Zentralversammlung in Bernau - BVB/Freie Wähler wollen sich nach Zeschmann-Schock sortieren
BVB/Freie Wähler wollen am Wochenende in den Wahlkampf starten. Eine Volksinitiative soll Rückenwind bringen. Doch der plötzliche Wechsel eines der bekanntesten Gesichter zur AfD-Fraktion sorgt weiter für Wirbel. Von Markus Woller
Offiziell geht es auf der Zentralversammlung der Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler (BVB/Freie Wähler) am Samstag in Bernau um zwei große Themen. Die Vertreter der 160 Wählergruppen im Bündnis wollen mit dem Beginn einer neuen Volksinitiative ins Wahljahr starten. Diesmal geht es um den Erhalt von Krankenhäusern und Fachärzten im ländlichen Raum.
Der Landesvorsitzende Péter Vida sieht für das Vorhaben so viel Rückenwind, wie bei keiner der bisher drei Bürgerbefragungen. So viel Werbematerial wie noch nie sei von den einzelnen Wählergruppen angefordert worden. "Die Unterschriftensammlung beginnt am Samstag und wir sind guter Dinge, dass wir die 20.000 Unterschriften bis zum Frühjahr geschafft haben", so Vida.
Dunkler Schatten durch Zeschmann-Wechsel
Zudem wollen die Freien Wähler mit einem neu gewählten Landesvorstand ins Wahljahr starten. Es ist kaum zu erwarten, dass es einen Gegenkandidaten für den in der Partei omnipräsenten Chef-Strategen Vida als Vorsitzenden geben wird. Bis Freitagmittag jedenfalls hatte niemand die Hand gehoben.
So könnte es eigentlich ein konfliktfreier Parteitag werden, stünde da nicht das politische Erdbeben der vergangenen Wochen wie ein weißer Elefant im Raum: der völlig überraschende Übertritt des Landtagsabgeordneten Philip Zeschmann zur AfD-Landtagsfraktion vor zwei Wochen. Für BVB/Freie Wähler ein doppelter Schock: Verlor man mit Zeschmann doch einen der umtriebigsten Abgeordneten im gesamten Parlament.
Vida glaubt an erfolgreichen Wahlkampf
Noch gravierender: BVB/Freie Wähler verloren in Folge des Übertritts den Fraktionsstatus im Landtag, was weniger Redezeit und weniger Geld für die Landtagsarbeit bedeutet. Gerade im Jahr der Landtagswahl könnte das schmerzlich sein. Die Fraktion klagt deshalb auch vor dem Landesverfassungsgericht. Am Freitag endet die Frist für die Stellungnahme des Landtages. Wann das Urteil fällt, ist aber offen.
Péter Vida ist bemüht, die Auswirkungen kleinzureden. "Wir haben in der jüngsten Landtagswoche zu jedem Tagesordnungspunkt gesprochen." Auch im Kreistag von Oder-Spree, in dem Zeschmann für die Freien Wähler gesessen hatte, sei mittlerweile für klare Verhältnisse gesorgt. "Er wurde ausgeschlossen. In Schöneiche hat sich auch sofort eine neue Wählergruppe - ohne Herrn Zeschmann - gegründet", so Vida.
Wahl-Ziel: Beteiligung an Landesregierung
Auf den Wahlkampf werde sich das Thema nicht auswirken, glaubt der Freie-Wähler-Chef. Zu stark sei mittlerweile die Basis der Vereinigung. Man sei in 100 Kommunalparlamenten vertreten, stelle acht Bürgermeister. "Der Korpsgeist ist stark ausgeprägt", zeigt sich Vida überzeugt. Dennoch bleibt er bei der Forderung, Zeschmann habe sein Mandat "geklaut", mit zur AfD genommen und müsse es deshalb bis zum Jahresende zurückgeben. Auf der Zentralversammlung werde dies noch einmal betont werden.
Trotz der aktuellen Turbulenzen bleiben die Freien Wähler bei ihren ambitionierten Zielen für die Landtagswahl. Acht Prozent will man holen, die jüngsten Umfragen aus dem September sehen die Vereinigung bei sechs bis sieben Prozent. In allen 44 Wahlkreisen tritt man mit eigenen Kandidaten und Kandidatinnen an. Am Ende, so die Hoffnung, könnte eine Beteiligung an der zukünftigen Landesregierung stehen. Schließlich machen CDU und SPD angesichts der momentan oft konfliktreichen Zusammenarbeit mit den Grünen wenig Hehl daraus, dass sie in der kommenden Legislaturperiode nach Alternativen suchen könnten.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.11.2023, 19:30 Uhr