Interview zu "Lolita-Phänomen" - "Es gibt ein Problem damit, missbräuchliche Beziehungen als solche zu bezeichnen"

So 10.09.23 | 15:14 Uhr
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Symbolbild: Jeremy Irons & Dominique Swain in dem Film LOLITA von Adrian Lyne. (Quelle: imago images/pathe)
Bild: imago images/pathe

Ältere Männer, die sexuelle Beziehungen mit sehr jungen Frauen führen: Vor allem, wenn die Mädchen minderjährig sind, wird dies teils kritisch gesehen. Denn oft bleibt unklar, wo Missbrauch anfängt und was eine Einwilligung wert ist, erklärt Diplom-Psychologin Julia von Weiler.

rbb|24: Frau von Weiler, eine sexuelle Beziehung zwischen einer Jugendlichen ab 14 Jahren und einem deutlich älteren Mann ist unter bestimmten Umständen legal. Inwiefern kann ein solches Verhältnis aber trotzdem problematisch oder sogar missbräuchlich sein?

Julia von Weiler: Der Gesetzgeber sagt, bis zum 14. Lebensjahr ist es auf jeden Fall Missbrauch. Bis zu diesem Alter nimmt man an, dass die Kinder kognitiv, emotional und intellektuell nicht in der Lage sind, einer sexuellen Handlung zuzustimmen. Man kann in jedem Fall sagen, dass sich auch ein 14- oder 15-jähriges Mädchen - oder auch ein Junge - in einer vermeintlich einvernehmliche Beziehung mit 30-, 40- oder 50-Jährigen, in einem großen Machtgefälle bewegt. Da ist das Manipulationspotential enorm. Daher stellt sich da die Frage, wie freiwillig das sein kann.

Zur Person

Julia von Weiler von der Organisation Innocance in Danger.(Quelle:privat)
privat

Julia von Weiler

Julia von Weiler ist Diplom-Psychologin und im Vorstand der Organisation "Innocence in Danger", die gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen kämpft. Sie ist auch Autorin verschiedener Fachartikel zu diesem Thema.

Bei welchem Altersunterschied wird es eigentlich komisch?

Es gibt eine Daumenregel, die sagt: fünf Jahre bei Kindern und Jugendlichen. So gibt es beispielsweise zwischen 13 und 18 Jahren schon einen großen Unterschied. Es geht dabei immer um das intellektuelle, kognitive und auch körperliche Machtgefälle. Wenn es da eine Überlegenheit gibt, muss man da genauer hinschauen.

Wie ist denn die Gesetzeslage? Die wirkt ja doch relativ komplex.

Ich erinnere mich an einen Fall, da wurde ein 14-jähriges Mädchen an ihrem 14. Geburtstag von ihrem Patenonkel missbraucht. Das hat sie ganz deutlich so benannt. Für das Gericht wurde es dann aber schwierig, weil der Onkel von Einvernehmlichkeit sprach und die sexualisierte Gewalt schwer nachweisbar ist. Das Mädchen kam schließlich zu dem Schluss, dass ihr Onkel von der Rechtslage wusste und gezielt gewartet hatte, bis sie 14 war. Ich fürchte, da hatte sie Recht.

Mit 14 wird man vor dem Gesetz zumindest teilweise strafmündig. Da nimmt die Einsichtsfähigkeit zu. Ab dann wird auch das Machtgefälle anders definiert. Sexualisierte Gewalt von Schutzbefohlenen wäre es dann immer noch, wenn Vater, Mutter, Lehrer oder Ausbilderin in sexuelle Handlungen mit der ihr anvertrauten Person verwickelt wären. Aber was alle anderen betrifft, wird es strafrechtlich sehr kompliziert.

Infobox: Rechtslage Minderjährige und Sex

  • Unter 14 Jahren

  • Ab 14 Jahren

Ich erinnere mich aus meiner eigenen Teenagerzeit, dass es im Umfeld mehrere 14-, 15-jährige Mädchen gab, die mit älteren Männern – eine sogar mit dem Vater eines Schulkameraden – liiert waren. Das wurde gesellschaftlich hingenommen – auch wenn es eine Art "Geschmäckle" hatte. Wie kann das sein? Warum handeln da viele Erwachsene nicht verantwortungsbewusst und mischen sich ein?

