Teamcheck | Hertha BSC - Die fehlenden letzten Prozente herauskitzeln

Mo 09.01.23 | 10:17 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Dodi Lukebakio und Sandro Schwarz arbeiten seit Sommer bei Hertha BSC zusammen. (Quelle: IMAGO/Juergen Engler)
Bild: www.imago-images.de

Ab dem 21. Januar geht es für Hertha BSC in der Bundesliga weiter. Die Berliner befinden sich trotz vieler guter Ansätze erneut im Abstiegskampf. rbb|24 blickt auf die bisherige Saison und zeigt auf, wo es unter Trainer Sandro Schwarz noch hakt. Von Marc Schwitzky

Zu selten belohnt - So liefen die ersten 15 Spieltage

Nach drei Chaosjahren, die jeweils im Abstiegskampf endeten, hatte sich Hertha BSC für 2022/23 vorgenommen, endlich wieder Schritte vorwärts statt rückwärts zu machen und eine möglichst ruhige Saison zu spielen. Nach einer sehr turbulenten Transferphase und einem erneuten Umbruch mit insgesamt 30 Personalentscheidungen stolperte die "alte Dame" etwas ungelenk in die neue Saison. Das erste Pokalspiel gegen Zweitligist Eintracht Braunschweig und den Bundesliga-Auftakt gegen Stadtrivale Union Berlin verlor Hertha jeweils enttäuschend.

In den darauffolgenden Spielen präsentierten sich die Blau-Weißen jedoch deutlich verbessert. Teilweise spielte Hertha regelrecht mitreißenden, mutigen Fußball, der auch vermeintlich überlegene Gegner in arge Bedrängnis brachte. Nur: die Punkte blieben zu oft aus. Von den ersten zehn Saisonspielen konnte nur eins (2:0 gegen Augsburg, 5. Spieltag) gewonnen werden, acht Zähler sprangen bis dahin heraus. Immer wieder konnte Hertha den von Schwarz geforderten Fußball zeigen. Und doch verhinderten eine schwache Chancenverwertung, Flüchtigkeitsfehler im letzten Angriffsdrittel und individuelle Defensivpatzer beinahe schon tragisch mehr Dreier.

In den letzten fünf Spielen vor der WM-Pause glichen sich die Leistungen etwas den vorherigen Ergebnissen an. Die Berliner fuhren Siege gegen den FC Schalke 04 und dem 1. FC Köln ein, die Hertha (denkbar knapp) über den Abstiegsrängen halten. Nach den ersten 15 Spielen bleibt der Eindruck, dass Trainer Schwarz bereits vieles anstoßen konnte. Die Stimmung im und rund um den Verein ist nach wie vor gut, dennoch bleibt die Binsenweisheit: Bleiben die Punkte weiter in dieser Form aus, könnte das Chaos Hertha schnell wieder einholen. 14 Punkte nach 15 Spielen sind schlicht zu wenig.

Hertha verschlankt den Kader - Wer kommt, wer geht

Anders als in den vergangenen Jahren ist Herthas Kader keine riesige Baustelle mehr. Zwar gibt es Positionen, die nicht optimal besetzt sind, eklatante Qualitätslücken tun sich aber kaum noch auf. Schwarz und Bobic haben es geschafft, dass sich allmählich eine Achse findet, die in dieser Zusammensetzung womöglich noch einige Jahre zusammenspielen kann.

Im Winter war es daher viel eher der Auftrag, sich von Spielern ohne großen sportlichen Wert zu trennen. Vladimir Darida und Davie Selke, beide nur Ersatzspieler, wurden vorzeitig aus ihren im Sommer 2023 auslaufenden Verträgen gelassen, um Gehalt zu sparen. Auch Dong-jun Lee und Frederik Björkan durften den Hauptstadtklub verlassen, da sie keine Rolle in den Planungen der Verantwortlichen spielten. Eigengewächs Linus Gechter wird leihweise Profi-Erfahrung bei Eintracht Braunschweig sammeln. Auch Deyovaisio Zeefuik wird verliehen, er schließt sich für die Rückrunde Hellas Verona an.

