Statement im Netz - 70 Professoren protestieren gegen Antisemitismus an deutschen Unis

Di 02.07.24 | 11:31 Uhr
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Symbolbild:Eine Israelflagge wurde mit einem Herz bezeichnet vor einem Universitätseingang in Berlin.(Quelle:picture alliance/epd/C.Ditsch)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.07.2024 | Nachrichten | Bild: picture alliance/epd/C.Ditsch

Mehr als 70 Professoren haben ein Statement gegen Antisemitismus im deutschen Wissenschaftsbetrieb veröffentlicht. Das Schreiben wurde am Dienstag auf der Website "Profs against antisemitism" ("Professoren gegen Antisemitismus") veröffentlicht.

Die Unterzeichner stellten sich darin "ohne Wenn und Aber" vor die jüdischen Studenten und Kollegen, heißt es dort. Man werde alles tun, damit diese "unversehrt und sicher an unseren Einrichtungen studieren und arbeiten können und sich Jüdinnen und Juden in Deutschland darüber hinaus sicher fühlen".

Indirekt nehmen die Unterzeichner auch Bezug auf pro-palästinensische Camps an deutschen Unis und erklärten, dass sie "antisemitische Ausgrenzung, das Verwenden von Terror-Symbolen, die Infragestellung des Existenzrechts Israels, jegliche Form von Gewalt und Verwüstungen in Universitätsgebäuden aufs Schärfste verurteilen". Es sei im Sinne der Unterzeichner, dass Judenhass an den Einrichtungen geächtet und geahndet werde.

Initiiert von FU-Professor

Die Unterzeichner sehen zudem Hinweise darauf, dass israelische Universitäten boykottiert und israelische Wissenschaftler beispielsweise auf Konferenzen oder bei Publikationen ausgegrenzt werden. Details dazu werden in dem Brief jedoch nicht genannt.

Initiiert wurde das auf Deutsch und Englisch verfasste Schreiben von dem Soziologie-Professor Stefan Liebig von der Freien Universität (FU) Berlin. Erstunterzeichner sind unter anderen der Berliner Christoph Markschies, der Würzburger Historiker Peter Hoeres und der in Berlin lehrende Soziologe Ruud Koopmans.

Besetzungen an der FU und HU

In den vergangenen Monaten mehrfach zu pro-palästinensischen Aktionen an Berliner Universitäten gekommen. So läuft beispielweise zurzeit ein pro-palästinensisches Protestcamp an der Freien Universität Berlin. Auch zu Besetzungen war es gekommen, unter anderem an der FU und an der Humboldt-Universität (HU) oder an der Alice-Salomon-Hochschule.

An der HU besetzten Aktivisten am 22. Mai Räume der Universität aus Protest gegen Israel. Die Universitätsleitung duldete dies zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und Wissenschaftlern. Am 23. Mai wurde die Besetzung jedoch von der Polizei geräumt.

Das Gebäude wurde während der Besetzung stark beschädigt. Auch das mit der Spitze nach unten gerichtete Dreieck, das von Sympathisanten der islamistischen Terrororganisation Hamas genutzt wird, wurde mehrfach an die Wände geschmiert.

Auch an anderen Universitäten in Deutschland und weltweit gibt es seit Wochen Protestaktionen gegen Israels Militäreinsatz im Gazastreifen. Dieser wurde durch den brutalen Übergriff der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.07.2024, 18:30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Es sind mehr geworden. Gestern sind bereits über 500 Unterschriften hinzugekommen; am ersten Tag! Werden sicherlich noch mehr. Ein gutes Zeichen!

  2. 22.

    DANKE, ENDLICH ! Ich warte schon lange auf Gegenstimmen! Aber warum nur 70 ?

  3. 21.

    Sehr gut und sehr wichtig!
    Daß es bislang erst 70 Professoren sind, erschreckt mich allerdings. Es sollten zehnmal mehr sein, finde ich

  4. 20.

    Danke Profs, endlich Gerechtigkeit …

  5. 17.

    Endlich mal ein Aufstand von vernünftigen. Unglaublich was an deutschen Unis abgeht.

  6. 16.

    Google mal Mitbürger. Der Herr Bundespräsident begrüßt alle Menschen im Land mit: Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen.

    Ist der jetzt antisemitisch?

    Wissen Sie, woran man Antisemitismus erkennt? Wenn Menschen relativieren und Unsinn erzählen, um andere mundtot zu machen.

  7. 15.

    "Und wenn jemand die deutschen Juden unter "unsere Mitbürger" fasst, ist auch das nicht frei von Antisemitismus."

    Das käme wohl auf den Zungenschlag drauf an.
    Es gibt bspw. auch Menschen, die von "unseren Behinderten" sprechen und Menschen im Rollstuhl am LIebsten noch über den Kopf streicheln würden.

    Selbstredend sind Menschen jüdisches Glaubens und jüdischer Abstammung auch Teil des deutschen Gemeinwesens, wie sie sich auch umgekehrt darin empfinden. Insofern war die systematischste Erfassung, die systematischste Schikanierung und die systematischste Tötung einer Bevölkerungsgruppe dieses Landes und in den eingefallenen anderen Ländern zugleich auch eine Herabwürdigung der eigenen Kultur - verstanden nicht im Besitzergreifenden, sondern in einem pur Selbstverständlichen.

  8. 14.