Unsere Gesellschaft hat ein Problem damit, missbräuchliche Beziehungen auch als solche zu bezeichnen. Das sah man auch im Fall von Maria aus Freiburg. Sie wurde als 12-Jährige von einem über 50-Jährigen online gegroomt (Anm. der Redaktion: "Cyber-Grooming" ist die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet), der dann mit ihr aus Deutschland geflohen ist und mehrere Jahre untertauchte. Da wurde in der Berichterstattung anfänglich noch von Missbrauch gesprochen.

Doch im weiteren Verlauf wurde das zu einer Beziehung geschrieben. Es können doch auch Beziehungen voller Missbrauch, Gewalt und Machtmissbrauch sein. Wenn ich diese dann aber einvernehmlich nenne, entziehe ich den Betroffenen ihr Recht auf Wiedergutmachung und mache sie zu (frei-)willigen Komplizen. Das ist einfach falsch.

Die sexuelle Revolution der 68er-Jahre hat damit etwas zu tun. Da ging es um die vermeintliche Freiheit von Sexualität. Und die wurde sofort auch von pädokriminellen Strömungen vereinnahmt. Die fanden dann, Sex zwischen Kindern und Erwachsenen sei eine großartige Idee. Und wenn das nicht zugelassen würde, unterdrücke man Kinder in ihrer sexuellen Entwicklung und so weiter. Aus meiner Sicht war die sexuelle Revolution doch vor allem eine Revolution der männlichen Sexualität. Für sie bedeutete es, mit so vielen Frauen schlafen zu können, wie sie wollten – auch, je jünger desto toller. Und das macht und machte auch vor Jugendlichen nicht Halt.

Für eine Zwölfjährige ist es im Regelfall ein innerliches Tabu, Sex mit einem 40-jährigen Mann zu haben. Wenn aber alle um sie herum so tun, als wäre das absolut normal, kriegt sie Schwierigkeiten, ihre Intimsphäre zu verteidigen

Julia von Weiler

Die Frage, die sich immer wieder stellt, ist: Was mache ich als Mensch, wenn um mich herum alle Tabus zu brechen scheinen. Wie verteidige ich meine innerlichen Tabus? Für eine 12-Jährige ist es im Regelfall ein innerliches Tabu, Sex mit einem 40-jährigen Mann zu haben. Wenn aber alle um sie herum so tun, als wäre das absolut normal, kriegt sie Schwierigkeiten, ihre Intimsphäre zu verteidigen. Weil die Gesellschaft es ihr nicht zugesteht.

Es gibt immer Missbraucher oder Missbraucherinnen, die ganz öffentlich handeln. Und je öffentlicher sie diese Grenzen überschreiten, desto eher scheinen sie damit durchzukommen. Wenn man sich als Erwachsener da nicht klar positioniert und sagt, das geht nicht, wird man Teil der schweigenden Masse. Diese schweigende Masse stärkt immer den Täter oder die Täterin und schwächt die Opfer. Und sie ist eine so träge Masse, dass sie sich auch noch gegenseitig behindert. Was dann oftmals passiert und was ganz besonders grauenvoll ist, ist wenn das Opfer irgendwann sagt, alle hätten es gewusst und nicht geholfen. Dann hinterfragen viele Menschen ihr Schweigen nicht selbstkritisch. Das ist vielen zu schmerzhaft. Lieber nehmen sie es dem Opfer übel und unterstellen, es hätte es ja so gewollt. Da wird einfach alles umgedreht. Das ist das Lolita-Erbe.

Das wäre meine nächste Frage. Was bewirken Filme oder Bücher wie Lolita? Die Vorlage von Nabokovs Geschichte war ja auch das Opfer eines Pädophilen, der sie entführt hatte.

Sie bewirken, dass die Grenzen verschoben werden. Wenn man sich die Entwicklungsaufgaben eines Teenagers anschaut, dann stellt man fest, dass der Job ist: autonomer zu werden und sich auszuprobieren. Auch sexuell. Dazu gehört auch, sich auszuprobieren und zu flirten. Durchaus nicht nur mit Gleichaltrigen, sondern eventuell auch mit älteren Personen. Aufgabe von Erwachsenen in dieser Zeit ist es, Kinder und Jugendliche zu unterstützen und ihnen einen sicheren Raum zu geben.

Die Aufgabe der Erwachsenen ist es auch, zu wissen, wenn eine 14- oder 15-Jährige mit mir flirtet, ist es mein Job, für eine Grenze zu sorgen. Weil ich weiß, dass ich diesem jungen Menschen mit meinem Erfahrungsschatz so weit überlegen bin, dass das niemals eine Beziehung auf Augenhöhe sein kann, sondern sie immer missbräuchlich ist.

