Facebook und Instagram - Warum Meta die Regeln für Fakten-Checks in Deutschland nicht so leicht ändern kann

Mi 08.01.25 | 18:36 Uhr | Von Hasan Gökkaya
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Archivbild: Mark Zuckerberg Meta-CEO in einem Video-Still zu geplanten Änderungen bei Meta. (Quelle: dpa/Chang)
dpa/Chang
Audio: rbb24 Inforadio | 08.01.2025 | Kathrin Schmid | Bild: dpa/Chang

Meta, der Konzern hinter Facebook und Instagram, plant radikale Änderungen: Die Faktenprüfung durch unabhängige Experten soll in den USA enden. In Europa könnte der Digital Services Act das Vorhaben ausbremsen. Wie genau? Von Hasan Gökkaya

Der Konzern, der hinter Facebook und Instagram steckt, heißt Meta - und dessen Chef Mark Zuckerberg will nun zunächst in den USA fundamentale Änderungen am Moderationsmodell vornehmen. Die Zusammenarbeit mit unabhängigen Faktenprüfern wird eingestellt - stattdessen sollen die User selbst irreführende oder falsche Inhalte kennzeichnen können. Das kündigte Mark Zuckerberg am Dienstag in einem Video an.

Der Schritt ist eine gravierende Entschärfung des Vorhabens, gegen irreführende, hetzende oder falsche Inhalte auf den größten Internetplattformen der Welt vorzugehen.

Zuletzt hatten einige Medien in Deutschland, aber auch Experten, die zu Politik und Gesellschaft publizieren, sich von der Plattform X (früher Twitter) verabschiedet. Grund ist, dass die Plattform seit der Übernahme von Elon Musk zunehmend als unseriös und hetzerisch empfunden wird.

Musk ist auch der Gründer des E-Autobauers Tesla und jener Tech-Milliardär, der Donald Trump im US-Wahlkampf unterstützte und dabei immer wieder Behauptungen ins Netz schoss, etwa dass Medienhäuser, auch die im Ausland, politisch gesteuert seien und generell Lügen verbreiten würden. Der Mann, der sich über vermeintliche Fake News beschwert, tat dies zuletzt, in dem er selbst Fake News ins Netz streute.

"Correctiv": "Wir beobachten die Entscheidung von Meta kritisch"

In Anbetracht der Tatsache, dass Trump der nächste US-Präsident wird und Musk als Trumps Unterstützer eine gewichtige Rolle einnehmen wird, hat nun wohl auch Mark Zuckerberg nachgegeben. Zumindest ist klar, dass das neue "Free Speech"-Modell von Meta dem republikanischen Lager um Trump deutlich mehr zusagen wird.

Die Frage ist nun: Wird Meta die Faktenprüfung nur in den USA ausstellen oder auch in anderen Teilen der Welt, etwa in Europa und Deutschland?

Hierzulande hat Meta für das unabhängige Factchecking Verträge mit dem Recherchenetzwerk "Correctiv" und der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Die Äußerungen Zuckerbergs seien so zu verstehen, dass nur die USA betroffen sein werde, teilten "Correctiv" und DPA dem "Handelsblatt" mit. Allerdings mit dem Verweis: Dass die mit Meta abgeschlossenen Verträge bis Ende 2025 laufen.

Und danach? Es könnte gut sein, dass nach Zuckerbergs Ankündigung dann Schluss ist. Auf Nachfrage von rbb|24 teilte "Correctiv" mit: "Wir beobachten die Entscheidung von Meta kritisch, da sie die mangelnde Bereitschaft der Plattform unterstreicht, ihrer Verantwortung im Einsatz gegen Desinformation gerecht zu werden".

