Wahl im Abgeordnetenhaus - Früherer DDR-Oppositioneller Ebert ist neuer SED-Beauftragter in Berlin

Do 09.02.23 | 18:17 Uhr
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Frank Ebert (Quelle: imago images)
Bild: imago images

Der frühere DDR-Bürgerrechtler Frank Ebert ist neuer Berliner Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Das Abgeordnetenhaus wählte den 52-Jährigen am Donnerstag mit Zustimmung aller Fraktionen für eine fünfjährige Amtszeit.

Ebert war vom Senat für den Posten vorgeschlagen worden und löst Tom Sello ab, das Amt seit November 2017 inne hatte.

An der Besetzung des Stasi-Archivs beteiligt

Ebert hatte sich als junger Erwachsener der oppositionellen Umweltbibliothek angeschlossen und beteiligte sich 1989 an den Protesten gegen die Fälschung der Kommunalwahlen. Er wurde mehrfach festgenommen und an der Beendigung seiner Lehre als Werkzeugmaschinenschlosser gehindert. Nach der Wende nahm Ebert im September 1990 gemeinsam unter anderen mit Bärbel Bohley an der Besetzung des Archivs der Staatssicherheit in Ost-Berlin teil, um die Öffnung der Akten zu erzwingen.

Er war maßgeblich an der Gründung des Archivs der DDR-Opposition beteiligt. Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls arbeitete er an der Ausstellung Lichtgrenze in Berlin mit. 2015 erhielt Ebert den Verdienstorden des Landes Berlin. Zuletzt arbeitete Ebert für die Robert-Havemann-Gesellschaft in Berlin.

Ebert-Vorgänger fordert zentralen Erinnerungsort

Aufgabe des Landesbeauftragten ist es, die politische und historische Aufarbeitung der SED-Diktatur in den Blick zu nehmen. Er berät zum Beispiel Menschen, die in der DDR politisches Unrecht erlitten haben, zu Fragen der Rehabilitierung und Entschädigung. Er kümmert sich auch um Bildungsarbeit und um bestimmte Fragen im Zusammenhang mit den Stasi-Akten. Der Landesbeauftragte hat ein Rederecht im Parlament.

Eberts Vorgänger Tom Sello wandte sich zum Ende seiner Amtszeit noch einmal an die Abgeordneten. Er forderte, mit dem Forum Opposition und Widerstand auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale in Lichtenberg möglichst bald einen zentralen Ort für Freiheitsgeschichte zu schaffen, an dem das Aufbegehren gegen die kommunistische Diktatur als ein bedeutsames Kapitel der deutschen Freiheits- und Demokratiegeschichte vermittelt werden soll. "Damit hätte auch das Gedenken des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 eine gute Verankerung", sagte er mit Blick auf den 70. Jahrestag des Aufstandes.

Sendung: rbb24 Abendschau, 09.02.2023, 19:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    "Nicht jeder möchte sein restliches Leben daran erinnert werden" Doch in Form von Aufklärung und Anteilnahme. Warum sollte man so tun, als ob dies nicht passiert ist.

  2. 14.

    "Das Thema DDR muss am Köcheln gehalten" >JEDES Unrecht in der Welt muss PERMANENT beleuchtet, erforscht und i der Öffentlichkeit sichtbar bleiben (Beispiel NS-Verbrechen, Russlands Sünden usw. um nur 2 hier zu benennen).

  3. 13.

    @Paul
    Ihr Beitrag #10 klingt so vernünftig. Was soll der alberne letzte Satz in #9 ? Waren Sie mal in der Stasiunterlagenstelle? Wer ist dort Einsicht genommen hat, versteht die ganze Boshaftigkeit dieses Regimes. Zum Glück gibt es noch einige andere Gedenkstätten mit leider beschämend wenigen Besuchern. Man kann wohl jetzt schon ausrechnen, wann wir vergessen sind.Bei Vielen schon heute.
    .

  4. 12.

    @Paul
    Sie stellen zu Recht die Frage, weshalb sich Stasihäftlinge hier kaum melden.Nur etwa jeder 3.Kommentar von mir wurde gebracht.Dann muss man sich vorhalten lassen es werde schon einen Grund für die Haft gegeben haben. Dass es alles von unseren Behörden geprüft wurde,interessiert nicht. Ausserdem habe ich das Gefühl, dass die Mitläufer uns die, gewiss nìcht hohe Entschädigung nicht gönnen. Da schweigt man lieber und freut sich, dass es jemanden gibt, der die Hilfe für die Opfer bringt.

  5. 11.

    Für diesen Beitrag gebe ich gern 100 Punkte. Das wird aber leider die Manie mit der Wahl und Suche nach irgendwelchen Beauftragten nicht ändern oder verhindern. Hauptsache der Kollege fühlt sich in seiner Rolle wohl:

  6. 10.

