Rechte und Vereinbarungen - Schuften, wenn andere frei haben: So ist das Arbeiten an Feiertagen geregelt
Feiertage sind schön, wenn man sie genießen kann - als Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Fachkräfte braucht es aber auch an Feiertagen. Beide Seiten müssen sich abstimmen. Zuschüsse und Mitspracheregelungen helfen, sagen Experten. Von Stefan Ruwoldt
Arbeitskräftemangel, Teuerung und weiterhin grassierende Corona-Erkrankungen - es wird für Arbeitgeber eine Herausforderung, den Betrieb auch an den Feiertagen aufrecht zu erhalten. Arbeitnehmer aber kennen aus genau den gleichen Gründen Stress im Job und freuen sich auf die Entspannung an den Feiertagen.
Ein Konflikt: Die Chefin oder der Chef brauchen Arbeitskräfte für die Feiertage und setzt Dienste an - ist das erlaubt? Und: Wie muss Feiertagsarbeit entlohnt und ausgeglichen werden?
Klare gesetzliche Befreiung von Feiertagsarbeit - mit Ausnahmen
Aufgrund der schwierigen Lage bei der Suche nach Fachkräften am Arbeitsmarkt seien Arbeitgeber heutzutage meist bereit, Beschäftigte für die so wichtigen Dienste in Randzeiten und an Feiertagen stärker zu belohnen, sagt Till Bender, Rechtsanwalt bei der gewerkschaftseigenen DGB Rechtsschutz GmbH. "Die Zeiten haben sich geändert. Lösungen führen auch zu einer besseren Stimmung."
Viele Arbeitgeber würden sich für die Feiertagsarbeit nunmehr viel einfallen lassen. So zahlten Unternehmen, in denen auch an Sonn- und Feiertagen weitergearbeitet werden müsse, mittlerweile häufiger Zuschläge für besondere Zeiten oder Tage.
Doch unabhänig von diesem Abstimmungsgebot zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist Feiertagsarbeit auch klar gesetzlich geregelt, wie Claudia Knuth, Rechtanwältin und Arbeitsrechtsexpertin, betont. "An gesetzlichen Feiertagen muss grundsätzlich nicht gearbeitet werden. Ausnahmen gelten aber bei Tätigkeiten, die nicht auf andere Tage verschoben werden können, zum Beispiel im Gastgewerbe, in Krankenhäusern oder bei Sicherheitsdiensten." Als Ausgleich müsse den Mitarbeitern dafür ein anderer Ruhetag gewährt werden.
Zu beachten sei für den Arbeitnehmer, so Claudia Knuth, dass der 24. und der 31. Dezember keine gesetzlichen Feiertage seien: "An diesen Tagen muss also grundsätzlich gearbeitet werden." Dafür bedarf es keiner Sonderfestlegung oder Arbeitsvertragsklausel.
Details in Arbeits- und Tarifverträgen geregelt
Wann und wie viele Tage Arbeitnehmer mindestens frei haben müssen, regelt das Bundesurlaubsgesetz [gesetze-im-internet.de]. Doch es liefert nur einen Rahmen, da die Bedürfnisse jedes Unternehmens bei frühen oder späten Arbeitszeiten oder Wochenenddiensten unterschiedlich sind. So besage das Gesetz beispielweise, "Wünsche der Arbeitnehmer bei der Urlaubsgewährung sind zu berücksichtigen", betont DGB-Anwalt Bender. Doch es sage auch, dass unter Umständen "die betrieblichen Belange dringender und darum auch für die Urlaubsplanung von größerem Gewicht" seien.
Die Details zu freien Tagen und Arbeitsregeln sind in der Regel im einzelnen Arbeitsvertrag oder im geltenden Tarifvertrag festgelegt. Beschäftigte sind darum bereits bei der Einstellung damit konfrontiert, dass sie auch an Feiertagen und Sonntagen gebraucht werden und einsetzbar sein müssen. Was die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer dann im Einzelnen für solche Sondereinsätze bekommt, also mögliche Zuschläge und Ausgleichstage, wird bei solchen Anforderungen ebenfalls in den Verträgen festgehalten.