EU in dieser Sache kein "zahnloser Tiger"

Doch so einfach wird Meta es in Europa nicht haben, denn was dieses Thema angeht, sei die EU durchaus kein "zahnloser Tiger", sagt Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Zutun hat das mit dem Digital Services Act (DSA) - ein EU-Gesetz, das Regeln für Online-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Amazon festlegt, um Nutzer, vor allem Kinder und Jugendliche, vor illegalen Inhalten, Desinformation und Risiken zu schützen.

Meta werde in der Kategorie "Very Large Online Platform" (sehr große Plattform) geführt, weshalb der Konzern besondere Kriterien erfüllen müsse, wolle er seine Dienste in der Europäischen Union anbieten, stellt Flecken klar.

So muss Meta etwa zwei Mal im Jahr einen Bericht an die EU-Kommission einreichen, aus dem hervorgeht, wie die Plattform arbeitet, welche Systeme sie einsetzt, um etwa Risiken zu minimieren, dass Nutzer Hass und Hetze ausgesetzt sind. "Zudem muss das Unternehmen ein Meldesystem bereitstellen, über das Nutzerinnen und Nutzer, Behörden sowie zivile Organisationen rechtswidrige Inhalte einfach und schnell melden können", sagt Flecken.

EU-Gesetz kann "zertifizierte Fakten-Checker" implantieren

Das EU-Gesetz schreibt aber noch etwas vor: In jedem EU-Land darf die zentrale Plattformaufsicht vertrauenswürdige Hinweisgeber, sogenannte Trusted Flagger, zertifizieren. In Deutschland liegt die Aufsicht darüber bei der Bundesnetzagentur. Sie darf also unabhängige Parteien zum Beispiel Fakten-Checker-Organisationen anerkennen. Wenn diese dann Inhalte aus dem Netz meldeten, die gegen geltendes Recht verstießen, müsse eine Plattform wie Meta dem "mit Priorität" nachgehen, sagt Flecken.

Aufbauend an diesem Beispiel könnten zum Beispiel Parteien wie "Correctiv" und DPA auch nach Aufhebung des - freiwilligen - Vertrags mit Meta sich bei der Bundesnetzagentur als Trusted Flagger melden und zertifizieren lassen. Über diesen Hebel würde Meta an Fakten-Checkern doch nicht vorbeikommen. Bisher gebe es in Deutschland mit der "Meldestelle Respect! – Gegen Hetze im Netz" eine Institution, die als zertifizierte Stelle Inhalte im Netz melde.

Und wenn Meta sich weigert? "Dann wird die EU-Kommission eingeschaltet. Sie könnte bei Verstößen gegen den DSA eine Geldbuße erlassen, die bis zu sechs Prozent des Gesamtumsatzes vom Vorjahr ausmachen kann", erläutert Flecken. Es liefen schon jetzt Verfahren gegen Meta, Strafzahlungen habe es bisher aber noch keine gegeben. "Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Die Verordnung ist aber auch erst seit Februar 2024 vollständig anwendbar", so Flecken.

Nicht mehr verboten: Frauen als "als Haushaltsgegenstände" zu bezeichnen

Was künftig ohne Folgen auf Facebook und Instagram veröffentlicht werden könnte, zeigt die Tech-Website "The Verge" [theverge.com]. Demnach hat Meta seine Moderations-Policy in den USA bereits überarbeitet. Unter anderem heißt es da nun laut "The Verge": "Angesichts des politischen und religiösen Diskurses über Transgenderismus und Homosexualität und der allgemeinen, nicht ernst gemeinten Verwendung von Wörtern wie "weird" (seltsam), lassen wir Behauptungen über Geisteskrankheiten oder Abnormität zu, wenn sie auf dem Geschlecht oder der sexuellen Ausrichtung basieren."

Laut der Website wurde zudem der Abschnitt vollständig gestrichen, der zuvor die Bezeichnung von Frauen "als Haushaltsgegenstände oder Eigentum oder Objekte im Allgemeinen" ausdrücklich verbot.

