Geplanter Kompromiss - Sozialsenatorin Kipping kritisiert Abstriche beim Bürgergeld

Mi 23.11.22 | 14:29 Uhr
  25
Archivbild: Katja Kipping (Die Linke), Sozialsenatorin von Berlin, spricht am 10.10.2022 bei einem Pressetermin zum Programm "Housing First". (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
dpa/Monika Skolimowska
Audio: Radioeins | 23.11.2022 | Katja Kipping im Gespräch | Bild: dpa/Monika Skolimowska Download (mp3, 6 MB)

Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping hat Abstriche beim geplanten Bürgergeld deutlich kritisiert. "Das ist in allen Punkten eine Verschlechterung", sagte die Linke-Politikerin am
Mittwoch dem RBB-Sender Radioeins zu den Absprachen für eine Einigung im Vermittlungsausschuss. "Die Union hat sich bei diesen Verhandlungen wirklich von ihrer sozial kältesten Seite gezeigt" sagte Kipping.

Die Ampel-Koalition hatte sich am Dienstag mit der Union auf einen Kompromiss zum Bürgergeld geeinigt. Eine Änderung ist, dass die Schonzeit bei den Unterkunftskosten auf ein Jahr reduziert werden soll. Dazu sagt Kipping, die Verringerung beim Schonvermögen treffe auch die, die für das Alter vorsorgen wollten oder Selbstständige in einer Auftragsflaute, die auf Sozialleistungen angewiesen seien. Sie kritisiert außerdem, dass die Karenzzeiten für das sogenannte Schonvermögen reduziert wurde.

In Verhandlungen mit der Ampel-Koalition hatte die Union auch durchgesetzt, dass schon ab dem ersten Tag Sanktionen verhängt werden können, wenn Empfänger Vorgaben nicht einhalten. Zum Beispiel, wenn sie ein Jobangebot ablehnen. Sanktionen seien laut Kipping jedoch kontraproduktiv und bewirken, dass Menschen sich zurückziehen und Ängste zunehmen. "Es geht um Menschen, die eher Unterstützung und Hilfe bräuchten und Beratung anstelle einer materiellen Daumenschraube" argumentiert die Sozialsenatorin. Die Ampel hatte ursprünglich eine "Vertrauenszeit" von sechs Monaten vorgesehen, in denen es diese Sanktionen nicht geben sollte.

Falls die Einigung der Koalition und Union am Mittwochabend besiegelt wird, soll sie in dieser Woche noch in beiden Häusern verabschiedet werden. Damit könnte das Gesetz wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten. Wie Berlin im Bundesrat am Donnerstagabend abstimmen werde, sei noch offen.

Das geplante Bürgergeld soll die bisherige Grundsicherung Hartz-IV ablösen. Betroffene sollen damit in die Lage versetzt werden, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können. Die Änderungen wirken sich auf knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher aus sowie auf die Jobcenter.

Sendung: radioeins, 23.11.2022, 10:00 Uhr

 

Die Kommentarfunktion wurde am 23.11.2022 um 17:35 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

25 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 24.

    "Logo, Schuld an den gesetzlichen Regelungen sind die Mitarbeiter in den Jobcentern."

    Nein, eher deren schlechte Ausbildung und Motivation.

  2. 23.

    Wer Rechte hat, hat auch Pflichten, darum halte ich Sanktionen für richtig!

  3. 22.

    "wirklich von ihrer sozial kältesten Seite gezeigt" - Dieser Marketingsatz ist sachlich falsch und so formuliert deshalb eine Lüge, weil sie gut/schlecht in den Köpfen platzieren will. Es geht nicht um die Sache, es geht um Emotionen. Damit scheidet sie aus dem Kreis der Lösungsorientierten aus.
    Übrigens, Frau Kipping ist sehr "kalt" gegenüber den Schaffenden und Einzahlenden.

  4. 21.

    Kindergrundsicherung? Dann brauchen wir auch eine Grundsicherung für Behinderte Menschen, denn diese Gruppe wird in Deutschland immer noch schlecht behandelt

    Auch die Armut behinderter Menschen nimmt stark zu. Und zwar stärker als die der Kinder.

    Es kann nicht sein, dass erwerbsfähige und erwerbsunfähige Bezieher von Grundsicherung immer noch gleich behandelt werden.

    Letztlich tritt die Bundesregierung die beiden Urteile des BVerfG zur Regelsatzhöhe immer noch mit Füßen.



  5. 20.

    „Wenn die Mitarbeiter dort ihre Arbeit machen würden....“

    Logo, Schuld an den gesetzlichen Regelungen sind die Mitarbeiter in den Jobcentern.