Die Erwachsenen müssen die Jugendlichen dann klar in ihre Grenzen verweisen und so ihrer Verantwortung gerecht werden. Das wird gerne vergessen. Da heißt es dann schnell, die Jugendlichen würden sich so sexy anziehen und seien ja ohnehin schon viel weiter. Es kommt zur Schuldumkehr. Und was mich wirklich empört: da schließen sich dann alle an. Da heißt es wieder, das Mädchen hätte eben den kurzen Rock angehabt und den Täter so verführt. Damit wird unterstellt, die jugendlichen Mädchen seien vollkommen wilde, sexuell übergriffige Wesen und die armen Männer könnten sich angesichts dessen überhaupt nicht mehr kontrollieren. Wenn das stimmte, dürfte kein einziger Mann jemals in einer verantwortungsvollen Position ein Amt innehaben – weil Männer ja demnach überhaupt nicht in der Lage zu sein scheinen, ihre hormonellen Triebe zu kontrollieren.

Wir sprechen fast nur von Mädchen. Sind denn wirklich fast ausschließlich sie von diesen ungleichen Beziehungen betroffen? Und sind fast ausschließlich Männer Täter?

Das ist eine wichtige Frage, denn ich denke, dass die Jungen nicht gesehen werden. Insbesondere, wenn sie von Frauen gegroomt – also manipuliert und in solche Beziehungen verstrickt – werden. Da ist die Gesellschaft auch grausam: denn ein Junge, so heißt es, könne sich glücklich schätzen, wenn er von einer erfahrenen Frau in den Sex eingewiesen wurde. Die Mädchen gelten als enthemmte sexuelle Wesen, die die Männer überwältigen. Und bei den Jungs wird nicht der Missbrauch gesehen, den erwachsene Frauen ausüben, wenn sie mit Kindern oder Jugendlichen sexuelle Handlungen vollziehen. Die MiKaDo-Studie aus 2015 untersuchte das Vorkommen von sexueller Gewalt in der Kindheit. Ich erinnere mich sehr gut an ein Ergebnis: Über 46 Prozent der betroffenen Männer berichtete, mindestens auch ein Mal von einer Frau in ihrer Kindheit missbraucht worden zu sein. Das wird in unserer Gesellschaft so gut wie gar nicht besprochen.

Hat es das Internet eigentlich leichter für Täter und schwerer für Opfer gemacht?

Absolut. Das Internet wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf dieses Phänomen. Die Täter und Täterinnen haben es durch die digitalen Kommunikationswege noch nie so leicht gehabt, mit potenziellen Opfern in Kontakt zu treten und sie auch über diesen Weg an sich zu binden und sie zu bedrohen. Das Smartphone ist das ultimative Tatmittel. So ist der Täter immer dabei. Egal, wo das Opfer ist und was es macht. Und auch da kommt es wieder zur Schuldumkehr.

Hochproblematisch ist derzeit das Thema "selbstgenerierte Missbrauchsdarstellungen". Die entstehen durch Livestream-Missbrauch in Videotelefonaten. Laut Internet Watch Foundation, einer Meldestelle für Missbrauchsdarstellungen in Großbritannien, haben Fälle mit solchen Aufnahmen in den vergangenen drei Jahren um 413 Prozent zugenommen. Bei den Sieben- bis Zehnjährigen sind 70 Prozent aller gemeldeten Missbrauchsdarstellungen selbstgeneriert und bei den Elf- bis Vierzehnjährigen 90 Prozent.

Da wird das mit der Idee der Eigenverantwortung dann noch komplexer. In solchen Fällen sind die Täter und Täterinnen nicht mal körperlich in einem Zimmer mit ihren Opfern. Dann heißt es schnell, "wieso hast Du nicht die Kamera ausgemacht." Das macht es für die Betroffenen sehr schwer – denn die fühlen sich in aller Regel ohnehin mitschuldig. Im Übrigen war es schon immer die Strategie von Tätern und Täterinnen, die Verantwortung für die Taten den Opfern zuzuschreiben und zu sagen, sie hätten das doch so gewollt.

Das ist mit Kompetenz alleine nicht zu lösen. Die Kinder- und Jugendlichen können noch so fit sein im Internet, sie sind strategisch agierenden erwachsenen Tätern und Täterinnen immer unterlegen. Egal ob analog oder digital.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

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26 Kommentare

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  1. 26.

