Kampf gegen Glätte - Wie Berlin den Splitt wieder los wird

Mi 31.01.24 | 12:35 Uhr | Von Jonas Wintermantel
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Archivbild: Eine Kehrmaschine fegt am Montag (29.01.2007) in Berlin in der Nähe des Berliner Doms die Reste von Rollsplitt zusammen. (Quelle: dpa/Breloer)
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Video: rbb24 Abendschau | 30.01.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Breloer

Streusplitt rettet die Menschen einerseits vorm Ausrutschen bei Glätte. Andererseits verirrt er sich gerne auch mal in die Wohnzimmer der Stadt oder zerstört Fahrradreifen. Was wir streuen – und wie wir es wieder loswerden. Von Jonas Wintermantel

Nach dem Schnee kommt der Splitt. Mehrere eiskalte und eisglatte Tage und Wochen hat Berlin hinter sich. Schnee und Eis sind inzwischen geschmolzen, mancherorts liegt aber noch immer Splitt in rauen Mengen auf den Gehwegen.

Der macht nicht nur laute Geräusche beim Gehen - oder besser beim Schlurfen. Manchem zerkratzt er als blinder Passagier im Schuhprofil etwa auch den Parkettboden - oder er ärgert Radfahrer auf gleich zwei Arten: Für manche kann es gefährlich werden, wenn sie der "Rollsplitt-Effekt" auf einem gestreuten Radweg ins Rutschen bringt. Anderen punktieren die kleinen, spitzen Steine gar die Reifen. Wolfgang Kanemeier vom Fahrradladen Velo Westend hat zwei bis drei Kunden pro Tag, die einen Platten wegen Rollsplitt bekommen haben.

Wie kommt der Splitt also von den Straßen, wenn die Rutschgefahr im Winter gebannt ist?

Wer streut wo und wie?

Grundsätzlich gilt: Wer ein Grundstück besitzt, ist auch dafür verantwortlich, dass auf einem angrenzenden Gehweg gestreut wird. Dabei kommt es auf Schnelligkeit an. Denn "Glätte ist unverzüglich nach ihrem Entstehen zu bekämpfen, Schnee unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls zu räumen", schreibt die Berliner Stadtreinigung (BSR) auf ihrer Homepage.

Streupflichtige sollten am besten einen Zollstock mitbringen. Denn natürlich richtet sich die "Bearbeitungsbreite" nach den "tatsächlichen Erfordernissen des Fußgängerverkehrs." Zum sicheren Gehen braucht ein Ottonormal-Fußgänger demnach eine Geh-Breite von 1,50 Meter – auf Straßen der Reinigungsklasse 1 und 2 – bei allen anderen reicht ein Meter.

Was wird gestreut?

Die Zeiten von Streusalz sind zumindest für private Streuer längst vorbei. Denn das Salz kann Bäume, Pflanzen und Tiere, aber auch das Grundwasser, Fahrzeuge oder Lederschuhwerk schädigen. Heutzutage wird in Berlin mit "abstumpfenden Mitteln" – also beispielsweise mit Splitt, Sand, Lava- oder Kalksteingranulat gestreut. Als Splitt bezeichnet man dabei ein Mineralgemisch aus gebrochenem Naturstein - zum Beispiel aus Marmor, Kalkstein oder Quarzit.

Salz und andere Auftaumittel sind generell verboten, beziehungsweise nur den Experten der Berliner Stadtreinigung – oder genauer dem "differenzierten Winterdienst" vorbehalten. Der nutzt zum Beispiel Feuchtsalz auf bestimmten, verkehrswichtigen Fahrbahnen – etwa, wenn dort Busse fahren oder besondere Gefahrenstellen bestehen.

Wer räumt auf?

Die BSR ist in Berlin für die Räumung etlicher Kilometer Straßen und Wege zuständig – 300 Kilometer Autobahn- und Bundesstraßen, 3.600 Kilometer Hauptstraßen und etwa 1.200 Kilometer Radwege wollen geräumt werden. Nicht zu vergessen die 6.400 Haltestellen und ca. 58.000 Fußgängerüberwege, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Die Splittbeseitigung erfolgt laut der BSR im Rahmen der normalen Straßenreinigung. Die ist im Straßenreinigungsgesetz, sowie noch detaillierter in der "Verordnung bezüglich Reinigungsverzeichnissen und -klassen" geregelt und eine Wissenschaft für sich.

