Regierungsbildung in Brandenburg - SPD setzt Sondierung mit Grünen, Linken und CDU fort

Mi 11.09.19 | 10:15 Uhr
  4
Clemens Rostock (l-r), Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, Erik Stohn, Generalsekretär der SPD Brandenburg, und Benjamin Raschke (Bündnis 90/Die Grünen), Abgeordneter im Landtag von Brandenburg, machen bei der Landesdelegiertenkonferenz ein Selfie.
Audio: Antenne Brandenburg | 11.09.2019 | Thorsten Sydow | Bild: dpa/Christoph Soeder

Kenia oder R2G? In Brandenburg sondieren die Parteien weiter, auf der Suche nach einer neuen Regierungskoalition. Die CDU hat ihren internen Streit beigelegt und hofft auf ein Bündnis mit SPD und Grünen. Dort sind die Erwartungen allerdings sehr unterschiedlich.

Nach dem personellen Neuanfang bei der CDU setzt die SPD ihre Sondierungsgespräche für eine künftige Regierungskoalition in Brandenburg fort. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Mittwoch in Potsdam: "Es geht darum, dass die Gespräche von letzter Woche noch weiter vertieft werden. Es haben sich bestimmte Punkte herausgeschält, in denen wir Einigung erzielen müssen."

SPD-Generalsekretär Erik Stohn kündigte an, dass seine Partei am Mittwoch zuerst mit Vertretern der CDU, dann mit der Linken und danach mit den Grünen sprechen werde. Die Gespräche würden ehrlich, offen und vertrauensvoll geführt. Als realistische Optionen gelten ein rot-schwarz-grünes Bündnis, das wegen der Farben auch "Kenia"-Koalition genannt wird, und ein rot-grün-rotes Bündnis. Die erste Variante hätte sechs Stimmen Mehrheit, die zweite nur eine Stimme.

Bereits am Mittwochabend haben CDU und Grüne miteinander gesprochen. Nach der Wahl von Jan Redmann zum neuen Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion versuchen die Christdemokraten eine neue Ausrichtung zu finden und sich als stabiler Regierungspartner zu präsentieren.

"Reinigendes Gewitter" in der CDU-Fraktion

Redmanns Vorgänger Ingo Senftleben war wegen eines Machtkampfes zwischen dem konservativen und dem liberalen Flügel als Landeschef zurückgetreten. Man wolle jetzt "unterschiedliche Meinungen stärker gelten lassen", sagte Redmann am Dienstagabend dem rbb. Es habe nach der Wahl ein "reinigendes Gewitter" in der Fraktion gegeben, das sei mit seiner Wahl zum neuen Fraktionsvorsitzenden nun vorbei, so Redmann weiter. Konflikte mit den Wortführern des konservativen Lagers um die die Abgeordneten Saskia Ludwig und Frank Bommert erwarte er nicht. "Ich habe schon das Gefühl, dass da ein gemeinsamer Geist entstanden ist", sagte Redmann dem rbb. "Da kann ich mich, glaube ich, auf alle 15 Abgeordneten verlassen." Bommert soll kommende Woche zum Vize-Fraktionschef gewählt werden.

Mit Blick auf die Sondierungsgespräche äußerte sich Redmann am Mittwochmorgen im rbb-Inforadio optimistisch. Im Bereich der Innenpolitik beispielsweise habe die SPD Forderungen, die sich mit denen der CDU deckten, in anderen Bereichen gebe es aber auch Unterschiede. "Wir wollen in den Sondierungsgespräche dafür sorgen, dass die CDU-Positionen, die wir erarbeitet haben, auch in den letzten Jahren in der Opposition gemeinsam mit Ingo Senftleben, voll zur Geltung kommen. Wir werden da nicht unsere Seele verkaufen, nur um die Aussicht zu haben, möglichst schnell in die Regierung zu kommen. Das ist nicht mein Ansatz." Über konkrete Schwerpunkte oder gar rote Linien wollte Redmann vor Beginn des Gesprächs keine Auskunft geben. Die beteiligten Parteien hatten für die Inhalte der Sondierungsgespräche Vertraulichkeit vereinbart.