    Ich hab's wieder erwartet und da Sie nun anfangen ausfallend zu werden spare ich weitere Diskussionen mit Ihenen.
    Der Vorrang der Verfassung Art. 20 Absatz 3 GG - Jura erstes Semster - ist Ihnen klar kein Begriff, ebenso wenig wie die Grundrechte als Anspruchsgrundlage mit Vorrang. "Das GG bestimmt rechtlich erst mal gar nichts." #Quatsch
    "Rechtlich gibt es keinen Unterschied, ab ein 14-, 15-jähriges Mädel mit einem 18-jährigen Playboy anbandelt" #Quatsch
    Noch viel mehr wäre es verfassungsrechtlich - unter Beachtung des Verhältnismäßgikeitsprinzips - kein Problem die Aktuelle Regelung des § 182 Absatz 2 StGB auf unter 18-Jährige auszuweiten. Schließlich erstreckt sich der Jugendschutz bis auf das 18. Lebensjahr (Volljährigkeit [früher mit 21 Jahren]) (Hilfe nach SGB8 sogar für
    Volljährige bis zum 27. Lebensjahr) und die Schilderungen des Artikels lassen dies ja auch als angezeigt erscheinen...

  2. 25.

    "Zudem sind Moral, Sitte, Gewohnheit etc. sehr wohl rechtlich erhebliche "Konstrukte" (unbestimmte Rechtsbegriffe)." Aber nicht im Sinne, ob eine Handlung strafbar ist oder nicht. Damit wäre ja Willkür Tür und Tor geöffnet. Rechtlich gibt es keinen Unterschied, ab ein 14-, 15-jähriges Mädel mit einem 18-jährigen Playboy anbandelt, der jede Nacht eine Andere im Bett hat oder mit einem 40-jährigen Typen, der mit seinem Alter nicht klarkommt und das mit jungen Hüpfern zu kompensieren versucht. Ist die erste Konstellation wirklich moralisch vertretbarer? Es gibt Dinge, diemoralisch fragwürdig sind, aber strafrechtlich nun mal nicht greifbar, ohne gleichzeitig massiv in das Selbstbestimmungsrecht der Jugendlichen einzugreifen. Deren Schutz ist derart sicherzustellen, dass kein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt werden darf und die Handlungen ihrem freien Willen entsprechen. #Fakt
    Nur weil uns dieser freie Wille nicht gefällt, haben wir kein Recht, dies in Frage zu stellen.

  3. 24.

    Offensichtlich hat es aber nur für den OD gereicht, wenn Ihnen nicht mal klar ist, dass Ihre Ausführungen keine gesetzliche Grundlage haben. Das GG bestimmt rechtlich erst mal gar nichts. Es ist die reine Basis für die Gesetzgebung, nicht mehr als Leitplanken. Wie die Gesetze dann genau ausgestaltet sind, bestimmt das GG gar nicht, insofern kann es auch keinen Vorrang haben. Maximal könnte die aktuelle Gesetzgebung gegen das GG verstoßen. Dergleichen Ansinnen sind bisher zum Thema aber von keinem Gericht oberer Instanzen verlautbart worden.

  4. 23.

    Und ich weiß nicht was Sie sich herausnehmen Ihren "Argumenten" mehr Wert zu geben als meinen Zitierungen des Bundesverfassungsgericht, die eindeutig sind. Da brauche ich "gar nicht glauben zu erkennen". Sie versuchen sich hier objektiv zu geben behaupten hier aber jegliche sachliche Grundlage etwas "ins Blaue hinein". Sowas soll ich ernst nehmen?
    Tut mir Leid, dass Ihnen scheinbar diese einfachen Fakten nicht zusagen - aber so ist die Rechtslage.
    (Sagt Ihnen ein studierter "Jurist" im ÖD)

  5. 22.

    Schon erwartet diesen Kommentar.
    Sie verkenne aber, dass das Grundgesetz Vorrang vor einfachen Gesetzen wie dem StGB hat und der Gesetzgeber im Rahmen des Grundegsetzes diese einfachen Gesetze zu erlassen hat, um den staatlichen Pflichten nachzukommen.
    Da brauchen Sie gar nicht mit "keine Moral im Strafrecht" ankommen - der "Drops" wurde schon in den 70er "gelutscht".
    Zudem sind Moral, Sitte, Gewohnheit etc. sehr wohl rechtlich erhebliche "Konstrukte" (unbestimmte Rechtsbegriffe).
    Sie, ich und unsere Mitbürger machen die Gesetze und haben entsprechend der realen Risiken zu handeln! #Fakt

  6. 21.

