Kämmerer sieht großes Interesse - Brandenburg an der Havel will städtische Grundstücke verkaufen

Fr 29.03.24 | 12:34 Uhr | Von Karsten Steinmetz
  18
Archivbild: Blick vom Marienberg auf Brandenburg an der Havel. (Quelle: imago images/S. Laude)
Audio: rbb24 Antenne Brandenburg | 28.03.2024 | Steinmetz, Karsten | Bild: imago images/S. Laude

Brandenburg an der Havel will Grundstücksflächen der Stadt meistbietend verkaufen. Offiziell ausgeschrieben sind sie noch nicht. Dennoch sei das Interesse schon groß. Kritiker fürchten, dass die Stadt ihr "Tafelsilber" verscherbelt. Von Karsten Steinmetz

Die Stadt Brandenburgan der Havel will etwa 20 städtische Grundstücke zum Verkauf anbieten - darunter Eigenheim- und Industrieflächen, aber auch kleinere Flurstücke. Die Liste steht bisher aber nur im Wirtschaftsplan des kommunalen Liegenschaftsbetriebs GLM. Darüber hinaus haben die Stadtverordneten eine entsprechende Liste erhalten.

Offiziell ausgeschrieben sind die Grundstücke bisher nicht, dennoch ist das Interesse schon jetzt groß: "Innerhalb weniger Tage haben sich sehr viele Interessenten bei uns gemeldet, damit haben wir nicht gerechnet", berichtet der zuständige Beigeordnete Thomas Barz (CDU) dem rbb.

Grüne wollen Konzeptvergaben

Zu den Grundstücken, die die Stadt loswerden möchte, gehört neben einer Teilfläche am ehemaligen Bushof an der Bauhofstraße auch ein gut 10.000 Quadratmeter großes Areal am Johannisburger Anger. Auch Gewerbeimmobilien, die schon länger zur Disposition stehen, sollen verkauft werden. "Es sind gute und interessante Grundstücke dabei, die die Stadt selbst nicht mehr benötigt", sagt CDU-Politiker Barz. Die Stadt wird die Grundstücke ausschreiben, Interessenten können dann bieten. Wer am meisten zahlt, kriegt den Zuschlag.

Kritik an dem Vorgehen kommt von den Grünen. Von einigen Flächen sollte sich die Stadt zwar durchaus trennen, sagte die Stadtverordnete Martina Marx, aber nicht von allen: "Irgendwann ist man blank, das Tafelsilber ist dann weg und wächst auch nicht nach."

Die Grünen-Politikerin plädiert dafür, häufiger auf Konzeptvergaben zu setzen. Der Zuschlag sollte ihrer Ansicht nach für die beste Idee erteilt werden und nicht für das finanziell lukrativste Gebot.

"Wir sollten viel häufiger gemeinsam in der Stadtverordnetenversammlung überlegen, was wir eigentlich wollen", so Marx weiter. Die Kommunalpolitiker könnten am Ende oft nur zustimmen oder ablehnen, aber nicht wirklich mitbestimmen, klagte die Grünen-Stadtverordnete: "Das ist unbefriedigend."

Vorwurf: Kasse machen, um Haushalt zu entlasten

René Kretzschmar (Linke) würde die Grundstücke am liebsten in Erbbaupacht an Projektentwickler vergeben. Der Ertrag für die Flächen wäre dann insgesamt zwar geringer, dafür wären die Grundstücke aber nicht für immer verloren, sagte der Vorsitzende der Linken-Fraktion in der Brandenburger Stadtverordnetenversammlung.

"Spätere Generationen könnten dann entscheiden, ob die jeweilige Fläche von Bedeutung für die Stadt ist oder nicht", so Kretzschmar weiter. Die Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Steffen Scheller (CDU) und den Finanzbeigeordneten Barz wollen laut Kretzschmar aber lieber Kasse machen, um den städtischen Haushalt zu entlasten.

Kämmerer Barz rechnet mit Defizit

Die Finanzen sind tatsächlich ein Problem der Stadt. Für das Jahr 2024 rechnet Kämmerer Barz mit einem Defizit von circa 25 Millionen Euro. Der Haushalt hat insgesamt ein Volumen von 380 Millionen Euro. Die Stadt braucht das Geld aus den Grundstücksverkäufen also dringend. Sie will die etwa 20 Flächen im Laufe dieses Jahres veräußern. Die Verkäufe könnten mehrere Millionen in die Stadtkassen spülen.

