Gesetzesinitiative - Berlin setzt sich bei Organspende für Widerspruchslösung ein

Di 04.06.24 | 14:57 Uhr
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Symbolfoto: Organspende, ein Organspendeausweis über einem Portemonnaie. (Quelle: dpa/Andreas Franke)
Audio: Fritz | 04.06.2024 | Jan Zimmermann | Bild: dpa/Andreas Franke

Tausende Menschen warten in Deutschland auf eine lebensrettende Organspende. Es gibt allerdings zu wenig Spender. Berlin setzt sich nun für eine Gesetzesänderung ein - gemeinsam mit weiteren Bundesländern.

Das Land Berlin setzt sich für eine Änderung des Transplantationsgesetzes auf Bundesebene ein, um mehr Organspenden zu ermöglichen. Der schwarz-rote Senat beschloss am Dienstag, gemeinsam mit anderen Bundesländern einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen.

Nach Angaben von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) sieht der Entwurf die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung bei der Organspende vor. Dabei gilt grundsätzlich jeder Mensch nach seinem Tod als Organspender, es sei denn, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen oder ein enger Angehöriger tut dies nach seinem Ableben.

Derzeit kommt als Organspender nur infrage, wer einer Spende aktiv zustimmt, etwa durch einen Organspendeausweis. Dies führt dazu, dass es zu wenige Organspender gibt.

Aktuell zu wenige Organspender

Derzeit warten rund 8.400 Menschen in Deutschland auf ein neues Organ. Darunter nach Angaben vorläufiger Zahlen der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) 450 aus Berlin und 351 Menschen aus Brandenburg (Stand 31. Dezember 2023).

Deutschland liegt im internationalen Vergleich bei der Zahl der Organspender auf den hinteren Rängen. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation verzeichnete im Jahr 2023 insgesamt 965 Spender, darunter 53 in Berlin und 25 aus Brandenburg. Zum Vergleich: In Spanien wurden im Jahr 2023 nach Angaben des "Deutschen Ärzteblatts" 5.861 Organtransplantationen vorgenommen.

Weitere Bundesländer an Initiative beteiligt

"Mit der Einführung der Widerspruchslösung können wir einen echten Wandel bei der Organspende einläuten", erklärte Czyborra. "Und wir ermutigen die Bürgerinnen und Bürger, sich aktiv mit dem Thema zu beschäftigen. Noch immer warten viel zu viele Menschen vergeblich auf eine Spende. Mit dem Gesetz können wir Leben retten."

Der Gesetzentwurf der Länder soll am 14. Juni im Bundesrat beraten werden. Beteiligt sind neben Berlin unter anderem Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Findet die Gesetzesinitiative eine Mehrheit im Bundesrat, muss sich der Bundestag mit ihr befassen.

Sendung: Fritz, 04.06.2024, 14:20 Uhr

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110 Kommentare

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  1. 110.

    "Lass den anderen ihre Meinung..." Die anderen wollen ihre Meinung ja nicht sagen. Die wollen sich hinter ihrem nichts-Sagen verstecken. Das finde ich asozial. Man sollte wenigstens den Schneid vor sich selbst haben, nein zu sagen.

  2. 109.

    Es ist schon witzig, dass sich darüber beklagt wird, dass man automatisch nicht Spender ist und man selbst reagieren muss, um ein Spender zu sein. Man ist also genervt davon, dass die Leute sich damit nicht beschäftigen und deshalb nicht Spender sind.
    Nun soll das Gesetz geändert werden und es wird dabei genau in die entgegen gesetzte Richtung spekuliert. denn jetzt möchte man, dass sich damit keiner beschäftigt, damit es genug Spender gibt. Würde jetzt alle widersprechen, wäre das Gesetz ja "sinnlos".
    Mmn. sollte es daher weder das Eine noch das Andere geben. Wenn man wirklich darauf bedacht ist, das die Leute sich entscheiden sollen, dann setzt man nicht automatisch eine voraus.
    Die Lösung dazu wäre, dass jeder, der zum ersten Mal ein Personalausweis bekommt aktiv sich entscheiden muss. FERTIG! Die Angabe kann dann auch im Perso stehen. Es braucht keinen extra Ausweis.

