Berlin-Mitte - Wohngebäude in der Habersaathstraße darf nicht geräumt werden
Das Amtsgericht hat die Klage der Eigentümerfirma abgelehnt: Der Wohnblock in der Berliner Habersaathstraße darf vorerst nicht geräumt werden. Eine endgültige Entscheidung ist das Urteil jedoch nicht.
Im jahrelangen Streit um ein weitgehend leerstehendes Wohngebäude in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte ist die Eigentümerfirma mit einer Räumungsklage gescheitert. Das Amtsgericht Mitte gab einem der verbliebenen Mieter am Donnerstag recht, der sich nach der Kündigung weigerte, seine Wohnung zu räumen.
Die Begründung für die Kündigungen reichte aus Sicht der zuständigen Richterin jedoch nicht aus, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Die Eigentümerfirma Arcadia Estates GmbH habe nicht ausreichend dargelegt, dass es keine andere wirtschaftliche Möglichkeit gebe als einen Abriss.
"Eine Wohnung ist kein Aktienpaket"
"Eine Wohnung ist kein Aktienpaket", sagte Richterin Paula Oberndorfer. Das Unternehmen habe beim Kauf des Gebäudes von den bestehenden Mietverträgen gewusst und den Zustand des Hauses gekannt.
Der Berliner Mieterverein freute sich über die klaren Worte der Juristin und wertete das Urteil als ein "wichtiges Signal an alle renditegetriebenen Grundstücksverwerterinnen und -verwerter".
Der Sprecher der Linksfraktion für Mieten und Wohnen, Niklas Schenker, fordert den Senat und den Bezirk auf, schnell zu handeln. So sollten die Wohnungen aufgekauft werden, um die Mieter vor "Verdrängung" zu schützen. Parallel dazu sollte auch die Enteignung geprüft werden, um Gefahren von den Bewohnern abzuwenden.
Neubau geplant
Der Eigentümer will den Wohnblock abreißen lassen und plant einen Neubau mit doppelt so viel Wohnfläche. Die verbliebenen Bewohner erhielten daher Kündigungen. In dem Gebäude mit drei Aufgängen leben derzeit noch sechs Bestandsmieter. Zudem sind dutzende Obdachlose in leerstehende Wohnungen eingezogen.
Schlösser wurden getauscht, Fenster gingen zu Bruch
Erst am Mittwoch vergangener Woche eskalierte der Streit um das Wohngebäude in Berlin-Mitte. Im Auftrag der Arcadia Estates GmbH tauschten Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma Schlösser in den Hauseingängen aus und versiegelten Wohnungen.
Bewohner des Wohnblocks berichteten, dass dabei Wohnungen beschädigt wurden. Auch das Bezirksamt Mitte schaltete sich ein und forderte den Eigentümer auf, die Vorgänge aufzuklären. Bei einer Begehung am Mittwoch stellten Mitarbeiter des Bezirksamtes Schäden, wie herausgerissene Fenster und zerstörte Waschbecken fest.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Mitte ist nicht rechtskräftig. Die Eigentümerfirma kann dagegen Berufung beim Landgericht Berlin einlegen. Nach Angaben der Sprecherin liegen dem Gericht etwa ein halbes Dutzend ähnlicher Verfahren vor.
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.08.2023, 15:11 Uhr