Ampel und Union finden Kompromisse - Der Weg für das Bürgergeld ist frei
In tagelangen Verhandlungen um das Bürgergeld haben sich die Ampel-Koalition und die Union auf Kompromisse geeinigt. Damit kann das Bürgergeld für Millionen Beziehende am 1. Januar die derzeitigen Hartz-IV-Leistungen ablösen.
Nach tagelangem Ringen haben die Ampel und die Union den Weg für das geplante Bürgergeld freigemacht. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse. Die Einführung zum soll noch zum Jahreswechsel möglich werden.
Medienberichten zufolge sollen Bezieher des Bürgergeldes bereits ab dem ersten Tag sanktioniert werden können - etwa wenn sie ein Jobangebot ablehnen. Der bisherige Entwurf hatte Sanktionen im Regelfall erst nach sechs Monaten vorgesehen - somit hat sich die Union mit ihrem Widerstand gegen geplante Erleichterungen durchgesetzt.
Union hatte auf mehr Sanktionen bestanden
Die Union hatte darauf gepocht, dass es mehr Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger gibt als ursprünglich geplant. Solche Leistungsminderungen sollen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war. Die Ampel hatte eine "Vertrauenszeit" von sechs Monaten vorgesehen, in denen es diese Sanktionen nicht geben sollte.
Zudem forderten CDU und CSU, dass Betroffene weniger eigenes Vermögen behalten dürfen, wenn sie die staatliche Leistung erhalten. Die Ampel hatte ein Schonvermögen von 60.000 Euro vorgesehen. Laut Reuters sieht der Beschlussvorschlag nun ein Schonvermögen von 40.000 Euro vor und 15.000 Euro für jede weitere Person im Haushalt.
Die FDP hatte Grüne und SPD zuvor zu Kompromissen aufgefordert. Auch "noch attraktivere Hinzuverdienstregeln" sollten dabei in den Blick kommen. Laut bisherigem Entwurf soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können, wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient.
Bereits geplant war, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss an diesem Mittwoch festzurrt. Bis Freitag sollen Parlament und Länderkammer das Bürgergeldgesetz beschließen. Zum 1. Januar sollen dann die Bezüge etwa von Alleinstehenden um mehr als 50 Euro auf 502 Euro steigen.
Linkenchefin Wissler spricht von "Wettbewerb der Schäbigkeiten"
Sozialverbände und die Linke reagierten enttäuscht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte, es bleibe beim tiefen Misstrauen gegen Arbeitslose. Linkenchefin Janine Wissler warf der Union einen "Wettbewerb der Schäbigkeiten" vor.
Die SPD in Brandenburg zeigte sich hingegen mit dem Kompromiss zum geplanten Bürgergeld zufrieden. Es gebe jetzt die nötigen Möglichkeiten, Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das sagte der Generalsekretär der Brandenburger SPD, Kolesnyk, in rbb24 Brandenburg aktuell.
Auch die Arbeitgeberverbände begrüßten den Kompromiss. Das bewährte Prinzip des Forderns und Förderns bleibe erhalten.
Knapp fünf Millionen Menschen betroffen
Das Bürgergeld soll die bisherige Grundsicherung Hartz-IV ablösen. Ziel ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Änderungen betreffen knapp fünf Millionen Leistungsbezieherinnen und -bezieher sowie 405 Jobcenter mit fast 75.000 Beschäftigten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.11.2022, 12:00 Uhr
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