Ein bisschen Schwund ist immer - An jeder Ecke Berlins steht ein entwendeter Einkaufswagen

So 28.01.24 | 12:48 Uhr | Von Stefan Oberwalleney
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Mehrere abgestellte Einkaufswagen in Berlin.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)
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Video: rbb|24 | 28.01.2024 | Stefan Oberwalleney | Bild: rbb/S.Oberwalleney

Die Berliner Stadtreinigung und Supermarktketten sammeln sie mit erheblichem Aufwand wieder ein, dennoch stehen überall in Berlin entwendete Einkaufswagen herum. Praktische Ablagefläche, Kunst oder kann das weg? Von Stefan Oberwalleney

Umgedreht liegen die beiden Einkaufswagen von Lidl zwischen zwei Autos auf der Straße. Gegenüber an der Hauswand steht ein weiteres Exemplar, dieses Mal von Rewe. Und nur wenige Meter entfernt auf dem Gehweg parken zwei weitere Einkaufswagen. Vom Supermarkt entwendet, abgestellt und vergessen. Allein in der Eylauer Straße in Berlin Kreuzberg sind es an diesem Tag fünf Stück.

Herrenlose Einkaufswagen in den Straßen Berlins zu finden ist kein Problem. Auch in Moabit, in der Perleberger Straße stehen gleich fünf Exemplare auf dem Gehweg. Einer ist von Ikea, zwei sind von Kaufland. Die nächste Kaufland-Filiale ist vielleicht 300 Meter entfernt. Der Ikea-Wagen dürfte allerdings eine weitere Reise hinter sich haben. Gefüllt sind die Einkaufswagen mit allerlei Müll, Pappkartons, Getränkebechern und -dosen, Plastiktüten und Motorölkanister. So ergeht es vielen Einkaufswagen im Berliner Straßenland. Stehen sie erst einmal da, füllen sie sich schnell mit Hausmüll aller Art.

Berliner finden Einkaufswagen im Stadtbild "interessant" bis "unsozial"

"Ich find es interessant", sagt eine Passantin in der Perleberger Straße. "Sie führen so ein Eigenleben und sie scheinen miteinander zu sprechen, so wie sie dastehen. Ich lieb das, weil das ist wie eine geheime Welt für sich." Mit der Liebe ist das allerdings so eine Sache. Unsozial sei so ein Verhalten, sagt eine junge Frau und auch das nächste Paar, das vorbeikommt, kann den "abgestellten Fünf" wenig abgewinnen.

"Ich finde das unmöglich, wie die Leute damit umgehen, bei uns stehen sie sogar im Hausflur", sagt der Herr und seine Frau ergänzt, "die werden bei uns als Mülleimer benutzt, ist halt nicht schön."

Problem für Geschäfte?

Robert, der gerade vom Einkauf kommt und ein paar Jahre in den USA gelebt hat, wo es so ein "Einkaufswagen-Kidnapping" praktisch nicht gebe, meint, es wäre schon schöner, wenn es die Einkaufswagen hier nicht gäbe. Aber es stehen auch kaputte Fahrräder herum, dort liegt Müll und mit einer ausladenden Handbewegung meint er noch, "und dahinten steht ein Sofa. Ist halt so."

Das "ist halt so" führt in Berliner Außenbezirken offenbar bisweilen zu einem so großen Einkaufswagenschwund, das den Kund:innen der Supermärkte nur noch der Einkaufskorb zur Verfügung steht, wie jüngst in einer Glosse der "Berliner Zeitung" zu lesen war.

Ob das Entwenden von Einkaufswagen für die Geschäfte ein Problem darstellt? Diese Frage bleibt auf Anfrage bei den Supermarktketten unisono unbeantwortet. Immerhin kostet so ein Einkaufswagen je nach Ausstattung zwischen 100 und 250 Euro.

Ende der Berliner Shoppingtour

BSR sammelt regelmäßig Einkaufswagen ein

Lidl teilt mit, dass in den Filialen immer ausreichend Einkaufswagen zur Verfügung stünden. "Sollten wir durch Kunden oder eigene Beobachtungen auf Einkaufswagen unseres Unternehmens außerhalb unserer Filialgrundstücke aufmerksam werden, sorgen wir dafür, diese schnell und unbürokratisch zurückzuführen.