Grüne zweifeln an Ausrichtung der CDU

Die SPD wertete die einstimmige Wahl Redmanns positiv. "Das war ein starkes Signal der CDU nach einem schlechten Wahlergebnis und tagelanger Unruhe", sagte SPD-General Stohn dem rbb. Nun werde man ausloten, ob eine stabile, gemeinsame Regierung möglich ist.

Die Grünen reagierten dagegen abwartend. Benjamin Raschke, Spitzenkandidat der Grünen, bezeichnete die Wahl Redmanns zwar als "erstmal gut". Allerdings sei unklar, wohin die Partei sich entwickelt. "Ob nach dem Weggang von Senftleben eine inhaltliche Neuaufstellung rauskommt, wissen wir nicht." Zuvor hatten die Grünen die CDU bereits davor gewarnt, politisch nach rechts zu rücken. Die Einstimmigkeit von Redmanns Wahl wertete Raschke als "Burgfrieden".

Redmann widersprach im Inforadio-Interview zwar dem Begriff des "Burgfriedens", gab sich aber auch den Grünen gegenüber offen, obwohl "die inhaltlichen Unterschiede zu den Grünen größer sind als zur SPD". Letzlich strebe er einer Verständigung der "drei Partner auf Augenhöhe" an. In Bezug auf den Strukturwandel in der Lausitz sagte Redmann: "Da gibts natürlich ein paar Unterschiede, aber vielleicht im Ziel [...] mit den Grünen auch Gemeinsamkeiten. Die wünschen sich am Ende ja auch nicht einen Strukturbruch in einer Region, sondern dass der Umgang mit dem Klimawandel unterm Strich ein Erfolg wird."

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.09.2019, 5:30 Uhr

4 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 4.

    Arithmetisch möglich wären Rot-Schwarz-Rot oder SPD-CDU-BVB. Irgendjemand in der Politik oder in den Medien scheint aber der Meinung zu sein dass ohne die Grünen keine Regierungsbildung möglich sein dürfe, da diese anderen Optionen gar nicht diskutiert werden? Ich sehe das anders, ich möchte nicht von den Grünen regiert werden weil sie die unvernünftigste Politik machen. Man sollte es ohne die versuchen.

  2. 3.

    Ach, mit wem soll denn noch koaliert werden? Die AfD in Regierungsarbeit bleibt wohl ein feuchter Traum der östlichen Bundesländer und das darf auch gerne so bleiben. Können ja nicht mal richtige Opposition! :'D

  3. 2.

    Anstatt wieder einmal Linien zu ziehen und "Mann und Maus" durchzuzählen bis zum Letzten hin, wäre es der demokratischen Kultur m. E. angemessener, weit mehr Abstimmungen freizugeben als es jetzt der Fall ist. Das bedeutete nichts anderes als die Aufhebung des faktischen Fraktionszwanges. Der Fraktionszwang ist zwar per BVerfG-Entscheidung als zulässig anerkannt worden - ob eines unterstellten Pragmatismusses wegen - d. h. aber nicht, ihn auch praktizieren zu MÜSSEN. Die Freigabe von Entscheidungen ist auf Bundesebene ja gerade bei bedeutenden Entscheidungen angewandt worden, sei es nun bei derHauptstadtfrage oder bei der Stammzellenforschung.

    Wenn so etwas Universelles wie der Klimaschutz ansteht, geht es immer um Überzeugungen. Auch und gerade individuelle. Dann hörte das Frontdenken als Sandkastenspiel ggf. auf.

  4. 1.

    Ohne die Grünen ist wohl gar nicht im Angebot? Das fänd ich schon wichtig.

Das könnte Sie auch interessieren