlich einen Gewinn, beim Duden und bei den vielen Gender- Apps usw. Hat der Mensch*innen keine anderen wichtigen Sorgen mehr? Meine Mutter sagt bei passender Situation: "Wenn der Mensch spinnt, dann gibt er ein Zeichen". Ja, Dagmar, ich frage auch, wozu das Gendern?

  2. 170.

    Wenn sie schon den "Spiegel" verlinken dann sollten sie nicht nur die Überschriften lesen. Aber Achtung, der Inhalt könnte nicht ihrem Weltbild entsprechen.

    "Was gefällt Ihnen nicht bei der Bezeichnung "Volk"? "

    Es gibt kein "Volk" und "Volksbeobachter" hört sich vermutlich absichtlich ähnlich an wie "Völkischer Beobachter".

  3. 169.

    Es bricht sich wohl keiner einen Zacken aus der Krone, wenn man z.B. "Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" in einem Rundschreiben schreibt. Das hat auch etwas mit Respekt zu tun, damit sich alle angesprochen fühlen. Warum wollen Rechte sowas als Genderwahn verunglimpfen und am liebsten noch verbieten? Weil das Klientel der sogenannten Alten weißen Männer damit nicht klar kommt? Soll doch jeder machen, wie er meint. Warum den Leuten vorschreiben, gefälligst nur die männliche Form zu benutzen. Ich als Mann finde es okay, wenn auch meine Kolleginnen direkt angesprochen werden. Das hat auch etwas mit Freundlichkeit zu tun (Thema des Artikels)Wo ist da das Problem!

  4. 168.

    Wo bleibt der Sinn, pauschal nur männliche Formen zu benutzen? Weil die Frauen sprachlich und auch real schon immer von bestimmten Männern untergebuttert worden sind? Es fängt ja schon beim ungleichen Arbeitslohn an. Warum? Weil das schon immer so war? Deshalb bloß nichts ändern?

  5. 167.

    Liebe Brigitta,
    danke für Ihren erhellenden Beitrag!
    Wenn doch alle fortschrittlichen Frauen so denken und handeln würde - dann wäre einiges einfacher!
    Ich wünsche Ihnen alles Gute!

  6. 166.

    Liebe Ines, hoffentlich bleiben SIE dann wenigstens freundlich und unkompliziert!
    Das wäre vielen, vielen anderen auch zu raten und zu wünschen.
    Viel Glück!

  7. 165.

    Das versteht man nicht, wenn Gefühle das Handeln beeinflussen. Am FKK-Strand oder in der Sauna fühlt sich Ihre Meinung nicht gut an.
    Wenn ich andere Nationen besuche, verhalte ich mich wie ein Gast. Wenn ich in anderen Nationen leben wollte, passe ich mich an und fordere nicht (Geld und Feiertage). Bringen Sie das doch mal zusammen. Damit die Extremisten Wind im Segel verlieren.

  8. 164.

    Ihre Ansicht: "Einfach die Männlichkeitsform weglassen und alles nur noch in weiblicher Form schreiben. Ich möchte nicht wissen, was diese Typen dann erst für Alarm machen würden". Zitat.
    Frauen machen doch ständig schon Alarm! Anscheinend geht Gleichberechtigung Mann/Frau nur mit niveauloser Frauenmacht von bestimmten Frauen aus. Wer sich nicht gleichberechtigt fühlt als Frau, hat in meinen Augen kein Selbstbewusstsein. Beim Gendern fühlen sich manche Frauen wohler? Wo bleibt da der Sinn des Ganzen, wenn man das * und "innen dazu braucht, was den Wert einer Frau nicht steigert?

  9. 163.

    Im Beitrag von "leo" geht es explizit um die Sprache, die auch das Thema im Artikel ist.

    Was das Gendern betrifft: beispielsweise, es gibt den Lehrer und die Lehrerin, als Berufsgruppe waren es die Lehrer, eine als geschlechtsneutral verstandene Zuordnung einer Berufsgruppe, so wie der Mensch und die Menschen als geschlechtsneutral verstanden werden.
    Wo zu dann das Gendern?

  10. 162.

    So lange die "LGBTIQA"-Leute sich an geltende Gesetze halten, werden die Rechten diese Menschen nicht ausgrenzen können. Im Gegensatz zu Extremisten halten sich diese Leute nämlich an das Grundgesetz. Und sie träumen auch nicht von einem "Tag X", an dem die freiheitlich demokratische Grundordnung gestürzt wird und die Menschenrechte im Grundgesetz eingeschränkt werden. Ein bißchen mehr Toleranz statt "unfreundlich" und "kompliziert" würde einigen Deutschen ganz gut stehen.

  11. 161.

    Das wird noch so weit kommen, das man echt Schwierigkeiten bekommt, sein mühelos zusammengerafftes Schwarzgeld zu waschen.
    Wegen Kontrolle und so.

  12. 160.

    Millionen hier Geborener rofln sich auch ohne weitergehende Sprachkenntnis durchs Leben. Und die Internet-Foren.

  13. 159.

    "Zwei Drittel der Expats sind zufrieden in Deutschland"
    Ok, passt doch. Jedem kann man eh nicht recht machen und wenn ich als Auswärtige in einem fremden Land leben und arbeiten will, ist mir vorher klar, das dies kein Ponyhof ist.

  14. 157.

    Ja, als hier geborene, finde ich Berlin auch nur unfreundlich und kompliziert. Ich frage mich eh, warum so viele Menschen hier leben wollen.

  15. 156.

    Ja, voll blöd, dass "Ausländer" hier hinziehen und die schwächelnde deutsche Wirtschaft unterstützen wollen. Das möchten Sie uns also in wirklichkeit sagen, ja?

  16. 155.

    Zum Ausräumen von Missverständnissen:

    WELTEN liegen zwischen den Grundgesetz-Formulierungen, dass alle Gewalt "vom Volk" ausgeht, der jurist. Formulierung, dass im Namen des "Volkes" Urteile gesprochen werden und jenem Volksbegriff der Nationalsozialisten, den auch die AfD wieder zu Ehren bringen will:

    Ist der Begriff des Grundgesetzes und der Juristen eine sprachl. Vereinfachung für Bevölkerung, im Wissen um dessen recht unterschiedliche Teile an Überzeugungen und an Herkunft, fußt der Volksbegriff der AfD und der NSDAP auf einem behauptet homogenen Volk, treffender noch: einem quasi biologischen Volkskörper.

    Das hat natürlich auch Einfluss auf die Zuwanderung, die hier Thema ist. Im Erstgenannten handelt es sich um eine Zuwanderung von weiteren Facetten, die prinzipiell begrüßt wird, im Zweitgenannten - dem völkischen Verständnis von AfD und der NSDAP - handelt es sich darum, dass dieser Volkskörper in seiner Reinheit zu bewahren, Zuwanderung tendenziell abzuwehren wäre.

  17. 154.

    Hier hin ziehen und dann jammern, dass die deutsche Sprache schwer ist. ROTFL.

  18. 153.

    Nun ja, ich kenn auch genug „rechte verbohrte“ Frauen, die „Gendern“ & den ganzen anderen LGBwat-ooch-immer-Kram ablehnen. Und jetzt? Übrigens sehen diesen Weg auch ausländische Fachkräfte nicht immer positiv, wie erhofft.

  19. 152.

    Lieber Lorenzo, den Banken ist es nicht so wichtig, vielmehr dem Finanzamt.

Nächster Artikel