    „Unsere Mitbürger“ darf man nicht sagen, weil das antisemitisch ist? Putin wurde wahrscheinlich auch von der Ukraine angegriffen, die Hamas sind Opfer und keine Terroristen. Wollen Sie Menschen, die Antisemitismus laut benennen, mundtot machen?
    Sind Sie kein Mitbürger? Ich bin auch Mitbürger, dieses Mitbürgersein will man aber den Juden absprechen. Bitte verdrehen Sie hier nichts, wie es Ihnen passt.

    Gegen Unwahrheit und Hass

  9. 13.

    Jede Art Extremismus stellt eine Gefahr für die fdGO dar. Kein Extremist mag das GG.

    Wir müssen uns aber ehrlich zugestehen, dass der Antisemitismus unter jungen Einwanderern größer ist, als in unserer Gesellschaft allgemein. Nachlesen kann man hier: Bundeszentrale für politische Bildung: Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen

    Und ja, der Antisemitismus ist ein zentrales Thema des Rechtsextremismus.

  10. 11.

    Die Unterzeichner vertreten den Grundsatz:
    Keine Toleranz den Intoleranten
    und das ist gut so.
    Schaut man aber sich einmal die Politik und Presse an so scheint dort teilweise cancel culture und PC vorzuherrschen, wenn die Finger in die Wunden gelegt werden, wenn es um Gruppen geht die gegen das Grundgesetz sich stellen anstatt einen Diskurs über dieses Verhalten zu ermöglichen. Hier hat sich sehr viel zum Unguten in den letzten dreißig Jahren verschoben und es werden Menschen in die Fänge der Rechtsextremisten getrieben!

  11. 10.

    Keine der freigelassenen oder befreiten Geiseln trägt Hass in sich, wie kommt das nur?

    Hingegen diese Schreienden sind voller Hass. Sie verdrehen die Wahrheit, sie sind selbst Opfer der Hamas-Propaganda. Aber, warum hinterfragen sie die Situation nicht?

    Menschenhass entmenschlicht, wir haben es in der Geschichte selbst erlebt. Irgendwie wiederholt sich da etwas schleichend und hier müssen wir genau aufpassen und gegensteuern, damit Bürger unserer Gesellschaft noch sicher sind.

  12. 9.

    Leider ist es ja gar nicht so, dass "mittlerweile" jüdische Einrichtungen geschützt werden müssen, sondern schon viele Jahrzehnte. Ja, über muslimischen Antisemitismus müssen wir reden, aber der deutsche ist nie weg gewesen und auch jetzt da. Viele bei den Besetzungen etc. sind keine Muslime. Und wenn jemand die deutschen Juden unter "unsere Mitbürger" fasst, ist auch das nicht frei von Antisemitismus.

  13. 8.

    Guten Tag. Endlich,ein klares Statement für Jüdische Studenten an den Universitäten. BRAVO!

  14. 7.

    Werdet lauter, in unserer Gesellschaft darf niemand wegen seiner Religion verfolgt, ausgegrenzt oder angegriffen werden.
    Werdet lauter, in unserer Gesellschaft ist jeder Mensch in seiner Würde gleich.
    Werdet lauter, denn dieser Hass hat kein Fundament, er baut sich durch Desinformation auf.
    Werdet lauter, denn Hass ist eine Seuche, in der die Wahrheit untergeht.

    Immer mit unseren jüdischen Mitbürgern.

  15. 6.

    Auch ich schließe mich diesem Dank an.

    Das Grundproblem ist die vorgenommene "Kollektivhaftung", so, als wäre ein spezifisches Verhalten einer Regierung typisch und deckungsgleich mit allen sonstigen Verhaltensweisen, die vorfindbar sind.

    Allerdings findet sich derlei stereotypisches Denken auf beiden Seiten der mit Krieg eingedeckten Grenze und gebiert Ungeheuerlichkeiten.

  16. 5.

    Ich habe gelesen, dass ein Rabbiner in Frankreich Juden aufgefordert hat, das Land zu verlassen, aus Angst vor Menschen und ihrem Hass. Ich stelle mir immer die Frage, warum eigentlich Europäer, weltoffen, solidarisch, gleichberechtigt, humanistisch, fliehen sollten von dem Ort, der Heimat ist, der auch für viele Einwanderer der sicherste Ort der Welt darstellt? Da stimmt etwas nicht mehr und mir machen Menschen Angst, die diesen Konflikt ausnutzen, um den blanken Hass auf Menschen auszuleben in einer Art, die mir unbegreiflich ist. Ich möchte diesen Hass nicht in meinem Land, der gehört nicht zu uns. Wir müssen mittlerweile jüdische Menschen schützen, ihre Kultur, ihr Leben. Andere hingegen versuchen unsere Gesellschaft zu dominieren, mit Hass gegen uns, gegen unsere Mitbürger, diese Toleranz gegen Intoleranz ist mir unbegreiflich, da kippt etwas. Nie wieder ist immer und jetzt sollten wir lauter werden.

  17. 4.

    "Das Gebäude wurde während der Besetzung stark beschädigt. Auch das mit der Spitze nach unten gerichtete Dreieck, das von Sympathisanten der islamistischen Terrororganisation Hamas genutzt wird, wurde mehrfach an die Wände geschmiert."

    Es geht also manchen pro-palästinensischen Demonstranten nicht nur um Palästina, sondern auch um das Zeigen der Sympathie für die Hamas. Wenn sich die anderen Demonstranten in der Zukunft nicht stärker von diesen Menschen distanzieren und sich nicht eindeutig gegen die Hamas aussprechen, haben Sie jede Glaubwürdigkeit für mich verloren.

    Auch von mir ein Dankeschön an die Professoren für ihr Statement gegen Antisemitismus.

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