Unions Ausscheiden im Pokal in der Analyse - Die große Ratlosigkeit

Mi 05.04.23 | 06:38 Uhr | Von Till Oppermann
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Morten Thorsby enttäuscht nach Spielende (Quelle: imago/O.Behrendt)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.04.2023 | Dennis Wiese | Bild: imago/O.Behrendt

Nach dem Pokalaus im Viertelfinale suchen die Eisernen nach Erklärungen für einige schwache Leistungen in Serie. Auch gegen Frankfurt zeigte Union nicht das gewohnt intensive Spiel. Der Gegner nutzte das eiskalt aus. Von Till Oppermann

Unter der Woche Fußball zu spielen, mache süchtig, sagte Rani Khedira einige Tage vor Union Berlins DFB-Pokal-Viertelfinale bei Eintracht Frankfurt. Nachdem er und seine Mannschaft ebenjenes Viertelfinale verdient mit 0:2 verloren haben, ist klar, dass Khedira auf seinen Suchtstoff erstmal verzichten muss.

"Es ist sehr enttäuschend, für solche Spiele lebt man", klagte Khedira. Knapp drei Wochen nach dem chancenlosen Aus in der Europa League haben sich die Eisernen auch aus dem DFB-Pokal verabschiedet – erneut zeigten sie dabei eine schwache Leistung und schafften es nicht, ihr typisches Spiel auf den Platz zu bringen.

Führungsspieler wissen nicht weiter

Woran das lag? Er könne es nicht erklären, schimpfte Khedira und auch Mannschaftskapitän Christopher Trimmel zeigte sich ratlos: "Ich weiß es selbst nicht, das ist komisch." Dabei kam Unions schwache Vorstellung keineswegs überraschend: "Zum dritten Mal hintereinander spielen wir eine katastrophale erste Halbzeit."

So deutlich kritisiert selbst der selbstkritische Khedira selten, zumal die Eisernen die beiden anderen angesprochenen Spiele mit schlechter erster Halbzeit in der Liga gegen Stuttgart und ebenfalls Frankfurt noch gewonnen hatten.

Union fehlt die Aggressivität

Aber er hat Recht, möchte man besonders kritisch sein, kann man auch das Auswärtsspiel in Belgien in die Analyse einbeziehen und kommt schon auf vier Spiele in Serie, in denen die Unioner insbesondere in der Defensive nicht annähernd das auf den Platz brachten, was sie über weite Strecken der Saison zum wohl unangenehmsten Gegner der Fußball-Bundesliga gemacht hat.

Wenig Intensität, kaum Balldruck und entscheidende Zweikämpfe, die die Mannschaft verliert, resultieren in klaren Chancen für den Gegner. Hätte Eintracht-Angreifer Borre in der 20. Minute nicht hauchzart im Abseits gestanden, hätte es bereits zu diesem Zeitpunkt 3:0 für die Hessen gestanden. Man werde knallhart in der Analyse sein, versprach Khedira und fand schließlich doch noch einen Grund: "Insgesamt waren wir nicht aggressiv genug und haben die Eintracht genau das machen lassen, was sie stark macht."

Frankfurt hebelt Union mit zwei Mitteln aus

Bei aller Wut über ihren enttäuschenden Auftritt vergaßen die Unioner nicht, ihren Gegner zu loben. Die kombinationsstarken Frankfurter spielten sich zahlreiche Chancen heraus. Dabei setzten sie auf zwei taktische Mittel, die den Berlinern besonders große Probleme bereiten. So nutzten die Frankfurter Unions fehlende Intensität im Anlaufen und in den Zweikämpfen aus, indem sie immer wieder in den dadurch offenen Raum zwischen Abwehrkette und Mittelfeld spielten.

Das wiederum führte dazu, dass sich Unions Reihen nach und nach zu einer Linie verdichteten. Schon in der zehnten Minute nutzte Frankfurt das mit dem zweiten Mittel gnadenlos aus: Vorlagengeber Mario Götze startete in die Tiefe und wurde durch einen Chipball hinter die kaum noch zu unterscheidende Mittelfeld-Abwehr-Schlange freigespielt, bevor er mit der Hacke auf den Torschützen Randal Kolo Muani ablegte.

Frankfurt verfolgt Plan – Grill patzt

Hätte Union verteidigt wie gewohnt, wäre dieses Tor – bei aller Genialität von Götze und Kolo Muani – eher nicht möglich gewesen: Der Passgeber des Chips auf Götze wäre gestört worden und die Staffelung der Innenverteidiger hätte den Tiefenlauf unterbunden. Zumindest geschah es so in den meisten Spielen dieser Saison.