  6. 19.

    Ich finde die Änderung gut daß ist Geld was erst erarbeitet werden muss. Wieso soll man nichts tun noch belohnen.

  7. 17.

    Und der Steuerzahler wird schon allein durch die Alterspyramide immer höhere Steuern und Abgaben zahlen müssen.

    Vielleicht sollten wir unser gesamtes Sozialsystem auf das amerikanische Modell umstellen. Dann liegt es an jedem selbst...

    Ungerechtigkeiten wie Familienversicherung oder unrentable Behandlungen wären dann unmöglich

  8. 16.

    Wenn die AV in den JC endlich ihren Job machen und aktiv Personen in Arbeit vermitteln, wäre schon viel gewonnen.

    Es kann nicht sein, dass jeder private Arbeitsvermittler mehr vermittelt als jeder AV im JC.

    Fördern und Fordern ist richtig - aber mit Sinn, Verstand und Fingerspitzengefühl.

    Das würde uns Sozialrichtern viel Arbeit ersparen. Die meisten Klagen sind erfolgreich und basieren auf Fehler der Jobcenter.

    Die Mitarbeiter der JC verstoßen oft gegen geltendes Recht.


  9. 15.

    Ich verstehe nicht was immer gegen die Sanktionen von einen Großteil der Linken und SPD spricht. Wer sich um einen Arbeitsplatz bemüht, braucht doch nichts zu befürchten und warum sollen die Steuerzahler diejenigen unterstützen, die kein Bock haben zum arbeiten? Wenn ich sehe wie viele Firmen neue Mitarbeiter suchen, frage ich mich schon warum überhaupt so viele Menschen ohne Job sind.

  10. 14.

    Das geplante Bürgergeld ist noch immer sehr großzüg ! Feste Altersvorsorge ist geschützt.Vorsorge-Vermögen sollte zum Lebensunterhalt eingesetzt werden. Wer 12 Monate ALG I bezogen hat, sollte in dieser Zeit eine SV-Arbeit gefunden haben ! Bü.G. sollte für Aufstocker einer SV-Arbeit (1), für NICHT-Arbeitsfähige(2) u. Rentner(3) gezahlt werden, die wirklich bedürftig sind. Ehem. Selbständige sollten max. 1 Jahr Bü.G. erhalten, aber nur, wenn sie kein Vermögen haben. Viele AG suchen dringend AK

  11. 13.

    Es wurden wieder nicht die vollen Stromkosten angesetzt. Der im Regelsatz enthaltene Betrag für Strom deckt den Bedarf pro Person nicht annähernd ab.

    Das Bürgergeld wurde nicht erhöht. Es wurde nur die Inflation angesetzt, die sowieso angepasst werden muss

    Also wieder nicht mehr Geld für Behinderte, arme Rentner ect

    Nur alle immer schön in einen Topf werfen.

    Wir Sozialrichter kippen viele Sanktionen der Jobcenter.

    Wenn die Mitarbeiter dort ihre Arbeit machen würden....

  12. 12.

    Das nicht. Aber es wird Zeit, dass der Regelsatz ordentlich berechnet wird. Gerade das wurde seit Einführung des ALG II nie getan. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat anhand der beiden Urteile des BVerfG einen Regelsatz von 720 Eur ermittelt.

  13. 10.

    Damit Du Dich wunderst und was zu fragen hast.
    Dazu noch: "Die Union hat sich bei diesen Verhandlungen wirklich von ihrer sozial kältesten Seite gezeigt" sagte Kipping.
    Die kratzt doch nicht (mal) an den bisherigen Umständen des noch aktuellen Bezuges.

  14. 9.

    Kipping, fragen sie doch mal die fleißigen Menschen, die das alles finanzieren.
    Sie wollen sozial sein, wollen aber unsozial handeln.

  15. 7.

    Wie wäre es, wenn Frau Kipping auch einmal die Rechtsprechung des BVerfG zum Grundfreibetrag im Auge hat, der als Grundbedarf definiert ist. Es dürfte wohl zur Entlastung der Ämter beitragen, wenn auch Grundfreibetrag bei Einkommenssteuer auf die entsprechende Höhe der Gesamtleistung der Ansprüche für eine Person angehoben wird!

  16. 6.

    Besser als diese Reform wäre die sofortige Einführung einer wirklich bedarfsdeckenden Kindergrundsicherung gewesen. Die Armut der Kinder nimmt weiter zu, besonders auch in Berlin. Das ist für den "Sozialstaat" ein Armutszeugnis.
    Die minimale Anpassung des Kindergeldes verändert an der Armut bei den von Armut betroffenen Kindern nichts.

Nächster Artikel