Straße ist nicht gleich Straße – sie unterscheiden sich vor allem durch das individuelle "Verschmutzungsaufkommen". Deshalb legen die so genannten "Straßenreinigungsklassen" fest, wo wie oft gereinigt und eben auch geräumt wird.

Die höchste Reinigungsklasse ist "A1a". Das sind etwa besonders vielbefahrene Straßen, hier reinigt die BSR mehrmals pro Tag. Die niedrigste Reinigungsklasse ist die Klasse "A4" – hier reinigt die BSR einmal pro Woche.

Wohin mit dem Splitt?

Der Winter kommt bekanntlich jedes Jahr. Das wirft die Frage auf, was am Ende jeder langen, dunklen Jahreszeit mit dem Berliner Splitt passiert – wird er etwa wiederverwendet? Nein, sagt die BSR:

"Der Splitt wird somit Bestandteil des Straßenkehrichts, der wiederum an externe Firmen zur Aufbereitung und ggf. Weiterverwertung geht. Einmal ausgebrachter Splitt kann übrigens nicht wieder als Streugut verwendet werden, weil der Splitt durch den erfolgten Gebrauch abgenutzt ist und seine abstumpfende Wirkung gegen Glätte verloren hat."

Wann genau die BSR auch die letzten Reste Splitt von den Berliner Straßen entfernt hat, kann nicht mit abschließender Sicherheit gesagt werden. "Denn im Falle eines neuerlichen Wintereinbruchs wird ja auch wieder neuer Splitt ausgebracht", so die BSR.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.01.2024, 17:30

Beitrag von Jonas Wintermantel

27 Kommentare

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  1. 27.

    Es ist unangenehm, 4 Monate lang die zunehmend rund und rutschig werdenden Steinchen unter den Füßen zu spüren. Leider nutzt die für Fußböden zerstörerische Wirkung nicht ab.
    Auf das Angebot, sie wenigstens auf dem Weg zum Müllplatz wegzufegen, hörte ich vom Hausmeister, das sei verboten. Sie müssten bis April liegen bleiben. Bis dahin übertrifft der Schaden den Nutzen.

  2. 26.

    "Haxen abkratzen, mal richtig zornig mit dem Füßchen aufstampfen" hilft nicht, das Zeug aus der Sohle raus zu kriegen. Da muß man jedes Steinchen einzeln raus puhlen. Schlimm wird es, wenn sich so ein Steinchen in den Schuh verirrt. Davon habe ich schon ein Loch in der Sohle.

  3. 25.

    Der Winterdienst und die Anlieger kippen das Zeug hin. Der Rest tritt und fährt es breit, verteilt es. So kehre jeder vor seiner Tür - für den Rest wird der "Subbotnik" eingeführt. Zehn Liter Eimer pro Nase und halbvoll gilt nicht. Ausnahme für körperlich beeinträchtigte und gebrechliche Menschen. Fertig und die Bude glänzt.
    Im Ernst:
    "Die Gemeinde war nicht verpflichtet, das Streugut zu beseitigen. Der Streupflichtige muss nicht nach jeder Verwendung das Streugut wieder zusammenkehren. Denn auch Ende März ist grundsätzlich noch mit Nacht- und Bodenfrost zu rechnen, sodass die Präventivwirkung des Streuguts gegen künftige Schneefälle und Glättebildung aufrechterhalten wird."
    Z.B. OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.9.2020, 7 U 25/19
    Sind also noch zwei Monate Zeit sich aufzuregen ;-).

  4. 23.

    Voll der gleichen Meinung. Nur Gejammer. Wehe aber es wird nichts gegen Glatteis auf Bürgersteigen gemacht. Dann wird wieder gejammert.

  5. 22.

    Und es ist richtig das das radelnde Volk durch die schleppende Splittbeseitigung den meisten Schaden nimmt.
    Aber auch alle defekten Reifen sind ausschließlich auf den potentiellen Reifentöter SPLITT zurückzuführen.
    Auch wenn bei arg abgenutzten Reifen (Glatzen) auch schon ein Mückenschieß reichen würde für einen Defekt,
    kommt aber nur der SPLITT als Verursacher in Frage - richtig so!!!

  6. 21.

    Hier jammert niemand, wir wollen nur einfach die vereinbarte Dienstleistung für die wir nicht wenig bezahlen!