Dass Frankfurt-Coach Oliver Glasner seine Mannschaft ganz bewusst auf gechippte Pässe hinter die Kette eingeschworen hatte, zeigte dann Kolo Muanis zweites Tor. Diesmal lupfte Götze hinter die Abwehr und der Franzose veredelte mit einem weiteren Heber. Mit einer Einschränkung: Ohne einen aberwitzigen Ausflug von Torwart Lennart Grill, der erneut Frederik Rönnow vertrat, wäre das Tor nie gefallen. Grills zweiter Fehler im Rauslaufen in kurzer Zeit, nachdem er gegen Stuttgart noch von einem Handspiel des Gegners gerettet wurde.

Weiter zu unkreativ

Auch danach kam Union nicht auf die Beine. Den ersten Schuss auf das Tor von Frankfurts Torwart Kevin Trapp feuerte Sheraldo Becker in der 63. Spielminute ab und "abfeuern" ist hier ein großes Wort, denn der Nationalkeeper wählte zwar die Arme, aber hätte den Abschluss auch problemlos mit der Innenseite stoppen können.

"Wenn du früh zwei solche Tore bekommst, dann hat die Auswirkungen", sagte Trainer Urs Fischer. Deshalb wechselte er schon zur Halbzeit dreifach. Aber auch mit einer offensiveren Aufstellung mit Sven Michel, der neben Kevin Behrens und Becker der dritte Stürmer auf dem Feld war, kam Union nicht zu Chancen gegen eine Frankfurter Mannschaft, die sichtlich froh war, nicht mehr ihr Tempo aus der Anfangsphase gehen zu müssen.

Obwohl Union viel Raum hatte, kam wenig zustande. Es häuften sich schwache Distanzschüsse und Fehlpässe. Dafür fehlt in Ballbesitz weiter ein Plan, der über das Gewinnen von zweiten Bällen und Standards hinausgeht. Christopher Trimmel sagte zurecht: "Da müssen wir uns entwickeln, sonst wird es schwierig mit unserem Saisonziel." Zum Glück haben die Unioner sich in den letzten Wochen trotz mäßiger Leistungen mit ihrem Kampfgeist bereits einen Vorsprung im Kampf um den Europacup erarbeitet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.04.2023, 05:00 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

16 Kommentare

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  1. 16.

    Zitat: "So mancher Union Spieler hat ganz offensichtlich gedacht, nach 7 sieglosern Spielen putzt man die Eintracht einfach mal nebenbei ohne großen Aufwand weg."

    Das ist wohl eine der gröbsten Fehleinschätzung, die man hier jemals lesen musste. Der FCU ist mit (zu?)viel Respekt ins Spiel gegangen und hatte schon Anfangs etwas Flatter - das war doch eindeutig zu erkennen.

    Schon das Heimspiel vor zweieinhalb Wochen gegen die SGE hätte 'normalerweise' anders ausgehen 'müssen' - wenn das Spielglück nicht auf Seiten des FCU gewesen wäre. Die Frankfurter haben ihre nicht wenigen Chancen in der 1. HZ. einfach nicht reingemacht; wozu die Abwehr und Rönnow natürlich auch ihr Scherflein beigetragen haben. Dann kam FCU wieder mal stark aus der Kabine und hat auch von eklatanten Abwehrfehlern der Adler profitiert.

    Von Überheblichkeit beim gestrigen Auftritt kann also überhaupt nicht die Rede sein. Zumal der Trainer sowas nicht mal einen Anflug zulassen würde, Frank.

  2. 15.

    "Es kann nur an der Einstellung liegen.
    Oder doch Überheblichkeit..."

    Als neutraler Zuschauer hatte ich in der ersten Halbzeit genau diesen Eindruck. So mancher Union Spieler hat ganz offensichtlich gedacht, nach 7 sieglosern Spielen putzt man die Eintracht einfach mal nebenbei ohne großen Aufwand weg. Wenn selbst Fußballopa Hasebe mit ihnen nicht mal den Ansatz von Problemen hat ...

    Generell vernachlässigt die ganze Lobhudelei um die gute Frankfurter Offensive, daß die Abwehr hervorragernd gespielt und Union nicht den Hauch einer Chance gelassen hat.

  3. 14.

    Kann mich gerne wiederholen: die Luft ist raus…

  4. 13.

    Pokal unter besten 8, EC -Ajax geschlagen. Meisterschaft unter besten 8. Jetzt noch 9pkt. holen.
    Dann geht es wieder darum den Klassenerhalt zu sichern.
    Versuchen aus den verlorenen Spielen zu lernen . ( siehe Freibrg. In München.
    Hätte das einer vor der Saison......
    Auf geht's
    U.N.V.E.U.

  5. 12.

    Interviews gehört oder gelesen?
    Selbst die Feststellung der Spieler und des Trainers, dass man sch... gespielt hat, ist Selbstkritik! Sie machen mir Spaß ;-)

    ich lehne weder hämische Kommentare zu Union ab, noch erzürne ich mich darüber, wie Sie meinen. Im Gegenteil, sind sie doch Bestätigung, dass Union vieles richtig macht und manches noch besser machen kann. Ein Spiel wie gestern ruft dann eben Neider und selbsternannte Fachleute auf den Plan, die nur darauf warten, dass Union mal eben nicht gut spielt. Bei anderen muss man da nicht warten, die geben regelmäßig Anlass ;-)
    made my day

  6. 11.

