Streit um Hochhäuser in Berlin-Pankow - Bauarbeiten am Thälmann-Park können frühestens 2026 beginnen

Fr 06.01.23 | 11:25 Uhr | Von Frank Preiss
  31
Visualisierungen des Bauvorhabens Lilli-Henoch-Straße in Prenzlauer Berg (Quelle: Tchoban Voss Architekten)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.01.2023 | Ingo Boetig | Bild: Tchoban Voss Architekten

Nach dem "Pankower Tor" zieht sich im Bezirk ein weiteres Bauprojekt in eine Endlosschleife. Die BVV hat zwar grünes Licht für die Hochhauspläne nördlich des Thälmannparks gegeben. Doch passieren wird dort so schnell nichts. Von Frank Preiss

  • Investor will nördlich des Ernst-Thälmann-Parks Hochhäuser bauen
  • Bezirksparlament stimmte im Dezember zu
  • Investor bemängelt gleichwohl Untätigkeit des Bezirks
  • Baubeginn wird noch Jahre dauern

Schon seit vielen Jahren wird im Bezirk Pankow darum gerungen, was genau am Nordrand des Ernst-Thälmann-Parks in Prenzlauer Berg entstehen soll. Im Jahr 2011 kaufte der Berliner Investor Christian Gérôme das 28.000 Quadratmeter große Areal zwischen den S-Bahnhöfen Greifswalder Straße und Prenzlauer Allee. Er will dort, auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände, bis zu drei Hochhäuser mit Wohnungen sowie Gewerbeflächen bauen. Besonders an den Hochhausplänen regt sich in den Reihen der Pankower SPD und Linken starker Widerstand.

Im Gespräch ist zudem ein Flächentausch zwischen dem Investor und dem Bezirk, damit auf dem Gelände an der Lilli-Henoch-Straße eine Oberschule entstehen kann. Auch an diesem Punkt gehen die Meinungen der Fraktionen in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) weit auseinander.

BVV ist mehrheitlich für Hochhausbau

Bewegung in die Angelegenheit schien zuletzt am 14. Dezember gekommen zu sein. Da entschied die BVV mit den Stimmen von Grünen, CDU und FDP, es solle "eine zügige kooperative Entwicklung des Areals" geben. Das Bezirksamt solle "ein gebietsverträgliches Nutzungskonzept für die geplante Wohn- und Gewerbebebauung" entwickeln - dabei soll "die Versiegelung von Flächen durch die Errichtung von Hochpunkten möglichst gering" gehalten werden. Damit wird der Bau von Hochhäusern grundsätzlich befürwortet.

"Ziel ist, durch eine Grundstücksneuordnung auf den Flächen nahe der Greifswalder Straße eine qualitativ gute weiterführende Schule mit den entsprechenden Sport- und Freiflächen und eine verdichtete urbane Bebauung zu ermöglichen. Dabei sind die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und Belange des Klima- und Artenschutzes besonders zu berücksichtigen", heißt es in dem Beschluss, der von SPD und Linken nach der Sitzung deutlich kritisiert wurde.

Visualisierungen des Bauvorhabens Lilli-Henoch-Straße in Prenzlauer Berg (Quelle: Tchoban Voss Architekten)
Altes und Neues mit viel Grün - Bild der jüngsten Visualisierung des Archtiektenbüros Tchoban Voss | Bild: Tchoban Voss Architekten

Investor attackiert Bezirk Pankow

Passiert sei nach diesem BVV-Beschluss allerdings noch nichts, kritisiert Investor Gérôme im Gespräch mit rbb|24: "An mich ist seitdem niemand herangetreten", stellt er fest. Und das, obwohl eine enge Zusammenarbeit mit ihm verabredet worden sei.

Gérôme wirft der zuständigen Baustadträtin Rona Tietje (SPD) Untätigkeit vor: "Sie muss den Beschluss der BVV umsetzen, aber sie sucht Mittel und Wege, um das weiter in die Länge zu ziehen." Der Investor signalisiert: "Ich bin gerne bereit, dort eine Schule zu bauen, Grünflächen und Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen, Kultur zu erhalten, die vielen Betonflächen vor Ort zu entsiegeln - mehr geht nicht. Und ein privater Investor kann sehr wohl auch eine Schule bauen", entgegnet er entsprechenden Bedenken der SPD und Linken.