    Und eines möchte ich noch anmerken. Viele Menschen, die zu DDR Zeiten jahrelang im Knast geschmort haben sind sehr ruhig. Diese Menschen hätten das Recht auf mehr Gehör. Wenn überhaupt haben sie ihre Opferrente beantragt. Nicht jeder möchte sein restliches Leben daran erinnert werden. Bei vielen dieser "Oppositionellen" die nach der Wende wie Pilze aus dem Boden schossen, stellte sich hinterher raus, das sie selbst bei der Stasi waren und ihre Kollegen:Innen angeschwärzt haben. Beispiele gibt es genug. Aber das passt jetzt nicht ins Bild?

  7. 9.

    Wie begründen Sie denn heute den Verfassungsschutz? Mit der Begründung des Schutzes der Demokratie? Ich bin ebenfalls aus der ehemaligen DDR. Und trotzdem der Meinung, dass der Zusammenhalt unter den Menschen besser war als heute. Bin ich deswegen ein rosaroter Brillenträger und Ostalgiker? Ja, es gab genug Unrecht, das auch mir wiederfahren ist. Nur wenn ich mir das immer wieder vor Augen führe, wird es dadurch besser? Eher nicht. Und was kommt als nächster Beauftragter? Einer der 1988 den Pioniernachmittag geschwänzt hat und dadurch Oppositioneller ist?

  8. 8.

    Ich kann Ihrem Kommentar nicht zustimmen, das liegt wahrscheinlich daran, dass ich in der DDR aufgewachsen bin und nicht nur sinnfreie Kommentare veröffentliche!
    Und ein SED-Beauftragter ist „ganz bestimmt das wichtigste“, was wir in der jetzigen Zeit brauchen ;-)

  9. 7.

    Gut, dass das Erinnern an das durch die Einparteiendiktatur der SED ("Die Partei hat immer recht") verursachte Leid nicht eingestellt wird. Auch nachfolgende Generationen brauchen Informationen zu dem Thema.
    In der DDR gab es keine Reisefreiheit ins westliche Ausland, dafür gab es die Berliner Mauer wie für ein großes Gefängnis. Die Regierung fürchtete sich vor dem eigenen Volk, installierte den Staatssicherheitsdienst, um die Bevölkerung zu kontrollieren, zu unterdrücken und nicht selten zu terrorisieren. Es gab keine politische Meinungfreiheit, keine Informationsfreiheit. Westliche Druckerzeugnisse wurden bei Grenzkontrollen beschlagnahmt.
    Gut, daß diese Zeit seit Ende 1989 vorbei ist!
    Die großen Massendemonstrationen in Leipzig 1989 kamen nicht aus dem Nichts. Es herrschte damals eine schlimme Perspektivlosigkeit und Depression im Land.
    Besonders die junge Generation wollte sich damit nicht abfinden.

  10. 6.

    Die "strammen Ideologen" und die Leger von falschen Fährten würde ich eher auf Ihrer Seite der Unrechtsverharmloser suchen. Am besten gleich Egon Krenz als Stasi-Beauftragten.

  11. 5.

    Ich halte es im Gegensatz zu Ihnen für wichtig, daß auch im Jahre 2023 noch über das Unrecht des DDR-Regimes informiert und geforscht wird.
    Vielleicht haben Sie es ja vergessen, aber es gab in der DDR weder eine Reisefreiheit, noch die Freiheit, eine politisch abweichende Meinung öffentlich zu äußern, ohne schwerwiegende Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Bis hin zu Gefängnisstrafen.
    Gleichschritt war angesagt.
    Darüber sollte meiner Meinung nach nicht geschwiegen werden, nur damit rosarot gefärbte Erinnerungen an eine angeblich gute, alte Zeit nicht gestört werden.

  12. 4.

    Richtig, mehr als übertrieben.
    Der Amtstitel 'SED-Beauftragter" ist mehr als lächerlich, nachdem es die SED bereits über 30 gar nicht gibt.

  13. 3.

    Glückwunsch zuerst einmal. Ein früherer DDR-Oppositioneller.
    Nun, die Klimakleber sind auch ich älter. Wenn man den Bildungsgrad der heutigen Politiker sieht, sind das die "Eliten" von morgen.
    Will damit nur schreiben, dass Alter ist nicht maßgeblich.

  14. 2.

    Wer sich 2023 für solche Posten einfangen lässt, muss schon ein strammer Ideologe sein. Ist auch nicht der erste, der den Auftraggebern nach dem Munde spricht. Eigene Meinung, wohl eher nicht.
    Das Thema DDR muss am Köcheln gehalten, egal, wie viel Objektivität da ist. Und gerade jüngere Leute, Personen aus den sgn. Alten Ländern, die nie selbst etwas erlebt haben, auf Gedeih und Verderb auf korrekte Aussagen angewiesen sind, werden auf falsche Fährten geführt.

  15. 1.

    Alle Achtung!!! Mit 19 Jahren Bürgerrechtler in der DDR. Ist das nicht ein wenig übertrieben???

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