    Ich weiß nicht, was Sie alles aus dem Zitat herauslesen wollen. Es besagt aber mit Sicherheit nicht das, was Sie glauben darin zu erkennen. Und nein, der Staat hat rechtlich kein Eingriffsrecht, wenn Jugendliche sich den falschen Sexualpartner aussuchen, sofern darin keine strafbare Handlung liegt. Das wäre klar bei Missbrauch oder im Zusammenhang mit einem Abhängigkeitsverhältnis (zum Beispiel Lehrer + Schüler) der Fall. Darüber hinaus hat das sexuelle Selbstbestimmungsrecht den Vorrang, solange eine Freiwilligkeit gegeben ist. Ob diese Freiwilligkeit auf den richtigen Motiven beruht, ist auch rechtlich nicht relevant, solange es keinen prostitutionsartigen Charakter hat, denn dann wäre es wieder strafbar. Am Ende ist dem rechtlich kaum beizukommen und damit Aufgabe der Eltern, ihre Kinder in die richtigen Bahnen zu lenken.

  7. 20.

    Wie Sie oder ich das moralisch beurteilen (ablehnen), ist aber ohne Belang. Genau so ist irrelevant, ob die Gesellschaft die Nase rümpft oder nicht. Solange beide Beteiligten damit einverstanden sind und kein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, ist und bleibt das eine Angelegenheit der beiden Beteiligten. Welche Motive beide antreibt, ist deren Sache. Muss man das gut finden? Natürlich nicht, aber wenn nichts strafbares vorliegt, muss sich die Gesellschaft damit abfinden. Man kann es moralisch verurteilen, aber nicht strafrechtlich.

  8. 19.

    Und wie bereits John Donne schrieb: "No man is an Island"
    Das Beispiel, dass Sie zeichnen mag zwar Rechtstheoretiker "befriedigen" scheint mir aber faktisch realitätsfern zu sein.
    Da fällt mir auch nur der Fall des einen CSU-Abgeordneten ein:
    https://www.stern.de/politik/deutschland/michael-brueckner-gesteht-gekauften-sex-mit-minderjaehriger-6890706.html
    Ja ja - es war ja "Liebe" ( : ...

  9. 18.

    "Unser Rechtssystem kennt keine Moral"? - spätens beim Gleicheitsgrundsatz würde ich diese These doch in Frage stellen. Daher gehe ich nicht auf solche Spekulationen ein, sondern zitiere einfach:
    "Verfassungsrang kommt dem Kinder- und Jugendschutz daneben aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG zu. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit im Sinne dieser Grundrechtsnormen. Sie bedürfen des Schutzes und der Hilfe, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln (vgl. BVerfGE 79, 51 [63]). Das gilt gerade auch für ihre Bewahrung vor sexuellen Gefahren und die Ermöglichung einer das Persönlichkeitsrecht achtenden Sexualerziehung (vgl. BVerfGE 47, 46 [72 f.]). Dieser Gesichtspunkt berechtigt den Staat, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, welche sich auf ihre Einstellung zum Geschlechtlichen und damit auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit nachteilig auswirken können."

  10. 17.

    Sie haben zwar im Grundsatz Recht, aber wie definiert sich denn "ungestörte sexuelle Entwicklung"? Unser Rechtssystem kennt keine Moral, es richtet sich strikt nach geltenden Gesetzen. Und diese besagen, dass ab Vollendung des 14. Lebensjahres jeder Jugendliche seine sexuellen Kontakte frei wählen darf und dies für einen Erwachsenen nicht strafbar ist, sofern weder Zwang, noch Ausnutzung vorliegen. Letzteres mag nicht immer eindeutig zu bestimmen sein, aber dafür gibt es Gerichte, die darüber im Einzelfall befinden. In der Tendenz folgen diese allerdings dem Willen des/der Jugendlichen und nicht z.B. der Erziehungsberechtigten. Der freie Wille geht hier vor, auch wenn Außenstehende darüber den Kopf schütteln mögen. Auch das ist Teil des Jugendschutzes und es ist daher wichtig, gerade junge Mädchen auf solche Gefahren vorzubereiten und sie zu warnen, ihnen beizubringen erst nachzudenken, bevor sie sich auf so etwas einlassen. Mehr dann aber auch nicht.

  11. 16.