Beide Parteien "verhindern auf aller Breite Wohnungsbau in Berlin und Brandenburg, besonders in der Lilli-Henoch-Straße, obwohl ich ein Urteil vom Oberverwaltungsgericht von 2017 habe, wonach ich bauen kann. Und obwohl die Baustadträtin vom Bezirksparlament aufgefordert wird, zu bauen", sagt Gérôme. Verhindert werde damit auch weiterhin der Bau von 400 Miet- und Eigentumswohnungen.

Visualisierungen des Bauvorhabens Lilli-Henoch-Straße in Prenzlauer Berg (Quelle: Tchoban Voss Architekten)
Einer der Hauptstreitpunkte: die zwei geplanten Hochhäuser | Bild: Tchoban Voss Architekten

Nächstes Etappenziel: der 1. März

Die zuständige Baustadträtin Tietje will im Gespräch mit rbb|24 diese Vorwürfe so nicht stehen lassen. "Wir sind in regelmäßigem Kontakt mit Herrn Gérôme. Und ich muss ihn da in seiner Erwartungshaltung bremsen. Der BVV-Beschluss ist eine Entscheidung im Rahmen der nachgeordneten Bezirksverwaltung. Und wir müssen jetzt zunächst einmal schauen, wie wir diesem Beschluss nachkommen können", so Tietje.

Sie habe bereits zwei Tage nach der Parlamentsentscheidung vom 14. Dezember ein Treffen mit den verschiedenen Pankower Fraktionen anberaumt, um einen Konsens für das weitere Vorgehen zu finden. Das Treffen habe sie jedoch krankheitsbedingt absagen müssen. "Wir werden das aber bald nachholen und dabei hoffentlich gemeinsame Zielvorstellungen sowie einen Letter of Intent formulieren können", sagt die Baustadträtin. Auf der nächsten Bezirksverordnetenversammlung am 1. März wolle sie dann über die nächsten Schritte informieren.

Visualisierungen des Bauvorhabens Lilli-Henoch-Straße in Prenzlauer Berg (Quelle: Tchoban Voss Architekten)
Auf jeweils 18 Geschossen sollen zahlreiche Wohnungen entstehen | Bild: Tchoban Voss Architekten

Baustadträtin verweist auf den Denkmalschutz

Tietje nennt zwei zentrale Knackpunkte: zum einen die Pläne für die Hochhäuser, zum anderen die Frage der Realisierbarkeit einer Oberschule auf dem Gebiet. "Zu den Hochhäusern müssen wir noch einige Denkmalschutzfragen klären wegen der angrenzenden Thälmannpark-Siedlung. Es gibt Bedenken des Landesdenkmalamtes. Hochhäuser müssen sich auch gut in die Umgebung einfügen und dürfen dort kein hohes Konfliktpotential bieten", sagt Tietje. "Mit Hochhäusern muss zudem grundsätzlich das Baukollegium des Senats befasst werden und die Übereinstimmung mit dem Hochhausleitbild der Stadt feststellen."

Zum Thema Oberschule bestätigte sie, diese könne nicht vollständig auf landeseigenen Flächen untergebracht werden, und wenn, dann nur ohne Außen- und Sportflächen. Deswegen gebe es vom Investor die Idee des Grundstücktauschs, über die weiter nachgedacht werde. Das Angebot des Investors, dort selbst eine Schule zu bauen, kenne sie aber nur von einzelnen BVV-Abgeordneten und aus den Medien. "Uns gegenüber hat er immer kommuniziert, der Schulbau solle abgetrennt werden, damit er sich darum nicht kümmern muss", betont Tietje.

Nutzungskonzept noch in diesem Jahr?

Dass ein Investor eine Schule baue, sei grundsätzlich "illusorisch", schränkt die Baustadträtin außerdem ein. "Er wird uns die Schule ja wohl nicht schenken wollen, er darf das planungsrechtlich auch gar nicht. Hinzu kommt: Es muss der Eindruck vermieden werden, Investoren könnten sich ein für sie vorteilhaftes Baurecht kaufen, indem sie der öffentlichen Hand irgendwelche Wünsche erfüllen. Ansonsten wäre der ganze Planungsprozess angreifbar", führt Tietje aus. Für Oberschulen sei außerdem eine europaweite Ausschreibung notwendig. Und die Finanzierung dieser Schule sei eben noch unklar.