    .. das kommt davon wenn die Roten in Schwarz spielen! Die DM ist ja noch in Reichweite.

  7. 10.

    Wo ist Selbstkritik - Wenn Sch... gespielt wird, ist das höchstens eine Feststellung ...

    UND
    Genau wie Sie hämische Kommentare zu Union ablehnen und sich darüber erzürnen, ist LACHHAFT
    An die EIGENE NASE fassen - IHRE Kommentare zu Hertha BSC sind doch ähnlich

  8. 9.

    ich empfand die Leistung nicht als peinlich, sie war schlecht im Vergleich zu dem, was die Mannschaft eigentlich kann. Peinlich sollte Ihnen Ihr Kommentar sein ;-)

    Lennart Grill ist der 1. Ersatz-Torhüter mit leider noch wenig Spielpraxis. Kein Wunder bei einem überragenden Frederick Rönnow. Gegen Stuttgart mit guter Leistung. Diesmal eben weniger gut. Fehler macht jeder. Sie nicht? noch nie aktiv auf dem Platz gestanden? anders nicht zu erklären.

  9. 8.

    Man kann in Frankfurt verlieren, nur der Auftritt war peinlich. Warum Grill einen Vertrag bekommen hat, ist für mich ein Rätsel. Steht der im Tor, passt sich die Mannschaft seiner Leistung an.

  10. 7.

    Was ist passiert?
    Union ist ausgeschieden.

    Was ist der status quo?
    Union spielt um die Champions League!

    In Summe.
    Pure Wahnsinn geht weiter. Passiert ist nichts. Zumindest nichts negatives.

    Die Europaleague zu verspielen ist bei diesem Vorsprung nahezu unmöglich.

    Liebe Unioner*innen,
    die Erwartungen (Klassenerhalt) wurden jetzt schon wieder um Längen übertroffen. Die Doppelbelastung wurde und wird gut gemeistert.

    Rot-weiße Grüße von einem Berliner Lautern-Fan!

  11. 6.

    Die Selbstkritik spricht für die Mannschaft und ich bin sicher, sie wird daraus lernen. Sicherlich wird es immer mal wieder ein solches Spiel geben, indem man nicht das auf den Platz bringt, was man kann und sich vorgenommen hat. Wen wundert das bei den gegebenen Voraussetzungen und in dieser Saison.

    Wichtig ist die Lockerheit zu behalten bzw. wiederzufinden, mit der man mehr als ein Mal auch starke Gegner ärgern konnte. Dazu braucht es weder diese "Anal-yse" noch gute Ratschläge aus der Regionalliga oder von Investoren-Konstrukten, die ums Überleben kämpfen.
    Ich bin stolz auf meinen Verein!
    Eisern

  12. 5.

    Als Union-Fan ist man schon so erfolgsverwöhnt wie bei den Bayern. Wenn mal was nicht klappt - UNIONER stehen und feiern trotzdem Ihren Verein - legt die Presse gleich ein riesiges Desaster auf. Aber hey - dann schaut man auf die Tabelle (das einzig wichtige) und sieht wieder eine massive Steigerung zu den vorhergehenden Saisons.

  13. 4.

    Schade aber selbst Schlud bei der Leistung daß war ein Wort mit X Nix

  14. 3.

    Es kann nur an der Einstellung liegen.
    Oder doch Überheblichkeit, wenn vorher über Kolo Muani und Götze gewarnt wird und genau diese beiden machen dürfen was sie wollen?!
    Dazu noch ein unsicherer Torwart und schon liegst du 0:2 zurück.

    Das Fischer zur Pause(!) dreimal (!!) wechselte war Aussage genug. Wenn das noch achtmal in der Liga passiert, ist sogar die Euroleague in Gefahr, schon in Dortmund wird es sehr schwer werden.
    Auch ohne BVB-Schwalben…

  15. 2.

    Na ja, wenn man sein Saisonziel Klassenerhalt geschafft hat, da kann schon mal der nötige Ehrgeiz für Mehr, verloren gehen.

  16. 1.

    Die Erwartungen werden immer höher geschraubt. Und wie jede Mannschaft, geht oft eine spielerische Krise mit einher.
    Wo vorher kompromisslos verteidigt wurde, und der Ball schnell nach vorne ging, wird jetzt mit "klein-klein" versucht den Ball über viele Stationen aus dem Strafraum zu spielen.
    Und das wird nun ausgenutzt und führt zu Unsicherheiten.
    Wir können stolz sein. Sollten aber auch auf dem Boden bleiben. Denkt daran, was übermäßige Erwartungen am Beispiel der alten Dame anrichten können.

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