  3. 108.

    Antwort auf "Frieda" vom Dienstag, 04.06.2024 | 19:44 Uhr
    "Jetzt wollen dies gr. Dogmatikinnen den Leuten auch noch vorschreiben, ....." NIEMAND zwingt Sie zu irgendetwas! Füllen Sie den Organspendeausweis mit "nein" aus oder setzen Sie eine Patientenverfügung mit entsprechenden Vermerk auf und schon sind Sie raus.

  4. 107.

    Antwort auf "Olle" vom Dienstag, 04.06.2024 | 17:51 Uhr
    "Wenn ich nicht will, brauch ich solchen Ausweis nicht. Dennoch kann man darauf Nein sagen. Was soll das? " Viele Menschen sind unentschlossen oder haben sich mit dem Thema nie beschäftigt. Keinen Ausweis zu haben, heißt nicht automatisch, dass man nicht spenden möchte. Dann müssen die Angehörigen entscheiden, was für viele sehr schwierig ist. Also lieber die Karte mit "nein" einstecken, dann bleibt der Familie zusätzliches Leid erspart.

  5. 106.

    Wir können ja alle klug reden und irgend etwas unmenschlich oder inhuman finden. Man kann die Organspende auch ablehnen. Spätestens wenn die Kommentatoren von der Situation betroffen sind,auf ein Spendeorgan angewiesen zu sein, wird sich der Blickwinkel ändern. Wenn ein Menschenleben genau davon anhängt. Spätestens dann beginnt das große Jammern. Ich hoffe nur dass dann alle, die jetzt so konsequent dagegen sind, diese Meinung auch behalten. Ich jedenfalls werde spenden was möglich ist!!!

  6. 105.

    Doch, es ist der Zwang des Staates, dass mich ihm gegenüber zu dem Umgang mit dem Persönlichsten, das ich besitze, zu äußern habe. Was ich mit meinem Körper machen oder nicht machen möchte, geht den Staat überhaupt nichts an.

  7. 104.

    Zum Glück wird notfalls das Verfassungsgericht der Politik erklären, dass nichts sagen eben nicht Ja bedeutet.

  8. 103.

    Bei Ihren 20 Euro kann man Sie fragen, ob Sie das Geld weggeben wollen.

    Einem Toten kann man jedoch nicht fragen, ob er seine Organe abgeben will.

    Die 20 Euro benötige ich noch und würden mir fehlen. Meine Organe brauche ich nur zu Lebzeiten. Danach benötige ich sie nicht mehr.

  9. 102.

    Die Dokumente werden zentral hinterlegt. Das ist kein Ausweis, den man dann mit sich rumschleppt.

    Aber was mich interessiert: Welchen Grund gibt es, nach seinem Tod die Organe nicht zu spenden? Was hat man als Toter für Vorteile, wenn man seine Organe behält?

  10. 101.

    Einige Menschen werden mit kranken Organen geboren. Das führt nicht zwangsläufig zum Tod.
    Wieder andere Menschen erleiden einen Unfall, bei dem ein Organ schwer beschädigt wird. Dieser Unfall muss auch nicht selbstverschuldet sein: Z.B. wenn man von einem betrunkenen Autofahrer angefahren und schwer verletzt wird.
    Wieder andere Menschen erkranken an einer Infektionskrankheit, die das Organ in Mitleidenschaft zieht.

  11. 100.

    Einem Großteil der Menschen ist es egal: Ihnen ist es egal, was nach ihrem Tod mit ihren Organen passiert. Ebenso wäre ihnen aber der Volksentscheid egal und sie würden auch nicht am Volksentscheid teilnehmen.

  12. 99.

    Wenn sich jemand bewusst dafür oder dagegen entscheidet, ist das vollkommen in Ordnung und wird auch vom Staat akzeptiert.

