Forschung zur Hochwasserlage an der Oder - Flussbauliche Maßnahmen begünstigen Hochwasser

Mo 30.09.24 | 15:14 Uhr
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Das Wasser geht langsam zurück und hier ein Schild mit der Hochwassermarkierung vom 27.07.1997 ist an einem Haus im Buschmühlenweg in Frankfurt (Oder) zu sehen am 27.09.2024. (Quelle: picture alliance/dpa/Patrick Pleul)
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Bild: picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Der Gewässerökologe Christian Wolter vom Leibniz-Institut forscht dazu, welche Rolle flussbauliche Maßnahmen für Extrem-Hochwasser in den umliegenden Gebieten spielen.

Die Aufräumarbeiten nach dem Oder-Hochwasser sind in dieser Woche noch in vollem Gange. Solch ein Extremereignis kommt nicht aus dem Nichts. Flussbauliche Maßnahmen an der Oder haben Einfluss auf die Entwicklung des Wasserablaufs, wie Gewässerökologe Christian Wolter in einer Online-Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch erklärte.

Christian Wolter ist Leiter der Forschungsgruppe Fließgewässerrevitalisierung am Berliner Leibniz-Institut. Für ihn war auch das Hochwasser der vergangenen Tage kein reines Naturereignis.

Gerinne-Arme von Oder abgetrennt

Wolter erklärte, dass die Oder durch ihre Begradigung etwa 20 Prozent ihrer ursprünglichen Lauflänge verloren hat, nämlich von 1.040 Kilometern auf 866 Kilometer. Das ursprüngliche Mehrbettgerinne der Oder ist nun ein Einbettgerinne, denn die vielen Gerinne-Arme wurden vom Fluss funktional abgetrennt. Das lässt sich vor allem im Oderbruch gut beobachten, so Wolter.

In einem begradigten Fluss sei das Gefälle höher und das Wasser fließe schneller ab. Laut Wolter habe dies Nachteile, da das Wasser abfließt, wenn es vorhanden ist, aber dann in einer Trockenperiode fehlen würde. So würden sich Hochwasserwellen im begradigten Einbettgerinne schneller aufbauen.

Die Oder zeiht sich bei Lebus langsam wieder zurück. (Foto: Schwaß/rbb)
Bild: Schwaß/rbb

Hochwasserschutz beginnt flussaufwärts

Polder im Tiefland, weit stromabwärts, würden zum Hochwasserschutz laut Wolter wenig beitragen. Man müsse bei den Anwohnern an den oberen Flussläufern – also den "Oberliegern" – ansetzen, nicht bei denen flussabwärts, den sogenannten Unterliegern.

"Wir können dann nur noch lokal die Hochwasserwelle senken. Wenn wir in den Oberläufen schon die Abflussgeschwindigkeit verringern, wird mehr Wasser in der Landschaft zurückbleiben, eine Hochwasserwelle sich langsamer aufbauen und auch nicht so hoch werden. Damit haben automatisch die Unterlieger ein geringeres Problem. Je begradigter die Oberläufe sind, umso schneller muss der Unterlieger reagieren und meistens wird er dann vor Probleme gestellt", sagte Wolter.

Höhere Wassermassen durch verengten Querschnitt

In der Geschichte des Wasserbaus würden die Unterlieger permanent dazu gezwungen werden, zu reagieren, weil diese grundsätzlich dem größeren Überflutungsrisiko ausgesetzt seien. Der Oder seien durch die Begradigung und der Eindeichung zur Landgewinnung und Trockenlegung des Oderbruchs viele Überflutungsflächen entzogen worden.

Verengte Querschnitte führen laut Christian Wolter dazu, dass sich Wassermassen höher aufbauen und den Hochwasserschutz vor Probleme stellen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.09.2024, 14 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Mal abgesehen davon, daß dies ja eine ungeheuer neue Erkenntnis ist (Folge der 4711. Studie zu diesem Thema, sicher vom NaBu natürlich bunt), ist jetzt aber nicht geklärt zu vie viel Prozent im Verhältnis zu den menschenabsäufenden zu den rbb-Bibern!! ? ! ;-) Wird nach dem steigenden Verbaruch von Biberfilets sich das proz. Verhältnis ändern? Wann kommt die Studie 0815 in akt. Version?

  2. 3.

    Wieviele Projekte zum Thema Fließgewässer haben denn die Grünen seit dem Ahrtal zum Laufen gebracht?
    Warum werden Atomkraftwerke für Klimaneutralität in sehr vielen Ländern hochgefahren und wir nutzen Frackinggas, welches mit Schiffen über Ozeane transportiert wird oder verbrennen Bäume in Pelletöfen.

  3. 2.

    Danke für den Artikel !

    Wer den Fluss von der Quelle bis zur Mündung zum Kanal macht, dem läuft das Wasser im Zweifelsfall über den Kragen. Es ist ja nicht der Durchstich, sondern das Abbinden zur puren Landnutzung, womit sich Menschen seit jeher zum absoluten Herrn über das Wasser aufschwingen wollten. Nach der verheerenden Hamburger Sturmflut von 1962 wurden die Deichlinien der Unterelbe enger gezogen, nachdem dann die nächste Sturmflut in der Nordsee geringer, in Hamburg aber höher ankam, rieben sich Etliche die Augen. Bei der Oder(bei Ahr und Erft) ist es nur umgekehrt: Ungeheuer viel Wasser von oben, bei dem der Auslauf am letzten Ende auch nicht mehr viel nützt.

  4. 1.

    Mein lieber Mann, das wird noch extrem teuer werden, für ALLE! handlungsbedarf ist überfällig (Umweltschutzmaßnahmen usw.! Jetzt rächt sich, daß viele so blöd waren und die Grünen nicht gewählt haben.

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