    Von Adultismus? Wo meinen Sie denn das herzuhaben?
    Das Bundesverfassungsgericht stellte jedenfalls unmissverständlich fest, dass Minderjährige ein Grund-Recht auf eine ungestörte sexuelle Entwicklung haben.
    Und Jugendschutz ist auch ein Verfassungsauftrag des Staates - so viel zur Rechtslage ; )

  12. 15.

    Selbstbestimmung ist ein wichtiges Thema mit dem sich der Beitrag beschäftigt.
    Der Namensgebende Film/Buch kam ja schon 1962/1955 heraus und sorgte wohl für "Wirbel".
    Wobei "Zweck-Beziehungen" mit großem Altersunterschied früher noch eher vorkamen (man denke nur an den Film "Die Feuerzangenbowle" 1944) - jedoch möchte man meinen, dass diese Zeiten längst der Vergangenheit angehören...
    Bis zur Volljährigkeit haben Kinder jedenfalls ein Grund-Recht auf eine ungestörte sexuelle Entwicklung (BVerfG)!

  13. 14.

    Die Eltern sind gefragt?,Das ich nicht lache, ein Großteil der Missbrauchsfälle findet im engsten Familienkreis statt.

  14. 13.

    Don't protect your daughter educate your son.

    Ich empfehle:
    Erinnerung eines Mädchens
    Buch von Annie Ernaux.

    Die Schuldumkehr scheint mir bei den meisten Kommentierenden gut zu funktionieren. Ich verstehe das, die Realität ist häufig nicht leicht zu ertragen.

  15. 12.

    Zitat. "Wenn ich die Geschichte der Grünen schaue, hatten die damit noch nie ein Problem!"

    Zitat "Lenz": vergiss dabei nicht..die Grünen waren in der Lage die Strömung dann aus der Partei zu leiten. Sowas schaft nicht jede Partei."


    Ja klar, die Grünen haben den "Lolita Komplex" quasi erfunden und gesellschaftsfähig gemacht. Ihr seid mir schon zwei am Thema stark interessierte Experten, Matt & Lenz.

  16. 11.

    Ich kann nur von dem ausgehen, was ich selbst erlesen, durch andere erfahren und erlebt hat. Vielleicht gab es eine zeitlang durch die 68er Bewegung einen Konsens an "Freiheit für alle, auch die der Sexualität der Minderjährigen und mit Minderjährigen". Jedoch dies als eine Art Aufhänger zu nehmen, betrachte ich als eher fern der wahren Begebenheiten. Weit davor war es, vor allem natürlich, was Mädchen und junge Frauen betrifft, immer eine Art Gutreden bzw Akzeptanz. In allen möglichen Kulturen kamen und kommen Hochzeiten zwischen Minderjährigen und zu oft viel älteren Männern vor. Mit Zwang oder Manipulation.

  17. 10.

    Das ist eine hochproblematische Einordnung, die so auch weder rechtlich noch soziologisch haltbar ist. Den handelnden 14-Jährigen etc. die Selbstbsetimmungsfähigkeit abzusprechen, zeugt von Adultismus. Vielleicht hätte man mehr mit Kindern und Jugendlichen reden, ihnen zuhören sollen. Es gibt Gerichtsverfahren, die sich genau mit solchen übergriffigen Handlungen, wie sie hier durch Erwachsene eingefordert werden, befassten. Mit dem Ergebnis: Die Selbstbestimmungsfähigkeit ab 14 Jahren bleibt bestehen, soweit keine koginitiven Einschränkungen vorhanden sind. Hier nicht zu differenzieren zwischen Missbrauch und Erlaubtem, ist normativ und dogmatisch. Dabei 68'er als Feindbild und normative, subjektive Entwicklungspsyhologie bedienen zu wollen, ist kein wissenschaftlicher Beitrag.

    Sensibilisierung für tatsächlich kriminelle Handlungen, auch inkl. Medienkompetenz, sind ein Mittel der Prävention, secuelle Aufklärung ebenso. Die subjektiven Wertungen von Hinz und Kunz sind irrelevant.

  18. 9.

    ",,, Dafür sollte es schon auch Bildungsmöglichkeiten für Eltern geben. ..."
    Und, wo ist das Problem, können sich die Eltern nicht eigenständig bilden?
    Oder ist der Staat, Ihrer Meinung nach, zuständig?

  19. 8.

    Die Anderen sind z.B. meine Eltern und nicht die von gestern am See die zusammen mit ihren ca 12 jährigen Kindern rauchen.

  20. 7.

    vergiss dabei nicht..die Grünen waren in der Lage die Strömung dann aus der Partei zu leiten. Sowas schaft nicht jede Partei.

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