    Wenn es jemandem aber egal ist, er sich also weder dafür noch dagegen entscheidet, dann sollte man der Person helfen, der es nicht egal ist: Der Person, die das Organ braucht.

  13. 98.

    Antwort auf "Frage" vom Dienstag, 04.06.2024 | 17:52 Uhr
    "Was würde bei in Deutschland lebenden Ausländer gelten? Oder ganz aktuell, bei Flüchtlingen?" Es gilt das Gesetz des Gastlandes, ebenso für im Ausland lebende Deutsche.

  14. 97.

    Antwort auf "Lars" vom Dienstag, 04.06.2024 | 17:57 Uhr
    "2020 waren die meisten Abgeordneten gegen die Widerspruchslösung. Soll nun alle vier Jahre neu diskutiert werden?" 2020 waren auch viele Berliner für rot und grün -:soll es deshalb nur noch einmal im Leben Wahlen geben? So, wie es 2020 nicht exakt die gleichen Wähler waren, hat sich auch die Zusammensetzung der Gremien geändert.

  15. 96.

    Antwort auf "Frieda" vom Dienstag, 04.06.2024 | 19:44 Uhr
    "Jetzt wollen dies gr. Dogmatikinnen den Leuten auch noch vorschreiben, ....." NIEMAND zwingt Sie zu irgendetwas! Füllen Sie den Organspendeausweis mit "nein" aus oder setzen Sie eine Patientenverfügung mit entsprechenden Vermerk auf und schon sind Sie raus.

  16. 95.

    Antwort auf "Rat" vom Dienstag, 04.06.2024 | 16:15 Uhr
    "Es wird behauptet, es gäbe zu wenig Spender." Das weiß man erst nach dem Tod, wenn feststeht, ob der Verstorbene Spender war. "Vielleicht sterben einfach zu wenige?" Nein, es sterben zu viele, die keinen Organspenderausweis hatten oder die Spende ablehnen..
    In einem Bericht vor ein paar Tagen hieß es, dass 8.500 Menschen auf ein Spenderorgan warten, aber nur 850 Organe verfügbar sind! Ganz sicher will niemand, dass mehr Menschen sterben; aber ja, natürlich warten die Menschen, die ein Organ brauchen, darauf, dass jemand stirbt. Des einen Leid ist ggf. des anderen Freud.

  17. 94.

    "Lass den anderen ihre Meinung..." Die anderen wollen ihre Meinung ja nicht sagen. Die wollen sich hinter ihrem nichts-Sagen verstecken. Das finde ich asozial. Man sollte wenigstens den Schneid vor sich selbst haben, nein zu sagen.

  18. 93.

    Sei's drum. Ich habe jedenfalls keine Lust als maschinenabhängige Hülle vor mich hin zu fermentieren. Wenn die Organe dann noch jemanden helfen, ist das ok.
    Steht in besser gewählten Worten auch in der Patienenverfügung. Auch hier habe ich keine Lust die Entscheidung meinen Nachkommen aufzubürden.

  19. 92.

    Antwort auf "Olle" vom Dienstag, 04.06.2024 | 17:51 Uhr
    "Wenn ich nicht will, brauch ich solchen Ausweis nicht. Dennoch kann man darauf Nein sagen. Was soll das? " Viele Menschen sind unentschlossen oder haben sich mit dem Thema nie beschäftigt. Keinen Ausweis zu haben, heißt nicht automatisch, dass man nicht spenden möchte. Dann müssen die Angehörigen entscheiden, was für viele sehr schwierig ist. Also lieber die Karte mit "nein" einstecken, dann bleibt der Familie zusätzliches Leid erspart.

  20. 91.

    So sehe ich das auch! Ich bin in einem Stück zur Welt gekommen und so möchte ich sie auch verlassen. Nicht zerschnippelt!
    (Und an diejenigen, die schon darauf warten, sofort verbal zuzuschlagen: Nein, ich möchte auch kein Empfänger sein!)

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