Damit könnten die Transferplanungen der Blau-Weißen bereits abgeschlossen sein. Die Verpflichtungen von Fabian Reese und Florian Niederlechner, die erst im kommenden Sommer und damit ablösefrei an die Spree kommen, deuten darauf hin, dass die Verantwortlichen weiter konsequent den Sparkurs verfolgen und dem bestehenden Kader vertrauen (müssen). Einzig im zentralen Mittelfeld könnte sich noch etwas tun, da Hertha hier die fehlende Breite bei nur einer langfristigen Verletzungspause auf die Füße fallen könnte. Passend wurde vor kurzem der Suat-Serdar-ähnliche Aissa Laidouni mit den Berlinern in Verbindung gebracht.

Schwarz hinterlässt ersten Fußabdruck

Mit seinem Amtsantritt im vergangenen Sommer übernahm Sandro Schwarz nicht weniger als eine Mammutaufgabe. Der Ex-Mainz- und Moskauer sah sich mit vielen Problemen konfrontiert. Es galt, aus einer von Jahren im Abstiegskampf zerrütteten Mannschaft eine Einheit mit funktionierendem Teamgeist zu schmieden, aus einem übergroßen Kader eine stabile Achse zu filtern und bei der Etablierung eines Spielstils bei null anzufangen. Schwarz sagte zu Beginn seiner Amtszeit, er habe "große Lust, den Neustart bei Hertha BSC mitzugestalten".

Nach 15 gespielten Bundesliga-Partien lässt sich festhalten, dass Schwarz bereits merklich viel gestaltet hat. Schnell war sein positiver Einfluss auf das Mannschaftsgefüge zu spüren, sowohl das Kollektiv als auch einzelne Spieler wie beispielsweise Dodi Lukebakio wirkten deutlich befreiter als in den Vorjahren. Auch seine fußballerische Vision fand recht schnell Entfaltung. Das schnelle, mutige Konterspiel mit Gegenpressing-Elementen zeichnet Hertha weite Teile der bisherigen Hinrunde aus. Besonders gegen den Ball haben sich bereits viele Abläufe eingeschliffen, so haben bislang nur sechs Bundesligisten weniger Tore als Hertha kassiert.

Die Identität, die wir aufgebaut haben, die sieht man, die fühlt man, die spürt man. Aber natürlich sind wir mit der Punkteausbeute nicht zufrieden.

Hertha-Trainer Sandro Schwarz

Offensiv ist Schwarz‘ Handschrift ebenfalls erkennbar, der Ball wird schnell und geradlinig nach vorne gebracht. Oftmals fehlt es dem Angriffsspiel noch an der entscheidenden Präzision, so dass Vorstöße versanden. Hier sind jedoch weniger die Abläufe als vielmehr individuelle Entscheidungsfindung und Technik das Problem.

Mit seiner positiven und klaren Art steht Schwarz Hertha kommunikativ gut zu Gesicht. Die Zusammenarbeit mit der Mannschaft, Manager Bobic und Präsident Kay Bernstein vermittelt einen homogenen, freudigen Eindruck. "Die Identität, die wir aufgebaut haben, die sieht man, die fühlt man, die spürt man. Aber natürlich sind wir mit der Punkteausbeute nicht zufrieden", resümiert Schwarz selbst.

Erwartungen für die Restsaison

Gute Stimmung im Verein und bei den Fans, eine leidenschaftliche Mannschaft und eine klare, fußballerische Weiterentwicklung – bei Hertha BSC scheint vieles in die richtige Richtung zu gehen. Einzig das Punktekonto macht derzeit größere Sorgen. Hertha steht nach 15 Spieltagen punktgleich mit dem Relegationsrang da, Platz 17 hat nur einen Zähler weniger. Die Mission ist somit klar: Die guten Leistungen müssen öfter in Punktgewinnen münden, um nicht erneut knietief im Abstiegskampf zu versinken. Alle Voraussetzungen dafür sind gegeben, der Ergebnisdruck jedoch ebenso.

Es wird ein Drahtseilakt für Hertha, die positive Entwicklung rechtmäßig hervorzuheben und trotz fehlender Ergebnisse nicht in Panik zu verfallen, um nicht vom eingeschlagenen Weg abzukommen, gleichzeitig aber den kritischen Blick auf die Tabellenposition zu behalten und Kurskorrektur einzuleiten.

Sendung: rbb|24 Inforadio, 08.01.2023, 14 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

2 Kommentare

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  1. 2.

    Kann man 80% "herauskitzeln"? ;-)

  2. 1.

    Ich bin echt am Zweifeln,ob es Besser wird.Mehr Unruhe in Punkto Bobic,Neuer Geldgeber,Spieler die ihre Motivation noch suchen.Naja jeder hat auch eine 10.te Chance Verdient.

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