Potsdamer Landgericht - Arbeitsflut für Richter - vor allem durch "opiatabhängige Taten"

Do 09.01.25 | 17:59 Uhr | Von Lisa Steger
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Archivbild: Ein Video-Journalist filmt im Landgericht Potsdam die sich schließende Tür des Saals. (Quelle: dpa/Settnik)
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Audio: rbb Antenne Brandenburg | 09.01.2025 | Lisa Steger | Bild: dpa/Settnik

Immer mehr Arbeit und das bei einer gleichbleibenden Zahl von Richtern: Das Landgericht Potsdam hat es immer häufiger mit schweren Taten zu tun. Der Grund ist ein für Brandenburg recht neues Phänomen. Von Lisa Steger

Gerichtsberichterstatter stellen es schon länger fest: Die "Presserollen", also die Terminankündigungen der Landgerichte in Brandenburg, werden immer länger. Der Potsdamer Landgerichtspräsident Holger Matthiesen hat diesen Eindruck jetzt bestätigt. "Wir haben ein Allzeithoch", erklärt der 60-Jährige, der seit 1994 Richter ist.

Er meint damit schwere Straftaten. Im Jahr 2022 erhielt das Potsdamer Landgericht 80 Anklagen zur großen Strafkammer, ein Jahr später waren es 137 – ein Plus von über 70 Prozent. Auf diesem Niveau blieb es 2024, so die von Matthiesen am Donnerstag vorgelegte Statistik.

Die Betäubungsmittelkriminalität steigt.

Petra Müller, Vorsitzende Richterin am Potsdamer Landgericht

Viel Arbeit für sechs große Strafkammern

Die sechs großen Strafkammern des Potsdamer Landgerichts haben damit gut zu tun. Mit Corona, wie häufig kolportiert, habe das aber nichts zu tun. Der Grund sei ein anderer, sagt Petra Müller, die in Potsdam Vorsitzende Richterin ist: "Die Betäubungsmittelkriminalität steigt.“ Dabei gehe es um den Handel, aber auch um "Raub, räuberische Überfälle auf beispielsweise Supermärkte oder auf unbeteiligte Dritte." Viele dieser Taten seien Beschaffungskriminalität. Die Süchtigen konsumieren Müller zufolge immer häufiger harte Drogen. Kokain sei schon länger im Umlauf, hinzu kämen inzwischen Crystal Meth und Fentanyl, ein sehr starkes und schnell abhängig machendes Schmerzmittel. "Es gibt viele opiatabhängige Taten", so die Vorsitzende Richterin.

Hohe Zahlen auch bei Raubdelikten

Von den anderen Brandenburger Landgerichten gibt es bisher keine Zahlen, was den Anstieg der Raubtaten angeht. Doch ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes verdeutlicht, dass es sich nicht um einen Zufallsbefund handelt.

Danach wurden im Jahr 2021 genau 853 Raubdelikte erfasst, ein Jahr später bereits 989. Im Jahr 2023 zählte die Polizei 1292 Raubtaten. Ein Anstieg um mehr als die Hälfte binnen zweier Jahre. Nur etwa jeder fünfte Raub blieb im Versuchsstadium stecken. Anders ausgedrückt: In vier von fünf Fällen haben die Räuber tatsächlich etwas erbeutet.

Bedarf an neuen Richtern

Wie viele dieser Taten unter Drogeneinfluss oder im Entzug verübt wurden, hält die Kriminalstatistik nicht fest. Für 2024 liegt das Zahlenwerk des Innenministeriums noch nicht vor.

Mit politischen Forderungen, was den Umgang der Gesellschaft mit harten Drogen angeht, halten sich die Potsdamer Richter zurück. Allerdings müsse der Zuwachs an Verfahren Konsequenzen haben, fordern sie. Bislang, so Landgerichtspräsident Matthiesen, bewältige das Landgericht die Vielzahl der Verfahren. Niemand sei im letzten Jahr aus der Untersuchungshaft freigekommen, weil sein Prozess nicht eröffnet wurde oder zu lange dauerte. Doch eine Rentenwelle stehe bevor. "Die letzten fünf Jahre unter der Justizministerin Hoffmann waren für die Brandenburger Justiz gut, doch es muss nachgelegt werden", fordert der Gerichtspräsident. "Vier bis fünf Richter wären ganz schön."

Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 09.01.2025, 16:30 Uhr

Beitrag von Lisa Steger

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3 Kommentare

  1. 3.

    >"Das versteht nur die Politik nicht."
    Ich denke schon, dass unsere Landespolitik in Brandenburg dies auf dem Schirm hat. Nur wie immer im Leben... alles hängt am Geld. Und nicht zu vergessen: Richter fallen nicht vom Himmel, sondern haben eine mitunter 8 Jahre lange Ausbildung inkl. Arbeitserfahrung auf einem Rechtsgebiet hinter sich, ehe sie als Richter an Gerichten eingesetzt werden können. In der aktuellen Haushaltsplanung sind schon mal mehr Stellen für Polizei vorgesehen. Ist ja schon mal was. Wenn dann in 2 Jahren noch Geld im Haushalt für die Justiz da ist, wärs natürlich ein Träumchen für die Exekutive und weiterführende Judikative.

  2. 2.

    Richter können nur die besten Absolventen werden, die Angebote der Privatwirtschaft sind attraktiver. Die EU hat mehrfach festgestellt, dass deutsche Richter unterbezahlt sind, passiert ist nichts.

  3. 1.

    Das versteht nur die Politik nicht. Es braucht nicht nur Gesetze, sondern auch den Vollzug selbiger und dafür braucht es hier Richter, im Straßenverkehr Polizisten usw….

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