  7. 19.

    Rollsplitt? Rollsplitt wird bei Instandhaltungsmaßnahmen in den Asphalt eingewalzt, um der Straße wieder mehr Griffigkeit zu verleihen.

  8. 18.

    Dem ist nichts hinzuzufügen, außer das unsere Volksvertreter das nicht wahrhaben wollen. Obwohl, arbeiten tun einige der arbeitsfähigen ja schon und zwar schwarz. Auch das muss man sehen wollen, ist aber unbequem

  9. 17.

    Es gab mal eine Zeit, wo gestreut wurde, wenn es glatt war und wo danach zeitnah Straßen und Wege wieder gereinigt wurden. Mittlerweile scheint es flächendeckend so zu sein, dass die Reinigung erst dann erfolgt, wenn eindeutig kein Frost mehr zu erwarten ist - also im März odser April. Bis dahin wird allenfalls noch was raufgestreut.
    Dass man auch auf dem Splitt ausrutschen kann und durch rumfliegende Splittteilchen verletzt werden kann, scheint niemanden zu jucken.

  10. 16.

    Na ja, Menschen, die der BSR sowohl im Herbst, als auch im Winter unter die Arme greifen könnten haben wir genug in Berlin. Sie heißen Bürgergeldempfänger.

    Meine Kollegen und ich erleben es täglich, dass Kunden die ihnen angebotenen Arbeiten ablehnen und wir nichts dagegen machen können, weil es mit Einführung des Bürgergeldes nicht mehr gewollt war, dass wir dagegen vorgehen. Das betrifft z.B. auch Vakanzen bei der BVG, der S-Bahn oder bei anderen großen Firmen.

    Der Arbeitskräftemangel in D ist hausgemacht.

  11. 15.

    1 mal pro Woche kommt die BSR mindestens? Das ist wirklich interessant. In meiner Straße war seit einem halben Jahr keiner von der BSR. Laub, Raketen, Splitt - hier kann man den Jahresverlauf am Straßenbelag ablesen.

  12. 14.

    Warum darf "abgenutzter" Split nicht wiederverwendet werden? Sandkörner sind doch auch "rundgeschliffen" und werden als Stregut verwendet. Steht bestimmt in einer DIN.

  13. 13.

    "Wolfgang Kanemeier vom Fahrradladen Velo Westend hat zwei bis drei Kunden pro Tag, die einen Platten wegen Rollsplitt bekommen haben."
    Wundert mich bei so einigen Latschen wo schon die Karkasse durchguckt nicht wirklich. Nach der Glätte ist's der Splitt, wirds wärmer Glasscherben, sporadisch scharfkantiger Heckenschnitt und manchmal auch nur Pech. War das schon jemals anders? Rutschgefahr - ok - Pfötchen an den Lenker, die Glubschen auf die Straße und nicht wie Rudi Altig ums Eck ballern. Steinchen in Profilsohlen ... Haxen abkratzen, mal richtig zornig mit dem Füßchen aufstampfen und die Straßenbotten vor der Tür ausziehen (und beim pi... hinsetzen). Kann es denn so schwer sein?

  14. 12.

    Lappalie? Dit is Berlin und einfach nur oberflächlich und Egoistisch diese Aussage!!

  15. 11.

    Das ist ja lustig! Gucken Sie z.B. mal auf den RAD- (nicht Fuss-)weg Kynaststr. bzw. -brücke. Unmengen an Split, wenn man da bremsen muss, ist es fast wie bei Eis. Und das ist nur ein Beispiel. Entweder die Radwege ("Hochbord") werden gar nicht geräumt, oder der Schnee vom Fahrdamm draufgeschoben. Oder - s o. Ich fahre bei Glätte auf der Fahrbahn, wofür diesen Winter die Autofahrer offenbar sogar Verständnis hatten - wurde NUR 1x angehupt. Danke.

  16. 10.

    Na dann Besen in die Hand nehmen und erstmal vor der eigenen Tür kehren ! Da jibt dit doch son Sprichwort. :-)

  17. 9.

    Straßenreinigungsgesetz Berlin besagt "Auf Radwegen dürfen keine scharfkantigen Streumittel verwendet werden."
    Ansonsten Schadensersatzanspruch.

  18. 8.

    Haben wir keine anderen Probleme als diese Lappalien, die es seit Jahren gibt?

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