2. Bundesliga - Hertha will die Revanche gegen das Abwehrbollwerk
Hertha BSC will am Samstag beim SV Wehen Wiesbaden die Niederlage aus dem Hinspiel vergessen machen. Offensivspieler Fabian Reese fällt weiterhin aus, aber nicht nur deshalb könnte das Spiel für das Team von Pal Dardai zur Geduldsprobe werden.
Fakten zum Spiel
- Hertha BSC bestreitet erstmals ein Pflichtspiel im Stadion von Wehen Wiesbaden
- Das Hinspiel verlor Hertha mit 0:1, Lasse traf für den SVWW in der Nachspielzeit
- Wehen Wiesbaden feierte drei Heimsiege in dieser Saison, dazu drei Remis und zwei Niederlagen
- Die letzten drei Auswärtsspiele hat Hertha nicht verloren, letzte Niederlage Ende Oktober in Nürnberg (1:3), insgesamt ist Hertha zehn Pflichtspiele ungeschlagen
- Wehen Wiesbaden ist seit fünf Spielen sieglos in der 2. Liga
So läuft es sportlich für Wehen Wiesbaden
22 Punkte nach 18 Spielen stehen für Aufsteiger Wehen Wiesbaden aktuell zu Buche. Auf den ersten Blick ist die Mannschaft von Trainer Markus Kauczinski voll im Soll, der Relegationsplatz weiterhin fünf Punkte entfernt, zumal die Hessen in dieser Saison nie auf einem Abstiegsrang standen. Der Trend beim SVWW zeigte zuletzt aber deutlich nach unten. Stand man am 13. Spieltag noch auf Platz 7, befindet sich die Mannschaft fünf sieglose Spiele später auf Rang 13. Der letzte Sieg in der Liga datiert vom 12. November gegen Kaiserslautern (2:1).
"Für uns als Aufsteiger geht es nur darum, den Klassenerhalt zu sichern", sagt Gunnar Schmid, Podcaster und Blogger des SV Wehen Wiesbaden, auch wenn der Verein in dieser Saison schon häufiger die großen Klubs der zweiten Liga ärgern konnte. Da wäre etwa der 3:1-Auswärtssieg in Düsseldorf und der Punktgewinn beim Spitzenreiter St. Pauli. "Das Unentschieden auf St. Pauli war ein Highlight, da sind wir mit einem richtig guten Gefühl in die Winterpause gegangen", sagt Schmid, der insgesamt zufrieden mit der bisherigen Saison des SVWW ist.
Prunkstück der Mannschaft ist die Abwehr, und hier heißt der große Rückhalt Florian Stritzel. Der Torhüter ist laut dem Fachmagazin kicker momentan der notenbeste Zweitliga-Keeper, spielte in dieser Saison bereits viermal zu Null, darunter auch beim 1:0-Sieg gegen die Hertha im Hinspiel. Der 29-jährige hat eine starke Präsenz im Strafraum, strahlt zudem Sicherheit in der Luft und auf der Linie aus. Zusammen mit dem dänischen Abwehrchef Marcus Mathisen, Verteidiger Sascha Mockenhaupt und dem 2,01 Meter großen Innenverteidiger Aleksandar Vukovic verfügt der SV Wehen Wiesbaden über eine Abwehrreihe, an der sich schon zahlreiche Teams der 2. Liga die Zähne ausgebissen haben.
Aufstiegstrainer Markus Kauczinski genießt durch die defensive Stabilität der Mannschaft großes Vertrauen im Umfeld des Vereins. "Man sieht bei ihm eine stetige Weiterentwicklung", meint Schmid, wobei es im Offensivspiel durchaus noch Luft nach oben gebe.
Das bewegt die Fans
Defensiv zwar sehr solide, doch in der Offensive zu häufig blass. Ein Fakt, der den Fans der Hessen Sorge bereitet. Beim 0:1 am vergangenen Spieltag in Magdeburg erspielte sich der SVWW kaum Torchancen. Deshalb hofft man in der Fanszene auf Verstärkungen für die Offensive. Ein bisschen Geld dafür sollte auch da, konnte man letzten Sommer zwei Millionen Euro Ablöse für Benedict Hollerbach für seinen Wechsel zum 1. FC Union erzielen. "Ein solcher quirliger Stürmer fehlt uns", meint Schmid.