Die Stadtverordnetenversammlung oder ihr Hauptausschuss müssen - je nach Größe des Grundstücks - den Verkäufen zustimmen. Scheller und Barz können darauf vertrauen, dass ihre Pläne von der Rathauskooperation aus CDU, SPD und Freien Wählern unterstützt werden. Linke und Grüne werden die Verkäufe kaum verhindern können. Sie sind in der Stadtverordnetenversammlung in der Opposition.

Für Thomas Barz zeigt das schon jetzt große Interesse an den Verkäufen, dass sich der Speckgürtel um Berlin immer weiter ausdehnt und dass auch Brandenburg an der Havel dadurch an Attraktivität gewinnt. Die Stadt sei eine tolle Wohnstadt geworden, so Barz: "Viele Kitas, viele Schulen, viel Grün, viel Wasser - hier lässt es sich gut leben." Das wird sich dann womöglich auch in den Höchstgeboten für die städtischen Grundstücke widerspiegeln, hofft er.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.03.2024, 14 Uhr

Beitrag von Karsten Steinmetz

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Brandenburg an der Havel hat 74 000 Bürger:innen - Tendenz steigend - da muss nunmal neu gebaut werden, Grundstücke verkauft werden und Projekte geplant und realisiert werden.
    Brandenburg an der Havel, ist schließlich die drittgrößte Stadt im Land Brandenburg und eines von 4 Oberzentren.
    Das in Hohenstücken, Wohnraum vernichtet wird, ist schon traurig - müsste aber auch Unterstützung und Geld, vom Land/Bund für solche Wohngebiete -wie Hohenstücken, kommen - die politische Unterstützung für Westbrandenburg fehlt vom Land Brandenburg - Nur Lausitz Lausitz Lausitz und sonst Nix mehr

  2. 17.

    Auch die Luft in Brandenburg an der Havel ist sehr gut, durch die vielen Seen drumherum und das viele Grün.
    Hat sich sehr gut entwickelt, in den letzten Jahren - es wurde sehr viel neu gebaut.
    Trotzdem, sind noch Brachflächen/Baulücken, die verkauft und bebaut werden sollten - schon aus Gründen, der Stadtplanung/geschlossenes Stadtbild.

  3. 16.

    Den großflächigen Abriss in Hohenstücken verstehe Ich, als Außenstehender, auch nicht ganz ?
    Ein tolles Wohngebiet, was nur Investitionen und Umfeldgestaltung gebraucht hätte und natürlich neue Arbeitsplätze - gute Luft und Grün, in Richtung Naturpark Westhavelland.
    Straßenbahnanbindung vorhanden usw.
    Da wird ein gesamtes Wohngebiet geschleift - wahrscheinlich für Einfamilienhäuser/Reihenhäuser oder als Hundewiese - So etwas darf bei der heutigen Wohnraum Not und bei fehlendem preiswerten Wohnraum, Nicht mehr sein !!!

  4. 15.

    Es könnte ja sein, dass die noch nicht von den Fehlern anderer Kommunen gehört haben. So eigene Insel und Wahrnehmung.
    So naiv kann doch in der heutigen Zeit keiner mehr sein und die offensichtlichen Konsequenzen ausblenden.

  5. 14.

    Doch, ich bin dagegen!

    Empfehlenswert ist ein Buch von Daniel Fuhrhop: "Verbietet das Bauen!"

    Statt Neubau können bestehende Gebäude ertuechtigt, modernisiert, isoliert werden. Schafft viel Arbeit

  6. 13.

    Wenn es der Stadt nicht gelingt, einen ausgeglichenen Haushalt zu entwerfen, kann die Lösung doch nicht die Veräußerung städtischer Immobilien sein, denn dies verschiebt das eigentliche Problem nur um ein Jahr. Ausgaben und Einnahmen müssen in Einklang gebracht werden, nur so funktioniert nachhaltige Haushaltspolitik.

  7. 12.

    Wohnungen bauen, warum?

    Es wurden bzw werden viele Wohnungen etwa in Hohenstücken abgerissen!

    Behördenjobs entstehen in der Stadt. Die Mitarbeiter sollen gefälligst dort wohnen. Nicht in Berlin!

  8. 11.

    Kaum jemand hat grundsätzlich was gegen Bebauung. (Ein paar Brachen in den Städten sind gut für Mensch und Natur, doch das nur nebenbei.) Spannende Fragen sind aber, wieviel Einfluss die Menschen über die demokratischen Strukturen auf die Gestaltung der Städte nehmen können: Wer wird sich das Leben dort leisten können? Wie sorgsam wird mit der wertvollen Ressource 'Boden' und 'Natur' umgegangen? Wie wird das Mikroklima beeinflusst? Wieviel Platz ist für Kinder? Wieviel für alte Menschen? - Solche und andere Fragen müssen in sorgfältiger, demokratischer Abwägung der Interessen entschieden werden. Aber nicht nach dem Recht des finanziell Stärkeren oder dem Primat der Gewinnmaximierung.

