US-Wahlen - Trump oder Harris – wer wäre besser für die Wirtschaft in Berlin und Brandenburg?
Kamala Harris oder Donald Trump? Nicht nur für US-Amerikaner eine wichtige Frage – auch viele Unternehmen in Berlin und Brandenburg zittern mit. Denn der Ausgang der Wahl könnte höhere Zölle für Exporte in die Staaten bedeuten. Von Efthymis Angeloudis
Am 5. November wird in den USA ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt, und das Rennen zwischen Donald Trump und Kamala Harris dürfte zu einer Zitterpartie werden. Doch nicht nur US-Amerikaner fiebern mit. Auch viele Berliner und Brandenburger Unternehmen verfolgen die Wahl mit angehaltenem Atem. Denn der Ausgang könnte enorme Folgen für die heimische, exportorientierte Wirtschaft haben.
Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Exportmarkt für Unternehmen in Deutschland und in Berlin – und zwar mit großem Abstand und seit vielen Jahren mit steigender Tendenz. Für die Brandenburger Wirtschaft sind die USA nach den Niederlanden und Polen der drittwichtigste Exportmarkt.
Zölle auf Berliner und Brandenburger Exporte
Eines der betroffenen Unternehmen wäre die Firma Menzel in Hennigsdorf (Oberhavel). Zwei Drittel der Elektromotoren der Firma gehen ins Ausland, zum Teil in die USA. Das macht den Wahlausgang in den Vereinigten Staaten für die Hennigsdorfer besonders spannend: Sollte Trump für eine zweite Amtszeit zurück ins Weiße Haus gewählt werden, hat er bereits angedroht, die Zölle für US-Einfuhren auf zehn oder sogar 20 Prozent zu erhöhen. Deutsche Unternehmen, insbesondere die exportstarken Auto- und Maschinenbauer, würde das schwer treffen.
"Konkret sind das in den USA 2,8 Prozent auf unseren Motorenpreis, und wenn dieser Satz künftig noch weiter steigt, überlegt der ein oder andere vielleicht, ob er den Motor wirklich bei uns bestellen möchte", sagt Geschäftsführer Mathis Menzel dem rbb.
Deutsche Wirtschaft mit Trump "empfindlich"
Die möglichen Auswirkungen des Wahlausgangs für die deutsche aber auch die US-Wirtschaft hat die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) in einer Simulation berechnet. Unter einer Trump-Präsidentschaft würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) – bei einem "milden" Szenario von Zehn-Prozent-Zöllen – in den ersten beiden Jahren nach Einführung der Zölle gut ein Prozent niedriger ausfallen als ohne eine solche Zoll-Eskalation, so die Berechnungen der Stiftung.
"Deutschland ist nach wie vor ein sehr exportorientiertes Land, und der Export lahmt. Nicht nur jetzt im letzten Jahr, sondern wir sehen eigentlich auch ein strukturelles Problem beim Export", sagt die Leiterin des Instituts für Makroökonomie der Hans-Böckler-Stiftung, Sabine Stephan, dem rbb. In so einer Situation würde ein Wahlsieg Trumps den Handel zusätzlich erschweren.
"Die deutsche Wirtschaft ist im Umbruch, und wenn wir in so einer Situation jetzt noch einen zusätzlichen außenwirtschaftlichen Schock wie eine Zoll-Eskalation haben, dann sind wir dafür natürlich empfindlich", so Stephan.
Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) berechnet, dass Deutschland über eine weitere vierjährige Amtszeit Trumps ein BIP-Verlust von mehr als 127 Milliarden drohen würde. Sollten beide Seiten den Importzoll aufgrund eines Handelskrieges gar auf 20 Prozent erhöhen, könnte das die deutsche Wirtschaft 180 Milliarden Euro kosten. Somit würde das deutsche BIP am Ende der Amtszeit des Republikaners 1,5 Prozent niedriger ausfallen.
"America first" auch unter Harris
Im Gegensatz zu Trumps isolationistischen und protektionistischen Kurs gibt sich Harris liberaler. "Kamala Harris wird voraussichtlich keine offensive Zollpolitik gegenüber Europa machen", sagt Stephan von der Hans-Böckler-Stiftung. "Sie wird die Position von Biden fortführen, und da hat man ja gesehen, dass man sehr viel kooperativer miteinander umgeht." So hat beispielsweise Joe Biden die Zölle auf Stahl und Aluminium, die aus Trumps letzter Amtsperiode stammen, ausgesetzt [tagesschau.de].
Doch diese Erwartung teilen nicht alle. Aus Sicht der Industrie- und Handelskammern würde auch eine mögliche Präsidentin Harris keine goldenen Zeiten für das US-Geschäft bedeuten. "Es ist insgesamt weder mit Harris noch mit Trump abzusehen, dass es dort für die Brandenburger Außenwirtschaft einen exorbitanten Aufschwung geben wird, was die Exportumsätze betrifft, weil beide Kandidaten einen relativ nationalen Fokus haben und ihre entsprechende 'America First'-Strategie fahren", sagt Silke Schwabe, Leiterin des Geschäftsbereichs Außenwirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus.
"Zunächst einmal darf man sich nicht täuschen. Die Amerikaner betreiben die Politik, die Trump in seiner ersten Amtszeit gemacht hat, auch unter Präsident Biden weiter. Es wird nur in einem etwas moderateren Ton verkauft", sagt Frank Geilfuß, Investmentstratege der Privatbank M. M. Warburg & CO dem rbb. "Das wird sicher auch unter Kamala Harris passieren. 'America First' gilt auch für sie."
Investitionen zu Lasten Europas
"America First" heißt, dass Amerika lieber selbst mehr produzieren und weniger importieren möchte – und das geht zu Lasten des freien Handels. Biden erreichte das, indem er während seiner Amtsperiode mit dem Inflation Reduction Act (IRA) [tagesschau.de] in die USA als Industriestandort investierte und mit Fördergeldern Unternehmen aus Europa in die Staaten lockte.
"Das Anliegen von Joe Biden mit dem Inflation Reduction Act ist eigentlich eine Reindustrialisierung der USA, also, dass man praktisch Zukunftsindustrien vor Ort fördert, um unabhängig zu sein und sich von China in wichtigen Technologien zu entkoppeln", sagt Sabine Stephan von der HBS. "Dafür haben die USA unglaublich viel Geld in die Hand genommen und haben Bedingungen geschaffen, um im Land zu investieren – und das hat in bestimmten Bereichen super funktioniert, beispielsweise im Bereich der Batterien."
"Europäer müssen Hausaufgaben machen"
Das funktioniert jedoch vor allem auf Kosten Europas, so die Befürchtung vieler EU-Mitgliedsstaaten [deutschlandfunk.de]. Angesichts höherer Energiepreise in Europa und attraktiver US-Subventionen könnten viele europäische Unternehmen in die USA abwandern. Und das wird sich laut Frank Geilfuß auch unter Kamala Harris nicht ändern. "Es wird also nicht leichter, und wir Europäer müssen endlich unsere Hausaufgaben machen."
Wie diese Hausaufgaben aussehen könnten, beschreibt Sabine Stephan in der Studie der HBS. Nur mit eigenen, kurzfristig umgesetzten Investitionsprogrammen könnten die Bundesrepublik und die EU den negativen Effekt dämpfen. "Um auf Augenhöhe eine Industriepolitik mit den USA und China zu machen, braucht es eine europäische Finanzierung", sagt sie dem rbb. Egal, wer Präsident oder Präsidentin wird.
Mit Material aus rbb24 Abendschau und rbb24 Brandenburg Aktuell.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 02.11.2024, 19:30 Uhr
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