Versteifung bei abrupter Bewegung - Berlin-Brandenburger Unternehmen arbeitet an "Socke" gegen Knöchelverletzungen
Das Sprunggelenk macht vielen Profisportlern immer wieder Probleme. Ein Unternehmen aus Berlin und Brandenburg arbeitet seit Jahren an einer Bandage, die dieser Verletzung vorbeugen soll. Inzwischen ist auch die NBA auf das Produkt aufmerksam geworden. Von Lynn Kraemer
Ein unachtsamer Moment auf dem Spielfeld und schon ist man umgeknickt. Profisportler, die mit Sprunggelenksverletzungen zur Bank humpeln oder getragen werden müssen, sind vor allem in Teamsportarten kein seltenes Bild. Immer wieder tragen Spieler dicke Bandagen, um der Verletzung vorzubeugen. Diese aber schränken oft die Bewegungsfreiheit ein. Das Berlin-Brandenburger Unternehmen Betterguards arbeitet seit 2014 daran, eine effektivere Lösung zu finden. Inzwischen haben sie ein Produkt auf den Markt gebracht, das die Verletzungsgefahr verringern könnte.
Hohes Verletzungsrisiko im Handball und Basketball
Im Basketball und Handball verletzen sich Profisportler am häufigsten am Sprunggelenk. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) veröffentlicht jährlich den sogenannten "Sportreport", in dem das Verletzungsgeschehen in den Profiligen von Basketball, Eishockey, Fußball und Handball analysiert wird. In der aktuellen Ausgabe, die sich mit der Saison 2019/20 beschäftigt, lagen Verletzungen am Sprunggelenk im Basketball mit 18,2 Prozent auf Platz eins vor dem Kniegelenk (13,5 Prozent) und dem Oberschenkel (10,4 Prozent). Die Verletzung trat meistens dann auf, wenn es zu einer Fuß-auf-Fuß-Kollision mit dem Gegenspieler kam.
Im Handball bot sich ein ähnliches Bild. Auch dort standen Sprunggelenksverletzungen auf der eins (14,6 Prozent) vor dem Kniegelenk (13,7 Prozent) und der Hand (9,7 Prozent). Auch im Fußball und Eishockey war die Verletzung noch unter den Top zehn.
Produkttests mit Sportlern
Um diese Zahl zu senken, hat das Unternehmen Betterguards über Jahre hinweg mit Sportlern an verschiedenen Prototypen gearbeitet. Wer häufig Bänderprobleme hatte, konnte sich als Produkttester melden. Alexander Coßmann kam das erste Mal als Jungspieler für die Füchse Berlin mit dem Unternehmen in Berührung: "Ich hatte am Anfang Einlagesohlen mit einem ziemlich großen Adapter an der Seite", beschreibt er die ersten Versuche, mithilfe eines halbflexiblen Stifts Gelenkstützen zu schaffen. "Dann ging es so weiter, dass ich Schuhe hatte, in die das direkt eingenäht wurde. Und dann kamen die ersten Bandagen." Das aktuelle Produkt von Betterguards sei deutlich dünner, sagt Coßmann, der inzwischen für den Wilhelmshavener HV spielt und im Marketing der Firma arbeitet. "Das ist im Prinzip wie eine Socke, die man drüberzieht."
Der Gelenkschutz von Betterguards kann als eine Art Sicherheitsgurt für das Gelenk verstanden werden. Während die üblichen Bandagen das Gelenk meist mit starrem Plastik in einer Position halten, bewegt sich der Berliner Gelenkschutz mit. Der Fuß und Knöchel werden durch mehrere breite Bänder umschlossen. Die Bänder sind alle mit einem kleinen Kolben an der Knöchelaußenseite verbunden. Im diesem Kolben des Gelenkschutzes befindet sich ein besonderes Fluorid, das nur bei starken Bewegungen hart wird. "Er dehnt sich und komprimiert sich, als wäre er gar nicht da", beschreibt Kevin Struck, der als Werkstudent die Produkttests betreut, den Vorgang. "Ab einer gewissen Geschwindigkeit sperrt der Adapter." Dann versteifen auch die Bänder der Bandage und schützen das Gelenk vor dem Umknicken. Ähnlich wie ein Autogurt lässt die Bandage nach der abrupten Bewegung wieder locker. Betterguards hat sich die Technologie patentieren lassen.
Die Belastbarkeit der Bandage und des Kolbens testet das Unternehmen weiterhin, beispielsweise mit einer sogenannten Umknick-Plattform. "Da steht ein Proband oder eine Probandin drauf und die Platte fährt sehr schnell nach unten. Und wir messen dann zeitgleich den Fußgelenkswinkel und schauen, wie schnell die Bandage auslöst", sagt Struck, der für die Füchse Berlin spielt. Die Platte knickt bis zu 30 Grad um. Für spitzere Winkel gibt es ein Sprunggelenksmodell, damit sich niemand verletzt.
Nationales und internationales Interesse
Mit Bounce House, der Dachmarke der Volleyball-Bundesliga der Männer, hat das Unternehmen bereits eine Kooperation. Langfristig erhofft es sich auch Verträge mit einzelnen Teams und anderen nationalen Ligen - und natürlich auch Abschlüsse auf dem internationalen Markt. Im Sommer wurde Betterguard von der NBA in die USA eingeladen. Die amerikanische Basketball-Profiliga sichtet jährlich Unternehmen, die für ihren Sport interessant sein könnten und nimmt die vielversprechendsten in ein Portfolio auf. Sollte sich das Produkt bewähren, könnte die Bandage schon bald an den Knöcheln von verschiedenen Profis auftauchen.
Sendung: rbb24, 08.12.2022, 21:45 Uhr