Hertha empfängt Köln - Der letzte Eindruck zählt
Vor dem letzten Spiel des Jahres sieht es düster aus für Hertha BSC. Die Mannschaft steht auf dem Relegationsplatz, der Verein hat Millionenverluste präsentiert. Gegen Köln hat Hertha die Chance auf einen guten letzten Eindruck. Von Dennis Wiese
Das Thema der Woche
Herthas dramatische finanzielle und sportliche Lage kurz vor der langen Winterpause ist ausführlich thematisiert worden. Im letzten Spiel des Jahres, im eigenen Stadion, hat Hertha gegen Köln (12.11.2022, 15:30 Uhr) noch die Chance, sportlich etwas zu reißen. Das Finanzielle dürfte am Tag im Mittelpunkt einer Mitgliederversammlung stehen.
Das Thema der Woche soll deshalb ein anderes sein - ein kulinarisches: Nach 35 Jahren hat der "Imbiss Olympische Brücke" geschlossen. Hertha-Fans aber auch Hymnen-Sänger Frank Zander oder der frühere Hertha-Torjäger und Manager Michael Preetz kamen gerne auf eine Currywurst oder Curryboulette bei Claudia Rose und ihrem Team vorbei. Mit 74 Jahren macht Claudia nun Schluss, schon am 28. Oktober wurde die letzte Wurst gebrutzelt. Mittlerweile wurde die Bude, auf Anordnung des Bezirks, abgerissen.
Die gute Nachricht: Der Imbiss wird als Container wieder aufgebaut, mit Pejman Darvish übernimmt ein langjähriger Stammkunde. Schon Mitte Januar, pünktlich zum Start der Rückrunde, soll es auf der Olympischen Brücke, wenige hundert Meter vom Olympiastadion entfernt, wieder Currywurst und Bierchen geben. Der neue Eigentümer hat sämtliche Geheimrezepte seiner Vorgängerin übernommen, auch das Menü soll sich nicht großartig ändern.
Der Gegner
Der 1. FC Köln hat einen Kult-Trainer: Den früheren Union-Stürmer Steffen "Baumi" Baumgart. Seine Markenzeichen an der Seitenlinie: graue Schiebermütze und T-Shirt - egal bei welcher Witterung. Mit dem wetterfesten Baumgart gelang Köln ein starker Saisonstart. Nach acht Spielen hatte der Effzeh schon dreizehn Punkte gesammelt. Diesem Europapokal-tauglichen Punktschnitt folgte zuletzt aber der Einbruch. Aus den dann folgenden sechs Partien in der Bundesliga holte Köln bis heute nur noch vier Punkte. In der Formtabelle sind die Rheinländer damit gleichauf mit Hertha. Beiden gelang ein Sieg, bei einem Unentschieden und vier Niederlagen.
Hertha-Trainer Sandro Schwarz sagte bei der Spieltagspressekonferenz am Donnerstag, dass er eine echte Baumgart-Elf erwartet: "Die Mannschaft trägt ganz klar Baumis Handschrift: Sie ist sehr laufstark, verteidigt hoch. Es wird ein intensives Spiel", so Schwarz.
Ein historisches Duell
Am 26. September 1969 hat Hertha BSC mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln für einen Bundesligarekord gesorgt: 88.075 Zuschauer waren damals im Olympiastadion dabei - so zumindest die offizielle Zahl. Diese 88.075 Zuschauer bedeuten bis heute die Rekordkulisse für ein Spiel der Fußball-Bundesliga. Augenzeugen gehen sogar von mehr als 90.000 Besuchern im Olympiastadion aus, selbst die Zahl von 120.000 Menschen geistert durch die Archive.
Herthas gute Ergebnisse zum Saisonstart und ein starker Gegner am Freitagabend sollen zum großen Andrang geführt haben. Schon im Vorverkauf soll es zu Fehlern gekommen sein, Karten wurden teilweise mehrfach verkauft. Zudem sollen mehrere tausend Fans über Zäune geklettert und so ins Stadion gelangt sein.
Die Spieler empfanden die Atmosphäre als großartig: "Die Stimmung war bombastisch", sagte Herthas damaliger Spielmacher Lorenz Horr einst dem SFB. Durch ein Kopfballtor von Wolfgang Gayer gewann Hertha das Rekordspiel gegen Köln mit 1:0.
Die erwartete Aufstellung
In den letzten beiden Spielen setzte Trainer Schwarz auf die identische Startelf. Sowohl gegen den FC Bayern als auch in Stuttgart am Dienstagabend setzte Herthas Coach auf ein 4-4-2-System. Gut möglich, dass er auch gegen Köln so spielen lässt.
Wechsel sind aber denkbar. Anstelle von Boetius könnte Ejuke zurück in die Startelf rutschen, Kanga könnte für Selke von Beginn an starten.
So könnte Hertha beginnen: Christensen - Kenny, Rogel, Kempf, Plattenhardt - Richter, Tousart, Serdar, Ejuke - Lukebakio, Kanga
Unsere Prognose
Pünktlich zum großen Finale müssen Herthas Gute-Laune-Kickern die Bilanz ziehen: Stimmung und Fußball sind besser als in den Vorjahren - die Ergebnisse aber schlechter. Elf Punkte nach vierzehn Spielen sind eine katastrophale Ausbeute. Schwächer waren die Blau-Weißen zuletzt in der Abstiegssaison 2009/2010. Damals waren es gerade einmal fünf Zähler aus vierzehn Spielen.
Trainer Sandro Schwarz glaubt trotzdem an seine Mannschaft: "Wenn ich die Gruppe jeden Tag sehe, wenn ich sie in den Spielen sehe, dann gibt mir das viel Energie. Es ist mein allergrößter Wunsch, dass wir uns in Teilbereichen verbessern und gemeinsam belohnen. Es wäre ein guter Zeitpunkt, das am Samstag zu haben. Wir haben die Qualität, das Spiel zu gewinnen."
An diesem Wochenende entscheidet sich, auf welchem Tabellenplatz Hertha die kommenden zwei Monate überwintern wird. Mit einem Sieg gegen formschwache Kölner könnte die Mannschaft für ein halbwegs versöhnliches Jahressende sorgen. Ein Druck, mit dem das Team bisher nicht zurechtkommt. Auch gegen Köln gibt es kein Happy End.
Unsere Prognose: 1:1
Sendung: rbb24, 10.11.22, 18 Uhr