Doch wie soll sich nun der Knoten rund um das Gebiet nördlich des Thälmannparks lösen? Tietje will zunächst jene Steuerungsrunden mit Investor Gérôme wieder aufnehmen, die im vergangenen Jahr abgebrochen worden waren. "Das werden wir gründlich vorbereiten und damit sicher nicht in der heißen Wahlkampfphase für die Wiederholungswahl im Februar beginnen", konkretisiert sie.

Bis Ende dieses Jahres hoffe sie dann auf ein gemeinsam getragenes Nutzungskonzept. Danach könnten noch zwei Jahre bis zur Verabschiedung eines Bebauungsplans vergehen, so Tietje. Soll heißen: Frühestens 2026 könnten dann die ersten Bagger auf das Areal an der Lilli-Henoch-Straße rollen – vorausgesetzt die Wahlwiederholung am 12. Februar wirbelt die Mehrheitsverhältnisse im Pankower Bezirksparlament nicht ordentlich durcheinander.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.01.2023, 06:00 Uhr

Beitrag von Frank Preiss

31 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 31.

    In Zeiten von Corona hat sich gezeigt, dass es wunderbar möglich ist zuhause zu arbeiten. Daher muss Tat saß die Frage gestellt werden ob es weiter Bürogebäude für Tabellen hin und her Schieber braucht. Eigentumswohnungen helfen nicht die Wohnungsnot vom normalen Mittelstand zu beseiteitigen sondern dienen lediglich dem Profit des Investors, daher braucht diese auch keine

  2. 30.

    Sagt wer dass man es nicht braucht? Schulen, Gehwege, Grünanlagen werden anscheinend in Berlin mit null Geld bezahlt. Meine Güte diese Einstellung in unserer Stadt nervt ja langsam.

  3. 29.

    Entschuldigung, Ironie ist leider hier schwer erkennbar, weil es tatsächlich Viele gibt, die das toternst meinen.

  4. 28.

    Es sollen dort auch Büros und Eigentumswohnung gebaut werden. Dies braucht keiner. Daher ist es richtig das sich der Bezirk quer stellt

  5. 27.

    Diese Frage kann ich Ihnen schnell beantworten, der Investor baut und der RGR Senat enteignet. Schwupp die Wupp hat der Senat bezahlbaren Wohnraum geschaffen. Aber der Investor sollte trotzdem dankbar sein, dass er 2026 eventuell schon bauen darf, aber auch nur wenn die Baustadträtin nicht noch irgendwelche Bedenken hat. Und so vergehen die Jahre, da ins Mikrofon gehauchte Absichtserklärungen mehr zählen als das Bauen selbst. Wenn das so weitergeht, wird bald jedes Baugrundstück 2mal vererbt werden müssen bevor eine Baugenehmigung vorliegt.

  6. 26.

    Pankower Tor und die Nordspitzes des Thälmannparks sollen endlich bebaut werden. Der Berliner Senat benötigt Wohnraum, ein Investor will bauen, also los. Schluss mit Bauverhinderung.

  7. 25.

    Worte wie: Hochhausleitbild, Letter of Intent
    Das sagt viel aus...
    Einen Stadtarchitekten gibt es warum nicht? Weil es ausreicht wenn jemand sagt „Ich finde...“

  8. 24.

    Wie kommen sie darauf, dass dies "schlimm" sein sollte? Ich war nur etwas amüsiert über die Erkenntnis, dass ein Investor tatsächlich Geld verdienen will.

  9. 23.

    Wenn Berlin endlich seine Flächen selbst bebauen und die Häuser NUR in Verwaltung den städt. Wohnungsverwaltungen gibt, dann könnte Berlin die Kaltmieten bestimmen, ohne das die Hausverwaltungen gewinnorientiert vermieten müssen, eben nur die normalen Kosten, die eine Wohnungsverwaltung einnimmt.
    Damit könnte Berlin auch schnell den Mietspiegel beeinflussen. Aber dazu muss man eben auch die Grundstücke behalten bzw. "freiwerdende" kaufen (wie z.B. ehem. Bahngelände).
    Es wird immer neidisch nach Wien geschielt, aber wenn Land oder Bezirk es selbst beeinflussen können, duckt man sich weg.

  10. 22.

    Weder Land noch Bezirk haben diese Fläche erworben. Das gleiche gilt für das Pankower Tor. Und ständig wird die Bebauung mit weiteren Auflagen und Polittricks verzögert. So wie im gesamten Bezirk.

  11. 21.

