Deutscher Schultoiletten-Gipfel - Berliner Schule gewinnt Preis bei Ideenwettbewerb für saubere Schulklos

Di 18.06.24 | 06:15 Uhr | Von Moritz Hohmann
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Kinder der Paul-Simmel-Grundschule aus Berlin führen am 18.06.2024 beim 1. Deutschen Schultoilettengipfel der German Toilet Organization (GTO) einen Tanz vor. (Quelle: dpa-Bildfunk/Bernd von Jutrczenka)
Audio: rbb24 inforadio | 18.06.2024 | Moritz Hohmann | Bild: dpa-Bildfunk/Bernd von Jutrczenka

Es gibt Orte, die man lieber meidet. Zum Beispiel Schulklos. Für mehr Sauberkeit setzt sich nun der Erste Deutsche Schultoiletten-Gipfel am Dienstag ein. Eine Berliner Schulklasse hat dazu ein ganz eigenes Konzept entwickelt - mit Erfolg. Von Moritz Hohmann

Es stinkt, nasses Papier klebt an Wänden und Spiegeln, die Kabinen sind beschmiert – Alltag in vielen deutschen Schulklos. Die Leidtragenden sind meist gleichzeitig die Verursacher, nämlich die Schülerinnen und Schüler. Der erste deutsche Schultoiletten-Gipfel am Dienstag nimmt sich nun dem Dauer-Problem an, bringt zuständige und betroffene Personengruppen zusammen und debattiert Lösungen.

Denn die dürftige Toilettenhygiene in vielen Schulen hat Folgen: Eine Mehrheit der Schülerinnen und Schüler versuchen den Gang auf die Toilette zu meiden, mehr als ein Viertel essen und trinken deshalb weniger. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie der German Toilet Organization, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn. Laut der Studie berichten zudem rund 60 Prozent der deutschen Schulleitungen, dass in ihrer Einrichtung nicht alle Sanitäranlagen vollständig funktionsfähig sind.

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Der Erste Deutsche Schultoilettengipfel will die Situation der Schulklos verbessern. Ein Höhepunkt der Veranstaltung wird die feierliche Siegerehrung des Wettbewerbs "Toiletten machen Schule" sein. Zwischen Januar und April 2024 haben Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet Ideen für schöne Schulklos entwickelt. Neben der Paul-Simmel-Grundschule bekommt auch die Scharmützelsee-Grundschule in Berlin einen Preis.

Musikvideo wirbt für saubere Klos

Seit knapp 20 Jahren setzt sich die German Toilet Organization für eine nachhaltige und sichere Sanitär- und Wasserversorgung ein. Deswegen hat sie nun zum dritten Mal den bundesweiten Wettbewerb "Toiletten machen Schule" ausgerufen, dessen Gewinner bei dem Gipfel am Dienstag gekürt werden.

Rund 160 Schulen haben teilgenommen, darunter auch die Paul-Simmel-Grundschule aus Berlin-Tempelhof. Mit ihrem Konzept und ihrem Musikvideo [paul-simmel-grundschule.de] "Wort Drauf! Sauberheld:innen" haben sie sich beworben: Fünf singende "Sauberheld:innen" sind Botschafter für saubere Schultoiletten. Ihre Idee: Alle 540 Schüler und Schülerinnen schauen sich das Musikvideo an und unterschreiben anschließend klassenweise eine Vereinbarung. Darin versprechen die Kinder etwa, immer die Toilette zu spülen, Vandalismus zu melden und keine Wasserschlachten zu veranstalten.

"Täglicher Gestank macht uns alle krank, wieder gute Luft – wer’s verhindert ist ein Schuft", singt Leadsängerin Mira in dem Song, nachdem sich zu Beginn des Videos die Hausmeisterin der Schule über die Situation beschwert. Die "Sauberheld:innen" mit entsprechendem Umhang und großem "S" auf der Brust weisen beispielsweise auf Seife hin, wenn sich jemand nur mit Wasser die Hände wäscht.

Kinder hoffen, dass sich ihr Konzept langfristig durchsetzen wird

Teym, einer der jungen Protagonisten, ist zuversichtlich, dass ihr Konzept sich durchsetzen wird: "Wir wollen die Leute in der Schule dazu bringen, dass sie nicht mehr die Toilette schmutzig machen. Wir hoffen, dass es klappt." Die Jury jedenfalls hat ihre Idee überzeugt: Die Schule erhält den Sonderpreis: An einem "Hygiene-Tag" wird ein Mediziner an die Schule kommen und mit den Kids darüber reden, wie wichtig Sauberkeit auf den Toiletten ist - auch für ihre Gesundheit.