Das geschieht durch verschiedene Maßnahmen - wie gezielten Rückholaktionen oder mit systemischer Unterstützung." Im Übrigen bittet Lidl um Verständnis, dass "wir grundsätzlich keine Angaben zu Schadenssummen und Stückzahlen machen." Eine Auskunft, die uns praktisch gleichlautend auch von Edeka und anderen Supermarktketten erreicht.

In Berlin ist die Berliner Stadtreinigung (BSR) für saubere Gehwege zuständig. Regelmäßig würden abgestellte Einkaufswagen eingesammelt, teilt die BSR mit. "Sofern es mit Einzelhändlern Vereinbarungen zur Rückführung gibt, wird pro Einkaufswagen abgerechnet. Falls es zu keiner Abholung durch die Einzelhändler kommt, werden die Wagen der Verschrottung zugeführt."

Kosten unklar

Aber nicht alle Supermarktketten haben einen Vertrag mit der BSR und dann ist auch die Zuweisung auf die unterschiedlichen Supermarktstandort schwierig. Über Angaben, wie viele Einkaufswagen eingesammelt werden und welche Kosten dabei entstehen, schweigt sich auch die BSR aus.

So ist die Verschrottung dann das Ende so manch eines Einkaufswagens. Nach Schätzungen des weltgrößten Herstellers dieser Produkte, der Firma Wanzl in Leipheim, betrage der Schwund, so war jüngst im Tagessspiegel zu lesen, etwa 10 Prozent der Einkaufswagen pro Jahr.

Beitrag von Stefan Oberwalleney

39 Kommentare

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  1. 39.

    Im Moment gibt es bei Aldi gerade noch ca 20 Einkaufswagen der Rest steht und liegt überall herum

  2. 37.

    Das ist kein Müll oder Dreck, das ist "zu verschenken"! ;-)

  3. 36.

    "Oh gut. Ich mache das demnächst mal mit Ihrem Auto und stelle es dann irgendwo im Wald ab. Ist dann ja kein Diebstahl ;-)"

    Nach Ansicht Einiger hier ist das völlig legal - sofern man irgendwo einen Schlitz findet, in den man ein 1€-Stück reingequetscht bekommt. Wenn ich sowas lese: "Für einen Diebstahl wäre die Zueignungsabsicht erforderlich. Eine reine Transportabsicht (für den Einkauf) reicht nicht aus. Das Unterlassen des Zurückbringens ist schlicht Faulheit," - da kannst Du einfach nix falsch machen. Du wolltest etwas transportieren und warst zu faul, den Transporter zurückzubringen. Und dass der Transporter nicht Dir gehört, ist völlig irrelevant. Wie gesagt, die Münze nicht vergessen (oder Plastikersatz)! Wirklich merkwürdig, was sich manche Menschen ausdenken...

  4. 35.

    Warum in drei Teufels Namen ist das seit ein paar Jahren, so üblich geworden, seinen Dreck auf der Straße zu entsorgen?Was ist bloß mit der Bevölkerung geschehen.

  5. 34.

    Tolle Theorie, danach wäre es auch kein Diebstahl wenn man Tragetaschen die an der Kasse ausliegen ohne Bezahlung mitnehmen würde. Diese Taschen dienen dann ja auch nur dem Transport und werden versehentlich nicht zurückgebracht. Ob Diebstahl oder nicht asozial ist dass Verhalten allemal.

  6. 33.

    In Nordirland sind rund um die Parkplätze Streifen eingebaut, die die Räder der Wagen blockieren. Haben wir leidvoll erfahren müssen, als wir mal 3m außerhalb des offiziellen Parkplatzes parkten.
    Leider landen in Berlin Einkaufswagen auch auf S-Bahn oder Bahngleisen. Leider schon erlebt samt Kurzschluss, Lichtbogen, stundenlanges Basteln den festgeschweißten Wagen abzubekommen. Aber da ist dann die böse Bahn schuld...

  7. 32.

    Das wichtigste für mich wäre eine sehr zeitnahe Entfernung der Wagen, damit das nicht noch Nachahmer findet wie bei vielem anderen.
    Also, Liebe Mitbürger innen und außen und dazwischen, schon mal selbst Hand angelegt und 300 Meter Fußweg für einen guten Zweck getan?
    Ich ja, OK, es waren nur 200 Meter, ich musste eh in die Richtung.
    Schöner unsere Städte und Gemeinden, mach mit!
    Auch wenn es dafür kein Danke gibt.
    "Es gibt nichts Gutes außer man tut es." E. Kästner, zeitlos

  8. 31.