"Persönliche Wünsche dürfen nicht missachtet werden"
Akzeptanz und Zufriedenheit mit den Regelungen schaffe der Arbeitgeber durch eine klare Gleichbehandlung aller Beschäftigten bei Einsätzen an Sonn- und Feiertagen, so DGB-Rechtsanwalt Bender. Transparenz sei hier wichtig. "Das sichtbare Bemühen von Arbeitgebern, Belohnungen, Extravergütungen oder Ausgleichstage zu gewähren, sorgt für Frieden und mehr Zufriedenheit."
Beide Seiten würden so profitieren: Der Betrieb des Unternehmens sei auch am Feiertag gesichert, und der Arbeitnehmer sehe sich wertgeschäftzt und belohnt für seinen Einsatz.
Zu den sozialen Aspekten kämen weitere Faktoren, die der Arbeitgeber bei der Einteilung von Arbeitstagen und Urlaub beachten müsse, so Claudia Knuth. "An religiösen Feiertagen müssen Arbeitgeber auch besondere Rücksicht auf gläubige Arbeitnehmer nehmen."
Die Arbeitsrechtsexpertin weist zudem auf einen Allgemeingrundsatz hin, den Arbeitgeber mit ihrer Diensteinteilung beachten müssen. Auch wenn ein Arbeitnehmer weder familiäre noch soziale oder religiöse Aspekte für sich als grundsätzlichen Befreiungsgrund einnehmen könne, gelte: "Ihre persönlichen Wünsche dürfen nicht missachtet werden. Es muss ein möglichst rücksichtsvoller Interessenausgleich zwischen den Belangen des Arbeitgebers und denen aller Mitarbeiter getroffen werden."
Arbeitsrechtsexpertin: Regelungen und Einsätze dokumentieren
Für Gerechtigkeit unter den Kolleginnen und Kollegen sorge etwa "ein rollendes System - also der abwechselnde Einsatz aller" an eigentlich freien Tagen oder Randzeiten, so dass die berechtigten Belange der Mitarbeiter berücksichtigt würden, sagt DGB-Anwalt Bender. "Zwei Jahre nacheinander Weihnachten oder Silvester einen Mitarbeiter einzusetzen, wäre also dann grundsätzlich nicht gut."
Arbeitsrechtsexpertin Claudia Knuth mahnt hier eine Dokumentation der Regelungen und Absprachen an: "Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen können, dass er die Interessen aller Arbeitnehmer bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat." Dies könne etwa dann zweifelhaft sein, wenn ein bestimmter Mitarbeiter mehrere Jahre in Folge zu Weihnachten und Silvester arbeiten musste, während andere Mitarbeiter abwechselnd freinehmen durften.
Feiertagsschicht darf nicht mit Defiziten begründet werden
Gesetzliche Regelungen sorgen zudem dafür, dass Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht überhand nimmt. Arbeitgeber also müssen nachweisen, dass Feiertagsarbeit für ihr Unternehmen überhaupt zulässig ist.
Klar rechtlich geregelt ist zudem, dass Wochenend- und Feiertagsarbeit nicht als eine Art Bestrafung für mögliche Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingesetzt werden darf. "Das Weisungsrecht berechtigt den Arbeitgeber nicht dazu, seine Arbeitnehmer willkürlich zu bestrafen oder zu maßregeln", so Anwältin Claudia Knuth. Selbst wenn ein Mitarbeiter zuletzt weniger oder schlechtere Leistung erbracht habe, dürfe der Arbeitgeber die Interessen dieses Mitarbeiters bei der Einteilung der Arbeitszeiten nicht außer Acht lassen.
Aber auch wenn es manchmal zwischen Chefs und Beschäftigten knirsche: Ernsthaften Streit und gerichtliche Auseinandersetzungen über freie Tage gebe es eher selten, sagt Rechtsanwalt Till Bender. "Es verklagt kaum ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber, weil er Weihnachten nicht frei bekommen hat. Feiertagsregelungen sind ein Feld für Absprachen im Betrieb."
Recht auf rechtliche Prüfung der Regelungen
Allerdings, so die Rechtsanwältin Claudia Kurth: "Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sein Einteilungssystem erklären muss. Hat ein Mitarbeiter jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen nicht ausreichend abgewogen wurden, kann er die Weisungen des Arbeitgebers gerichtlich überprüfen lassen", sagt Kurth. Spätestens dann müsse der Arbeitgeber begründen, warum er bestimmte Entscheidungen getroffen habe.
Sendung: rbb 88,8, 19.12.2023, 6:40 Uhr