Die geringe Breite des Kaders sei ein weiteres Problem: "Auf der Bank hast du zu wenig Qualität. Wenn aus der ersten Elf ein, zwei Spieler fehlen, dann merkt man das deutlich", sagt Schmid.
Auf diese Spieler muss Hertha achten
"Unser Stürmer Ivan Prtaijin ist in der Luft unheimlich stark. Wenn da eine vernünftige Flanke kommt, dann wird es immer gefährlich", sagt Gunnar Schmid. Dahinter verfügen die Hessen mit dem Koreaner Hyun-ju Lee über einen wendigen und ideenreichen Spieler, der nur schwer vom Ball zu trennen ist. Mittelfeldspieler und "Laufwunder" Robin Heußer ist der Mann für die Standards und hat bereits fünf Tore in dieser Saison aufgelegt. Hertha sollte also gewarnt sein: "Ecke Heußer, Kopfball Prtajin, das ist unser Erfolgrezept", verrät Schmid.
Die Stimmen der Trainer
Pal Dardai: "Mittlerweile sind die Jungs eingespielt, wir gehören zu den Top-Teams der Liga in puncto Torgefährlichkeit. Wir haben uns seit der Hinrunde deutlich weiterentwickelt. Ich will dort aber nicht schön spielen, ich will zielstrebig spielen."
Nils Döring (Co-Trainer SVWW): "Wir müssen mit Ball bessere Optionen und Lösungen finden. Wir sind guter Dinge, dass die Jungs das umsetzen werden, darauf lag auch der Schwerpunkt unserer Trainingsarbeit. Es geht um Mut, es geht um Zielstrebigkeit und es geht um gute Positionierung. Hertha BSC ist durchaus neu einzuordnen, sie wirken wesentlich eingespielter als noch in der Hinrunde. Es ist eine Mannschaft, die aktiv gegen den Ball arbeitet und sie haben eine enorme individuelle Qualität."
So könnte Hertha spielen
Hertha-Trainer Pal Dardai muss weiterhin auf seinen offensiven Leistungsträger Fabian Reese verzichten, der nach einem langwierigen Infekt bislang nur individuell trainieren konnte. Dazu fehlt im Angriff weiterhin Florian Niederlechner aufgrund einer Rotsperre.
Haris Tabakovic ist wegen seiner Torgefahr als alleinige Sturmspitze gesetzt, Prevljak bekommt wohl vor Neuzugang Barkok den Vorzug im offensiven Zentrum. Trainersohn Marton Dardai könnte nach guten Trainingsleistungen entweder ein Comeback im defensiven Mittelfeld feiern und Pascal Klemens auf die Bank verdrängen, oder Wackelkandidat Marc Oliver Kempf in der Abwehr ersetzen. Das zweite Szenario scheint momentan das wahrscheinlichere zu sein.
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Kenny, Leistner, M. Dardai, Karbownik - Bouchalakis, Klemens - Winkler, Prevljak, Scherhant - Tabakovic
Tipp des Gegner-Experten: Gunnar Schmid hofft, dass Hertha bereits an das DFB-Pokalviertelfinale am kommenden Mittwoch denkt und tippt ein 1:1.
Der Redaktionstipp: Hertha BSC wird sich in Geduld üben müssen, will man dieses Abwehrbollwerk des SV Wehen Wiesbaden knacken. Hohe Flankenbälle in den Strafraum werden bei den zahlreichen hoch aufgeschossenen Abwehrspielern des Gegners kaum ein erfolgsversprechendes Mittel sein. Das Hinspiel war Mahnung genug für die Dardai-Schützlinge: Damals rannte Hertha 90 Minuten an und wurde in den Schlusssekunden für sein naives Abwehrverhalten bestraft. Basis für eine erfolgreiche Revanche muss also eine konsequente Verteidigung sein, gerade bei Standards, wo der SVWW immer für Gefahr sorgen kann.
Dass Hertha im Angriff über die technisch besseren Spieler verfügt, ist kein Geheimnis. Diese spielerische Klasse und Dardais zielstrebige taktische Ausrichtung sollte sich mit zunehmender Spieldauer durchsetzen. Der rbb|24-Tipp: Hertha gewinnt 2:1.
Sendung: rbb UM6, 25.01.2023, 18 Uhr