Die Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg weist noch auf etwas anderes hin. "Herr Zuckerberg sagt, dass Facebooks eigene Filter zu fehleranfällig seien und sie deshalb nun abgestellt werden. Ich muss deshalb leider davon ausgehen, dass insbesondere Jugendliche künftig deutlich mehr Inhalte sehen werden, die Hass und Hetze beinhalten", so Eva Flecken.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.01.2025, 15:30 Uhr

Beitrag von Hasan Gökkaya

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45 Kommentare

  1. 45.

    „Nach dem DSA ist die Zusammenarbeit von sehr großen Onlineplattformen (VLOP) mit Faktencheck-Organisationen zwar nicht zwingend vorgeschrieben, allerdings sinkt ihr Sanktionsrisiko, wenn sie es in der EU tun. @Meta (…) Nach den EU-Election-Guidelines gilt dies bei Wahlen als risikominimierende Maßnahme nach § 35 DSA bzgl. systemischer Risiken. Arbeitet ein VLOP nicht mit Faktencheckern zusammen, muss er nachweisen, dass er andere, gleich wirksame Risikominimierungsmaßnahmen ergreift.“ (Klaus Müller, Präsident, Bundesnetzagentur zum DSA)

    Wenn sie alles löschen, von dem die Betreiber annehmen können, dass es EU und EU-Regierungen nicht gefällt, dann sind sie auf der sicheren Seite. Insbesondere, was die von diesen protegierten und meist auch finanzierten Faktenchecker als schädlich kennzeichnen. Andernfalls drohen extrem hohe Strafen für das Zulassen sehr ungenau definierter „schädlicher“ Inhalte, die nicht einmal rechtswidrig sein müssen.

  2. 42.

    Eigentlich keine Neuigkeit. Schon in der Vergangenheit hatte Zuckerberg eingeräumt, dass Facebook auf Druck der Biden-Regierung Corona-Beiträge zensiert hatte und "im Nachhinein und mit neuen Informationen" einige Entscheidungen so inzwischen nicht mehr getroffen hätte.

  3. 40.

    Schön und gut, aber wer bestimmt denn, was Fakten sind? Offensichtlich traut man es dem angeblich mündigen Bürger nicht mehr zu, sich selbst eine Meinung zu bilden, was richtig und was Unfug ist und muss ihn deshalb wie ein Kleinkind behandeln. Wenn diese "Faktenfinder" dann noch staatlich subventioniert werden, haben wir die beste Rechtfertigung für Diktatoren für die Zensur unliebsamer Meinungen und Aussagen. Zensur darf aber in einer Demokratie niemals das Mittel der Wahl sein, sondern Widerspruch inklusive überzeugender Argumente. Nur wer die nicht hat, muss Aussagen unterdrücken. Ich spreche dabei nicht von strafbaren Inhalten, das ist ein anderes Thema.

  4. 39.

    Die Finanzierung von "Correctiv" und DPA mit ihren "Faktencheckern" bei Meta läuft Ende 2025 aus. Zuckerberg hat sich festgelegt und will mit Trump kooperieren. Da sehe ich wenig Einflussmöglichkeit für Frau von der Leyen und der EU.

  5. 38.

    Wissen Sie, was für die USA gut ist?
    Haben wir hier nicht genug eigene Probleme? Wie eben der Zustand um die Meinungsfreiheit hier zu Lande.
    #Naiv ist bequem, hat es in seiner Meinung 37 sehr gut getroffen.
    Selbst wenn "Zuckerberg und Musk werden auch versuchen, in Europa die Regeln u kippen und dabei wahrscheinlich von Trump unterstützt werden."
    Was Trump betrifft, was ist hier anders? Correktiv wird staatlich unterstützt, die SPD beteiligt sich mit 24% an einer auch hier regelmäßig genutzten Rechercheplattform RND.

  6. 37.

    Ich bin leichtgläubig, daher glaube ich auch alles was der rbb, ARD und ZDF berichten uneingeschränkt und ungecheckt.
    Macht alles einfacher, selbst beim Wetter.