Jan de Laffolie, Leiter der Kindergastroenterologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, hat zum Thema geforscht. "Wenn Kinder Schultoiletten meiden, halten sie den Stuhl zurück. Dieser härtet dadurch ein, der Dickdarm speichert ihn und weitet sich dadurch auf." Dadurch könne es zu einer chronischen Verstopfung kommen, bei dem der Darm mit der großen Menge Stuhl überfordert ist. "Das ist eine der häufigsten Ursachen für chronische Bauchschmerzen bei Kindern", sagt de Laffolie. Das Risiko von übertragbaren Infektionen durch Toiletten werde dagegen in Deutschland überschätzt.

Kinder der Paul-Simmel-Grundschule am 13.06.2024. (Quelle: rbb/Hohmann)Mia und die anderen "Sauberheld:innen" bei der Probe. (Quelle: rbb/Moritz Hohmann)

Mit ihrer Aktion liegt die Paul-Simmel-Grundschule übrigens auch auf einer Linie mit den Erkenntnissen der German Toilet Organization. Diese empfiehlt eine strukturelle Partizipation der Schülerinnen und Schulen. Es gehe darum, eine positive Gruppendynamik zu entwickeln, statt nur wenige Schuldige zu bestrafen, denn eine "große Mehrheit der Schüler:innen leiden unter dem Verhalten einiger weniger, und dem fehlenden Handeln der Verantwortlichen“, sagt der Geschäftsführer der German Toilet Organization, Thilo Panzerbieter.

Davon kann an der Paul-Simmel-Grundschule gerade nicht mehr die Rede sein: Die Toiletten-Situation hat sich deutlich gebessert. Das Konzept scheint aufzugehen: Die Klos sind sauber – hoffentlich auch in Zukunft.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.06.2024, 09:10 Uhr

Beitrag von Moritz Hohmann

38 Kommentare

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  1. 38.

    Genau so ist es. Heutzutage leisten Eltern viel zu wenig Erziehungsarbeit. Kitas und Schulen sollen alles richten.

  2. 37.

    Sanktionieren kann man nur, wenn man auch kontrolliert. Und wer soll kontrollieren?

  3. 36.

    ",,,seit den 60ern nichts verändert hat ". Genau. War schlimm. 63 eingeschult worden. Ewiges Thema...völlig versaute und absichtlich zerstörte verschmutzte Schultoiletten. War eine gewisse Klientel an Kindern. Die hatten zu Hause nix anderes beigebracht bekommen.

  4. 35.

    Doch! Erziehung ist das eine, nur schauen Sie doch mal wie die Bushaltestellen in Berlin aussehen. Müll Unrat und jede Menge Kippen. Das wird nicht von Schülern verursacht!

  5. 34.

    Das schul Toiletten dreckig sind ist eine Sache, dass die Schulkinder die Toiletten beschmieren und zum Teil demolieren eine andere. Wenn ich als Frau egal wo die Toilette benutze , sehe ich immer , dass die Damen WC s dreckig sind was man bei den Männern nicht sieht. Wo ist das Problem??

  6. 33.

    Doch, es würde sich schon lösen lassen- autoritäre Erziehung. Bei meiner Schulzeit war Vandalismus erst ab den 90ern Thema.

  7. 32.

    Es reicht eben nicht überall... Taurus statt Schultoiletten - oder früher: Kanonen statt Butter!

  8. 31.

    Nutzt halt nix wenn die Klos und Rohre so alt sind, dass es auch stinkt wenn die Klos von den Schülern sauber gehalten würden. Da würde nur sanieren helfen und dafür ist ja kein Geld da. Wirklich richtig schlimm an der Grundschule meines Sohnes..

  9. 30.

    Schon SEHR traurig, das sich seit den 60er Jahren NICHTS geändert hat. Ich und später meine Kinder, fanden es auch schon immer eklig auf eine Schultoilette gehen zu müssen.
    Es muss doch wohl möglich sein, Schultoiletten regelmäßig zu renovieren und die Reinigung nicht nur 1x pro Tag durchz führen. Ganz schön peinlich für den Senat, das so ein Wettbewerb stattfinden muss.
    Wie geht es denn nun weiter ?
    WANN werden die Schulklos endlich ALLE renoviert ? Ein Klo- in ganz Deutschland- reicht ja wohl nicht......
    Muss ja nicht unbedingt Villeroy und Boch sein (;

  10. 29.

