rbb exklusiv - Berliner Polizei entzieht Mahnwache von Exil-Iranern die Genehmigung

Do 19.01.23 | 16:34 Uhr | Von Sascha Adamek
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Vor der Iranischen Botschaft steht ein Protestcamp von Aktivisten, die gegen das Iranische Regime demonstrieren (Bild: dpa/Christophe Gateau)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.01.2023 | Kerstin Topp | Bild: dpa/Christophe Gateau

Seit etwa 90 Tagen halten Exil-Iraner an der iranischen Botschaft in Berlin eine Mahnwache ab, um gegen das Regime und das islamische Herrschaftssystem zu demonstrieren. Nun hat die Berliner Polizei die Genehmigung dafür entzogen. Von Sascha Adamek

Die Polizei entzieht der Mahnwache von Exil-Iranern an der iranischen Botschaft in Berlin nach rbb-Informationen die Genehmigung.

Nach Aussagen des Organisators der Mahnwache, Nik Jafarzadeh, hat die Berliner Polizei eine Verlängerung der Genehmigung ab dem 20. Januar versagt. "Es ist völlig unverständlich, dass wir nach 90 Tagen Mahnwache nun aufhören sollen", sagte Jafarzadeh gegenüber dem rbb. "Die wollen uns weghaben und das ist undemokratisch."

Genehmigung verfällt Freitag

Auf Anfrage des rbb erklärte die Berliner Polizei, der Organisator habe "selbst in Erwägung gezogen, den Standort am 20.01.2023 zu verlassen."

Jafarzadeh erwidert, man habe zwar überlegt, woanders weiterzumachen, aber trotzdem eine Verlängerung an der Botschaft beantragt. Dies sei telefonisch abgelehnt worden. Schriftlich sei noch kein Bescheid der Polizei eingegangen.

Laut Polizei keine Versammlung

Tatsächlich argumentiert die Polizei in ihrer Antwort an den rbb, bei der Mahnwache in und um dem gegenüber der Botschaft abgestellten Wohnwagen handele es sich rechtlich nicht um eine Versammlung. "Während der Dauer der angezeigten Versammlung ergaben sich zunehmende Veränderungen in der Durchführungsform im Vergleich zur ursprünglichen Anzeige, so dass eine Versammlungseigenschaft nicht mehr zu begründen war."

So sei die Veranstaltung überwiegend "innerhalb des verwendeten Wohnwagens" erfolgt, wobei "oftmals auch keine Personen am Ort" gewesen seien. "Hierdurch war der Veranstaltungscharakter nicht mehr gegeben."

Jafarzadeh widerspricht auch dieser Darstellung: "Es waren immer mindestens zwei, Personen anwesend. Diese könnten das auch bezeugen." Er hält das Verhalten der Berliner Polizei gegenüber iranischen Oppositionellen für "komplett unfair". Damit spiele man den "Mullahs in die Hände."

Mahnwache Ende Oktober attackiert

Die Mahnwache von Exil-Iranern im Berliner Stadtteil Dahlem wurde im vergangenen Jahr Ziel einer Attacke. Ende Oktober griffen Vermummte den Wohnwagen an. Dabei wurden drei Männer verletzt, Fahnen abgerissen. Der Staatsschutz hatte die Ermittlungen aufgenommen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.01.2022, 18 Uhr

Beitrag von Sascha Adamek

10 Kommentare

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  1. 10.

    Dann stellen Sie mal einen Wohnwagen vor die amerikanische oder britische Botschaft. Die Reaktion der Behörden beantwortet dann all Ihre Fragen.

  2. 9.

    Eine Mahnwache fällt nicht unter die Versammlungsleiter und die Demofreiheit

  3. 8.

    Die Polizei ist hier in der Zwickmühle. Sie müssen Recht und Gesetz durchsetzen und dürfen durch selektive Untätigkeit keine Präzedenzfälle schaffen. Formal ist die Entscheidung daher nicht anzuzweifeln und für moralische Bedenken ist die Polizei der falsche Ansprechpartner.

  4. 7.

    Wenn zwei Personen dauerhaft in einem
    Wohnwagen hocken ist das nicht unbedingt eine Versammlung, da hat die Polizei schon recht. Ich denke aber, dass dies von der Polizei vorgeschoben ist und es in Wahrheit um die Sicherheit der Personen im Wohnwagen geht. Die wurden ja schon mehrfach überfallen.

  5. 6.

    Demonstrationen müssen bei der Versammlungsbehörde angemeldet werden. Diese prüft dann, ob die damit einhergehenden Behinderungen und Einschränkungen hinnehmbar sind und damit das Versammlungsrecht wirklich höher zu gewichten ist. Die Behörde kann dann zum Beispiel Strecken und Demoorte ändern.
    Anhänger und Wohnwagen dürfen zudem nur zwei Wochen unbewegt im öffentlichen Raum parken.

  6. 5.

    Und was passiert mit den "Klebenden"?

  7. 4.

    Und ich dachte, dass wir Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Deutschland haben? Gilt das jetzt nur begrenzt?

  8. 3.

    @rbb

    Könntet ihr bitte noch nachtragen, wozu ein Wohnwagen, offenbar normal am Straßenrand parkend, mit einer Fahne und mal keinen Menschen und mal ein paar Menschen im Wohnwagen eine Genehmigung braucht?

    Und auch, warum eine Veranstaltung, die offenbar bisher als Versammlung angesehen wurde, eine Genehmigung hatte/brauchte? Versammlungen werden schließlich einfach nur angemeldet; sie brauchen keine Genehmigung.

  9. 2.

    Mich würde interessieren, warum genau der Wohnwagen dort nicht stehen darf. Steht er in einem Halteverbot? Ist er nicht angemeldet? Gibt es eine Bannmeile für politische Botschaften? Oder werden hier im Sinne diplomatischer Gepflogenheiten Grundrechte unterdrückt?

  10. 1.

    Tja, ob die Voraussetzungen nun nicht mehr erfült sein sollen, ist nur schwer zu beurteilen. Dass dies aber tatsächlich der iranischen Regierung in die Hände spielt, dürfte offensichtlich sein. Schade, dass das ausgerechnet in Berlin passiert.

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