  7. 36.

    Schauen Sie sich einfach die Finanzierung und die Spenden an, dann weiß man, in welche Richtung "gecheckt" wird ...

  8. 35.

    Man hatte sich schon daran gewöhnt, dass der US-Milliardär und BlackRock-Vorstandsvorsitzende Larry Fink in Friedrich Merz einen einflussreichen Freund im Bundestag hat. BlackRock spielt eine wichtige Rolle beim geplanten Wiederaufbau der Ukraine. Solange nur George Soros über Organisationen wie Campact oder Correctiv versuchte, die politische Meinungsbildung in Deutschland zu beeinflussen, war aus dem Lager von SPD, aber vor allem der Grünen keine Kritik zu hören. Auch als der US-Milliardär Bill Gates deutsche Medien finanzierte, sogar den Spiegel, hielt sich der mediale Protest, wen wundert’s, in Grenzen.

    Und nun geht ein Aufschrei durch die Medien: Zuckerberg "feuert" Faktenchecker und US-Milliardär Elon Musk mischt sich in den Bundestagswahlkampf ein - oje, wird das betreute Denken abgeschafft?

  9. 34.

    Hoffen wir mal, dass Europa durchgreifen kann. Die großen Konzerne können noch immer viel machen, was der kleine nicht darf. Ob Steuern, Datenschutz, Arbeitsbedingungen...
    Europa hat keine eigene Suchmaschine, wettert aber gegen Google wegen Datenschutz und wälzt die Probleme auf Webseitenbetreiber ab.

  10. 33.

    Es ist gefährlich, wenn Leute sich dann nur auf diese eine "wahre" Meinung stützen. Exakt das führt nämlich zu nicht selbständigem Denken. Dem, was Schülern in diesem Land gern mal (oft zu unrecht) vorgeworfen wird. Wo so etwas enden kann, kann sich jeder selbst ausmalen.

  11. 31.

    Naiv vom rbb zu glauben dass es tatsächlich unabhängige Faktenchecker gäbe, nein, am Ende hat immer die Community recht und deswegen ist dieser Ansatz deutlich besser.
    Gerade das linkspopulistische correktiv ist das beste Beispiel dafür, wird vor allem von regierungsnahen Organisation oder tatsächlich selbst von der Ampel unterstützt.
    Wäre auch für unsere Demokratie deutlich besser, wenn es endlich verpflichtende volksentscheide gäbe wie in der Schweiz.

  12. 30.

    Zuckerberg hat explizit die "unabhängigen Experten" kritisiert, da sie selbst häufig eine linke politische Agenda verfolgen.

    Hier in Deutschland wäre solch ein Beispiel Correctiv.

  13. 29.

    Geld regiert die Welt

  14. 28.

    Wie muß eine Faktencheckerorganisation den Nachweis führen, daß sie unabhängig ist? Ich stelle mir das eher schwierig vor.

  15. 27.

    Die Aussage von Frau Flecken ist eine politische Aussage, da Haß und Hetze so keine strafrechtlich definierten Begriffe nach deutschem Gesetz sind. Warum hinterfragt der rbb solche Aussagen nicht weiter?

  16. 26.

    Orion:
    ""Warum Meta die Regeln für Fakten-Checks in Deutschland nicht so leicht ändern kann" - dann verstehe ich die ganze künstliche Aufregung nicht."

    1. Für die USA ist diese Entwicklung nicht gut. Und das ist auch für den Rest der Welt inkl. uns nichts Positives!

    2. Zuckerberg und Musk werden auch versuchen, in Europa die Regeln u kippen und dabei wahrscheinlich von Trump unterstützt werden. Auch das ist nicht gut für uns und unser Verhältnis mit den USA, wenn wir hier Leichtgläubige und Verschwörungswahnsinnige nicht vor Fake News schützen dürfen!

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