    Wie ein Investor bei so einem schicken Hochhausprojekt behaupten kann, er würde zur Lösung des Wohnungsproblems beitragen, leuchtet mir nicht ein. Da wird vieles entstehen, aber sicher kein bezahlbarer Wohnraum für Leute, die es nötig haben.

  12. 20.

    Und was soll daran schlimm sein? Sie erwarten doch auch Zinsen aufs Sparbuch, wenn Sie der Bank Ihr Geld anvertrauen.

  13. 19.

    Den ganzen Ärger hätten wir jetzt nicht, wenn Grüne, CDU und FDP im Sommer nicht urplötzlich gegen die Veränderungssperre gestimmt hätten. Dann würde das Amt jetzt einen Bebauungsplan erarbeiten und am Ende gäbe es eine gute Schule mit Sportflächen und sozialen Wohnungsbau auf dem Gelände statt Bürohochhäuser.

  14. 18.

    "steckt bloß Geld rein, um mehr Geld rauszuholen"

    Ist nix Neues, das hat schon Karl Marx entdeckt. ;-)

  15. 17.

    Ganz Ihrer Meinung! Dieser endlose Hass auf Investoren erschließt sich mir nicht. Natürlich will ein Investor irgendwann auch einen Return seines Investments erreichen. Das ist völlig legitim. Keiner will am Ende bei +/- Null herauskommen. Warum wollen die Menschen das einfach nicht verstehen? Seid doch froh, dass es noch Investoren gibt, die Wohnungen bauen wollen.

  16. 16.

    Heute kann sich jeder mehr oder weniger berühmte Architekt selber seine Kreation unter Denkmalschutz stellen. Gibt diverse Fälle, wo ein Architekt den neuen Eigentümern/Mietern verboten hat, Blumenkästen auf den Balkon zu stellen, da es die Optik schädigt. Die künstlerischen Rechte hierfür liegen bei ihm (ihr).

    Mit bauen allein wird man die Wohnungsnot kaum in den Griff kriegen. Je attraktiver die Stadt wird, um so mehr Zuzug gibt es auch.

  17. 15.

    Dit is Berlin!
    Alles wird jahrelang verschleppt, unglaublich. Die Politik (und die Einwohner) schrein immer wir brauchen dringend neuen Wohnraum, aber wenn jemand bauen möchte, wird erstmal jahrelang geplant und verzögert oder die Bewohner in der Gegend wollen nicht, dass bei Ihnen verdichtet wird. Auch Schulneubau von privater Hand würde sicherlich schneller und kostengünstiger sein.
    Das private Bauherren was verdienen wollen ist aus meiner Sicht legitim und nicht verwerflich.

  18. 14.

    Am 12. Februar können wir den gesamten grün-rot-roten Irrsinn überwinden. Auch im Prenzlauer Berg und in Pankow. Nutzen wir die Chance!

  19. 13.

    Das ist falsch! Jede Wohnung in Berlin hilft die Wohnungsnot zu lindern. Wenn finanzkräftige Personen in teure Wohnungen einziehen, weil sie es schlicht können und sich den höheren Standard gönnen, dann konkurrieren sie nicht mehr mit anderen Wohnungssuchenden um preiswertere Wohnungen. Es gibt genug Nachfrage im höheren Preisbereich, also werden auch solche Wohnungen sehr wohl benötigt.

  20. 12.

    Ja, so funktioniert Kapitalismus nun mal. Jemand muss ja erst mal das Geld geben, damit etwas voran geht. Die Bauarbeiter, Architekten und staatlichen Behörden wollen ja auch alle bezahlt werden. Nur Sklaven arbeiten kostenlos und selbst denen steht Kost und Logis zu. Dass der Investor dafür Rendite einfahren will, ist ja wohl selbstverständlich. So hoch, wie viele denken, sind die bei weitem nicht. Und von den Gewinnen werden dann auch wieder Handwerker und Steuern bezahlt. Dass der Bauherr jenseits des Spatenstichs jemals eine Schaufel in die Hand nimmt, ist gar nicht erforderlich. Eigenheimbauer machen außer wenigen Eigenleistungen auch nichts selbst und bauen trotzdem stolz ihr Häusle.
    Ohne Frage muss der Staat gut hinschauen, wer wo was warum bauen will und wie dies der Allgemeinheit dient oder eben schadet, aber die grundsätzliche Investitionsfeindlichkeit, die oft mitschwingt, ist einer der Gründe, warum in Berlin der Wohnungsbau nicht voran kommt und massig Wohnraum fehlt.

Nächster Artikel