    Oha, einer der sich auskennt. Jetzt aber mal ernsthaft, das Eurostück dient als Pfand und nichr als Kauf.

  9. 30.

    Ganz so einfach ist das nicht, denn Zueignung bedeutet zwar auf Dauer gerichtete Enteignung, diese muss jedoch nur mit zumindest vorübergehender Aneignung verbunden sein. Wird der Wagen also mitgenommen und irgendwo abgestellt, ohne dass eine realistische Aussicht auf Rückführung besteht, könnte folglich die Zueignungsabsicht möglicherweise dennoch bejaht werden.

  10. 29.

    "Eure achsotolle Hauptstadt versifft immer mehr.... ich bin froh das ich da weg bin. Diese stinkfaulen Leute nehmen den Wagen mit und sind einfach zu faul ihn wieder zurück zu bringen.
    Berlin wird eben zur Hauptstadt des Mülls... viel Spaß dabei."

    Ich lebe an der Ostseeküste und hielt das bis jetzt für ein lokales/regionales Problem - hier bei uns. Das ist kein Problem einer bestimmten Stadt, sondern von Menschen, der Gesellschaft. Soziales, rücksichtsvolles Verhalten steht leider nicht mehr sehr hoch im Kurs.

  11. 28.

    Tja liebe Großstädter, ratet mal von wem sich die Discounter die Kosten, die durch dieses A-soziale Verhalten entstehen, wieder reinholen?

  12. 26.

    Oh gut. Ich mache das demnächst mal mit Ihrem Auto und stelle es dann irgendwo im Wald ab. Ist dann ja kein Diebstahl ;-)

  13. 25.

    Eine Behauptung macht noch keine Wahrheit.
    Wird der Einkaufswagen zurückgebracht ist es kein Diebstahl. Und da die Polizei wesentlich besser über die gültigen Gesetze bescheid weiss wird kein Polizist da etwas unternehmen (können).

  14. 24.

    Wer einen Einkaufswagen wegnimmt, ist es Diebstahl. Doch wer wird erwischt dabei?
    Leute sehen es, aber schweigen?
    Wer dem Discounter Bescheid sagt, warum er einen Wagen auf den Gehweg mitnimmt evtl. aus Notgründen, der muss ihn wieder zurückbringen, dazu wird der Name und Adresse notiert, es gibt keine Strafe wegen Benützung vom Gehweg. Wer das nicht macht, erwischt wird in der Nähe vom Discounter, der kann unter Umständen Hausverbot für den Discounter bekommen. Laut Auskunft von meinen Discounter. Ich verstehe nicht, warum klaut man überhaupt? Ist das eine verbreiterte Konsumenten- Krankheit geworden in der Großstadt? Die Polizei hat was anderes zutun, als nach Diebe von Einkaufswagen zu schauen.
    Ich sehe vor Ort bei mir auf den Weg zum Discounter, keinen einzigen Einkaufswagen. NIE!


  15. 23.

    Für einen Diebstahl wäre die Zueignungsabsicht erforderlich. Eine reine Transportabsicht (für den Einkauf) reicht nicht aus. Das Unterlassen des Zurückbringens ist schlicht Faulheit, Egoismus - und - nein - keine Unterschlagung.

  16. 22.

    Ich bin überrascht, dass in berlin nichts wichtigeres passiert. Für Einkaufswagen gibt es schon wegfahrsperren, wenn man den Parkplatz verlässt. Scheinbar ist der diebstahl wirtschaftlicher als einkaufskörbe mit wegfahrsperren.

  17. 21.

    Das ist kein Diebstahl. Ich habe doch 2€ dafür bezahlt. Und der Gegenwert für meine 2€ ist auch überschaubar. Taugt nicht für Seifenkistenrennen und auch nicht als Karnickelstall. Also geht der Wagen den Weg aller Fehlkäufe: Ab in den Straßengraben, Nachbars Vorgarten, oder sonstwohin.

  18. 20.

    Ich würde als Discounter das erstmal auf die Preise umlegen plus Zuschlag. Je mehr Einkaufswagen verschwinden, desto mehr verdiene ich. Versicherungen machen das mit Schäden ähnlich, also die Prämien erhöhen.Im Prinzip wird nicht der Discounter beklaut, sondern immer der Kunde. Diebstahl ist aber heute zu einer gesellschaftlich akzeptierten Handlung geworden, wie Schwarzfahren oder andere nette Tätigkeiten.

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