Verbindung zwischen Biesdorf und Köpenick - Tangentiale Ostverbindung: Worüber gestritten wird
Noch bis zum 6. Juni können Bürgerinnen und Bürger die Planunterlagen für die umstrittene Tangentiale Ostverbindung (TVO) einsehen und bis Anfang Juli Einwendungen einbringen. Die unterschiedlichen Positionen im Überblick.
Vier Wochen - so viel Zeit haben Bürgerinnen und Bürger, um sich am derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren für die Tangentiale Ostverbindung (kurz: TVO) zu beteiligen. Seit dem 7. Mai läuft das Anhörungsverfahren. Die Planungsunterlagen für das Projekt können entweder bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen oder online eingesehen werden.
Im Planfeststellungsverfahren werden die endgültigen behördlichen Genehmigungen eingeholt, damit mit dem Bau eines Projektes begonnen werden kann - Teil davon sind grundsätzlich auch die Bürger:innenbeteiligung sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung.
Darum geht es
Die Tangentialverbindung Ost (TVO) soll im Berliner Osten Biesdorf mit Köpenick verbinden. Geplant ist aktuell eine circa 7,2 Kilometer lange vierspurige Verbindung zwischen der Märkischen Allee im Norden und der Spindlersfelder Straße im Süden.
Auf den zwei Fahrstreifen je Richtung soll Tempo 50 gelten. Neben den Fahrspuren für den Autoverkehr sollen ein Geh- und ein Radweg entstehen. Entlang der Strecke sind außerdem Bushaltestellen geplant - auf der TVO sollen nämlich auch Busse der BVG verkehren.
Die Kosten des Projekts werden auf mindestens 351 Millionen Euro geschätzt - lange ging man von 155 Millionen Euro aus. Den Planunterlagen zufolge würde die geplante TVO über 35 Hektar Fläche in Anspruch nehmen - knapp 22 Hektar würden dafür dauerhaft versiegelt.
Das Straßenbauprojekt gilt als hochgradig umstritten. Im Mai 2023 hatte die Polizei ein Protest-Camp von Umweltschützern mit Baumhäusern in der Wuhlheide in Köpenick geräumt. Die Baumbesetzer protestierten gegen die geplante Rodung von Wald für die Tangentiale Ost.
Das sagen die Befürworter
Nach Ansicht der Befürworter soll die TVO die Antwort auf die Verkehrsprobleme im Osten der Stadt sein. Dort staut sich jeden Morgen der Verkehr auf den Strecken zwischen Köpenick und Marzahn - daran stören sich vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner - etwa an der Köpenicker Straße.
Die neue TVO soll diese verkehrsgeplagten Strecken entlasten - der Senat rechnet mit werktags circa 41.000 Kraftfahrzeugen für den Südteil und etwa 30.000 Fahrzeugen für den Nordteil der neuen TVO.
Auch einige Berliner Wirtschaftsverbände sprechen sich für den Bau der TVO aus - darunter die Handwerkskammer Berlin - das Argument: der Wirtschaftsverkehr im Osten Berlins bräuchte den Lückenschluss, etwa um die Versorgung der Stadt mit Dienstleistungen und Produkten zu verbessern.
Zuletzt bekräftigte auch die neue Berliner Verkehrssenatorin Ute Bode (CDU), am Bau der Tangentialverbindung Ost festzuhalten. Diese sei wichtig, um andere Straßen im Osten der Stadt zu entlasten.
Das sagen die Gegner
Die Gegner des Projekts kritisieren den Fokus auf den motorisierten Verkehr in Zeiten der Klimakrise. Sie rechnen bei einer tatsächlichen Umsetzung des Projektes mit Schäden für die Umwelt und erheblichen Lärmbelästigungen. Auch die Kosten für das Projekt werden kritisiert und seine Wirtschaftlichkeit immer wieder angezweifelt. Nicht zuletzt wird auch die erwartete Entlastung den Autoverkehrs infragegestellt. Kritiker verweisen etwa auf den Effekt des "indizierten Verkehrs" - dass also durch neue Straßen das Verkehrsaufkommen eher steigen als sinken würde.
Anfang Mai gründeten mehrere Initiativen das Bündnis "Schiene vor TVO". Dazu gehören etwa der BUND Berlin, die Bürgerinitiative Wuhlheide oder der Fahrgastverband Pro Bahn. Sie alle wollen die aktuell geplante Variante der Tangentialen Ostverbindung verhindern, weil diese vor allem den Autoverkehr fokussiert. Die jetzige Planung gehe auf Kosten der ebenfalls geplanten parallelen S-Bahn-Strecke. Käme die TVO wie jetzt geplant, müsste dafür etwa ein Teilstück der bereits vorhandenen Bahntrasse verschoben werden.
Ein weiteres Argument liegt im Schutz der Wuhlheide. Die aktuelle Planung zur TVO hatte die Streckenführung zwar angepasst, trotzdem sei ein Eingriff in die Wuhlheide "nicht vollständig vermeidbar". In der vergangenen Woche hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick die zügige Unterschutzstellung der Wuhlheide beschlossen. Damit wird dem Bezirksamt empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, ein Unterschutzstellungsverfahren für die Wuhlheide einzuleiten.
In der Begründung wird auf die ökologische Bedeutung der Wuhlheide, insbesondere auf den für Berlin einzigartigen Fingerkraut-Eichenwald verwiesen, der Lebensraum für viele Arten biete. Fraglich ist, inwieweit dieser Schritt Einfluss auf den weiteren Planungsprozess der TVO haben wird. Letztlich entscheidet über die Unterschutzstellung die Senatsumweltverwaltung. Die machte bereits deutlich, dass ein entsprechendes Verfahren mehrere Jahre in Anspruch nehmen könnte.
Sendung: 31.05.2024, 16:20