  9. 10.

    Ich dachte, der Artikel ist ein Aprilscherz... Kann aber nicht sein..
    Potsdam hat es vorgemacht und nun kann kein mittelständler oder normalverdienender dort mehr die Miete zahlen.
    Und das will Brandenburg an der Havel auch?

    Vielleicht verkauft ihr auch gleich eure Seen mit!!?

    Der Politiker, der so etwas heute noch zulässt und fördert ist für mich kurzsichtig und kurz planend aber nicht vorausschauend denkend.

  10. 9.

    Der RE1 fährt 3 mal die Stunde nach Potsdam und Berlin.
    Das Umland von Berlin/Potsdam wird sich auch immer mehr ausdehnen und Wohnraum ist sowieso knapp und begehrt.
    Außerdem, sollten Städtische Baulücken und Brachflächen geschlossen werden - trägt auch zur Attraktivität von Städten bei.
    Mehr Einwohner=mehr Steuern und mehr Kaufkraft.

  11. 8.

    Wie kann es sein, daß Einzelne, die vielleicht sogar von ihren Bürgern gewählt wurden, das Eigentum Aller einfach so verscherbeln? Grund und Boden und das komplette städtische Eigentum kann doch nicht ohne Zustimmung Aller, oder zumindest der großen Mehrheit, verhökert werden! Was ist das für ein eigenartiges Verständnis von verantwortungsvoller Demokratie. Berlin leidet heute noch unter den Verlusten.

  12. 7.

    Wie kann man im Jahre 2024 so kurzsichtig sein? - Andere Städte in Ost und West haben solche Privatisierungs-Orgien schon lange hinter sich. Oft bereuen sie das bis heute bitter, weil sie kaum noch Einfluss darauf haben, was in ihrer (!) Stadt passiert. - Demokratie bedeutet nicht nur, ab und zu mal Kreuzchen zu machen oder Lichterketten zu veranstalten. Demokratie heisst vor allem, seine Umgebung gemeinsam und in funktionierenden Strukturen zu gestalten. Dieses sinnvolle und enorm wertvolle Recht wird durch ein Verscherbeln von Grundstücken mit Füßen getreten.

  13. 6.

    Als Havelländer bin Ich sehr stolz auf Brandenburg an der Havel und die positive Entwicklung der letzten Jahre.
    Nach der Wende, war Brandenburg dem Untergang geweiht - Verlust tausender Industrie Arbeitsplätze und Zehntausender Menschen und damit Verlust der Kaufkraft und Wirtschaftskraft in der Stadt.
    Brandenburg an der Havel, ist ein Oberzentrum für den gesamten Westen Brandenburgs und sollte sich daher, weiter positiv entwickeln und auch weiter wachsen.
    Und dafür, muss man Bauland ausweisen, Flächen verkaufen und Wohnraum und Arbeitsplätze schaffen.
    Die Stadt hatte schließlich mal, fast 100 000 Einwohner/innen und Viele Viele Arbeitsplätze, Viele Grüße nach Brandenburg an der Havel.

  14. 5.

    Die Frage „Was wollen wir?“ muss zuerst beantwortet werden. Und zwar nicht vom Kämmerer.
    Statt Verkauf kann ja auch ein weiterer Zukauf (!) statt Verkauf dann wichtig sein, wenn man mit über 50% Bodeneigentum die Preise für bezahlbares Wohnen, ohne Enteignungen, bestimmen will.
    Oder aber die Erbpacht an Bauwillige anbieten, um dann nach 10 Jahren z.B. die Option des Land-Nachkaufes anzubieten. Ähnlich wie in der Berliner Parforceheide, wo es ein Erfolgsmodell für alle Beteiligten wurde.

    #Mayerchen: Was haben Sie denn für Anstrengungen bisher so alles unternommen?

  15. 3.

    Ich bin gespannt, wer diese Grundstücke ehrlich erwirbt. Ich hätte auch gern etwas davon ab.

  16. 2.

    Und dann wieder jammern wir haben kein Bauland ....

  17. 1.

    Wenn es der Kämmerer sagt, wirds wohl stimmen…..
    Zukunftsdenken ist das nach meiner Ansicht nicht.

Nächster Artikel