    Lehrer Toiletten sind heutzutage dreckiger als Schüler WC,s. Damen Toiletten wohlgemerkt.

  11. 28.

    Der Zustand der Schultoiletten spiegelt doch nur das Verhältnis des Landes, des Staates und unserer Regierung wieder, welches sie zu unseren Kindern und deren Bildung haben.
    Nicht nur die Toiletten sind verkommen und dreckig, nein, auch das Schulgebäude in Gänze.
    Eher sonnt man sich darin, dass die BRD regelmäßig und mit großen Erfolg, die letzten Plätze in den europaweiten PISA-Studien einnimmt.

  12. 27.

    Würden Eltern ihrer Verantwortung nachkommen - und das bedeutet eben nicht nur, dem Kind alle Wünsche zu erfüllen und jegliche Freiheit zu lassen, dann wäre der Schulalltag insgesamt für alle Beteiligten wesentlich einfacher und erfolgreicher.

  13. 26.

    Ihre Vision ist zutreffend - leider. Wie bei unzähligen anderen Problemen werden Lösungen durch überbordende Bürokratie oder Desinteresse von vorn herein boykottiert. Spiel und Spaß stehen im Vordergrund - vielleicht noch einen Flashmob organisieren - ist ja alles viel einfacher ;-)

  14. 25.

    "Schülern den ordentlichen Umgang mit sanitären Einrichtungen zu vermitteln." war früher die Aufgabe der Eltern. So ändern sich die Zeiten!

  15. 24.

    Ich habe mal im Moma einen Beitrag über eine Schule gesehen, wo die Toiletten von einer Toilettenfrau betreut wurden. Da waren die Anstalten immer sauber und die Schüler hatten ein vertrauensvollen Verhältnis zu ihr. Natürlich haben die Schüler eine Kleinigkeit bezahlt, aber nur minimal eben.

  16. 23.

    >"Wahrscheinlich gibt es dazu passend bald einige neue Studienfächer."
    Absolut dringend! Bis Masterabschluss natürlich... "Master of WC Sience" oder "Master of Toilet cleaning and Locus hygiene" oder so. ;-))

  17. 22.

    Schöne Idee was man sich da ausgedacht hat. Leider zieht sich das Problem mit den nicht sauberen Toiletten bis hin in die Unis und auch ihre Bibliotheken. Man sollte meinen, die Menschen wären dann erwachsen. Es ist wirklich traurig und beschämend.

  18. 21.

    Der Gedanke lohnt sich tatsächlich! Vielleicht finden wir ja wieder dorthin zurück...
    Dazu muss aber erst eine "German Toilet Organization" her, die lange diskutiert und zig Studien auswertet. Wahrscheinlich gibt es dazu passend bald einige neue Studienfächer. Und damit dann noch weniger "Fachkräfte", die noch mit ihren Händen anpacken und Probleme wirklich lösen können.

  19. 20.

    >"Über das alte Modell mit Hausmeister und Reinigungskräften sollte wirklich mal nachgedacht werden"
    Und man stelle sich vor, die das damals vor 40 oder 50 Jahren war. Wir haben als Klassenkollektiv sogar selber die Toiletten gewischt für paar Ostmark in der Klassenkasse. Wer einmal Klo sauber gemacht hat, der machts auch nicht mehr absichtlich dreckig. Weil... man muss es ja dann wieder selber sauber machen. Das war echt ne Übung fürs Leben, wie man sich auf Toiletten bewegt für möglichst wenig Schmutz.

  20. 19.

    Abgesehen davon, daß es traurig ist, überhaupt darüber zu debattieren: Über das alte Modell mit Hausmeister und Reinigungskräften sollte wirklich mal nachgedacht werden. Es war in seiner Wirkung nicht nur effektiv, sondern - wenn man Schäden durch Vernachlässigung gegen Lohn aufrechnet - auch nicht teurer. Dazu kam der Erziehungseffekt (ups - da paßt ja jemand auf). Man muss sich nicht fragen, wie es bei den Schülern zu Hause aussieht. Man muss sich fragen, warum es scheinbar generell keine Erziehung im Bereich Wertschätzung gibt - sowohl Menschen gegenüber als auch dem Eigentum anderer.

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